TE UVS Steiermark 1996/05/24 30.16-89/95

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.05.1996
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn H. M., vertreten durch Dr. H. B., Mag. E. Z., Rechtsanwälte in W. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 13.7.1995, GZ.: 15.1- 1994/311, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz aufgehoben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe einer an ihn als Zulassungsbesitzer gerichteten schriftlichen Aufforderung der Bundespolizeidirektion W. vom 18.11.1993 auf Bekanntgabe binnen zwei Wochen, wer ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug an einem näher bestimmten Ort und einer näher bestimmten Zeit in W. abgestellt hat, binnen zwei Wochen nach Zustellung nicht befolgt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG 1967 begangen. Auf der Rechtsgrundlage des § 134 Abs 1 KFG 1967 wurde daher über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- (im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden) verhängt und schließlich gemäß § 64 VStG S 60,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens, das sind 10 % der verhängten Strafe, vorgeschrieben. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung vom 7.8.1995, in der neben dem Hinweis auf die angebliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien für die Berufungsentscheidung ein Zustellmangel beim Ersuchen für die relevante Lenkerauskunft behauptet wurde. Ferner obliege es einem ortsabwesenden Zulassungsbesitzer nicht, Vorkehrungen dafür zu treffen, daß Anfragen der Behörde während seiner Abwesenheit beantwortet würden. Diesbezüglich wurde auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.1.1990, Zl. 89/02/0165; ÖJZ 1991/41 besonders verwiesen. Des weiteren wäre aber auch eine allfällige Nichtbeantwortung einer weiteren Lenkeranfrage zu ein und demselben Sachverhalt nicht doppelt strafbar. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Zur Zuständigkeit der erkennenden Behörde für die gegenständliche Berufungsentscheidung ist eingangs auszuführen, daß unbeschadet der folgenden Feststellungen hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Straferkenntnisses § 51 Abs 1 VStG durch die Verwaltungsstrafgesetznovelle BGBl. Nr. 620/1995 neu gefaßt wurde. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Zufolge der Übergangsbestimmungen bezüglich des Inkrafttretens der zuletzt zitierten Norm ist diese in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 für das gegenständliche Verfahren vollinhaltlich anzuwenden. Da das angefochtene Straferkenntnis von der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag erlassen wurde, ist auch der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark und nicht wie der Berufungswerber vermeint der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zur Berufungsentscheidung aufgerufen.

Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ist zunächst im allgemeinen auszuführen, daß eine bloße Aufhebung des Bescheides durch die Berufungsbehörde ohne Entscheidung über die Strafbarkeit als Sachentscheidung nur in einem Falle zulässig ist, - ansonsten aber rechtswidrig wäre - dann nämlich, wenn die erstinstanzliche Strafbehörde unzuständig war. Diesfalls hat der Unabhängige Verwaltungssenat diese Unzuständigkeit wahrzunehmen und den angefochtenen Bescheid zu beheben; "Sache" seines Verfahrens ist nur die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde (siehe Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1992, 2. Auflage S 340).

Im besonderen ist festzustellen, daß zum Zeitpunkt der Einleitung des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens, aber auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, die durch mehrfache Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck gebrachte einhellige Judikatur zum Tatort bei Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs 2 KFG davon ausging, daß es sich bei der Nichtbefolgung der Auskunftspflicht im Sinne dieser Bestimmung um ein Unterlassungsdelikt handelt; Tatort ist hiebei der Ort, an dem der Täter hätte handeln sollen (siehe VwGH. 7.7.1989, Zl. 89/18/0055 u. a.).

Gestützt auf diese Judikatur hat daher offensichtlich auch die Bundespolizeidirektion W., wie dem Verfahrensakt zweifelsfrei zu entnehmen ist, am 5.1.1994 das Verwaltungsstrafverfahren gegen den nunmehrigen Berufungswerber gemäß § 27 VStG an die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag, in deren Zuständigkeitsbereich der ermittelte Zulassungsbesitzer aber auch seinen Wohnsitz hatte, als Tatortbehörde hinsichtlich der diesem angelasteten angeblichen Nichterteilung der durch die Bundespolizeidirektion W. vom 18.11.1993 gestellten Lenkeranfrage abgetreten. Angemerkt sei bereits an dieser Stelle unter Hinweis auf die in der Berufungsschrift diesbezüglich vorgebrachten Argumente, daß seitens der Bundespolizeidirektion W. wegen offensichtlich dem Berufungswerber anzulasten beabsichtigter zwei Übertretungen der Straßenverkehrsordnung undifferenziert (d. h. ohne Angabe der beiden unterschiedlichen Tatbestände, wofür das Gesetz ohnedies keine Verpflichtung vorsieht) zwei, inhaltlich völlig gleichlautende Lenkererhebungen ein und denselben Tatort sowie ein und dieselbe Tatzeit betreffend, offenbar EDV-unterstützt an den festgestellten Zulassungsbesitzer und nunmehrigen Berufungswerber gerichtet wurden. Es ist diesem daher uneingeschränkt beizupflichten, daß im Falle einer möglicherweise durch Beweiserhebungen im Ermittlungsverfahren untermauerten tasächlichen Nichtbeantwortung nur eine Nichterteilung derselben Auskunft verwaltungsstrafrechtlich zu verfolgen wäre und nicht wie dies seitens der belangten Behörde geschehen ist, eine mehrfache Bestrafung für ein und dasselbe strafbare Verhalten erfolgte. Die zuvor erwähnte langjährige Tatortjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 103 Abs 2 KFG hat nunmehr jedoch durch das Erkenntnis vom 31.1.1996, Zl. 93/03/0156 eine grundlegende Änderung erfahren. Hatte der Verwaltungsgerichtshof nämlich bereits in einem zur Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG vergleichbaren Bestimmung des § 1 a des Wiener Parkometergesetzes 1974 i.d.g.F. ergangenen Erkenntnis ausgesprochen, daß Erfüllungsort der Auskunftspflicht gemäß dieser Gesetzesstelle der Sitz der anfragenden Behörde ist, dort sei nämlich die geschuldete Handlung, also die Erteilung der Auskunft vorzunehmen (siehe VwGH 15.9.1995, Zl.: 95/17/0211), so wurde diese Rechtsansicht den Tatort betreffend im erwähnten Erkenntnis vom 31.1.1996 mehr oder weniger vollinhaltlich auch auf die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG ausgeweitet bzw. anwendbar gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof kommt diesbezüglich zum Ergebnis, daß - unbeschadet der für die Erfüllung einer derartigen Auskunftspflicht in Frage kommenden Alternativen - Erfüllungsort dieser öffentlich rechtlichen Verpflichtung jener Ort ist, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist; somit der Sitz der anfragenden Behörde, der auch der Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist. Im Lichte dieser (grundlegende geänderten) Rechtsprechung kommt die erkennende Behörde daher zum Ergebnis, daß die im konkreten Fall erfolgte Abtretung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 27 VStG durch die als anfragende (auffordernde) Behörde auch im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichnete Bundespolizeidirektion W. an die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag bewirkte, daß letztendlich durch diese, somit durch eine im Sinne obiger Ausführungen daher unzuständige Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.

Diese Unzuständigkeit war im Sinne der obigen Ausführungen daher vom Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark wahrzunehmen, der angefochtene Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Lenkererhebung Kumulation Tatort
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten