TE UVS Burgenland 1996/06/05 03/03/96001

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Veröffentlicht am 05.06.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch den

Kammervorsitzenden Dr Traxler und die Mitglieder Mag Dorner und Mag

Waniek-Kain über die Berufung des Herrn            , geboren am

, wohnhaft in                                        , vertreten

durch Rechtsanwalt                          , vom 04 01 1996, gegen

den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 01 06 1995, Zl

VI/2-V-1594/1-1995, wegen Nichtigerklärung der Lenkerberechtigung

für

die Gruppen D und E zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Text

Gemäß § 68 Abs 4 Z 1 AVG können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechts von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid von einer unzuständigen Behörde oder einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde.

 

Im vorliegenden Fall stellte die Bezirkshauptmannschaft E am 11 03 1993 für den nunmehrigen Berufungswerber einen Führerschein für die Gruppen B,C,D,E,F und G aus, wobei aufgrund eines vorgelegten

Meldezettels davon ausgegangen wurde, daß der Berufungswerber seit 28

12 1992 seinen Hauptwohnsitz in D           ,                     , somit im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft E

habe. Gleichzeitig wurde der Führerschein der Bezirkshauptmannschaft B     vom 10 12 1986 für die Gruppen C und E eingezogen.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erklärte der Landeshauptmann von Burgenland den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E vom 11 03 1993, Zl X/F-A-2-1993, mit dem dem Berufungswerber die Lenkerberechtigung für die Gruppen D und E erteilt wurde, gemäß § 68 Abs 4 Z 1 AVG als nichtig, da aufgrund eines Erhebungsberichtes des Gendarmeriepostens B     vom 16 01 1995 angenommen wurde, daß der Berufungswerber seit 1981 seinen Hauptwohnsitz in O innehabe und es sich bei der Meldung in D              nur um eine kurzfristige Meldung gehandelt habe. Der Bescheid, mit dem die Lenkerberechtigung für die oben angeführten Gruppen erteilt wurde, wurde daher nach Meinung des Landeshauptmannes von Burgenland von einer unzuständigen Behörde erlassen.

 

Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland erhob der

Berufungswerber, vertreten durch die Rechtsanwälte             ,

Berufung mit der Begründung, daß sich der Berufungswerber

tatsächlich

in der Zeit von 28 12 1992 bis 19 03 1993 im Sprengel der

Bezirkshauptmannschaft E                   dauernd aufgehalten hätte

und die Absicht gehabt hätte, dort den dauernden Aufenthalt zu

nehmen. Die Bezirkshauptmannschaft E                   hätte daher

ihre Zuständigkeit bejaht und das Verfahren zur Erteilung der

Lenkerberechtigung durchgeführt und mit einem stattgebenden Bescheid

abgeschlossen. Die Lenkerberechtigung für die Gruppe E sei dem

Berufungswerber bereits ca 7 Jahre vorher, jedenfalls spätestens am

10 10 1986 von der Bezirkshauptmannschaft B     mit Bescheid AZ

862362 erteilt worden, was im Führerschein des Berufungswerbers vom

10 10 1986 beurkundet worden sei.

 

Gemäß § 68 Abs 5 AVG sei die Nichtigerklärung aufgrund mangelnder

Zuständigkeit nach einer Frist von drei Jahren überhaupt nicht

zulässig, weshalb der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B     (im

Spruch unrichtig als Bescheid der Bezirkshauptmannschaft E

bezeichnet) mit dem die Lenkerberechtigung für die Gruppe E erteilt

worden sei, nicht behoben werden könne. Außerdem sei der

Landeshauptmann von Burgenland nicht die sachlich in Betracht

kommende Oberbehörde der Bezirkshauptmannschaft B     und damit für

eine Nichtigerklärung wegen Unzuständigkeit selbst sachlich und

örtlich unzuständig. Aus dem Erhebungsbericht der

Bezirkshauptmannschaft B     vom 16 01 1995 lasse sich eine

Unzuständigkeit der Behörde nicht entnehmen, es werde im Gegenteil

sogar ausdrücklich angeführt, der Berufungswerber sei in D

seit 28 12 1992, somit im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft

E                     , gemeldet gewesen. Der Antrag auf Erteilung

der Lenkerberechtigung sei am 08 01 1993 gestellt worden. Daß er zu

diesem Zeitpunkt nicht nur aufrecht in D              gemeldet

gewesen sei, sondern auch seinen Wohnsitz dort gehabt hätte, gehe aber zweifelsfrei aus dem Akteninhalt und der beiliegenden Niederschrift, aufgenommen mit dem Vermieter der Wohnung, Herrn

      , hervor. Auch hätte die belangte Behörde dem Berufungswerber nie Gelegenheit gegeben, zum Faktum der ins Treffen geführten angeblichen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft E zum Zeitpunkt der Antragstellung Stellung zu nehmen und entsprechende

Beweismittel vorzulegen, was als Verletzung des Rechts auf Parteiengehör ausdrücklich gerügt werde.

Ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegeben gewesen

seien oder nicht, könne dahingestellt bleiben, da das Verfahren nach § 67 Abs 4 Z 1 AVG (gemeint wohl: § 68 Abs 4 Z 1 AVG) nicht dazu diene, allfällige Behördenfehler, die in einem Verfahren, das mit einem rechtskräftigen Bescheid geendet hätte, unterlaufen seien, zu sanieren. Jedenfalls würde die Bestandskraft eines rechtskräftigen Bescheides höher als die materiellrechtlichen Mängel wiegen, deren Prüfung die belangte Behörde nun zu Unrecht nach Rechtskraft nochmals

aufgreifen wolle.

 

Darüber wurde folgendes erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Oberbehörde im Rahmen der ihr durch § 68 Abs 4 Z 4 AVG übertragenen Aufsichtsbefugnisse berechtigt war, eine Nichtigerklärung durchzuführen, wenn dies nur unter Zugrundelegung eines anderen Sachverhaltes als desjenigen möglich war, von dem die Unterinstanz bei der von ihr getroffenen Entscheidung ausgegangen ist. So hat er im Erkenntnis Slg 5756/62 A ausgeführt, daß die Bestimmungen der Abs 2 bis 4 des § 68 AVG sich als eine Durchbrechung des Prinzipes der Rechtskraft darstellen und als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sind. Eine Nichtigerklärung dürfe nur vorgenommen werden, wenn sich die Unterbehörde bei Anwendung des Gesetzes über die gesetzlichen Voraussetzungen hinweggesetzt hat, nicht aber dann, wenn ein Widerspruch des Bescheides zur Vorschrift des Gesetzes nur dann feststellbar ist, wenn von einem Sachverhalt ausgegangen wird, von dem die Unterbehörde gar nicht ausgegangen ist.

In einem solchen Fall ist eine Durchbrechung der Rechtskraft durch neuerliche Aufrollung der Verwaltungsangelegenheit nur unter den in § 69 AVG bestimmten Vorausetzungen zulässig.

In dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall konnte die Oberbehörde einen Widerspruch zu den gesetzlichen Voraussetzungen nur

deshalb feststellen, weil sie aufgrund der von ihr gepflogenen Ermittlungen zu einer anderen Auffassung wie die Unterbehörde gelangte. Hiezu wäre sie wohl im Berufungsverfahren berechtigt gewesen, in welchem sie den Bescheid der Unterinstanz in jeder Hinsicht abändern durfte (§ 66 Abs 4 AVG). Sie durfte dies aber nicht

als Oberbehörde in Ausübung der ihr in § 68 Abs 4 AVG eingeräumten Befugnisse tun.

 

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof bezieht sich, wie dem

angeführten Zitat zu entnehmen ist, auf den gesamten § 68 Abs 4 AVG. Sie ist daher nach Ansicht des Verwaltungssenates auch auf den im vorliegenden Fall herangezogenen § 68 Abs 4 Z 1 AVG anzuwenden, zumal kein Grund dafür besteht, in dieser Frage zwischen den Nichtigkeitsgründen des § 68 Abs 4 Z 1 und der Z 4 zu unterscheiden.

 

Wie sich nun aus dem bereits oben wiedergegebenen Sachverhalt

ergibt,

ging die Bezirkshauptmannschaft E                   davon aus, daß

der Berufungswerber gemäß § 67 Abs 1 KFG 1967 seinen Hauptwohnsitz

in

D            , somit in ihrem Sprengel hatte. Dem gegenüber hatte

der

Landeshauptmann von Burgenland als sachlich in Betracht kommende

Oberbehörde aufgrund nachträglicher ergänzender Erhebungsergebnisse

angenommen, daß der Berufungswerber seinen Hauptwohnsitz in

O        , somit im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft B

hatte.

 

Daraus ist zweifelsfrei zu schließen, daß die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde bei Nichtigerklärung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft E                   vom 11 03 1993 von einem anderen Sachverhalt ausging als die Bezirkshauptmannschaft E

    . Das bedeutet jedoch im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß die gegenständliche Nichtigerklärung als rechtswidrig anzusehen ist.

Zur Nichtigerklärung der Lenkerberechtigung für die Gruppe E ist abschließend festzustellen, daß diese für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar ist, da der Berufungswerber die Lenkerberechtigung für die Gruppe E nach erfolgreich abgelegter Prüfung von der Bezirkshauptmannschaft B     im Jahre 1986 erhalten hat.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Nichtigerklärung, Voraussetzungen, Durchbrechung der Rechtskraft
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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