Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 29.4.1996 eingelangte Beschwerde des Herrn K. L., vertreten durch Herrn Dr. S. L., Rechtsanwalt in B., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Abs 1 und Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG), § 35 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) und Artikel 1 Bundesverfassungsgesetz vom 29.11.1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden PersFrG), wie folgt entschieden:
Die Festnahme des Beschwerdeführers durch Beamte des BGK Leoben und GPK in St. Michael in der Obersteiermark am 15.3.1996 um ca. 22.15 Uhr im Tankstellencafe Sch., H.-straße 12, T., war rechtswidrig.
Die Bezirkshauptmannschaft Leoben hat als belangte Behörde gemäß § 79 a AVG iVm der Aufwandersatzverordnung UVS BGBl. Nr. 855/1995 dem Beschwerdeführer einen mit S 19.504,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
I.1. In der Beschwerde vom 26.4.1996 wurde nachfolgendes vorgebracht:
"1. a) Vorsätzliche Körperverletzung: Am 15.03.1996 wurde der Antragsteller durch Herr Revierinspektor H. Fl., eingeteilter Beamter am Gendarmerieposten St. Michael i. O., wohnhaft in Z., L.-weg 22, dadurch vorsätzlich am Körper verletzt, indem ihn dieser am linken Oberarm erfaßte und ihm dadurch folgende Verletzungen zugefügt hat:
Blutergüsse am linken Oberarm, sowie diverse Schürfwunden.
b) Drohung: Gruppeninspektor G. F. und H. Fl. bedrohten den Antragsteller mit 'Watsch'n'.
Beweis: Unter einem vorgelegte Ambulanzkarte, Krankenstandsbestätigung und 2 Lichtbilder, PV und Strafanzeige wegen Verleumdung.
Zum Sachverhalt:
Am 15.03.1996 gegen 19:00 Uhr lenkte der Antragsteller seinen Kombi VW Golf mit dem Kennzeichen St 231.315 von St. Peter kommend in Richtung Trofaiach zur Tanksteller Sch. Er stellte sein Fahrzeug am Tankstellengelände an der angegebenen Position laut der beiliegenden handschriftlichen Skizze ab. Zuvor hatte der Antragsteller beginnend ab Vormittag des 15.03.1995 in der Werkstätte des B. P. in St. P./F. Schweißarbeiten an einem Aufbau eines Autohängers durchgeführt. B. P. fuhr selbst mit seinem Fahrzeug zur Tankstelle Sch. Der Zeuge P. und der Antragsteller begaben sich in das Lokal der Tankstelle Sch. Nach der Konsumation eines Kaffees und eines Glases Bier - bedient wurde der Antragsteller von Frau E. Sch. - hatte der Antragsteller noch ÖS 50,-- in seiner Hosentasche eingesteckt. In weiterer Folge begab sich der Antragsteller in das vom Gasthaus Sch. aus gesehen nördlich gelegene Kaffeehaus, in dem er einen Kaffee trank. Dieser Kaffee, und zwar ein Verlängerter, kostete ÖS 24,--. Vom Kaffeehaus aus begab sich dann der Antragsteller schräg vis a vis zur Tankstelle St. Dies deshalb, weil Herr St. seinerzeit angekündigt hatte, für ein Cart-Rennen Sponsortätigkeit ausüben zu wollen. Im Lokal der Familie St. trank der Antragsteller ein Glas Mineralwasser. Zu Fuß begab er sich dann wieder zur gegenüberliegenden Shell-Tankstelle Sch. Dort stellte er vor der Tür angekommen fest, daß er seine Geldbörse im Fahrzeug vergessen hatte. Die Geldbörse befand sich im Handschuhfach. Der Antragsteller steckte den Schlüssel in die Beifahrertür, öffnete diese durch eine Drehung nach rechts, nahm die Geldtasche aus dem Handschuhfach heraus und begab
sich dann wieder zum Restaurant Sch. Der Antragsteller hatte bereits quasi die Türschnalle in der Hand und hörte dann ein Fahrzeug von hinten kommend zufahren. Er drehte sich um und bemerkte, daß ein Gendarmeriefahrzeug das Tankstellengelände mit einem Mann Besatzung befuhr. Der Gendarmeriebeamte stellte dann sein Fahrzeug links bei den Zapfsäulen ab. Der Antragsteller sah ihm zu, als er aus dem Fahrzeug ausstieg. Es entwickelte sich folgender Wortwechsel zwischen dem Antragsteller und dem Gendarmeriebeamten (Oberleutnant M.):
