Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn H. B., wohnhaft Deutschland, H., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz - Steueramt vom 18.9.1995, GZ.: A8aP- 1.) 6784B, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, und der Bescheid mit der Feststellung behoben, daß der Einspruch vom 12.4.1994 gegen die Strafverfügung vom 25.1.1995, GZ.: 1.) 0757576/SZD rechtzeitig eingebracht wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der vom nunmehrigen Berufungswerber gegen die Strafverfügung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 25.1.1995, Beleg Nr. 0757576/SZD, mit welcher über ihne eine Verwaltungsstrafe wegen einer Übertretung des Stmk. Parkgebührengesetzes 1979 und der Grazer Parkgebührenverordnung 1979 jeweils in der geltenden Fassung verhängt wurde, eingebrachte Einspruch gemäß § 49 Abs 1 und 3 VStG 1991 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich offenbar die fristgerecht erhobene Berufung vom 10.10.1995, in der u. a. im wesentlichen für das gegenständliche Verfahren von Belang ein Zustellmangel geltend gemacht wurde. In diesem Zusammenhang wurde vom Berufungswerber ausdrücklich die Vorlage des im angefochtenen Bescheides zitierten Rückscheins verlangt und dazu ausgeführt, daß für die Zeiten der Abwesenheit dem Zustellpostamt ein Nachsendeantrag vorliegen würde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Da die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte auf die Durchführung einer solchen unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 VStG 1991 abgesehen werden, da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet. In der Sache selbst ist zunächst davon auszugehen, daß die verfahrensgegenständliche Strafverfügung dem Berufungswerber offensichtlich zweimal zugestellt wurde. Während aus der Sicht der belangten Behörde die einzige rechtsverbindliche Zustellung im Wege der Hinterlegung vom 28.1.1995 beim zuständigen Postamt erfolgt sein soll, wurde mit Schreiben vom 28.3.1995 in Verbindung mit der Aufforderung, die darin ausgesprochene Strafe zu bezahlen, die verfahrensgegenständliche Strafverfügung seitens der belangten Behörde neuerlich dem nunmehrigen Berufungswerber zugestellt und von diesem am 2.4.1995 übernommen.
Zu prüfen ist daher zunächst, ob es sich bei der zuvor erwähnten Zustellung um eine rechtmäßige Zustellung im Wege der Hinterlegung handelt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Zustellung an den Berufungswerber an eine Zustelladresse in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte.
Im diesbezüglichen Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen ist gemäß Artikel 10 Abs 1 auch die unmittelbare Zustellung behördlicher Schriftstücke durch die Post vorgesehen. Wird ein Zustellnachweis benötigt, so ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden. Diese Versendungsart entspricht dem im Inland verwendeten RSa-Brief. Daraus ergibt sich, daß jedes Schriftstück, für das ein Zustellnachweis benötigt wird, nach Deutschland eigenhändig zuzustellen ist.
Da die Zustellung in der Praxis mit der roten Zustellkarte der Post (Formular C 5 der österreichischen Postverwaltung) erfolgt, mit der nur die Versendungsform "eingeschriebener Brief mit Rückschein" vorgesehen ist, ist zur vertragsgemäßen eigenhändigen Zustellung erforderlich, daß zusätzlich der Vermerk "eigenhändig" auf der roten Zustellkarte und dem Schriftstück anzubringen ist. Da bei einem allfälligen Zustellvorgang dieser nach deutschem Zustellrecht zu beurteilen wäre, von einer österreichischen Behörde die diesbezügliche Kenntnis der entsprechenden Regelungen aber kaum zu verlangen ist, ist de facto daher bei jedem Zustellmangel von einer ungültigen Zustellung auszugehen (vgl. Erlaß der Präsidialabteilung - Verfassungsdienst beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 20.7.1993, GZ.: VD- 3100-3/89-28, VD-Erlaß 1993).
