TE UVS Wien 1996/10/08 05/K/38/964/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Pfeifer über die Berufung des Herrn Dr Peter S vom 4.7.1996 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 4.6.1996, Zl MA 4/5-PA-137848/5/0, wegen Übertretung des § 1a des Parkometergesetzes in Verbindung mit § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 100,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit Schreiben vom 31.5.1995 wurde der Berufungswerber unter Hinweis auf § 1a des Parkometergesetzes, LGBl für Wien Nr 47/1974, in der geltenden Fassung, aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Auskunft darüber zu geben, wem er das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-82, welches am 20.3.1995 um 9.29 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone Wien, O-Strasse, abgestellt war, zu diesem Zeitpunkt überlassen gehabt habe.

Dieses Schreiben wurde dem Berufungswerber am 8.6.1995 zugestellt. Diesem Auskunftsersuchen hat der Berufungswerber nicht entsprochen.

Aus dem Firmenbuchauszug vom 12.9.1995 geht hervor, daß der Berufungswerber seit 6.3.1995 Masseverwalter der H-Gesellschaft mbH ist. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 8.11.1994 wurde das Ausgleichsverfahren eröffnet. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6.3.1995 wurde gemäß § 69 Abs 1 AO und § 69 Abs 1 KO der Anschlußkonkurs eröffnet.

In seinem gegen die Strafverfügung vom 5.10.1995, Zl MA 4/5-PA-137848/5/0, erhobenen Einspruch vom 6.11.1995 wurde vorgebracht, daß der Berufungswerber Masseverwalter im Konkurs der Firma H-Gesellschaft mbH sei. Deren Geschäftsführerin Christa G sei in die laufenden Geschäfte der Firma H-Gesellschaft mbH und deren Organisation nie eingebunden gewesen. Während laufenden Konkursverfahrens sei lediglich deren Lebensgefährte, dem Masseverwalter als Baumeister P bekannt, einziger Ansprechpartner für den Masseverwalter gewesen. Mit der Zeit habe sich jedoch auch die Kontaktaufnahme mit Herrn P immer schwieriger gestaltet, da dieser sich nach eigener Aussage immer wieder in krankenhäusliche Behandlung begeben habe müssen. Da ausschließlich er - nach Auffassung des Masseverwalters - jeweils über Schicksal und Verbleib des Fahrzeuges wissen könne, seien entsprechende Aufforderungen an Herrn P gefaxt worden. Dies sei die einzig mögliche Form der Kontaktaufnahme gewesen. Der Masseverwalter habe annehmen können, daß Herr P den jeweiligen Aufforderungen nachkommen würde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 4.6.1996, Zl MA 4/5-PA-137848/5/0, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Masseverwalter und somit rechtlicher Vertreter der Konkursmasse der Zulassungsbesitzerin, nämlich der Firma H-Gesellschaft mbH, dem am 8.6.1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrates vom 31.5.1995, innerhalb von zwei Wochen Auskunft darüber zu geben, wem das Fahrzeug der Marke Ford mit dem behördlichen Kennzeichen W-82 überlassen war, welches am 20.3.1995 um 9.29 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone Wien, O-Straße abgestellt war, nicht entsprochen.

Dadurch habe er § 1a in Verbindung mit § 4 Abs 2 Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 47/1974 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 9 Abs 1 VStG verletzt, weswegen über ihn gemäß § 4 Abs 2 Parkometergesetz eine Geldstrafe von S 500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von S 50,-- auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber vorbringt, daß der Gemeinschuldner nach Eröffnung des Konkurses parteifähig bleibe, er behalte die Sachlegitimation und bleibe auch prozeßfähig, nur hinsichtlich der Masse sei er nicht verfügungsfähig. Der Gemeinschuldner könne Bevollmächtigter in einem Verfahren sein und mit Zustimmung des Masseverwalters prozessuale Handlungen setzen (VwGH 20.4.1993, JUS 4/633). Gemeinschuldner würden gemeiniglich als Erfüllungsgehilfen des Masseverwalters eingesetzt; insbesondere gelte dies für Tätigkeiten wie Auskunftserteilungen an Behörden, welche von dem Masseverwalter schon faktisch nicht erfüllt werden könnten, da der Masseverwalter zwar die rechtliche, aber meist bis zu deren Veräußerung nicht die faktische Verfügungsmacht über zu der Masse gehörige Fahrzeuge habe. Faktum sei, daß im vorliegenden Fall die Aufforderung zur Auskunftserteilung dem einzig verfügbaren Repräsentanten der Gemeinschuldnerin als Erfüllungsgehilfe ausgehändigt worden sei, und zwar mit der Anweisung, die entsprechende Auskunft fristgerecht zu erteilen. Es habe für den Masseverwalter keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß der mit der Erledigung des Auskunftsersuchens der Behörde betraute Bmstr P dieser seiner Anweisung nicht Folge leisten werde. Den Masseverwalter treffe daher kein Verschulden an der Unterlassung der Auskunftserteilung.

