TE UVS Niederösterreich 1996/05/13 Senat-MD-95-535

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Veröffentlicht am 13.05.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), idgF Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, idgF die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 23.03.1995, Zl 3-*****-93, wurden über Herrn G A in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma B**** AG mit dem Sitz in W* N****** wegen Übertretungen der Bestimmung des §23 Abs3 AAV Geldstrafen von zweimal S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle von zusammen: 10 Tagen), gemäß §31 Abs2 AnSchG verhängt.

 

Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß am 7.6.1993 in der B****-Filiale in **** H********** einerseits der Notausgang im östlichen Bereich des Verkaufsraumes in Richtung Kundenparkplatz durch Lagerungen verstellt und andererseits der Notausgang im westlichen Bereich neben den Wurst- bzw Fleischvitrinen ebenso durch Lagerungen verstellt war, obwohl zum Zeitpunkt der Inspektion im Bereich beider Notausgänge Arbeitnehmer sich im Verkaufsraum aufhielten und Notausgänge auch vorübergehend nicht verstellt sein dürfen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und begründete vorliegendes Rechtsmittel mit Verletzung von Verfahrensvorschriften und mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides.

 

Im einzelnen wurde insbesondere dazu ausgeführt, daß für die verfahrensgegenständliche Filiale gemäß §9 VStG rechtswirksam ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, und ihn somit kein subjektives Verschulden treffen könne und überdies verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit des ArbIG geäußert würden, keine ausreichende Konkretisierung des Sachverhaltes erfolgt wäre und aus all diesen Gründen die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses, Einstellung des Strafverfahrens und hilfsweise die Herabsetzung der gegen den Beschuldigten verhängten Strafe nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt werde.

 

Im Rahmen des erteilten Parteiengehörs hat das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Berufungsvorbringens den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrechtgehalten.

 

Im Zuge der am 14.2.1996 am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hielt der Beschuldigtenvertreter seine schriftlichen Berufungsausführungen zur Gänze aufrecht, verwies auf die zwischenzeitig ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich der Bestellung von leitenden Angestellten zu verantwortlichen Beauftragten im Sinne des VStG und des ArbIG und erwies sich im übrigen der Sachverhalt in beiden zur Last gelegten Punkten des Straferkenntnisses als nicht ausreichend konkretisiert, da es an der wörtlichen Zitierung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides fehle.

 

Den Rechtsausführungen des Verteidigers zur Frage der rechtswirksamen Bestellung wurde seitens des Vertreters der BH xx nicht entgegengetreten und verwies das Organ der anzeigenden Behörde auf sein eigenes gesamtes aktenkundiges Vorbringen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat daher erwogen wie folgt:

 

Ohne auf das materiellrechtliche Vorbringen bzw. die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken weiter einzugehen, ist dem Berufungsvorbringen des Beschuldigten zu folgen und erweist sich vorliegendes Rechtsmittel als berechtigt.

 

I.

Zur Frage der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG iVm §23 ArbIG:

 

Ausgehend von der Amtskenntnis des Senates als erwiesen anzusehenden Verantwortungsbereichen und Kompetenzen eines auf der dritten Ebene der betrieblichen Hierarchie stehenden Rayonsleiters der spruchgenannten Gesellschaft, der unwidersprochenen, schlüssigen und gleichfalls amtsbekannten beruflichen Anforderungen und Kriterien an einen Filialinspektor, ist dieser mit Wirksamkeitsbeginn 1.4.1993 namhaft gemachte H V als verantwortlicher Beauftragter gemäß §9 VStG iVm §23 ArbIG 1993 als leitender Angestellter für verfahrensgegenständliche zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen anzusehen und hat dieser insbesondere seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 VStG und seinem räumlichen Verantwortungsbereich eigenhändig nachweislich zugestimmt, wie sich dies aus den im erstinstanzlichen Akt erliegenden Urkunden zweifelsfrei ergibt.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner aktuellen und als gesichert anzusehenden Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, liegt es im Wesen der Funktion eines Filialinspektors, respektive Rayonsleiters, am Ort des Geschehens für die Einhaltung bestimmter rechtlicher Gebote und Verbote durch entsprechende Anweisungen im Zuge seiner wöchentlichen Kontrollen von Filialen und das Treffen von Anordnungen gegenüber von Filialleitern zu sorgen.

 

Der namhaft gemachte Filialinspektor wäre entsprechend seiner Funktion im gegenständlichen Verfahren in der Lage gewesen, für die Einhaltung jener Vorschrift der AAV zu sorgen, deren Verletzung dem Rechtsmittelwerber mittels angefochtenem Bescheid zur Last gelegt wurde.

Dafür Sorge zu tragen, daß entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen Notausgänge nicht verlagert und nicht verstellt sind, ist eine geradezu typische Angelegenheit, die sinnvollerweise in den Verantwortungsbereich eines leitenden Dienstnehmers, der auf der dritten Stufe der firmeninternen betrieblichen Hierarchie steht, übertragen werden kann (vgl analog VwGH vom 7.4.1995, Zl 94/02/0470 und VwGH vom 9.6.1995, Zl 95/02/0046).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind somit die in §23 Abs2 ArbIG erforderlichen Kriterien der rechtswirksamen Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß §9 Abs2 und 3 VStG in der Person des namhaft gemachten Rayonsleiters erfüllt.

 

II.

So auch der Beschuldigtenvertreter auf die nicht ausreichende Konkretisierung des Spruches gemäß den Bestimmungen des §44a VStG hinweist, ist er mit diesem Vorbringen im Recht.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl bspw VwGH Zl. 94/04/0041 ua) bedarf es im Falle des Vorwurfes eines verstellten Notausganges der Anführung der entsprechenden Norm, wonach dieser Notausgang als solcher einzurichten sei und wäre in analoger Auslegung der ständigen Rechtsprechung des VwGH auch unter nicht restriktiver Betrachtung diese Rechtsnorm näher unverwechselbar ziffernmäßig zu bezeichnen gewesen und insbesondere die wesentlichen Vorschreibungen bzw Rechtsgrundlagen, aufgrund der die Notausgänge einzurichten sind, im Spruch der BH xx näher zu bezeichnen gewesen.

 

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben, konnte von weiteren Ausführungen hinsichtlich der sonstigen geltend gemachten Berufungsgründe Abstand genommen werden und war spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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