Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24, 51, 51c und 51e Abs2 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis zur Gänze behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.
Begründung
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe, wie aufgrund einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle am 28.09.1994 um 10.20 Uhr im Verkaufsgeschäft in L festgestellt worden sei, "Jausenspeck" in Originalvakuumpackung ohne Vakuum, welcher für den Letztverbraucher bestimmt gewesen sei, ohne Kennzeichnungselemente in Verkehr gebracht, obwohl verpackte Waren, die ohne weitere Verarbeitung für den Letztverbraucher bestimmt seien, folgende
Kennzeichnungselemente zu enthalten hätten: §4
Ziffer 1: die handelsübliche Sachbezeichnung - bei Fehlen einer solchen eine Beschreibung, die Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Ware ermöglicht - in Verbindung mit einer Angabe über den physikalischen Zustand oder über die besondere Behandlung der Ware (zB pulverförmig, konzentriert, geräuchert, gefriergetrocknet, UHT-erhitzt), sofern die Unterlassung einer solchen Angabe geeignet wäre, beim Käufer einen Irrtum herbeizuführen;
Ziffer 2: der Name (Firma oder Firmenschlagwort) und die Anschrift der erzeugenden oder verpackenden Unternehmung oder eines in einem EWR-Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufers; den Ursprungs- oder Herkunftsort, falls ohne diese Angabe ein Irrtum des Verbrauchers über die tatsächliche Herkunft möglich wäre. Bei ausländischen - nicht aus einem EWR-Mitgliedstaat importierten Waren - ist jedenfalls das Ursprungsland anzugeben;
Ziffer 3: a) die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Ware nach metrischem System; bei flüssigen Waren nach Liter, Zentiliter oder Milliliter, bei sonstigen Waren nach Kilogramm oder Gramm;
Ziffer 5: der Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaft behält (Mindesthaltbarkeitsdatum) mit den Worten:
"mindestens haltbar bis ...", wenn der Tag genannt wird:
"mindestens haltbar bis Ende ...", wenn nur Monat oder Jahr genannt werden, bestimmt nach a) Tag und Monat, wenn deren Haltbarkeit weniger als drei Monate beträgt, in Verbindung mit der Angabe "mindestens haltbar ..." ist entweder das Datum selbst oder die Stelle, an der es in der Etikettierung angegeben ist, einzusetzen;
Ziffer 6: die Temperaturen oder sonstigen Lagerbedingungen, wenn deren Einhaltung für die Haltbarkeit wesentlich ist;
Ziffer 7: die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe) zusätzlich mit a) dem Verzeichnis der Zutaten ist eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort "Zutaten" enthalten ist. Jeder Stoff, der bei der Herstellung einer Ware verwendet wird und unverändert oder verändert im Enderzeugnis vorhanden ist, ist in absteigender Reihenfolge des jeweiligen Gewichtsanteils zum Zeitpunkt der Verwendung bei der Herstellung zu deklarieren.
Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach §74 Abs5 Z2 iVm §19 Abs1 Lebensmittelgesetz 1975 iVm §1 Abs1 iVm §4 Z1, 2, 3, 5, 6 und 7 Lebensmittelkennzeichnungsverordung 1993 begangen, weshalb über ihn gemäß §74 Abs5 Z2 Lebensmittelgesetz 1975 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag), verhängt wurde.
In der rechtzeitig gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wurde folgendes ausgeführt:
"Hiermit erhebe ich Einspruch gegen den Strafbescheid A. In dem Straferkenntnis vom 13.03.1995 werde ich nach der LMKV 1975 bestraft. In der Zwischenzeit ist man durch meine Berufung, sowie durch die Rechtsprechung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat auf die zu Unrecht ausgesprochene Strafe aufmerksam geworden und hat nunmehr die Bestrafung auf LMKV 1993 umgewandelt. Eine Bestrafung nach der LMKV 1993 ist bereits verjährt, zudem ist es rechtswidrig, die Straftaten nach belieben der Beamten den einzelnen Gesetzen einfach zuzuteilen und nach belieben Strafen zu verteilen. Dies stellt einen Amtsmißbrauch dar. Zudem bin ich unbescholten und es ist unerhört, mir hier Straftaten vorzuhalten, die ich nicht begangen habe. Ich erwarte mir daher eine Entschuldigung. Ich ersuche Sie daher, die Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben."
Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Da die Voraussetzungen des §51e Abs2 VStG vorlagen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Wie sich aus dem Verwaltungsstrafakt ergibt, hat die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck am 17.11.1994 in der gegenständlichen Angelegenheit ein Gutachten erstellt und ist darin zum Schluß gekommen, daß verschiedene Kennzeichnungselemente des §4 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 fehlen bzw. unvollständig angebracht sind. Im Schlußsatz dieses Gutachtens wurde ausgeführt, daß die Kennzeichnung der vorliegenden Probe auch nicht den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973, die noch bis zum 31.12.1994 in Kraft bleibt, entspricht. Von dieser Grundlage ausgehend, wurde ein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt, daß sich auf eine Verletzung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 stützt.
Gemäß §13 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 dürfen verpackte Waren, die dieser Verordnung nicht entsprechen, noch bis 31.12.1994 in Verkehr belassen werden. In der gegenständlichen Angelegenheit war der Tattag der 28.09.1994. Sohin durften verpackte Waren, die an diesem Tag im Verkehr waren und der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 nicht entsprachen, noch bis 31.12.1994 in Verkehr belassen werden. Daher konnte der Berufungswerber auch nicht gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 verstoßen.
Im gegenständlichen Fall war jedoch zu prüfen, ob nicht unter Anwendung des §66 Abs4 AVG der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses dahingehend berichtigt werden hätte können, daß die vom Berufungswerber gesetzten Handlungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 unterstellt hätten werden können. Aus §13 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 ergibt sich, daß zwar verpackte Waren, die dieser Verordnung nicht entsprechen, noch bis 31.12.1994 in Verkehr belassen werden dürfen, aber diese zweifellos der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 zu entsprechen haben. Damit geht die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 auch davon aus, daß ihr normativer Gehalt sich mit der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 nicht deckt. Daher hätte sich aus dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck genau ergeben müssen, in welchen Punkten die Kennzeichnung der gegenständlichen Probe des Berufungswerbers der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 nicht entsprochen hat. Dazu kommt noch, daß die verschiedenen Kennzeichnungselemente jeweils eine eigene Verwaltungsübertretung darstellen. Es hätte daher im gegenständlichen Fall eine Aufteilung der verhängten Gesamtstrafe erfolgen müssen, die aufgrund der nicht identen Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 und der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 gar nicht möglich gewesen wäre.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.