Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Mag Dorner über die Berufung der Frau , geboren am ,
wohnhaft in , vertreten durch
Rechtsanwalt , vom 23 10 1995, gegen das
Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 05 10 1995, Zl 300-9578-1995, wegen Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit
der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm richtig § 28 Abs 1 Z 1 lit a) erster Strafsatz AuslBG zu lauten hat.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind zu 1 bis 3 jeweils S 2 000,--, insgesamt S 6 000,--, zu leisten.
Ein Arbeitgeber darf § 3 Abs 1 AuslBG zufolge einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Als Beschäftigung gilt gemäß § 2 leg cit unter anderem die Verwendung
in einem Arbeitsverhältnis (lit a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit b).
Zuwiderhandeln stellt nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a) AuslBG eine Verwaltungsübertretung dar und ist nach dem ersten Strafsatz dieser Bestimmung bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5 000,-- bis S 60 000,-- zu bestrafen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin der unberechtigten Beschäftigung von drei namentlich angeführten ungarischen Staatsangehörigen schuldig erkannt
und über sie jeweils eine Geldstrafe von S 10 000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils fünf Tage) verhängt.
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung. Darin wird im wesentlichen behauptet, es habe sich beim Tätigwerden der Ausländer um einen Freundschaftdienst gehandelt und seien diese nicht
in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichem Verhältnis zur Rechtsmittelwerberin gestanden. Auch sei die ausgemessene Geldstrafe zu hoch, weil die Berufungswerberin unbescholten sei. Die Berufungsbehörde möge daher Strafnachsicht, in eventu Strafmilderung gewähren. Zugleich werden gemäß § 79a AVG zwei Drittel der Sätze des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht.
Der UVS Burgenland hat nachstehenden Sachverhalt als erwiesen festgestellt und darüber erwogen:
Dem Verwaltungsstrafverfahren I Instanz liegt die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 16 Aufsichtsbezirk vom 31 07 1995, Zl 8960/80-16/95, zugrunde. Danach seien die drei verfahrensgegenständlichen ungarischen Staatsangehörigen am 20 07 1995 auf der Baustelle der Rechtsmittelwerberin in , von einem Beamten des Arbeitsinspektorates sowie zwei Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostens Podersdorf bei der Verrichtung von Fliesenleger- und Hausreinigungsarbeiten betreten worden. Wie die nunmehrige Berufungswerberin dem einschreitenden Beamten des Arbeitsinspektorates für den 16 Aufsichtsbezirk gegenüber niederschriftlich angab, seien die drei ungarischen Staatsangehörigen Bekannte von ihr und sollten für ihr Tätigwerden nur mit Naturalien (eine Klosettmuschel mit Deckel, ein Handwaschbecken, fünf Wasserhähne mit Armaturen, ein Brausekopf mit Schlauch, 20 bis 30 Stk Styroporplatten) entschädigt werden. Die Ungarn seien seit Montag (17 07 1995) anwesend.
Die niederschriftlich getätigten Aussagen der drei betretenen Ungarn vor der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See am 20 07 1995 decken sich hinsichtlich des Zeitraumes des Tätigwerdens wie auch der in Aussicht genommenen Gegenleistung in Form von Badearmaturen. Auf ein Bekanntschaftsverhältnis zur Beschuldigten oder die Erbringung eines Gefälligkeitsdienstes dieser gegenüber verwies keiner der drei betretenen Ausländer.
In ihrer als aufgetragene Stellungnahme bezeichneten Rechtfertigung als Beschuldigte vom 30 08 1995 erklärte diese, das Tätigwerden der Ausländer sei unter den erweiterten Begriff der Nachbarschaftshilfe zu subsumieren. Eine Konkretisierung insbesondere hinsichtlich der spezifischen Bindungen zwischen der Berufungswerberin und den tätiggewordenen Ausländern hinsichtlich der freundlichen Handreichungen der ungarischen Nachbarn ist im gesamten Verwaltungsstrafverfahren unterblieben.
