TE UVS Niederösterreich 1996/05/23 Senat-ZT-95-047

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Veröffentlicht am 23.05.1996
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 560,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 1.10.1993 gegen 04.25 Uhr im Gemeindegebiet G****, B**, nächst Strkm **,*** den durch Kennzeichen bezeichneten Kleinbus mit Anhänger gelenkt und habe dabei

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die aufgrund des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten (Punkt 1),

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einem herannahenden Einsatzfahrzeug keinen Platz gemacht (Punkt 2).

 

Hiefür wurden über den Beschuldigten Geldstrafen in der Höhe von S 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 44 Stunden) zu Punkt 1 und S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) zu Punkt 2 verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung und führte im wesentlichen aus, daß die von den Gendarmeriebeamten festgestellte Geschwindigkeit von 110 km/h von einem ungeeichten Tachometer abgelesen worden sei. Daraus ergeben sich erhebliche Differenzen und Unschärfen. Zum Beweis dafür werde die Originaltachographenscheibe vorgelegt und die Auswertung durch einen Sachverständigen beantragt. Es sei nicht erwiesen, daß ein Gendarmeriefahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht unterwegs gewesen sei und ob überhaupt eine Einsatzfahrt vorgelegen habe. Diesbezüglich werde die Vorlage des Protokollbuches und des Einsatzplanes beantragt. Überdies sei an der gegenständlichen Straßenstelle aufgrund der eingehaltenen Geschwindigkeit, der Fahrbahnbreite und der gegebenen Sichtweiten jederzeit ein gefahrloses Überholen durch das Gendarmeriefahrzeug möglich gewesen, wofür die Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt werde. Es könne daher keine Rede von einer Behinderung des Gendarmeriefahrzeuges sein.

 

Am 24. April 1996 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer die beteiligten Gendarmeriebeamten als Zeugen sowie der Beschuldigte selbst vernommen wurden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Ausführungen der beiden Zeugen, an deren Richtigkeit die Berufungsbehörde zu zweifeln keinen Anlaß findet, ist erwiesen, daß das Gendarmeriefahrzeug in gleichbleibendem Abstand ca 200 m dem Beschuldigten nachgefahren ist und eine Geschwindigkeit von 110 km/h am nicht geeichten Tacho abgelesen hat. Wenngleich der nicht geeichte Tacho Unschärfen aufweist, so ist angesichts der großen Geschwindigkeitsdifferenz (110 km/h vom Tacho abgelesene Geschwindigkeit gegenüber 70 km/h erlaubte Geschwindigkeit) jedenfalls erwiesen, daß der Beschuldigte schneller als die erlaubte Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren ist. Dies wurde vom Beschuldigten selbst auch zugestanden, da er im Rahmen seiner Einvernahme angegeben hat, er sei "nicht schneller als 70 bis 80 km/h" gefahren. Auch wenn er daher nur zwischen 70 und 80 km/h gefahren ist, so hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung bereits verwirklicht. Der Tatvorwurf im Straferkenntnis lautet nämlich nicht dahingehend, der Beschuldigte sei 110 km/h gefahren, sondern lediglich dahingehend, er habe die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten. Aufgrund der dargelegten Fakten ist dies aber jedenfalls erwiesen, weshalb von der beantragten Auswertung der Tachographenscheibe abzusehen war.

 

Gemäß §26 Abs5 StVO 1960 haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Unter Platzmachen wird in der Regel ein Anhalten oder, falls nach der Verkehrslage erforderlich, ein Rechtsheranfahren und Anhalten zu verstehen sein. Jedenfalls muß darunter aber eine Verminderung der Geschwindigkeit verstanden werden.

 

Unabhängig von der Frage, ob der Beschuldigte nunmehr seine Geschwindigkeit erhöht hat oder lediglich mit gleichbleibender Geschwindigkeit weiter gefahren ist, und auch unabhängig von der Frage, ob den Gendarmeriebeamten dessenungeachtet trotzdem ein Überholmanöver möglich gewesen wäre, ist jedenfalls erwiesen, daß der Beschuldigte weder rechts herangefahren ist noch seine Geschwindigkeit vermindert hat, geschweige denn angehalten hat. Damit hat er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung jedenfalls begangen. Ein Ortsaugenschein zur Frage, ob es den Gendarmeriebeamten dessenungeachtet möglich gewesen wäre, zu überholen, war daher entbehrlich. Aufgrund der eindeutigen Angaben der Gendarmeriebeamten steht fest, daß diese über Funk beauftragt wurden, an einen in Fahrtrichtung liegenden Einsatzort zu fahren, da sich an diesem ein Einbruch ereignet hat. Das eingeschaltete Blaulicht mußte für den Beschuldigten problemlos erkennbar sein. Eine derartige Fahrt wegen eines erfolgten Einbruches und unter nachweislicher Verwendung von Blaulicht stellt jedenfalls eine Einsatzfahrt dar und es handelte sich daher unzweifelhaft um eine Fahrt zum Ort eines dringenden Einsatzes im Sinne des §26 Abs1 StVO 1960. Da durch die vorliegenden Aussagen erwiesen ist, daß es sich um eine Einsatzfahrt gehandelt hat, war von der beantragten Vorlage von Protokollbuch bzw Einsatzplatz abzusehen.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen.

 

Eine Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen ist deshalb erfolgt, weil einerseits überhöhte Fahrgeschwindigkeiten erfahrungsgemäß ein erhöhtes Unfallrisiko darstellen und das Interesse, daß Exekutivorgane bei der Durchführung dringender Einsätze von anderen Straßenbenützern nicht behindert werden, verletzt wurde.

 

Dem Beschuldigten ist zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

Aktenkundig ist eine rechtskräftige, wenngleich nicht einschlägige Vorstrafe. Erschwerende oder mildernde Umstände liegen nicht vor.

 

Zu berücksichtigen sind die vom Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung bekanntgegebenen persönlichen Verhältnisse.

 

Im Hinblick auf die dargelegten Strafzumessungsgründe sind die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen, die sich im untersten Bereich des bestehenden Strafrahmens bewegen, durchaus angemessen und keineswegs überhöht, weshalb die Berufung abzuweisen war.

 

Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 20 Prozent der verhängten Strafen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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