'Sind Sie mit dem Fahrzeug hergefahren?' - 'Nein, ich habe nur etwas aus meinem Fahrzeug geholt.' Herr Oberleutnant M. erwiderte, daß er gesehen hätte, wie der Antragsteller mit dem Fahrzeug zur Tankstelle fuhr. Der Antragsteller entgegnete, daß dies nicht möglich sein könne, zumal dies auch Zeugen bestätigen könnten. Der Gendarmeriebeamte erwiderte wiederum, daß der Antragsteller zugeben solle, daß er zur Tankstelle fuhr. Man könne über alles sprechen. Der Antragsteller erwiderte, daß er keinen Grund habe von seiner Aussage abzuweichen. Nachdem Oblt. M. über das BGK Leoben
per Funk Unterstützung angefordert hatte, fuhren Gruppeninspektor G. F. und Revierinspektor H. Fl. mit dem Dienstkfz zur Tankstelle Sch. In Gegenwart der weiteren zwei Beamten forderte Oblt. M. den Antragsteller nochmals auf den Führerschein und den Zulassungsschein auszuhändigen. Der Antragsteller verweigerte dies mit dem Hinweis, daß er nicht gefahren sei. Der Antragsteller begab sich daraufhin in das Tankstellenstüberl. Revierinspektor Fl. war gegenüber dem Antragsteller aggressiv und forderte den Antragsteller ebenfalls auf zuzugeben, daß er mit dem Fahrzeug gefahren sei. Der Antragsteller begab sich dann ins Innere des Tankstellenstüberls Sch. Revierinspektor Fl. und Gruppeninspektor G. F. folgten dann dem Antragsteller. Revierinspektor Fl. packte dann den Antragsteller äußerst grob am linken Oberarm und schob in nach Außen ins Freie. Dort forderte er ihn nochmals auf zuzugeben, daß er mit dem Fahrzeug hergefahren sei. Er unterstrich seine Aufforderung mit den Worten 'Sonst werde der Antragsteller 'gedroschen''. Wenn der Antragsteller nicht tue, was er (Herr Fl.) sage, bekomme der Antragsteller 'Watsch'n'. Auch Gruppeninspektor drohte dem Antragsteller 'Watsch'n' an. In der Zwischenzeit wurde ein gewisser N. K., welcher sein Fahrzeug links neben dem Staubsauger auf Höhe des Fahrzeuges des Antragstellers abgestellt hatte, aus dem Tankstellenlokal Sch. herausgeholt. Herr K. wurde auch befragt und begab sich daraufhin wieder in das Lokal. Nachdem sich auch der Antragsteller dorthin begeben hatte, folgten ihm die Beamten. Revierinspektor Fl. erfaßte den Antragsteller nochmals am linken Arm und wollte ihn nochmal nach außen ins Freie buxtieren.
Der Antragsteller klammerte sich an der Theke fest. Dennoch versuchte der Gendarmeriebeamte Fl. den Antragsteller nach Außen zu zerren.
Durch das Androhen von 'Watsch'n' und Gewaltanwendung wurde der Antragsteller in Furcht und Unruhe versetzt und traute sich natürlich nicht mehr den Beamten zu folgen, weil er weitere Gewaltanwendung befürchtet hat.
Dem Rechtsvertreter liegen die Namen und Anschriften jener Zeugen vor, die sich im Gasthaus Sch. befunden haben, und die die Gewaltanwendung des Gendarmeriebeamten Fl. mitverfolgen konnten. Da jedoch zu befürchten ist, daß die Zeugen Repräsalien ausgesetzt sind, wird ersucht, dem Vertreter des Antragstellers zugestatten, Name und ladungsfähige Anschrift der Zeugen erst kurz vor der öffentlichen, mündlichen Verhandlung bekanntzugeben. In diesem Zusammenhang wird eine öffentliche, mündliche Verhandlung gem. § 67 d AVG ausdrücklich beantragt; sollte nicht der angefochtene Verwaltungsakt schon vorher für rechtswidrig erklärt werden. Die Vorgangsweise scheint im Hinblick auf einen ähnlich gelagerten Fall laut dem Zeitungsartikel der 'Steirer Krone' vom 25.03.1996 geboten.
