TE UVS Niederösterreich 1996/05/13 Senat-MD-95-652

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.05.1996
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), idgF

Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, idgF die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 13.04.1995, Zl 3-*****-93, wurden über Herrn G A in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma B**** AG mit dem Sitz in W* N****** wegen Übertretung der Bestimmung des §86 Abs1 AAV und des Punktes 51 des Bescheides der BH xy vom 11.11.1991, Zl **-*-****/*, Geldstrafen von 2 x S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle: 2 x 3 Tage), zusammen S 6.000,-- gemäß §31 Abs2 AnSchG verhängt.

 

Angelastet wurde ihm, einerseits dafür verantwortlich zu sein, daß am 8.6.1993 in der spruchgenannten B****-Filiale in **** xy, nicht für jeden Arbeitnehmer ein der Bestimmung des §86 Abs1 AAV entsprechender Kasten zur Verfügung gestellt war und andererseits Auflagenpunkt 51 des spruchgenannten Bescheides der BH xy nicht erfüllt war, weil im Büro bzw Personaltrakt kein Fenster als Notausstieg eingerichtet wurde.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel mit Verletzung von Verfahrensvorschriften und mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides.

 

Im einzelnen wurde insbesondere dazu ausgeführt, daß für die verfahrensgegenständliche Filiale gemäß õ9 VStG rechtswirksam ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, und ihn selbst somit kein subjektives Verschulden treffen könne und überdies verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit des ArbIG geäußert würden, keine ausreichende Konkretisierung des Sachverhaltes erfolgt wäre und somit aus all diesen Gründen die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses, Einstellung des Strafverfahrens und hilfsweise die Herabsetzung der gegen den Beschuldigten verhängten Strafe nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt werde.

 

Im Zuge der am 14.2.1996 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hielt der Beschuldigtenvertreter seine schriftlichen Berufungsausführungen zur Gänze aufrecht, verwies auf die zwischenzeitig ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der Bestellung von leitenden Angestellten zu verantwortlichen Beauftragten im Sinne des VStG und des ArbIG und brachte insbesondere zu Punkt 2 des Straferkenntnisses vor, daß dieser Punkt seinem Mandanten gegenüber innerhalb der Verjährungsfrist nicht entsprechend der Konkretisierungsregel des §44a VStG vorgehalten worden wäre.

 

Dieses Ausführungen schloß sich der Vertreter der BH xx in Hinblick auf die aktuelle VwGH-Judikatur an und gab der Vertreter des Arbeitsinspektorates zu diesen ergänzenden Rechtsausführungen des Verteidigers keine weitergehenderen Erklärungen ab.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat daher erwogen wie folgt:

 

Ohne auf das materiellrechtliche Vorbringen bzw die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weiter einzugehen, ist dem Berufungsvorbringen des Beschuldigten zu folgen und erweist sich vorliegendes Rechtsmittel als berechtigt.

 

I.

Zur Frage der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG iVm §23 ArbIG:

 

Ausgehend von der Amtskenntnis des Senates als erwiesen anzusehenden Verantwortungsbereichen und Kompetenzen eines auf der dritten Ebene der betrieblichen Hierarchie stehenden Rayonsleiters der spruchgenannten Gesellschaft, der unwidersprochenen, schlüssigen und gleichfalls amtsbekannten beruflichen Anforderungen und Kriterien an einen Filialinspektor, ist dieser namhaft gemachte M M als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 VStG iVm §23 ArbIG 1993 als leitender Angestellter für verfahrensgegenständliche zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen anzusehen, was sich insbesondere zweifelsfrei und unbestritten aus der im Akt erliegenden Bestellungsurkunde und dem beiliegenden, von diesem Mitarbeiter des Unternehmens eigenhändig unterfertigten aufgelisteten örtlichen Verantwortungsbereiches ergibt.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner aktuellen und nunmehr als gesichert anzusehenden Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, liegt es im Wesen der Funktion eines Filialinspektors, respektive Rayonsleiters, am Ort des Geschehens für die Einhaltung bestimmter rechtlicher Gebote und Verbote durch entsprechende Anweisungen im Zuge seiner wöchentlichen Kontrollen von Filialen und das Treffen von Anordnungen gegenüber von Filialleitern zu sorgen.

 

Der namhaft gemachte Filialinspektor wäre entsprechend seiner Funktion im gegenständlichen Verfahren in der Lage gewesen, für die Einhaltung jener Vorschrift der AAV bzw des Bescheidauflagenpunktes zu sorgen, deren Verletzung dem Rechtsmittelwerber mittels angefochtenem Bescheid zur Last gelegt wurde.

Dafür Sorge zu tragen, daß entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen den beschäftigten Arbeitnehmern ausreichend große versperrbare und luftige Kasten gemäß der Vorschrift des §86 Abs1 AAV zur Verfügung gestellt werden und die Verantwortung zu übernehmen, daß Bescheidauflagenpunkte erfüllt sind, insbesondere daß in Räumlichkeiten ein Fenster als Notausstieg eingerichtet wird, sind geradezu typische Angelegenheiten, die sinnvollerweise in den Verantwortungsbereich eines leitenden Dienstnehmers, der auf der dritten Stufe der firmeninternen betrieblichen Hierarchie steht, übertragen werden können (vgl analog VwGH vom 7.4.1995, Zl 94/02/0470 und VwGH vom 9.6.1995, Zl 95/02/0046).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind somit die in §23 Abs2 ArbIG erforderlichen Kriterien der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG in der Person des namhaft gemachten Rayonsleiters erfüllt.

 

II.

Überdies ist dem Vorbringen des Beschuldigten zur Frage der behaupteten nicht ausreichenden Konkretisierung des Punktes 2 des angefochtenen Straferkenntnisses zu folgen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, (vgl Entscheidungen VwGH zu den Zlen Zl 93/04/0255 und 94/04/0041 ua) reicht für die Frage der ausreichenden Konkretisierung gemäß §44a VStG der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen nicht aus.

 

Auch in nicht restriktiver Auslegung der Rechtsmeinung dieses Senates des VwGH, wonach der Konkretisierung des Spruches nur dann Genüge getan ist, wenn im Spruch eine wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen erfolgt ist, erweist sich gegenständliche Textierung und Tatanlastung zu Punkt 2 als nicht ausreichend konkretisiert und wäre auch bei der Verneinung der rechtswirksamen Übertragung der Verantwortlichkeit an Mitarbeiter des Unternehmens, die auf der dritten Führungsebene stehen, dieser Punkt des angefochtenen Bescheides aufzuheben gewesen.

 

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war das bekämpfte Straferkenntnis in seinen beiden Punkten aufzuheben, konnte von weiteren Ausführungen hinsichtlich der sonstigen geltend gemachten Berufungsgründe Abstand genommen werden und war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten