TE UVS Niederösterreich 1996/05/30 Senat-WM-96-013

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Veröffentlicht am 30.05.1996
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, wird das erstinstanzliche Straferkenntnis wie folgt abgeändert:

 

Hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 2 wird gemäß §21 Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, von der Verhängung einer Strafe abgesehen und jeweils eine Ermahnung erteilt.

 

Weiters wird die Funktionsbezeichnung des Beschuldigten dahingehend berichtigt, daß anstelle der Bezeichnung "handelsrechtlicher Geschäftsführer" die Bezeichnung "Vorstandsmitglied" zu treten hat.

 

Spruchpunkt 3 wird aufgehoben und gemäß §45 Abs1 Z3 VStG die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C********* Werke F**** v. F********* AG, N*********** Straße ** und N********* Straße ***, **** W** N******* zu verantworten, daß am 30.03.1994 die Bestimmungen des Chemikaliengesetzes übertreten worden seien, da

1.

bei den angeführten Importprodukten die Einstufung unterlassen worden sei,

2.

bei diesen Produkten die ordnungsgemäße Kennzeichnung unterlassen worden sei und

3.

bei diesen Importprodukten trotz Aufforderung deren Rezeptur nicht bekannt gegeben worden sei.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte Berufung und brachte darin im wesentlichen vor, daß ihn an den Übertretungen kein Verschulden treffe, da für die gegenständlichen Übertretungen der gewerberechtliche Geschäftsführer sowie der Werkleiter verantwortlich gewesen wären. Der Beschuldigte hätte keine Veranlassung gehabt, an der Zuverlässigkeit dieser verantwortlichen Personen zu zweifeln.

Am 30. Mai 1996 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt im Zuge derer die genannten Personen als Zeugen sowie der Beschuldigte selbst einvernommen wurden.

 

Diese haben übereinstimmend dargestellt, daß zwischen ihnen und dem Vorstandsmitglied als verantwortlicher Zwischenträger eine weitere namentlich genannte Person entsprechend dem vorgelegten Organigramm eingeschaltet gewesen sei.

 

Dazu wurde seitens des Beschuldigten betont, daß somit ein Unterschied zu sehen sei hinsichlich rechtlicher Verantwortung und prsönlichem Verschulden. Im Gegenstand habe sich der Beschuldigte durchaus geeigneter Personen bedient. Eine Verletzung von Gesetzesbestimmungen sei naturgemäß nicht vorhersehbar gewesen und habe deswegen auch keine Veranlassung zu einer selbstständigen präventiven Maßnahme zur Vermeidung der Geschehnisse bestanden.

 

Dem ist seitens der Berufungsbehörde entgegenzuhalten, daß grundsätzlich die Verantwortlichkeit des nach außen zur Vertretung berufenen Organes nach §9 Abs1 VStG gegeben ist, sofern eine ausdrückliche Bestellung von verantwortlichen Beauftragten nach §9 Abs2 VStG nicht erfolgt ist. Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, daß der Beschuldigte als Vorstandsmitglied der genannten Aktiengesellschaft für die Übertretungen strafrechtlich verantwortlich ist, da eine Bestellung von verantwortlichen Beauftragten nicht erfolgt ist.

Weiters ist darauf hinzuweisen, daß gemäß §5 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wobei bei sogenannten Ungehorsamsdelikten Fahrlässigkeit schon dann anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr wie im Gegenstand nicht gehört und der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Beschuldigte hatte daher initiativ alles darzutun, was zu seiner Entlastung dient.

 

Der Umstand, daß für einzelne Geschäftsbereiche jeweils eigene Leiter bestellt wurden, die diesen Geschäftsbereich sodann selbstständig betreut haben, bewirkt für sich genommen noch nicht, daß der Beschuldigte somit für in diesen Bereichen begangene Verwaltungsübertretungen nicht mehr verantwortlich bzw. entschuldigt wäre. Die Schaffung einer geeigneten Anordnungsstruktur allein genügt diesbezüglich nämlich nicht, vielmehr hat der Verantwortliche auch ein geeignetes Kontrollsystem einzurichten, daß die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen mit gutem Grund erwarten läßt. Die bloße Erteilung von Anordnungen bzw. Weisungen ist nicht ausreichend, wenn keine geeigneten Kontrollen ergriffen werden, um Übertretungen zu verhindern. Im konkreten Fall hat der Beschuldigte lediglich darauf vertraut, daß die bestehende Anordnunsstruktur zur Vermeidung von Übertretungen ausreichend ist. Er hat es jedoch an der Durchführung geeigneter Kontrollen missen lassen. Somit ist dem Berufungswerber sehrwohl fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

Da daher rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorgelegen hat, waren die Schuldsprüche zu den Punkten 1 und 2 zu bestätigen.

 

Allerdings ist die Berufungsbehörde der Ansicht, daß das Verschulden als nicht derartig gravierend einzustufen ist und mit der Erteilung einer Ermahnung bezüglich Punkt 1 und 2 das Auslangen gefunden werden kann, um den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Bezüglich Bescheidpunkt 3 ist dagegen anhand des vorliegenen Verwaltungsstrafaktes auszuführen, daß am 27. Juli 1993 seitens des Anzeigeerstatters zur Bekanntgabe der Rezepturen aufgefordert wurde.

 

Die Tatzeitbezeichnung 30.03.1994 ist daher bezüglich Bescheidpunkt 3 nicht im Einklang mit der Aktenlage und falsch.

 

Da eine entsprechende Tatzeitanlastung in keinem Stadium des Verfahrens erfolgt ist, hat die Berufungsbehörde gemäß §45 Abs1 Z3 VStG das Verfahren bezüglich Spruchpunkt 3 nach Stattgebung der Berufung spruchgemäß zur Einstellung zu bringen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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