Entgegen den Angaben des H. Fl. in seiner Niederschrift vom 22.03.1996 (Bereits 8 Tage nach dem Vorfall - den Antragsteller lediglich unter Anwendung von leichter Körperkraft in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt vor das Lokal gebracht zu haben, indem er ihn von hinten an den Schultern erfaßte und ihn vor sich aus dem Lokal 'schob' - hat der Gendarmeriebeamte das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Antragstellers auf persönliche Freiheit und körperliche Unversehrtheit (Artikel 8 StGG; Artikel 5 MRK) verletzt, indem er dem Antragsteller die laut den Lichtbildern und der Ambulanzkarte ausgewiesenen Verletzungen vorsätzlich zugefügt hat. Der Antragsteller stellt daher BEGEHREN, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.
Beweis: Unter einem vorgelegte Anzeige gegen den Antragsteller + wegen des Verdachtes des Vergehens nach § 297 StGB.
Am Rande sei hier angemerkt, daß diese Verleumdungsanzeige erst am 09.04.1996 - nachdem die erhebenden Beamten in Kenntnis der Verletzungsanzeige des Antragstellers waren - erstattet wurde.
Gemäß § 79 a Abs. 6 AVG begehrt der Antragsteller Kostenersatz."
Zudem wurden zwei Lichtbilder, die die Verletzungen des Beschwerdeführers am Arm zeigen, ein Ausschnitt aus einer Tageszeitung, eine Handskizze des Vorfallsortes, die Krankenstandsbestätigung der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 25.3.1996, die Ambulanzkarte des LKH Leoben über die Verletzung des Beschwerdeführers als auch die Anzeige des BGK
Leoben vom 9.4.1996, GZ-P1/96 vorgelegt.
2. Die Bezirkshauptmannschaft Leoben gab am 4.6.1996 nachfolgende Gegenschrift ab:
"Die Umstände, die zur ggst. Maßnahmenbeschwerde führten, ereigneten sich bislang unbestritten am 15.03.1996 gegen 22.00 Uhr am Tankstellenareal der Shell-Tankstelle Sch. in T., H.-straße Nr. 12, anläßlich einer Schwerpunktaktion 'Alkohol am Steuer'.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers geht die Behörde davon aus, daß die involvierten Gendarmeriebeamten dem Gesetz entsprechend, korrekt die ggst. Amtshandlung durchgeführt haben.
Nachdem die ggst. Amtshandlung durch Herrn Oblt. M. eröffnet wurde, war der Beschwerdeführer nicht bereit seine Identität preiszugeben. Er hat zur Identitätsfeststellung nichts beigetragen und war auch nicht bereit den Führer- und Zulassungsschein vorzuweisen.
Der Beschwerdeführer hat den Ort der Amtshandlung,
der sich vor dem Tankstellenbuffet befand, vor Beendigung der Amtshandlung und vor Feststellung seiner Identität verlassen und hat sich ins Buffet begeben. Die Inspektoren GI F. und RI Fl., die über Funk herbeigeholt, Herrn Oblt. M. assistierten, folgten dem Beschwerdeführer ins Lokal und versuchten ihn, was auch gelang, wieder an den Ort der Amtshandlung zurückzuführen. Der Beschwerdeführer wurde aus dem Buffet gebracht, da eine ruhige Amtshandlung in den Räumlichkeiten des gut besuchten Buffets nicht zweckmäßig erschien.
Zum zweiten Beschwerdepunkt des Beschwerdeführers
sei ausgeführt, daß die Inspektoren F. und Fl.
übereinstimmend erklärten, daß die Anschuldigung, sie
hätten Herrn L. mit einer 'Watschn' gedroht, nicht der Wahrheit entspricht."
Zudem wurde der Verwaltungsstrafakt GZ: 15.1
1996/1498 betreffend den Übertretungen des § 99 Abs 1 lit b Straßenverkehrsordnung 1960 (im folgenden StVO) iVm § 5 Abs 2 leg cit, § 102 Abs 5 lit a Kraftfahrgesetz 1967 (im folgenden KFG) und § 102 Abs 5 lit b KFG, vorgelegt.