Gemäß § 103 Abs 2 KFG sei jene Person zu benennen, die eine entsprechende Auskunft erteilen könne, wenn der Masseverwalter nicht diese Auskunft geben könne. Die vom Masseverwalter benannte Person treffe sodann primär die Auskunftspflicht. Die Behörde sei verpflichtet, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheine. Eine solche Überprüfung sei seitens der Behörde nicht vorgenommen worden. Der Masseverwalter habe bekanntgegeben, daß der Lebensgefährte der Geschäftsführerin der Fa H-GesmbH Auskunft geben könne und habe somit alles in seiner Macht stehende beigetragen, damit die Behörde zur gewünschten Auskunft komme.

Im übrigen sei zum Zeitpunkt der Aufforderung die Geschäftsführerin als solche im Firmenbuch nach wie vor eingetragen gewesen, sodaß dieser das Ersuchen auf Auskunftserteilung zuzustellen gewesen wäre.

Es wurde beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu die Strafe schuldangemessen herabzusetzen.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 1a Abs 1 des Wiener Parkometergesetzes hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für dessen Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat. Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, ist gemäß § 1a Abs 2 leg cit unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Unbestritten blieb, daß der Berufungswerber der an ihn gerichteten Aufforderung des Magistrates der Stadt Wien vom 31.5.1995 zur Bekanntgabe des Lenkers nicht entsprochen hat.

Die Beurteilung der Rechtsfrage ergab, daß der unbestritten gebliebene Sachverhalt den objektiven Tatbestand der verletzten Verwaltungsvorschrift erfüllt.

Zu den Ausführungen des Berufungswerbers, wonach zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufforderung die Geschäftsführerin als solche im Firmenbuch nach wie vor eingetragen gewesen sei, sodaß dieser das Ersuchen auf Auskunftserteilung zuzustellen gewesen wäre, ist folgendes zu erwidern:

Die Geschäftsführerin wurde durch die Eröffnung des Konkurses am 6.3.1995 der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung nach § 9 VStG enthoben, da der Konkursschuldner während des Konkursverfahrens seine Handlungsfähigkeit verliert und der Masseverwalter an seine Stelle tritt (VwGH vom 18.4.1988, Zl 87/04/0270).

Nach Eröffnung des Anschlußkonkurses am 6.3.1995 war sohin die Geschäftsführerin nicht mehr das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Zulassungsbesitzerin, sondern der Masseverwalter, weswegen er zur Beantwortung der Lenkeranfrage verpflichtet war.

Da zum Tatbestand der Übertretung des § 1a des Parkometergesetzes der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und diese Übertretung eine Nichtbefolgung eines Gebotes darstellt, ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit ohne weiters anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Berufungswerber vermeint ferner, da er das Auskunftsverlangen an Herrn P mit der Anweisung, diese Auskunft fristgerecht zu erteilen, ausgehändigt habe, und es keine Anhaltspunkte dafür gegeben habe, daß dieser seine Anweisung nicht befolge, treffe ihn kein Verschulden.

Die Verpflichtung nach § 1a des Wiener Parkometergesetzes zur Auskunftserteilung trifft den Zulassungsbesitzer bzw den Vertreter der Zulassungsbesitzerin persönlich. Er hat - allenfalls durch Boten oder Bevollmächtigte - eine Wissenserklärung abzugeben. Der Berufungswerber kann sich sohin mit der Aushändigung dieses Auskunftsersuchens an den Genannten der gesetzlichen Verpflichtung nicht entledigen. Wenn er sich zur Besorgung von Aufgaben anderer Personen bedient, hat er bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen. Ausführungen dahingehend, daß er seiner Überwachungsverpflichtung betreffend der von ihm genannten Person nachgekommen sei, wurden nicht gemacht. Es war sohin davon auszugehen, daß der Berufungswerber unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt gehandelt hat.

