TE UVS Steiermark 1996/07/17 30.6-43/96

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Veröffentlicht am 17.07.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn G. O., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. Z., K.-straße 8/I, K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 15.2.1996, GZ.: 15.1 1994/361, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 17.6.1996 bzw. am 16.7.1996, wie folgt entschieden:

Zu Punkt 1.) und 2.) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend präzisiert, als die verletzte Rechtsvorschrift betreffend Punkt 1.) der § 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG iVm § 1 a Abs 1 KDV ist.

Zu Punkt 3.) und 4.) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 25.12.1993 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 20.05 Uhr in J., aus Richtung Hauptplatz kommend nach Richtung Murdorf fahrend als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen JU 3UCE (PKW)

1.) das Kraftfahrzeug in Betrieb genommen, obwohl auf der linken Seite die hintere Stoßstange ca. 10 cm vorsprang und dadurch eine Gefahr für andere Straßenbenützer bestand,

2.) das Kraftfahrzeug in Betrieb genommen, obwohl die linke hintere Schlußleuchte zerbrochen war, sodaß nach hinten weißes Licht ausgestrahlt wurde,

3.) das Kraftfahrzeug in Betrieb genommen, obwohl die Kennzeichenbeleuchtung nicht funktioniert habe,

4.) das Kraftfahrzeug in Betrieb genommen, obwohl die Bremsleuchten nicht funktioniert hätten.

Hiedurch habe er für 1.) eine Übrtretung des § 101 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG iVm § 1 a KDV, für 2.) eine Übertretung des § 102 Abs 1 iVm § 14 Abs 4 KFG, für 3.) eine Übertretung des § 102 Abs 1 iVm § 14 Abs 6 KFG und für 4.) eine Übertretung des § 102 Abs 1 iVm § 18 Abs 1 KFG begangen und wurde hiefür jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (je 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner fristgerechten Berufung vom 23.2.1996 bestritt der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen, wobei er unter anderem ausführte, daß der vorspringende Teil der linken Seite der hinteren Stoßstange keineswegs kantig bzw. keine Gefahr für andere Teilnehmer gewesen wäre. Weiters wäre der unter Punkt 2.) erhobene Vorwurf zwar richtig, rechtfertigte jedoch ebenso wie 3.) und 4.) keine Bestrafung, da die Strecke lediglich über 1 km geführt habe und auch keinerlei Fahrzeugverkehr geherrscht hätte. Auch habe er sich bezüglich Punkt 3.) und 4.) vor dem Zeitpunkt des Antritts der Fahrt davon überzeugt, daß die Beleuchtungseinrichtungen ordnungsgemäß funktioniert hätten.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 17.6.1996 eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit seines anwaltlichen Vertreters des Berufungswerbers unter Beiziehung der Zeugen, Revierinspektor P. W. und Inspektor G. K. bzw. eine weitere öffentliche, mündliche Verhandlung am 16.7.1996 in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines anwaltlichen Vertreters unter Beiziehung des Zeugen A. O. durchgeführt.

Aufgrund dieser Verhandlungen und des Inhaltes der Verwaltungsakten wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Berufungswerber hat am 25.12.1993 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 20.05 Uhr das Fahrzeug mit dem Kennzeichen JU 3UCE (PKW) in J. aus Richtung Hauptplatz kommend nach Richtung Murdorf bis in unmittelbarer Nähe des Hauses Johann-Nestroy Gasse 7 gelenkt, obwohl ein Stück der hinteren Stoßstange ca. 10 cm in die Fahrbahn hineinragte.

Wie die Zeugen, Revierinspektor P. W. und Inspektor G. K. übereinstimmend und auch logisch nachvollziehbar ausführten, bestand durch den herausragenden Teil der Stoßstange bzw. insbesondere durch die scharfkantige Innenseite der Stoßstange, welche in Fahrtrichtung des Berufungswerbers zeigte, Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer aber auch Fußgänger.

Diesbezüglich ist auszuführen, daß gemäß § 4 Abs 2

KFG zweiter, dritter und vierter Satz Kraftfahrzeuge und Anhänger unter anderem so gebaut und ausgerüstet sein müssen, daß der Lenker, beförderte Personen und

andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

Gemäß § 1 a Abs 1 KDV haben als vorspringende Teile, Kanten und zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen (§ 4 Abs 2 dritter und vierter Satz des Kraftfahrgesetzes 1967), solche zu gelten, durch die die Gefahr schwerer Verletzungen oder der Grad von schweren Verletzungen erhöht wird.

Es ist offensichtlich, daß durch einen scharfkantigen, 10 cm in die Fahrbahn hineinragenden am Fahrzeug fest verankerten Teil (= Stoßstange), unabhängig von der Art des Unfalles, die Gefahr schwerer Verletzungen oder der Grad von schweren Verletzungen erhöht wird und ist es der entscheidenden Behörde zuzutrauen dies von sich aus zu beurteilen. Die Beiziehung eines KFZ-technischen Sachverständigen erübrigte sich somit, und hat der Berufungswerber, wie er selbst ausführte, den tatgegenständlichen Mercedes kurz nach dem Vorfall verkauft, ohne jedoch angeben zu können, ob bzw. wo er den Schaden reparieren ließ.

