Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Zotter über die Berufung des Herrn Alois G vom 9.6.1996 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 30.4.1996, Zl MA 4/5-PA-198761/5/7, wegen Übertretung des § 1 Abs 3 des Parkometergesetzes, entschieden:
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis wurde laut Zustellnachweis RSb nach einem Zustellversuch vom 24.5.1996 hinterlegt und ab dem 24.5.1996 zur Abholung bereitgehalten.
Die Rechtsmittelfrist begann daher am 24.5.1996 und endete am 7.6.1996.
Die Berufung wurde jedoch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am 10.6.1996 (Datum der Postaufgabe) eingebracht.
Mit Vorhalt vom 27.6.1996 wurde dem Berufungswerber die offensichtlich verspätete Einbringung der Berufung zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten, dazu Stellung zu nehmen und eine eventuelle Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Zustellung durch Vorlage von Bescheinigungsmitteln glaubhaft zu machen. In seiner Stellungnahme vom 14.7.1996 führte der Berufungswerber an, daß er vom 24.5.1996, 6.00 Uhr, bis einschließlich 26.5.1996, 10.00 Uhr, wegen eines Plandienstwochenendes bei seiner Dienststelle in Wien ortsabwesend gewesen sei. Dazwischen sei keine Heimreise erfolgt. Der Berufungswerber legte gleichzeitig eine Kopie seines Dienstplanes vor.
Dazu wurde erwogen:
Gemäß § 63 Abs 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten. Gemäß § 24 VStG gilt diese Bestimmung auch im Verwaltungsstrafverfahren.
Gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz ist ein Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist eine hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.
Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden konnte.
Eine vorübergehende Abwesenheit von der Abgabestelle, welche die Zustellung durch Hinterlegung unzulässig machen bzw die Anwendung des 3. Satzes des § 17 Abs 3 Zustellgesetz nach sich ziehen würde, liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie zum Beispiel im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes. Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während eines Tages (so zB VwGH 12.9.1985 Slg 11850), ja während der Wochentage (VwGH 6.12.1977, 2359 F, 2435 F), ist keine vorübergehende Abwesenheit, schließt also den regelmäßigen Aufenthalt nicht aus (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S 1206 ff).
Trotz der vom Berufungswerber geltend gemachten berufsbedingten Abwesenheit war daher davon auszugehen, daß er sich regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hat, er sohin in der Lage war, von Zustellvorgängen Kenntnis zu erlangen und eine Zustellung durch Hinterlegung grundsätzlich zulässig war.
In der Folge war zu prüfen, ob der Berufungswerber wegen der berufsbedingten Abwesenheit im Sinne des § 17 Abs 3 letzter Satz Zustellgesetz rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9.7.1992, Zl 91/16/0091, festgestellt, daß bei einem Beginn der Abholfrist an einem Freitag ein Großteil der berufstätigen Bevölkerung das Schriftstück erst am darauffolgenden Montag behoben hätte. Somit muß diese Fristverkürzung als vom Gesetzgeber gewollt in Kauf genommen werden.
Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber, nachdem die Abholfrist am Freitag, den 24.5.1996, begonnen hat, am Sonntag, den 26.5.1996, an die Abgabestelle zurückgekehrt. Wenngleich die Sendung erst am darauffolgenden Dienstag behoben werden konnte (Pfingstmontag), ist der Berufungswerber ungeachtet seiner Ortsabwesenheit in die Lage versetzt, die Sendung zu einem Zeitpunkt zu beheben, zu dem dies ein Großteil der berufstätigen Bevölkerung getan hätte. Der Berufungswerber konnte daher rechtzeitig im Sinne des § 17 Abs 3 letzter Satz Zustellgesetz vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen, weshalb das angefochtene Straferkenntnis durch die postamtliche Hinterlegung mit 24.5.1996 (Beginn der Abholfrist) gültig zugestellt wurde. Die Berufungsfrist begann sohin mit diesem Tag und endete mit 7.6.1996. Die am 10.6.1996 zur Post gegebene Berufung erweist sich somit als verspätet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Falle der verspäteten Einbringung einer Berufung der erkennenden Behörde verwehrt, auf das Berufungsvorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (VwGH 27.3.1990,89/08/0173).
Die Berufung war daher ohne Eingehen auf die Berufungsausführungen als verspätet zurückzuweisen.