Aufgrund der ergangenen Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark wurde sodann vom Beschwerdeführer die beantragten Zeugen bekanntgegeben sowie vom Bezirksgericht
Leoben der dortige Akt GZ: 2 Baz 795/96 (Verdacht des Vergehens nach § 297 Strafgesetzbuch) in Kopie eingeholt.
II.1. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 3.9.1996, wobei der Beschwerdeführer, die Zeugen Oberstleutnant M. M., GI G. F., RI H. Fl., F. K., A. B., K. D., W. B., B. P. und Th. St. einvernommen wurden, als auch unter Heranziehung der vorliegenden Akteninhalte, wurde nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:
Aufgrund des Verdachtes einer Übertretung der StVO
kam es zwischen Oberstleutnant M. und dem Beschwerdeführer vor dem Lokal zu einem Gespräch, wobei der Beschwerdeführer zur Ausweisleistung aufgefordert wurde. Der Beschwerdeführer kam dem nicht nach und ging in das Lokal, wobei er angab, den Führerschein nicht mit zu haben und auf die Auskünfte der Gäste bzw. des Gasthausinhabers bezüglich seiner Idenität verwies. Der zuvor allein amtshandelnde Oberstleutnant M. wurde in weiterer Folge von zwei weiteren Exekutivbeamten bei seiner Amtshandlung assistiert. Die drei Exekutivbeamten folgten sodann dem Beschwerdeführer in das Lokal und erklärte dieser nicht nach draußen mitkommen zu wollen, worauf der Beschwerdeführer von RI Fl. an der Schulter mit beiden Händen vor das Lokal hinausgeschoben wurde. Hiebei leistete der Beschwerdeführer keinen Widerstand, wäre jedoch freiwillig nicht mitgekommen. Während der Beschwerdeführer vor dem Lokal war - der Wiedereintritt wurde im verwehrt - wurde von Seiten eines Exekutivbeamten die Identität des Beschwerdeführers durch Befragung im Lokal geklärt. Der Beschwerdeführer wurde wieder in den Gastraum gelassen und teilte ihm Herr Oberstleutnant M. mit, daß seine Identität geklärt sei. Danach wurde der Beschwerdeführer zum Alkotest aufgefordert, wobei er, diesen mit dem Hinweis, er sei nicht gefahren, verweigerte. Die Amtshandlung wurde danach beendet.
Eine Festnahme wurde expressis verbis während der Amtshandlung nicht ausgesprochen und ließ sich die Identität des Beschwerdeführers im Lokal ohne weitere Probleme klären, umsomehr die Ehefrau des Beschwerdeführers dort arbeitet.
2. Die getroffenen Feststellungen bezüglich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gründen sich auf die im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der
als Zeugen einvernommenen Exekutivbeamten. In diesem Rahmen ist auch die Aussage des Beschwerdeführers
zum Sachverhalt in keinem Widerspruch, wobei jedoch der Beschwerdeführer vermeinte, erst beim zweiten Erscheinen der Exekutivbeamten im Lokal, abgeführt worden zu sein. Diesem Umstand kommt jedoch keine Relevanz zu, da jedenfalls feststeht, daß der Beschwerdeführer unter Anwendung von Zwangsgewalt
aus dem Lokal geführt wurde und ihm - wenn auch nur kurzfristig - der weitere Eintritt in das Lokal verwehrt.
III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:
1. Die Beschwerde über die Festnahme am 15.3.1996 langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 29.4.1996 (Postaufgabestempel 26.4.1996) ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt
wurde. Auch die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist gegeben, da die von den Beamten des Gendarmeriepostens St. Michael in der Obersteiermark sowie des BGK Leoben vorgenommene Handlung im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde. Desgleichen entscheidet gemäß § 67 a Abs 1 Z 2 der Unabhängige Verwaltungssenat über Beschwerden
von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommenen in Finanzstrafsachen des Bundes.
2. Gemäß Artikel 1 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 PersFrG hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit). Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesgesetz genannten Gründen oder auf
eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zwecke der Maßnahme außer Verhältnis steht.