Gefälligkeitsdienste kommen grundsätzlich nur in Frage, wenn aus dem sie betreffenden Erklärungen und Verhaltsweisen überhaupt kein Rechtsfolge- und Geltungswille zum Abschluß eines Vertrages, insbesondere eines Dienstvertrages hervorgeht (Krejci in Rummel, 2 Auflage, Rz 25 zu § 1151). Da für das Vorliegen einer Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz der wahre wirtschaftliche Gehalt des Sachverhaltes wesentlich ist (§ 2 Abs 4 AuslBG), kommt es zur Beurteilung als Beschäftigung im Sinn einer hier insbesondere zu prüfenden arbeitnehmerähnlichen Stellung vorrangig auf den Inhalt der
Leistungen an. Als Gefälligkeitsdienste, die nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung (§ 2 Abs 2 leg cit) fallen, können nur von den leistenden Ausländern aufgrund bestehender
spezifischer Bindungen zwischen ihnen und der leistungsberechtigten Beschuldigten erbrachten, kurzfristigen, freiwilligen, unentgeltlichen Dienste anerkannt werden (Vgl Krejci in Rummel, 2 Auflage, Rz 20 zu § 1151). Gefälligkeitsdienste setzten zwar nicht unbedingt besondere familiäre oder familiennahe Beziehungen (zB Lebensgemeinschaft) der Beteiligten voraus, jedoch muß zwischen diesen eine spezifische Bindung vorhanden sein, die an die Stelle einer persönlichen oder wirtschaftlichen Fremdbestimmtheit tritt. So gehört auch die Nachbarschaftshilfe, die vor allem im ländlichen Bereich beim Hausbau verbreitet ist, dazu (SZ 24/136, Arb 5951). Dabei ist die Intensität der persönlichen Beziehung zwischen Leistungsempfänger und Leistenden als Abgrenzungskriterium heranzuziehen, weil eine intensive Freundschaft oder Nachbarschaft längerer Dauer, insbesondere aber familiäre oder familienähnliche Beziehungen (zB Lebensgemeinschaft) für die behauptete, nicht als Beschäftigung im Sinne des AuslBG zu wertende Tätigkeit der Ausländer
sprechen würden (VwGH ZfVB 1992/827). Aus dem gesamten Rechtfertigungsvorbringen der Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren ergibt sich außer der bloßen Behauptung des
Vorliegens einer erweiterten Nachbarschaftshilfe keinerlei Hinweis auf zwischen ihr und den bei der Verrichtung von Fliesenleger- und Reinigungsarbeiten betretenen ungarischen Staatsangehörigen bestehende spezifische Bindungen welcher Art immer. Vielmehr steht nach der Aktenlage fest, daß es sich bei den betretenen Ausländern aufgrund deren Wohnsitze in Ungarn auch nicht um Nachbarn im erweiterten Sinn handeln kann und wurde von diesen auch nicht anlässlich ihrer Einvernahme vorgebracht, lediglich Gefälligkeitsdienste erbringen zu wollen.
Der UVS Burgenland vermag daher keinerlei spezifische Bindung zwischen Rechtsmittelwerberin und den verfahrensgegenständlichen Ausländern im oben dargestellten Sinne zu erkennen. Auch die Dauer des Tätigwerdens von vier Tagen bis zur Betretung der ungarischen Staatsangehörigen spricht gegen das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes, der in der Regel nur von geringem zeitlichen Umfang sein wird.
Der Begriff Entgelt umfaßt auch alle Arten von Naturalleistungen oder
Sachzuwendungen (Schwarz/Löschnigg 246). Die von der Beschuldigten und den Ungarn übereinstimmend genannte Überlassung diverser Sanitärartikel und Wärmedämmplatten stellt jedenfalls einen solchen Naturallohn dar, zumal deren Wert auch in einem angemessenen Verhältnis zu den von den Ausländern verrichteten Tätigkeiten steht. Daß die in Frage stehenden Ungarn die von ihnen verrichteten Fliesenleger- und Reinigungsarbeiten lediglich über Anweisung der Beschuldigten durchführen konnten, liegt auf der Hand. Insgesamt ergibt sich daher, daß es sich bei dem Tätigwerden der Ausländer nicht um außervertragliche Gefälligkeitsdienste handelte und ist die Verwaltungsstrafbehörde I Instanz auch im Hinblick darauf, daß es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, anzunehmen, daß Ausländer ausgehend von deren wirtschaftlicher und persönlicher Lage bloß Gefälligkeitsdienste erbringen wollten, zutreffenderweise davon ausgegangen, daß das verfahrensgegenständliche Tätigwerden der Ausländer auf einem bewilligungspflichten arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des AuslBG beruht und die Berufungswerberin diese unberechtigte Beschäftigung von Ausländern zu verantworten hat (VwGH vom 21 02 1991, Zl 90/09/0160). Zum Verschulden sei auf § 5 VStG verwiesen.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an einem geordneten inländischen Arbeitsmarkt bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Die Folgen der Taten sind auch wegen der mit ihnen verbundenen Verkürzung von Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträgen und sonstigen Abgaben nicht unbedeutend.
Der objektive Unrechtsgehalt der Taten kann daher nicht als gering angesehen werden.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden der Berufungswerberin nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war entgegen den Berufungsausführungen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zu berücksichtigen, weil die Berufungswerberin verwaltungsstrafrechtlich vorbestraft ist. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und
Familienverhältnisse der Berufungswerberin Bedacht zu nehmen
(Einkommen: S 29 000,-- brutto und S 20 000,-- netto monatlich;
Vermögen: Geschäftslokal in ; Sorgepflichten: eine).
Dem Antrag auf Absehen von der Strafe konnte die Berufungsbehörde nicht folgen, weil sie nicht zu erkennen vermag, daß das Verschulden der Berufungswerberin geringfügig sei und auch die Folgen der Übertretung keineswegs unbedeutend geblieben sind. Da somit die beiden im § 21 Abs 1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt sind, kommt eine Anwendung dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht (VwGH vom 16 03 1987, Zl 87/10/0024).
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Tat und das Verschulden der Berufungswerberin sind die verhängten
Strafen als angemessen anzusehen, zumal sie im untersten Bereich des angedrohten Strafrahmens liegen.
Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Dem Antrag auf Zuerkennung von Kosten gemäß § 79a AVG war nicht zu folgen, weil diese Bestimmung § 24 VStG zufolge im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.