Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des Herrn J. B., gegen Punkt 1.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 2.5.1996, GZ.: 15.1 1995/6736, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid in Punkt 1.) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG zur Einstellung gebracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber in Punkt 1.) vorgeworfen, er "habe am 4.10.1995 vor dem Haus G.-gasse 5, W., und auch im Haus selbst Frau A. B., G. Nr. 81, W., mit den Worten 'dreckige Sau', 'dreckige Drecksau', 'Schwein' und 'Sozialistenschwein' beschimpft, was auch von den übrigen Mitbewohnern des Hauses wahrgenommen
werden konnte. Sie haben dadurch Frau A. B. in ihrer Ehre gekränkt" und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 Z 3 LGBl. Nr. 158/1975 begangen. Hiefür wurde gemäß § 3 Abs 1 LGBl. Nr. 158/1975 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 VStG die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der Behörde erster Instanz vorgeschrieben.
Gemäß § 51 e Abs 1 VStG konnte die öffentliche, mündliche Verhandlung entfallen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Gemäß § 44 a Z 1 bis Z 3 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
Z 1 die als erwiesen angenommene Tat;
Z 2 die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
Z 3 die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht keinesfalls dem Erfordernis des § 44 a Z 1 VStG.
Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumschreibung so genau zu umschreiben, daß
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
2. die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates, VwGH 13.6.1984, Slg. NF 11.466/A).
Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates VwGH 3.10.1985, Slg. NF 11.894/A).
Essentielles Tatbestandselement im Sinne des § 44 a Z 1 VStG stellt die Angabe einer Tatzeit dar. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde dem Berufungswerber für das vorgeworfene Delikt als Tatzeit der 4. Oktober 1995 ohne Angabe einer näheren Uhrzeit vorgeworfen. Eine derartige Tatzeitangabe allein mit Datum ohne genauere Uhrzeit entspricht jedoch nicht den Erfordernissen des § 44 a Z 1 VStG bei einer Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung im Sinne des § 2 Abs 1 Z 3 LGBl. Nr. 158/1975, da der Berufungswerber aufgrund der fehlenden Tatzeit nicht in der Lage ist, sich gegen einen konkreten Tatvorwurf zu wehren. Eine Sanierung dieses Mangels ist schon deshalb nicht möglich, da im gesamten Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz keine genaue Uhrzeit aufscheint.
Da die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bereits aus diesem Punkte vorgenommen werden muß, ist auf das Verhältnis zwischen gerichtlich zu ahndenden Ehrenbeleidigungen und den von der Verwaltungsbehörde zu verfolgenden Ehrenkränkungen nicht näher einzugehen (Prinzip der Subsidiarität). Es konnte daher eine Erforschung des Sachverhaltes im Hinblick auf die Sukzessivöffentlichkeit im Sinne des § 115 Abs 2 StGB (siehe Entscheidung UVS 9.11.1995, UVS 30.3-69/95) unterbleiben.
Da somit ein wesentlicher Mangel im Hinblick auf die Tatzeit im Sinne des § 44 a Z 1 VStG vorliegt, mußte der Berufung Folge gegeben werden und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung gebracht werden.