Dem Verfahrensstrafakt der Behörde I. Instanz ist nunmehr zu entnehmen, daß im gegenständlichen Fall in einem eingeschrieben aufgegebenen Kuvert der belangten Behörde am 26.1.1995 die eingangs zitierte Strafverfügung an den nunmehrigen Berufungswerber zur Versendung gelangt ist. Dieses Kuvert ist mit einer Reihe von Stampiglien (z. B. "28.1.1995, zurück", und "nicht abgeholt, Lagerfrist abgelaufen") offensichtlich am 10.2.1995 wieder bei der belangten Behörde eingelangt. Ob und inwieweit auch eine rote Zustellkarte zur Versendung gelangt ist, läßt sich nicht genau nachvollziehen, des weiteren scheint weder am erwähnten Kuvert, noch auf der Durchschrift der erwähnten Strafverfügung, die im übrigen EDV-unterstützt erst im Zuge des Vorlageberichtes an die erkennende Behörde angefertigt wurde, ein Vermerk "eigenhändig" auf.
Die belangte Behörde hat über Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark am 21.11.1995 schriftlich mitgeteilt, daß die auch vom Berufungswerber kritisierte bzw. in Frage gestellte und in der Begründung des angefochtenen
Bescheides aufscheinende Formulierung "...... laut dem ha.
aufliegenden Rückschein am 28.1.1995 zugestellt wurde ......"
irrtümlich durch Verwendung eines "Bausteinprogrammes" in den bezüglichen Text aufgenommen wurde. Ein Rückschein liegt nicht vor und wird daher der Stempel am rückgesandten Kuvert (28.1.1995) seitens der belangten Behörde als Zustelldatum herangezogen.
Die erkennende Behörde verkennt nicht die Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit der Zustellung von Schrifstücken über die Landesgrenzen hinaus entstehen können, sieht sich jedoch im Sinne der sehr strengen Judikatur zu § 17 Abs 3 Zustellgesetz 1982 außerstande, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eine erfolgten Zustellung der Strafverfügung vom 25.1.1995 im Wege der Hinterlegung am 28.1.1995 anzunehmen. Da gerade die nicht unerheblichen Rechtsfolgen einer allenfalls verspäteten Rechtsmittelerhebung im Zusammenhang mit einer gerade bei Strafverfügungen ausdrücklich geforderten eigenhändigen Zustellung zu sehen sind, kann auf Grund der geschilderten Umstände keinesfalls als erwiesen angenommen werden, daß auch tatsächlich eine Zustellung zu eigenen Handen veranlaßt bzw. durchgeführt wurde. Für ein derartiges Vorgehen der Zustellbehörde fehlen leider jegliche Beweismittel. Durch diesen nach ha. Dafürhalten aber offenkundigen Zustellmangel haben aber auch keine dem österreichischen Verfahrensrecht entsprechenden Fristen zur Einbringung eines Einspruches zu laufen begonnen, da wie bereits erwähnt, von einer Hinterlegung im Sinne des § 17 Abs 3 Zustellgesetz auf Grund der oben angeführten Ausführungen am 28.1.1995 nicht ausgegangen werden kann.
Andererseits hat die belangte Behörde jedoch die Strafverfügung vom 25.1.1995 im Zuge der Aufforderung, die mit dieser Strafverfügung verhängte Strafe zu bezahlen, dem nunmehrigen Berufungswerber neuerlich zugesendet und hat dieser dieselbe auf Grund der vorliegenden roten Zustellkarte und der darin enthaltenen Aufzeichnungen offensichtlich im Wege eines Nachsendeauftrages am 3.4.1995 persönlich in Empfang genommen. Damit ist das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Zustellvorganges und somit auch eine Sanierung desselben im Hinblick auf den vorangegangenen Zustellversuch als erwiesen anzunehmen.
Daraus folgt, daß die Strafverfügung dem nunmehrigen Berufungswerber erstmalig am 3.4.1995 in rechtskonformer und eindeutig nachvollziehbarer Weise zugekommen ist und von diesem Tag an die Einspruchsfrist des § 49 Abs 1 VStG zu laufen begonnen hat, die nach Ablauf von zwei Wochen demnach bis zum 18. April 1995 lief, da der 17.4.1995 auf einen gesetzlichen Feiertag fiel (§ 33 Abs 2 AVG). Der vom Berufungswerber am 12.4.1995 verfaßt und laut Poststempel am 14.4.1995 der Post zur Beförderung übergebene Einspruch ist daher im Lichte obiger Ausführungen als fristgerecht eingebracht anzusehen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.