Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn R. G., K., vertreten durch Frau Rechtsanwältin Dr. G. Sch., B. a. d. M., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 8.8.1996, GZ.: 15.1 1995/7882, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 3.9.1996, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Bezirksstelle B. a. d. M. der Wirtschaftskammer Steiermark hat am 4.12.1995 der Bezirkshauptmannschaft Bruck als sachlich und örtlich zuständiger Gewerbebehörde und Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz mitgeteilt, Herr G. R., K.-weg 2, K., hätte im August 1995 für Herrn A. G. aus St. L. einen Lohnschnitt durchgeführt, wobei A. G. S 8.000,-- an R. G. bezahlt hätte.
In weiterer Folge wurde durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur mit Ladungsbescheid vom 10.1.1996 das Verwaltungsstrafverfahren gegen R. G. eingeleitet und diesem im Ladungsbescheid vorgeworfen, er hätte im August 1985 auf seiner landwirtschaftlichen Säge für A. G. in der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, Bauholz geschnitten (Lohnschnitt), obwohl er die erforderliche Gewerbeberechtigung nicht hätte und Lohnschnitt nicht unter die Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs 1 GewO fielen.
Einem Aktenvermerk vom 8.2.1996 zufolge hat R. G. an diesem Tag bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck vorgesprochen und nach Vorhalt der Anzeige der Wirtschaftskammer Steiermark vom 4.12.1995 erklärt, er sei zu diesen Tätigkeiten berechtigt gewesen und hätte keine Übertretung der Gewerbeordnung zu verantworten; die Aufnahme einer Niederschrift verweigerte er.
Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens wurde sodann mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 8.8.1996 über Herrn R. G. auf Rechtsgrundlage des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 iVm § 5 Abs 2 Z 3 leg cit eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt, die Verwaltungsübertretung wurde im Spruch des Straferkenntnisses wörtlich gleich wie im Ladungsbescheid vom 10.1.1996 formuliert.
Gegen diesen Bescheid hat R. G. fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, welche unter anderem damit begründet wird, der Tatvorwurf August 1985 könne nicht zu einer Bestrafung im Jahr 1996 führen, im übrigen seien die von ihm durchgeführten Tätigkeiten solche, zu denen er als Landwirt berechtigt gewesen wäre.
In weiterer Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Bruck das Straferkenntnis vom 8.8.1996 mit Bescheid vom 3.9.1996 gemäß § 62 Abs 4 AVG dahingehend berichtigt, es müsse im Spruch "August 1995" heißen; auch gegen diesen Bescheid hat R. G. fristgerecht berufen.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von
folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,
sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen; im übrigen ist die Durchführung einer Berufungsverhandlung aus folgenden Gründen nicht erforderlich:
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.
Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache, Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung.
Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Taten betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß dem Einleitungssatz dieser gesetzlichen Bestimmung mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Innerhalb der bereits genannten 6-Monate-Frist des § 31 Abs 1 VStG wurden durch die erste Instanz zwei als Verfolgungshandlung zu qualifizierende Verfahrensschritte gesetzt, es handelt sich hiebei um den Ladungsbescheid vom 10.1.1996 sowie die Einvernahme des Beschuldigten am 8.2.1996.
Der im Ladungsbescheid mit "August 1985"
umschriebene Tatzeitraum wurde dem nunmehrigen Berufungswerber anläßlich seiner Vorsprache am 8.2.1996 insofern als "August 1995" vorgehalten, als dieser mit der Anzeige der Wirtschaftskammer vom 4.12.1995 konfrontiert worden war. Da der Ladungsbescheid vom 10.1.1996, wenn auch offensichtlich aufgrund eines Schreibfehlers, als Tatzeitraum "August 1985" enthält, könnte eine Präzisierung des Tatzeitraumes im nachhinein durch den Vorhalt der Anzeige am 8.2.1996 nur erfolgen, wäre der Tatzeitraum in der Anzeige vom 4.12.1995 ein solcher, der den bereits dargestellten Bestimmungen des § 44 a VStG entspricht.
Eine Tatzeit wie im konkreten Fall mit "im August 1995" entspricht jedoch im Sinne der diesbezüglichen Judikatur (vgl. VwGH 16.5.1979, 1725/77) ohne nähere Bezugshinweise nicht jener Bestimmtheit, die hinsichtlich der Tatzeit gesetzlich gefordert ist.
Gleiches bzw. ähnliches gilt für die nähere Umschreibung des Tatortes, da im Ladungsbescheid vom 10.1.1996, der an Herrn R. G., K.-weg 2, P., gerichtet gewesen ist, diesbezüglich nur die Wortfolge "auf ihrer landwirtschaftlichen Säge" enthalten ist.
Da eine Tatortumschreibung somit fehlt und die Erschließbarkeit des Tatortes aus der Adressierung eines behördlichen Schriftstückes zur diesbezüglichen Konkretisierung gemäß § 44 a VStG nicht ausreicht (vgl. VwGH 22.4.1993, 92/09/0377), ist festzustellen, daß innerhalb der Frist des § 31 Abs 1 VStG von keiner, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Verfolgungshandlung, die zur Grundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens hätte führen können, ausgegangen werden kann, sodaß (vgl. VwGH 25.2.1992, 91/04/0277) auch für die Berufungsbehörde keine Möglichkeit mehr besteht, diese Verfahrensmängel des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz in Vollziehung der Bestimmungen der Bestimmungen des § 66 Abs 4 AVG nachzuholen bzw. zu sanieren, weshalb
im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.