Den Ausführungen, wonach ihm die Auskunftserteilung faktisch nicht möglich war, da er zwar die rechtliche, jedoch nicht die faktische Verfügungsgewalt über das Fahrzeug gehabt habe, ist folgendes entgegenzuhalten:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der gleichlautenden Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG ausgesprochen hat, ergibt sich aus der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nur, daß der Berufungswerber innerhalb der ihm gesetzten zweiwöchigen Frist der Behörde mitzuteilen gehabt hätte, wem er zum angegebenen Zeitpunkt das Lenken des Kraftfahrzeuges überlassen hat, sondern auch, daß er die Behörde innerhalb dieser Frist davon in Kenntnis zu setzen gehabt hätte, daß er die verlangte Auskunft wegen der erwähnten Umstände nicht erteilen kann. Es ist nämlich mit dem Sinn des Gesetzes nicht vereinbar, auch wenn die Auskunft unverschuldet nicht erteilt werden kann, gegenüber der anfragenden Behörde auf die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers innerhalb der vorgesehenen Frist überhaupt nicht zu reagieren, also innerhalb dieser Frist nicht einmal bekanntzugeben, welche Umstände der rechtzeitigen Auskunftserteilung entgegenstehen, weshalb das unverschuldete Unterbleiben jeglicher Antwort auf eine derartige behördliche Anfrage gegen § 103 Abs 2 KFG 1967 verstößt (VwGH vom 9.11.1990, Zl 90/18/0133).

Der Berufungswerber hat daher dadurch, daß er auf die Anfrage innerhalb der gesetzten Frist überhaupt nicht geantwortet hat, objektiv ein durch den Schuldspruch der belangten Behörde umschriebenes Verhalten gesetzt, welches nur dann als gerechtfertigt und sohin straffrei anzusehen gewesen wäre, wenn er einerseits der Behörde innerhalb der in Rede stehenden Frist jene für das Unterbleiben der Antwort maßgebenden Umstände bekanntgegeben hätte, die seiner Meinung nach im Sinne des § 5 Abs 2 VStG 1950 zu bewerten gewesen wären, und andererseits eine Prüfung dieser Umstände im Lichte dieser Regelung zu dem Ergebnis geführt hätte, daß ihn unter diesem Gesichtspunkt an der Unmöglichkeit der Auskunftserteilung kein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verschulden trifft. Ob eine derartige Annahme in diesem Fall gerechtfertigt ist, bedarf allerdings keiner Erörterung, weil der Berufungswerber die an ihn gerichtete Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers innerhalb der ihm eingeräumten Frist unbeantwortet gelassen und überdies keine Anhaltspunkte dafür geliefert hat, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, die nunmehr geltend gemachten Umstände innerhalb der gesetzten Frist der Behörde mitzuteilen. Beizupflichten ist dem Berufungswerber insoferne, als er in der Lenkerauskunft jene Person nennen kann, die die begehrte Auskunft erteilen kann, wenn er die Auskunft nicht erteilen kann. Im gegenständlichen Falle ist aber der Berufungswerber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, hat er doch innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Auskunftsperson genannt, sondern findet sich ein solcher Hinweis erst im Einspruch vom 6.11.1995. Der Berufungswerber hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung somit auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu verantworten.

Zur Strafbemessung bestimmt § 19 VStG folgendes:

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das durch die übertretene Norm des § 1a des Wiener Parkometergesetzes zu schützende Interesse im Sinne des § 19 Abs 1 VStG ist jenes an der raschen Ermittlung der einer Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Parkometergesetz verdächtigen Person, weshalb der Unrechtsgehalt einer solchen Tat - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht unbeträchtlich ist (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 12.8.1994, Zl 94/02/0241).

Das Verschulden des Berufungswerbers konnte nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht erkennbar ist, daß die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hätte vermieden werden können.

Im Verfahren sind keine Erschwerungsgründe hervorgekommen; als mildernd war (wie schon von der Erstbehörde) die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Berufungswerbers, sowie den bis S 1.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme ungünstiger Einkommens- und Vermögensverhältnisse durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Eine Herabsetzung der Strafe kam daher nicht in Betracht. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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