Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Dr Traxler über die Berufung des Herrn , geboren am
,
wohnhaft in , vom 25 09 1996,
gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf
vom 13 09 1996, Zl 300-3353-1996, wegen Bestrafung nach § 102 Abs
10a
KFG 1967 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit
der Maßgabe bestätigt, daß der zweite Satz des Spruches zu lauten
hat
wie folgt:
Sie haben am 24 06 1996 um 21 45 Uhr den LKW mit dem deutschen Kennzeichen mit dem Anhänger auf der B 61 in bei der Grenzkontrollstelle aus Richtung Ungarn kommend gelenkt und dabei als Lenker dieses LKW's mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg nicht dafür gesorgt, daß an der Rückseite des Anhängers eine von hinten sichtbare gelbe reflektierende Warntafel mit rotem fluoreszierenden Rand angebracht war.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 60,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für
schuldig erkannt, er habe als Lenker ein Kraftfahrzeug in Betrieb
genommen und sich nicht davon überzeugt, daß dieses den Vorschriften
entspricht, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei. Er habe am 24 06
1996
um 21 45 Uhr den LKW-Zug mit dem Kennzeichen und
auf der B 61 in bei der Grenzkontrollstelle aus Richtung
Ungarn kommend gelenkt, obwohl am Anhänger keine nach hinten sichtbare gelbe reflektierende Warntafel mit rotem fluoreszierenden Rand angebracht war. Er habe dadurch § 102 Abs 10a KFG 1967 verletzt.
Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 300,--
(Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) verhängt.
In der Berufung wird vorgebracht, daß nach dem Wiener Weltabkommen vom 08 11 1968, dem auch Österreich beigetreten sei, ein in seinem Heimatstaat nach den dort gültigen Bau- und Ausrüstungsvorschriften ordnungsgemäß zugelassenes Fahrzeug bei der Einfahrt nach Österreich nicht zurückgewiesen werden dürfe. Die deutschen Zulassungsvorschriften würden zwar eine Kennzeichnung von schweren und langen Kraftfahrzeugen und Anhängern entsprechend der ECE-Regelung Nr 70 gestatten, diese Regelung stelle aber keine verbindliche Ausrüstungspflicht dar. Im vorliegenden Fall sei das Fahrzeug daher entsprechend den deutschen Zulassungsbestimmungen als ordnungsgemäß zugelassen anzusehen. Eine Bestrafung sei daher nicht zulässig.
Hierüber hat der Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 102 Abs 10a KFG 1967 hat der Lenker eines Lastkraftwagens mit
einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg dafür zu
sorgen, daß an der Rückseite des Fahrzeuges eine von hinten sichtbare
gelbe reflektierende Warntafel mit rotem, fluoreszierendem Rand annähernd lotrecht und senkrecht zur Längsmittelebene angebracht ist.
Wird ein Anhänger gezogen, so hat der Lenker diese Warntafel an der Rückseite des Anhängers anzubringen.
Gemäß § 102 Abs 10c KFG 1967 ist die Anbringung der im Absatz 10a erwähnten reflektierenden Warntafel nicht erforderlich, wenn an der Rückseite des Fahrzeuges die gelb-rote Warneinrichtung, die der ECE-Regelung Nr 70 zu entsprechen hat, oder eine gelb-rote Folie, die
hinsichtlich des Signalbildes und der Rückstrahlwirkung den Vorgaben der ECE-Regelung Nr 70 gleichwertig ist, angebracht sind.
Artikel 3 des Übereinkommens über den Straßenverkehr samt Anhängen, BGBl Nr 289/1982, (Wiener Übereinkommen) bestimmt in seinem Absatz 3,
daß die Vertragsparteien vorbehaltlich der im Anhang 1 vorgesehenen Abweichungen gehalten sind, zum internationalen Verkehr in ihrem Hoheitsgebiet die Kraftfahrzeuge und Anhänger zuzulassen, welche den im Kapitel III festgelegten Bedingungen entsprechen und deren Lenker die im Kapitel IV festgelegten Bedingungen erfüllen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Anzeige der Grenzkontrollstelle , daß sich auf dem Anhänger des vom Berufungswerber gelenkten LKW-Zuges keine nach hinten sichtbare gelb reflektierende Warntafel mit rotem fluoreszierenden Rand gemäß § 102 Abs 10a KFG 1967 befunden hat. Das Fehlen dieser Warneinrichtung bzw einer solchen gemäß § 102 Abs 10c KFG 1967 wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten, sondern unter Hinweis auf die Rechtsansicht des deutschen Bundesministeriums für Verkehr die Auffassung vertreten, daß die Vorschrift des § 102 Abs 10a KFG 1967 nicht für ausländische Fahrzeuge gelte.
Dieser Auffassung kann aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:
Zum einen läßt § 102 Abs 10a KFG 1967 nicht erkennen, daß hier zwischen im Inland bzw im Ausland zugelassenen Fahrzeugen zu unterscheiden ist.
Zum anderen ist auch der Hinweis auf das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, BGBl Nr 289/1982, nicht zielführend, weil dessen
Artikel 3 Abs 3 lediglich davon spricht, daß Österreich verpflichtet ist, die dem Abkommen entsprechenden Fahrzeuge zum internationalen Verkehr zuzulassen. Dies ist im vorliegenden Fall auch geschehen, zumal eine Zurückweisung des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges
durch österreichische Straßenaufsichtsorgane nicht erfolgte.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem im
Kapitel III des Wiener Übereinkommens angeführten Bestimmungen um Bedingungen für die Zulassung der Kraftfahrzeuge und Anhänger zum internationalen Verkehr handelt, nicht jedoch um Verhaltensvorschriften, wie sie der Lenker eines Fahrzeuges im jeweiligen Gastland einzuhalten hat. Ein Blick auf den Wortlaut des § 102 Abs 10a KFG 1967 zeigt, daß dieser keine Ausstattungsvorschrift im Sinne des Wiener Übereinkommens bzw der ECE-Regelungen, sondern eine Verhaltensvorschrift darstellt. Daher steht die erwähnte Bestimmung des KFG 1967 nicht im Widerspruch zum Wiener Überkommen, weshalb dagegen keine Bedenken bestehen.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Spruchkorrektur war vorzunehmen, weil der Umstand, daß es sich um
einen LKW mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg handeln muß, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 102 Abs 10a KFG 1967 darstellt.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.
Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger
nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Festzuhalten ist, daß der Umstand, daß sich der Berufungswerber auf eine Auskunft des deutschen Bundesministeriums für Verkehr beruft, ihn nicht entschuldigen kann. Hätte sich doch der Berufungswerber bei den zuständigen österreichischen Behörden darüber erkundigen müssen, ob diese die Rechtsansicht des deutschen Verkehrsministeriums teilen. Offenbar war
sich der Berufungswerber bewußt, daß hier Auffassungsunterschiede zwischen den Verkehrsministerien in Deutschland und Österreich bestehen, da er in seinem Berufungsschriftsatz ersucht, bis zur Klärung der Sachlage keine Sanktionierung vorzunehmen. Unter diesem Gesichtspunkt kann sich der Berufungswerber jedoch nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift berufen.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Mangels näherer Angaben wurde von einem Durchschnittseinkommen von S 15000,--, Vermögenslosigkeit und mangelnden Sorgepflichten ausgegangen.
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, der bis S 30000,-- reicht, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des
Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als äußerst milde anzusehen, zumal sie im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt. Bemerkt wird, daß bei einer Geldstrafe von S 300,-- die persönlichen Verhältnisse keinerlei Einfluß auf die Strafhöhe haben können.
Im übrigen muß eine Strafe geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.