Vorerst hatte der Unabhängige Verwaltungssenat die Frage zu beurteilen, ob das Hinausführen des Beschwerdeführers und das Verwehren des Wiedereintrittes in das Lokal ein Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des § 67 a Abs 1 Z 2 AVG darstellt.
Unverzichtbares Inhaltsmerkmal eines verfahrensfreien Verwaltungsaktes in der Erscheinungsform eines "Befehls", dh. der "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt", bildet der Umstand, daß dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion - so etwa eine Festnahme oder Vorführung - angedroht wird (VfSlg. 9922/1984 sowie VfGH 14.3.1988, B 397/87). Das Hinausführen des Beschwerdeführers durch Ergreifen mit den Händen an den Schultern - eine vorher an ihn gerichtete Aufforderung das Lokal freiwillig zu verlassen, da ansonsten Zwangsgewalt angewendet wird, fand nicht statt - , obwohl die Exekutivorgane im Zuge ihrer Amtshandlung unter Anwendung physischen Zwanges eine persönliche Ortsveränderung und eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers vornahmen (VfSlg. 3447/1958, 7149/1973, VfGH 4.3.1985, B 536/84). Die Exekutivbeamten gaben als Zeugen an, daß der Beschwerdeführer keinesfalls freiwillig das Lokal verlassen hätte und wurde ihm auch dessen Wiedereintritt durch das Entgegenstehen der Gendarmeriebeamten verwehrt. Es lag somit die Ausübung einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt durch die Exekutivbeamten vor, wobei der Umstand, daß die Exekutivbeamten ihrer Meinung nach keine
Festnahme durchführten, hiefür ohne Relevanz ist.
Die Ausübung der physischen Zwangsgewalt war aber
auch unter dem Festnahmetatbestand des § 35 Z 1 VStG nicht gedeckt. Nach dieser Gesetzesstelle dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist.
Geht man von dem Sachverhalt der Exekutivbeamten
aus, so hat sich der Beschwerdeführer nicht ausgewiesen, da er selbst angab den Führerschein nicht mitzuhaben. Die Identität des Beschwerdeführers konnte jedoch sofort auf Befragen der Kellnerin - und auch der übrigen Gäste des Lokales (einige wurden als Zeugen einvernommen) - festgestellt werden, sodaß es keine Veranlassung gab, den Beschwerdeführer mittels Zwangsgewalt aus dem Lokal zu führen. Der Zeuge Oberstleutnant M. hat die Befragung auch durchgeführt und konnte sich damit von der Identität des Beschwerdeführers überzeugen und lag daher kein Grund vor, den Beschwerdeführer festzunehmen. Bemerkt wird auch noch, daß die Exekutivbeamten danach ihre Amtshandlung für beendet erklärten und eine Anzeige nach Übertretungen der StVO und des KFG erstatteten. Durch das mit physischem Zwang durchgeführte Hinausbegleiten des Beschwerdeführers aus dem Lokal und dem Verwehren des Wiedereintrittes in das Lokal wurde die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers verletzt, da auch eine Identitätsfeststellung ohne diese Maßnahme möglich war und hiezu die Maßnahme
überhaupt nicht zweckgerichtet war. Dem Exekutivorgan war bereits durch das erste Gespräch mit dem Beschwerdeführer bekannt, daß er sich nicht ausweisen konnte und verwies der Beschwerdeführer hiebei bereits auf die Befragung des Personales des Lokales, denen er bekannt war (die Ehefrau des Beschwerdeführers arbeitet dort). Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer durch das Erfassen an den Oberarmen bzw. Schultern einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung im Sinne des Artikels 3 MRK unterworfen wurde, braucht hier nicht mehr näher eingegangen zu werden, zumal der Beschwerdeführer in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung den Beschwerdeantrag auf die Festnahme eingeschränkt hat.
IV. Als Kosten wurde gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS BGBl. Nr. 855/1995 dem Beschwerdeführer ein Betrag in der Höhe von S 19.504,-- zu gesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt S 8.400,-- an Schriftsatzaufwand, S 10.400,-- an Verhandlungsaufwand, S 300,-- an Stempelgebührenersatz (S 120,-- für den Beschwerdeschriftsatz und S 180,-- für Beilagen) sowie
S 404,-- Fahrtkostenaufwand (Leoben-Graz-Leoben gemäß § 79 a Abs 4 Z 2 AVG).