Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 11. April 1996 eingelangte Beschwerde der Frau E. H., wohnhaft M., B.- straße 21, vertreten durch Herrn Dr. M. A., Rechtsanwalt in L., wegen Ausübung unmittelbarer v erwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67 c Abs 1 und Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) wie folgt entschieden:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
I. 1. In der Beschwerde vom 10. April 1996 wird nachfolgendes vorgebracht: "Am 13.03.1995, um etwa 9 Uhr 30 begab sich die Antragstellerin in M. in das Geschäft H., um dort vorreservierte Waren käuflich zu erwerben. Die Antragstellerin hat hierfür einen Betrag von ca. S 450,00 bezahlt.
Die Antragstellerin ist Dienstnehmerin in der B.-Filiale in M. und verrichtet dort ihren Dienst in der Fleischabteilung. Um ca. 17 Uhr 50 erschienen im B.-geschäft 2 Gendarmeriebeamte des Gendarmeriepostens M. und haben in aller Öffentlichkeit die Antragstellerin des Diebstahls von 2 Ringen im Geschäft H. bezichtigt. Sie haben dann sogleich den Kasten der Antragstellerin durchsucht, zu welcher Handlung die Antragstellerin den Gendarmeriebeamten die Erlaubnis gab.
Die Beamten haben in weiterer Folge sämtliche Papierkübel umgedreht und ausgeleert und wollten bei der Antragstellerin vor Ort am Arbeitsplatz eine Leibesvisitation durchführen.
Als die Antragstellerin sich mit der Leibesvisitation im Geschäft nicht einverstanden erklärte, haben die einschreitenden Gendarmeriebeamten vor den Dienstnehmern als auch vor Kunden die Antragstellerin lautstark des Diebstahls bezichtigt und ihr 'suggeriert', daß sie den Diebstahl zugeben solle. Obwohl von 18 Uhr 30 bis 22 Uhr im Geschäft der Antragstellerin eine Dienstnehmerbesprechung stattfand, mußte die Antragstellerin mit auf den Gendarmerieposten gehen und wurde sie am Posten abermals aufgefordert, sich auszuziehen. Da die Antragstellerin dies wiederum verneinte, haben die einschreitenden Gendarmeriebeamten eine Beamtin vom Gendarmerieposten St. M. geholt und hat diese eine Leibesvisitation ohne Erfolg durchgeführt. Die einschreitende Beamtin hat während der Leibesvisitation diesen Vorgang als lächerlich dargestellt. In weiterer Folge wurde die Antragstellerin ca. 4 Stunden am Gendarmerieposten verhört und wurde ihr hierbei angedroht, daß - sollte sie die Diebstähle nicht zugeben - sie in Untersuchungshaft nach L. gebracht werde. Auf Grund des psychischen Stresses und der Verzweiflung begann die Antragstellerin zu weinen und wurde ihr diese Gefühlsregung höhnisch vorgeworfen. Die Antragstellerin hat auch dem vernehmenden Gendarmeriebeamten mitgeteilt, daß sie nach Hause gehen müsse, da ihre 4 Kinder allein zu Hause seien, worauf die Gendarmeriebeamten gegenüber der Antragstellerin sich in der Weise äußerten, als sie überhaupt nicht nach Hause gehen werde. Vielmehr könne sie 48 Stunden festgehalten werden, und sei darüber hinaus die Fürsorge für die Betreuung der Kinder zuständig.
Im Laufe des Verhörs hat sich dann herausgestellt, daß die Antragstellerin vormals in K. wohnhaft war und wurden sohin mittels Fax beim Posten K. Informationen über die Antragstellerin eingeholt. Die Antragstellerin ist geschieden und war ihr geschiedener Mann als Alkoholiker beim Gendarmerieposten K. bekannt, sodaß sie aus ihrer früheren Zeit in K. auch des öfteren zu den Ausschreitungen während noch aufrechter Ehe einvernommen wurde, sodaß sie mit der Gendarmerie in K. diesbezüglich zu tun gehabt hat. Dieser Umstand wurde der Antragstellerin ebenfalls vorgeworfen und haben die erhebenden Gendarmeriebeamten diese Information gegen die Antragstellerin verwendet und sie bedrängt, den Diebstahl zuzugeben, da sie 'kein unbeschriebenes Blatt sei und sohin auch die Ringe gestohlen haben wird'.
