TE UVS Wien 1996/09/10 02/14/99/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Findeis über die Beschwerde des Herrn Robert Z, vertreten durch Frau Sandra K, vom 7.8.1996, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, entschieden:

Die Beschwerde wird gemäß § 67c Abs 4 AVG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 8.8.1996 eingebrachte, auf § 67a Abs 1 Z 2 AVG gestützte Beschwerde richtet sich gegen die "Verweigerung, bzw teilweise Verweigerung der Einsichtnahme in den Krankenakt bzw Verweigerung der Kopien" durch den Ass Prof Univ Doz Dr S des Allgemeinen Krankenshauses der Stadt Wien (AKH). Begründend führt der Beschwerdeführer aus, daß er für den 29.5.1996 einen Termin im AKH zum Zwecke der Einsichtnahme in seinen Krankenakt erhalten habe. Ohne Angabe von Gründen seien ihm - wie dies auch aus dem beigelegten Schreiben von Herrn Ass Prof Univ Doz Dr S hervorgehe - nicht alle Schriftstücke zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Am selben Tage habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausfertigung von Kopien des gesamten Krankenaktes (von ca 1942 - 1989) gestellt, Ende Juni habe er zwar Kopien erhalten, allerdings lediglich ein Viertel des am 29.5.1996 nur teilweise eingesehenen Aktes.

Am 11.7.1996 habe er ein Schreiben an die Ärztliche Direktion des AKH gerichtet. Darin habe er den oben geschilderten Sachverhalt dargelegt und um Zusendung der noch fehlenden Kopien ersucht. Dieses Schreiben sei nicht beantwortet worden.

Am 19.7.1996 habe die Vertreterin des Beschwerdeführers ein Schreiben an Herrn Ass Prof Univ Doz Dr S gerichtet, in dem sie sich grundsätzlich darüber beschwert habe, daß sie - entgegen § 39 Abs 5 UbG - als gewillkürte Vertreterin und als Begleitung des Beschwerdeführers am 29.5.1996 von der Einsichtnahme ausgeschlossen worden sei und habe weiters bemängelt, daß der Beschwerdeführer, obwohl er einen Antrag auf den gesamten Akteninhalt gestellt habe, lediglich ein Viertel des Inhaltes in Kopie erhalten habe.

Im an die Vertreterin des Beschwerdeführers gerichteten Antwortschreiben vom 23.7.1996 habe Herr Ass Prof Univ Doz Dr S erwidert:

"Im zweiten Absatz Ihres Schreibens erwähnen Sie nicht, daß in meinem Gespräch ich Ihnen damals mitgeteilt hatte, daß nach vorheriger Durchsicht der Krankengeschichte hauptsächlich auch Informationen über dritte Personen stehen und ich Sie wegen des therapeutischen Vorbehaltes nicht einsehen lassen darf. Diesbezüglich bin ich weder Ihnen noch Herrn Robert Z selbst berechtigt Auskunft zu erteilen.

Das zitierte Gesetz (UbG, 1992) ist erst mit 1.1.1992 in Kraft getreten und daher laut Auskunft bei der Rechtsabteilung des AKH in diesem Falle nicht anzuwenden."

Dazu merkt der Beschwerdeführer an, daß Herr Ass Prof Univ Doz Dr S diese Begründung nicht ausgesprochen habe und daß das UbG mit 1.1.1991 in Kraft getreten sei.

Das Argument "daß nach vorheriger Durchsicht der Krankengeschichte hauptsächlich auch Informationen über dritte Personen stehen und ich Sie wegen des therapeutischen Vorbehalts nicht einsehen lassen darf", widerspreche dem Grundsatz 19 der UN-Grundsätze für psychisch Kranke.

Die Rechtzeitigkeit der Beschwerde beruhe darauf, daß die "Begründung" für die Verweigerung der Einsichtnahme (bzw der Aushändigung der Kopien derselben) auf dem Schreiben des Ass Prof Univ Doz Dr S vom 23. Juli 1996 basiere.

Der Beschwerdeführer beantrage daher den oben angeführten Verwaltungsakt (Verweigerung, bzw teilweise Verweigerung von Einsichtnahme in den Krankenakt, bzw Verweigerung der Kopien) für rechtswidrig zu erklären.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien legt der gegenständlichen Entscheidung das Vorbringen des Beschwerdeführers, das mit beigeschlossenen Kopien der Anforderung der Krankengeschichte des Beschwerdeführers und des Schriftsverkehrs des Beschwerdeführers bzw seiner Vertreterin mit dem AKH dokumentiert wurde, zugrunde.

Dazu wurde erwogen:

Nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Dieser Verfassungsbestimmung entspricht § 67a Abs 1 Z 2 AVG. Mit dem Inkrafttreten dieser Regelung am 1.1.1991 ging die bisherige Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über derartige Beschwerden auf die unabhängigen Verwaltungssenate über. Da sich die Zuständigkeit mit der der früher zuständigen Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts deckt, ist deren Rechtsprechung für die Zuständikeit der unabhängigen Verwaltungssenate weiterhin von Bedeutung.

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt, diesem Akt, der gegen eine individuell bestimmte Person gerichtet sein muß, in irgendeiner Form eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, sodaß es sich um einen Verwaltungsakt individuellen normativen Inhaltes handelt (vgl etwa VfSlg 7346, oder VwGH 17.2.1993, Zl 92/01/1113), der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre (VfSlg 8327; vgl auch zB VwSlg 9439 A oder VwGH-Beschluß vom 30.9.1986, Zlen 86/04/0144-0149).

Selbst wenn man im Beschwerdefall davon ausginge, daß sein(e) der angeforderten Krankengeschichte zugrundeliegende(r/n) Aufenthalt(e) im AKH der Hoheitsverwaltung zuzurechnen ist (sind), dies wäre dann der Fall wenn der Beschwerdeführer dort zwangsweise (aufgrund eines amtsärztlichen Pareres oder aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses angehalten worden wäre (vgl OGH 28.6.1988, Zl 1 Ob 13/88), ist die vom Beschwerdeführer dargelegte Verweigerung der Einsichtnahme in die Krankengeschichte dennoch nicht als Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen:

Die "Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt" setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Befehls- und Zwangsgewalt ausübenden Behörde voraus und kann nicht im bloßen Unterbleiben eines Verhaltens bestehen, selbst wenn auf dieses Verhalten, weil es zur Realisierung eines im Gesetz eingeräumten Rechts unerläßlich ist ein Anspruch besteht (vgl VwGH 25.4.1991, Zl 91/06/0052 Hinweis, B 15.12.1977, 2317/77, VwSlg 9461 A /1977). So hat der Verwaltungsgerichtshof die Verweigerung der Zurückstellung eines aufgrund des § 102 Abs 5 lit a und lit b KFG 1967 ausgehändigten Führerscheines durch die Behörden trotz Vorliegens eines entsprechenden Begehrens nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen (28.4.1992, Zl 91/11/0154).

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt zu Recht erkannt, daß bloße Untätigkeit der Behörde, wie zB fernmündliche Erklärung der Staatsanwaltschaft keine Akteneinsicht zu gewähren; 28.9.1982 B 525/80, keinen Verwaltungsakt in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt (zB VfSlg 9025/1981, 9348/1982, 10046/1984, 27.11.1987 Zl B 845/87, 27.9.1982 Zl B 234/82, 3.3.1982 B 407/81)

Im Lichte dieser - auf den Beschwerdefall übertragbaren - Rechtsprechung erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unzulässig, weswegen sie - ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§ 67d Abs 1 AVG) - zurückzuweisen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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