TE UVS Niederösterreich 1996/06/25 Senat-WU-96-142

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Spruch

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991, idgF, abgewiesen.

Die Rechtsmittelwerberin hat gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, idgF, S 400,-- an

Kosten des Verfahrens der Berufungsbehörde binnen 2 Wochen zu entrichten.

Innerhalb gleicher Frist werden der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens

der Behörde erster Instanz fällig.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Rechtsmittelwerberin wegen

Übertretung des §4 Abs2 iVm §99 Abs2 lita StVO 1960 eine Geldstrafe von S

2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

 

Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Zeit....: 20.5.1994 um 17,00 Uhr

 

Ort.....: P******** auf der H********** beim Haus Nr ** in Fahrtrichtung E*********

 

Fahrzeug: Pkw N ***-***

Tatbeschreibung:

 

 

     Bei einem Verkehrsunfall mit einer verletzten Person die nächste Gendarmeriedienststelle nicht sofort verständigt, obwohl das Verhalten

am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand.

 

Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben und im

wesentlichen ausgeführt, es hänge von der Art der jeweils eingetretenen

Verletzung einer Person ab, ob diese verletzte Person überhaupt einer Hilfe

bedarf bzw. welche Hilfsmaßnahmen notwendig seien. Sämtliche

Feststellungen über

die Art der Verletzung seien unterblieben.

Nach dem Wortlaut des §4 Abs2 Satz 1 werde von einer verletzten

Person

ausgegangen und müsse nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes die

bescheiderlassende Behörde feststellen, welcher Art die Verletzung

der im Verkehrsunfall beteiligten Person sei.

Im Verfahren konnte nicht festgestellt werden, welcher Art bzw ob

überhaupt eine Verletzung des Fahrradlenkers vorgelegen sei. Nach Untersuchung des Amtsarztes

von P******** am Unfalltag und einer telefonischen Mitteilung durch den

Gendarmerieposten P******** vom 21.5.1994, daß bei einer Untersuchung des Fahrradlenkers im Spital keine Verletzung festgestellt werden konnte, treffe die

rechtliche Qualifikation des §4 Abs2 StVO nicht zu. Nach dem durchgeführten

Ermittlungsverfahren stehe lediglich eindeutig fest, daß bei dem Verkehrsunfall

Sachschaden am Fahrrad entstanden sei.

 

Das gegenständliche Verfahren gründet sich auf die Anzeige des Gendarmeriepostens P******** vom 24.5.1994.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesonders aufgrund der

zeugenschaftlichen Einvernahme des Insp A D vom 12. Oktober 1994, des Mag W F

vom 13. Oktober 1994, der Beschuldigteneinvernahmen sowie der Berufungsausführungen steht als erwiesen fest, daß die Beschuldigte am 20.5.1994

um 17,00 Uhr in P******** auf der H********** beim Haus Nr ** in Fahrtrichtung

E********* mit dem PKW N ***.*** unterwegs war. In der Folge stieß sie mit ihrem

PKW gegen einen links abbiegenden minderjährigen Radfahrer, der zu Sturz kam.

Nachdem die Beschuldigte kurz angehalten hatte und das zum Fahrbahnrand

humpelnde Kind nach seinen Verletzungen befragt hatte, welches zur Antwort gab,

daß es nicht wisse, ob es verletzt sei, fuhr die Lenkerin in Richtung R*********

weiter.

 

Inspektor D, der den Vorfall vom Gendarmerieposten aus beobachtete, und ein Passant kümmerten sich um das Kind, das über leichte Schmerzen im linken Knie

klagte. Die Lenkerin wurde vom Gendarmeriebeamten in der

nahegelegenden Putzerei

angetroffen und zur Unfallsstelle zurückgeholt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §4 Abs1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit

einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten, wenn

als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten

sind, sie zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen und an

der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Gemäß Abs2 legcit haben die im Abs1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden

sind, Hilfe zu leisten. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

 

Der Rechtsansicht der Berufungswerberin kann nicht gefolgt werden. Der §4 Abs2 StVO enthält zwei verschiedene Verpflichtungen, nämlich einerseits

die Hilfeleistungspflicht und andererseits die Meldepflicht, deren Verletzungen

verschiedene Verwaltungsübertretungen darstellen. Dabei kann dem Gesetz nicht

entnommen werden, daß es bei Beurteilung der Verständigungspflicht darauf

ankommt, ob die entstandenen Verletzungen einer ärztlichen Versorgung bedürfen

oder nicht. Richtig ist lediglich, daß nicht jede Verletzung einer Person

schlechthin die Hilfeleistungspflicht auslöst, sondern nur solche

Verletzungen,

die objektive eine Hilfeleistung erfordern.

 

Die Verständigungspflicht hingegen, welche im vorliegenden Fall verletzt wurde,

wird auch durch nicht nennenswerte Verletzungen ausgelöst.

 

Abgesehen davon, daß die Berufungswerberin nach der Ansicht des Unabhängigen

Verwaltungssenates auch ihrer Hilfeleistungspflicht gegenüber einem zweifellos

schockierten humpelnden minderjährigen Kind nicht nachgekommen ist, hat sie

jedenfalls durch das Fortsetzen ihrer Fahrt und Aufsuchen einer Putzerei

unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle

sofort zu

verständigen.

 

Zweifelsfrei steht damit als erwiesen fest, daß sie die ihr

angelastete

Verwaltungsübertretung begangen hat.

 

Zur Strafbemessung war festzustellen, daß der Strafrahmen für derartige

Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis zu S 30.000,--,

im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, vorsieht.

Die von der Behörde erster Instanz ohnehin an der untere Grenze festgesetzte

Geldstrafe von S 2.000,-- erscheint daher selbst im Hinblick auf vorliegende

Unbescholtenheit und selbst unter der Annahme ungünstigster Einkommens-,

Vermögens- und Familienverhältnisse im Hinblick auf die zumindest grob

fahrlässige Begehung als äußerst gering bemessen. Eine Herabsetzung der

verhängten Geldstrafe oder gar ein Wegfall, wie die Rechtsmittelwerberin dies

beantragt, konnte daher nicht stattfinden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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