Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn E. J. H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. U. Z., Sch.-gasse 5, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 12.10.1995, GZ.: 15.1 1994/4529, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 27. Mai 1994 um
17.50 Uhr in Freiberg auf der Gemeindestraße von Gleisdorf kommend Richtung Golfplatz-Freiberg auf Höhe der Abzweigung zum Haus Freiberg Nr. 31 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen WZ 1RLA (Krad) gelenkt und habe beim Kurvenausgang der dort befindlichen Rechtskurve sein Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt, wie ihm dies möglich gewesen wäre, wobei die Fahrbahnbreite nur 3,5 m betragen hätte.
Hiedurch habe er die Rechtsvorschriften des § 7 Abs 2 StVO 1960 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--, 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im wesentlichen ausgeführt wird, daß weder die erste Verfolgungshandlung noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Konkretisierungserfordernis des § 44 a VStG genüge. Es fehle jeglicher Hinweis, wieweit es dem Beschuldigten möglich gewesen sei, sein Motorrad weiter rechts zu lenken bzw. wo die Fahrlinie tatsächlich gewesen sein sollte. Dazu komme, daß im Bereich des Tatortes die Fahrbahn der Gemeindestraße eine Gesamtbreite von 4,2 m aufgewiesen habe. Weiters wird noch die Höhe der verhängten Strafe bekämpft. Da bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine öffentliche, mündliche Verhandlung gemäß § 51 e Abs 1 VStG unterbleiben. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfaßte, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen.
Der Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz vermischt die beiden Tatbildalternativen nach § 7 Abs 1 und 2 StVO. Einerseits wird dem Berufungswerber zur Last gelegt in einer Rechtskurve sein Fahrzeug nicht weit genug rechts gelenkt zu haben (§ 7 Abs 2 leg cit), andererseits wird darauf abgestellt, soweit ihm dies möglich gewesen wäre, was dem Tatbild nach § 7 Abs 1 leg cit entspricht.
Hätte die Erstbehörde dem Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs 1 StVO anlasten wollen, ist der Berufungswerber mit seinen Ausführungen in der Berufung im Recht, daß es zur Tatumschreibung der Konkretisierung bedarf, wieweit rechts der Berufungswerber gefahren sei und andererseits die konkrete Angabe wieweit ihm dies zumutbar und möglich gewesen wäre. Der Ausspruch allein, "nicht soweit rechts gelenkt wie ihm dies möglich gewesen wäre", wird nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44 a lit a VStG gerecht (vgl. VwGH 19.12.1990, 90/03/0159 u. 15.12.1993, 92/03/0249).
Für eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs 2 StVO fehlt dem Spruch jedoch als wesentliches Tatbestandsmerkmal, weshalb es die Verkehrssicherheit erfordert hat, am rechten Fahrbahnrand zu fahren (VwGH 20.1.1993/92/02/0267). Nach dieser Gesetzesstelle hat, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren. Er darf hiebei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen. Damit wird dem Lenker die Verpflichtung auferlegt, an bestimmten Stellen ausnahmslos am rechten Fahrbahnrand zu fahren (vgl. VwGH 19.12.1990, 90/02/0088). Es genügt daher nicht, wenn im Spruch aufscheint, daß der Tatort im Kurvenausgang gelegen sei, da damit nicht zum Ausdruck gebracht wird, daß es sich um eine unübersichtliche Kurve handelt. Die Annahme einer teilweisen Unübersichtlichkeit genügt jedenfalls nicht (VwGH 23.2.1965, 1650/64, KJ 1965, 43). Da die erforderlichen Sachverhaltselemente innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG durch die von der Behörde vorzunehmende Verfolgungshandlung erfaßt sein müssen, war eine Sanierung des Mangels des Spruches des Straferkenntnisses im nunmehrigen Verfahrensstand nicht mehr möglich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.