Der Berufungswerber selbst gestand ein, daß die Stoßstange ca. 2-3 cm nach außen wegstand, wobei

seine Angaben hinsichtlich der Länge des wegstehenden Teiles als unglaubwürdig bzw. als Schutzbehauptung anzusehen sind. Der Zeuge A. O. gab an, daß die hintere Stoßstange nicht aus der Verankerung gelöst, jedoch leicht beschädigt war, ob sie in die Fahrbahn hineinragte, konnte er nicht angeben.

Der Berufungswerber hat somit die ihm unter Punkt 1.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

Hinsichtlich Punkt 2.) ist auszuführen, daß der Berufungswerber die gegenständliche Fahrt durchführte, obwohl das linke hintere Rücklicht insofern zerbrochen war, als weißes Licht ausgestrahlt wurde.

Gemäß § 14 Abs 4 erster Satz KFG müssen Kraftwagen hinten mit einer geraden Anzahl von Schlußleuchten ausgerüstet sein, mit denen nach hinten rotes Licht ausgestrahlt und anderen Straßenbenützern das Fahrzeug erkennbar gemacht und das richtige

Abschätzen seiner Breite ermöglicht werden kann

(Schlußlicht).

Die Zeugen Revierinspektor P. W. und Inspektor G. K. gaben übereinstimmend an, daß die linke hintere Schlußleuchte zerbrochen war, wobei das Licht noch funktionierte, jedoch lediglich weißes Licht ausstrahlte. Der Berufungswerber gestand in der Verhandlung vom 16.7.1996 ein, daß die Schlußleuchte einen Sprung - hervorgerufen durch einen Unfall beim Einparken vor dem Tatzeitpunkt - aufwies, wobei durch diesen Sprung weißes Licht herausstrahlte. Die Größe des Sprunges konnte er nicht angeben.

Dies wurde sinngemäß auch vom Zeugen A. O. bestätigt, wobei dieser angab, daß er sich heute nicht mehr erinnern könne, ob weißes Licht herausgestrahlt sei. Der Berufungswerber hat somit die ihm unter Punkt 2.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß

anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die vom Berufungswerber übertretenen Normen

soll gewährleistet werden, daß zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen einerseits einen technischen Mindeststandard aufweisen, andererseits sollen negative Folgen durch Unfälle aber auch das Ausmaß der Verletzungen und Schäden bei solchen verringert bzw. hintangehalten werden. Durch sein Verhalten hat der Berufungswerber gegen diese Schutzzwecke verstoßen.

Als erschwerend war nichts, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit zu werten.

Auch unter Berücksichtigung der vom Berufungswerber selbst bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (mtl. Nettoeinkommen S 10.000,--, kein Vermögen, Schulden in der Höhe von

1,5 Millionen, keine Sorgepflichten) erscheinen die von der Behörde erster Instanz verhängten Strafen als schuldangemessen, wobei sich diese ohnedies im untersten Strafbereich bewegen und hätte ein in guten bis sehr guten Verhältnissen lebender Beschuldigter durchaus mit einer höheren Strafe zu rechnen gehabt.

Hinsichtlich Punkt 3.) und 4.) ist wie folgt auszuführen:

Gemäß § 102 Abs 1 erster Halbsatz KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Fahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Die Bestrafung eines Lenkers kann daher nur dann erfolgen, wenn nachgewiesen wird, daß er die Fahrt angetreten hat, ohne sich vorher zu überzeugen, daß sich das Fahrzeug in betriebs- und verkehrssicherem Zustand befindet und auch sonst den Vorschriften entspricht.

Der Berufungswerber behauptet nunmehr die Kennzeichenbeleuchtung bzw. die Bremsleuchten vor Antritt der Fahrt überprüft und deren ordnungsgemäße Funktion festgestellt zu haben. Das Gegenteil wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht festgestellt bzw. behauptet.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hätte somit hinsichtlich Punkt 3.) und 4.) zu enthalten gehabt, daß der Berufungswerber das Fahrzeug in Betrieb nahm, ohne sich vorher, obwohl es ihm zumutbar gewesen

wäre, davon zu überzeugen, daß die Kennzeichenbeleuchtung bzw. die Bremsleuchten funktionierten. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, daß solche Mängel theoretisch auch erst während der Fahrt eintreten können und das plötzliche Erlöschen eines Lichtes während der Fahrt laut ständiger Rechtsprechung des VwGH an sich noch kein Verschulden des Lenkers begründet.

Es war somit hinsichtlich Punkt 3.) und 4.) die Einstellung zu verfügen.

Schlagworte
Stoßstange Kanten Sachverständigengutachten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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