Gegen 22 Uhr 00 wurde die Antragstellerin, psychisch völlig außer sich, nach Hause entlassen. Die Antragstellerin hat sohin den gesamten Vorfall ihrem Lebensgefährten, Herrn G. K., erzählt, da dieser um ca. 17 Uhr 00 die Antragstellerin in der B.-filiale besucht hat. Dieser hat sohin die Gendarmerie sogleich angerufen, um die Antragstellerin zu entlasten, wobei die erhebenden Gendarmeriebeamten den Lebensgefährten postwendend als Beitragstäter bezichtigt haben, nämlich in der Weise, als dieser die Ringe beim Besuch um 17 Uhr 00 in der B.-filiale an sich genommen habe. Der Lebensgefährte hat sich gegenüber den Gendarmeriebeamten in der Weise geäußert, als er es nicht notwendig habe, einen Ring im Wert von ca. S 500,00 zu stehlen, da er sich diesen auch kaufen könne, woraufhin die Gendarmeriebeamten meinten, daß die Antragstellerin und Herr G. K. amtsbekannt sind, wenig zu verdienen und ihnen sohin ein Diebstahl sehr wohl zugetraut werden könne. Am nächsten Tag, dem 14.03.1996, um 8 Uhr 00 mußte die Antragstellerin nochmals auf den Gendarmerieposten kommen und war auch die Tochter des Geschäftsinhabers H., in welchem angeblich die Antragstellerin die beiden Ringe gestohlen haben soll, anwesend. Als die Antragstellerin den Gendarmerieposten betrat, wurde sie mit den Worten 'Na, Frau H., haben Sie sich's überlegt, geben Sie das jetzt zu' begrüßt. Da die Antragstellerin keinen Diebstahl begangen hat, konnte sie auch der Aufforderung des Gendarmeriebeamten nicht nachkommen und bestritt weiterhin, den Diebstahl am 13.03.1995 im Geschäft H. begangen zu haben. Nicht nur, daß alle Arbeitskollegen der Antragstellerin auf Grund der öffentlichen Bezichtigung des Diebstahls durch die Gendarmeriebeamten die Antragstellerin am Arbeitsplatz 'schief' ansahen, ist der gesamte Vorfall bereits in der Weise in die Öffentlichkeit gelangt, als die 11jährige Tochter der Antragstellerin mit der Frage von der Schule nach Hause gekommen ist: 'Mama, ist das richtig, Du hast bei H. Ringe gestohlen?'
Beweis:
G. K., p.A. der Antragstellerin, sämtliche Dienstnehmer der Filiale B., p.A. B., M., Protokoll GZP 112/96 des Gendarmeriepostens M., PV
Die einschreitenden Beamten haben die Richtlinien für ihr Einschreiten gemäß § 31 Sicherheitspolizeigesetz in der Weise überschritten, als einerseits der Antragstellerin die Namen bzw. Dienstnummern der einschreitenden Beamten nicht bekannt gegeben wurden, insbesondere ist das Einschreiten der Gendarmeriebeamten als Diskriminierung der Antragstellerin zu werten, da diese öffentlich in der B.-filiale vor Kunden und Dienstnehmern des Diebstahls bezichtigt wurde und dies in einer Bestimmtheit und vor allem Voreingenommenheit der Beamten, ohne daß sich die Antragstellerin zu den ihr gemachten Vorwürfen rechtfertigen konnte. Die Richtlinien für das Einschreiten gemäß § 31 Sicherheitspolizeigesetz wurden auch deshalb verletzt, als eine Leibesvisitation von den Gendarmeriebeamten in aller Öffentlichkeit in der B.-filiale durchgeführt hätte werden sollen und erst durch die Weigerung der Antragstellerin eine weibliche Beamtin zugezogen wurde. Es lag auf jeden Fall kein wie in § 31 Abs. 2 Ziff. 6 dargelegter Notfall vor, daß in aller Öffentlichkeit die Antragstellerin von männlichen Gendarmeriebeamten aufgefordert werde, sich auszuziehen, um eine Leibesvisitation durchführen zu können. Auch die Tatsache, daß die erhebenden Beamten im anschließenden Verhör die Antragstellerin regelrecht darauf drängten, den Diebstahl zuzugeben, zeigt, daß diese von Anfang an bezüglich der Person der Antragstellerin voreingenommen waren und vor allem weder den Grundsatz der Unschuldsvermutung noch die Richtlinien für das Einschreiten gemäß § 31 Sicherheitspolizeigesetz eingehalten wurden. Aus den oben dargelegten Gründen wurde die Antragstellerin subjektiv in der Weise verletzt, als die Vorgangsweise der erhebenden Gendarmeriebeamten nicht nur gegen Art. 6 Abs. 2 Menschenrechtskonvention verstoßen hat, sondern auch gegen den Art. 2 des Staatsgrundgesetzes spricht."
Es wurde der Antrag gestellt "Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark möge hinsichtlich der Vorgangsweise vom 13.03.1995 beim Gendarmerieposten M. gemäß § 88 erkennen, in eventu
2. gemäß § 89 Sicherheitspolizeigesetz der zuständigen Dienstaufsichtsbehörde zur Entscheidung weiterleiten".
2. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat sodann gemäß § 89 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz die eingebrachte Beschwerde dem zuständigen Bezirksgendarmeriekommandanten für Leoben weitergeleitet. Die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 67 c Abs 3 AVG mit Schreiben vom 17. April 1996 aufgefordert, daß Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären (§ 67 c Abs 2 Z 5 AVG) zu verbessern, als auch die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist (§ 67 c Abs 2 Z 6 AVG) näher zu konkretisieren.
Mit Schriftsatz vom 22. April 1996 gab die Beschwerdeführerin innerhalb der Mängelbehebungsfrist nachfolgende Stellungnahme ab:
"1)
Abgesehen davon, daß im 2. Absatz der Beschwerde die gem. § 67 c Abs. 2 z 6 AVG erforderlichen Angaben zu Rechtzeitigkeit der Beschwerde bereits getätigt wurden, werden dies Daten zur besseren Beurteilung konkretisiert. Das vom GP-M. im Zuge der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt gesetzte 'Polizeihandeln' gegen die Antragstellerin fand am 13.03.1995 von ca. 17 Uhr 50 bis ca. 22 Uhr 00 statt und wurde am 14.03.1996 um 8 Uhr fortgesetzt.
Die am 10.04.1996 erhobene Beschwerde gegen dieses Handeln erfolgte somit gem § 67 c Abs. 1 AVG rechtzeitig.
2)
Der gestellte Antrag in der Beschwerde vom 10.04.1996, UVS 20.3-4/96, wird wie folgt verbessert: Es wird beantragt den, am 13.04.1996 und 14.04.1996 im Zuge der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch den GP-M. gesetzten Verwaltungsakt wegen Verletzung der subjektiven Rechte der Antragstellerin, insbesondere jener der Art. 6 Abs 2 MRK und Art. 2 StGG, für rechtswidrig zu erklären,sowie das BG-Leoben zu 3 U 168/96 hievon zu verständigen."
II. Gemäß § 67 c Abs 3 AVG sind Beschwerden, die nicht den Anforderungen des Abs 2 entsprechen, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Gemäß § 67 c Abs 2 Z 5 und Z 6 leg. cit. hat die Beschwerde das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten. Der Beschwerdeführerin muß entgegengetreten werden, wenn sie angibt, daß bereits die Angaben zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde bereits im Schriftsatz vom 10. April 1996 enthalten seien, da im dortigen Antrag als Datum der 13. März 1995 aufscheint und auch in der Sachverhaltsdarstellung zweimal dieses Datum aufscheint. Einmal wurde bei der Sachverhaltsdarstellung (Seite 3, dritter Absatz) das Datum 14.3.1996 genannt. Daß hiebei der erkennenden Behörde Zweifel am genauen Datum des Vorfalles aufkamen, steht somit außer Zweifel und hat auch im Schreiben zur Mängelbehebung die Beschwerdeführerin angeführt, daß die Ausübung der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt "am 13.3.1995 von ca 17 Uhr 50 bis ca 22 Uhr 00 stattfand und wurde am 14.03.1996 um 8 Uhr fortgesetzt" wurde. Allein diesen Ausführungen zu § 67 c Abs 2 Z 6 AVG kam noch keine eindeutige Zuordnung für eine Rechtzeitigkeit der Beschwerde entnommen werden, da sich die Beschwerdeführerin immer noch auf den 13.3.1995 bezog.
Hinsichtlich des Verbesserungsauftrages gemäß § 67 c Abs 2 Z 5 AVG ist zum einen zu bemerken, daß sich der Mängelbehebungsauftrag ausschließlich auf den 13.3.1995 (möglicherweise 1996) gerichtet hat und es unzulässig ist, diesen Antrag im Rahmen eines Mängelbehebungsschreibens zeitlich auf den 13. und 14. April 1996 zu erweitern. Soweit im Schreiben bezüglich des Mängelbehebungsauftrages ausgeführt wird, "der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch den GP M. gesetzten Verwaltungsakt wegen Verletzung der subjektiven Rechte der Antragstellerin, insbesondere jener der Art. 6 Abs 2 MRK und Art. 2 Staatsgrundgesetz, für rechtswidrig zu erklären" wird der Mangel nicht behoben, da sich aus dem Antrag, noch insgesamt aus der Beschwerde erkennen läßt, ob die Beschwerdeführerin den Verwaltungsakt der Festnahme, der Leibesvisitation oder überhaupt eine unmenschliche Behandlung während der Anhaltung bekämpft. Allein mit der Wiedergabe des Gesetzeswortlautes und der Zitierung von Gesetzesstellen ist eine Konkretisierung im Sinne des Gesetzes bei Antragstellung für Rechtswidrigkeitserklärung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt nicht gegeben. Offen bleibt ohnedies der Zeitpunkt der Maßnahme aufgrund der verschiedenen Daten. Da somit die Formerfordernisse für die Einbringung einer Beschwerde gemäß § 67 c Abs 2 AVG nicht erfüllt sind, ist die Beschwerde a limine zurückzuweisen gewesen.