Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung der Frau M. P., R./D. Nr. 77, R. a. D., gegen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 14.07.1995, GZ.: 15.1 1995/1405, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung, wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14.07.1995, GZ: 15.1 1995/1405, ist der Berufungswerberin zur Last gelegt worden, sie habe zumindest seit 27.12.1994 auf dem Standort R. 77 das Gastgewerbe ausgeübt, indem sie in 16 Betten Gäste beherbergte, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung für diesen Standort erlangt zu haben. Sie habe es unterlassen die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes anzuzeigen. Gemäß § 368 Z 1 Punkt 12 wurde infolge Verletzung des § 49 Abs 1 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 1.200,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe mit einer Dauer von zwei Tagen für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängt. In ihrer rechtzeitigen Berufung wendet die Berufungswerberin ein, daß sie über eine aufrechte Gastgewerbeberechtigung mit Wirksamkeit per 07.05.1974 verfüge und es lediglich verabsäumt habe, eine weitere Betriebsstätte an dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Standort anzumelden. Sie ersuche lediglich eine Verwarnung auszusprechen und die Strafverfügung aufzuheben. Aus dem Akteninhalt feststellbar ist, daß Frau M. P. die Berechtigung zur Ausübung des Gast- und Schankgewerbes in der Betriebsform "Fremdenpension" mit den darin angeführten Berechtigungen, ausgestellt am 07.05.1974 durch die Politische Expositur der Bezirkshauptmannschaft Liezen in Gröbming, für den Standort R. Nr. 215 erteilt worden ist. Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin nunmehr die Unterlassung der Anzeige über die Verlegung dieses gegenständlichen Betriebes angelastet. Über Erhebungen durch die Gemeinde R. konnten allerdings die von der Berufungswerberin geltend gemachten Berufungsgründe verifiziert werden, zumal das Gemeindeamt R. mit Schreiben vom 15.05.1996 mitteilte, daß Frau P. auf den Standorten R. Nr. 77 und R. Nr. 215 eine Fremdenpension betreibt. Folgende rechtliche Überlegungen waren dieser Entscheidung zugrunde zu legen: Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, daß 1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2.) die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.06.1984, Slg. NF 11.466/A). Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. In rechtlicher Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes war davon auszugehen, daß der Berufungswerberin innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht ein ihrem Verhalten entsprechender Tatvorwurf gemacht worden ist. So wurde ihr die Unterlassung der Anzeige der Verlegung ihres Betriebes zur Last gelegt, wobei dem Spruch auch nicht zu entnehmen ist, an welchem Ort diese Betriebsverlegung stattgefunden haben soll. Wie aber bereits erläutert, hat sich über Recherchen des Unabhängigen Verwaltungssenates die Behauptung der Berufungswerberin, daß sie lediglich die Anzeige einer weiteren Betriebsstätte unterlassen hat, erhärtet. Da ein allfällig in diese Richtung abgeänderter Tatvorwurf einem Austausch von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen gleichkommen würde, ist in rechtlicher Bewertung der vorliegenden Berufungsangelegenheit davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid der belangten Behörde mit einem nicht mehr sanierbaren, wesentlichen Mangel behaftet ist.
Auf Basis der zitierten gesetzlichen Bestimmungen war aus den angeführten Erwägungen somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.