Gemäß §66 Abs4 AVG iVm §§24 und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18.9.1996 behoben und die als Privatanzeige bezeichnete Privatanklage des Bez.Insp. S S vom 21.7.1996 gemäß §21 Abs2 Tiroler Landespolizeigesetz iVm §56 VStG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Frau O R vorgeworfen, sie habe am 9.7.1996 im Zuge eines Schriftsatzes an das Bezirksgericht Landeck und den Landesgendarmerie-kommandanten Brigadier B., Herrn Bez.Insp. S vorsätzlich eines unehrenhaften Verhaltens, nämlich der Unkorrektheit und des Amtsmißbrauches beschuldigt sowie diesen auch vorsätzlich durch Worte wie "Blödsinn" u.a. beschimpft und dadurch eine Ehrenkränkung im Sinne des §20 lita und c des Tiroler Landespolizeigesetzes (TLPG) begangen.
Gemäß §20 lita und c Tiroler Landespolizeigesetz iVm §56 VStG wurde über sie gemäß §21 Tiroler Landespolizeigesetz eine Geldstrafe in Höhe von S 800,-- (Ersatzarrest 16 Stunden) verhängt. Ferner wurde sie zum Kostenersatz des Strafverfahrens verpflichtet.
Der vorgenannte Bescheid wurde der Berufungswerberin am 2.10.1996 zugestellt und wurde fristgerecht eine Berufung erhoben. In dieser wird im wesentlichen vorgebracht, daß die Berufungswerberin die Strafe nicht bezahlen und vor das Gericht gehen werde, wenn diese nicht getilgt werde. Sie sei des öfteren von der Landesgendarmerie schlecht behandelt worden und habe sie nicht gesagt, daß Herr Bez.Insp. S. blöde sei, sondern sie habe gesagt, daß das, was im Protokoll aufgesetzt worden sei, Blödsinn sei. Es wird darauf hingewiesen, daß die Staatsanwaltschaft endlich die "Betrugsklage" ergriffen habe und Brigadier B habe alle Unterlagen, was ihre Verteidigung anlange, und habe er ihr schreiben lassen, daß er der Sache nachgehen und alle Unkorrektheiten untersuchen lassen werde. Sie wolle ihre Ruhe. Es wird sinngemäß die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.
Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen wie folgt:
Nach §21 TLPG begeht eine Ehrenkränkung, wer vorsätzlich einen anderen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung bezeigt oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung bedroht.
§21 Abs2 TLPG normiert, daß Ehrenkränkungen nicht als Verwaltungsübertretungen gelten, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
Nach Abs3 leg cit sind Ehrenkränkungen nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn der Verletzte binnen 6 Wochen von dem Zeitpunkt an, an dem er von der Übertretung und der Person des Täters Kenntnis erlangt hat, bei der zuständigen Behörde einen Strafantrag stellt.
Im vorliegenden Fall wurde von Bez.Insp. S am 21.7.1996 ein als Privatanzeige bezeichneter Strafantrag wegen Ehrenkränkung gestellt, ohne daß in diesem Antrag konkret ausgeführt wird, durch welche Äußerungen er sich in seiner Ehre gekränkt fühlt und wann diese erfolgt sind bzw. er davon Kenntnis erhielt. In dieser "Privatanzeige" ist nur die Rede davon, daß die Berufungswerberin ihn verschiedenen handschriftlichen Beschwerdebriefen an das Bezirksgericht Landeck und an den Landesgendarmeriekommandanten Brigadier B. der Unkorrektheit und des Amtsmißbrauches bezichtigt habe. Da der Strafantrag (innerhalb der 6wöchigen Frist) von seiten des Antragstellers nicht präzisiert wurde, wäre die Erstbehörde verpflichtet gewesen, diesen als unzulässig zurückzuweisen.
In einem Strafantrag nach §56 Abs1 VStG muß nämlich der zugrundeliegende Sachverhalt genau umschrieben sein, weshalb der Privatankläger die Bestrafung beantragt (VwGH vom 29.11.77, Slg. 9443 A). Diesem Erfordernis ist nicht genüge getan, da in der "Anzeige" keine genaue Darlegung des Sachverhaltes, der als ehrenkränkend empfunden wird, enthalten ist und auch nicht das Datum. Eine Festlegung des strafbaren Verhaltens durch die Behörde ist nicht möglich und würde auch dem Prinzip der Privatanklage widersprechen.
Weiters ist darauf zu verweisen, daß eine Ehrenkränkung dann nicht als Verwaltungsübertretung gilt, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
§111 StGB normiert, daß derjenige, der einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, mit Freiheitsstrafen bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen ist.
Aus dem vorgelegten Akt ergibt sich, daß die inkriminierten Schreiben an das Bezirksgericht Landeck und an den Landesgendarmeriekommandanten Brigadier B gerichtet sind, die im Verhältnis Beleidiger und Beleidigter als Dritte anzusehen sind. Selbst wenn man von einer Ehrenkränkung ausgehen würde, so wäre zu sagen, daß eine Gerichtszuständigkeit im vorliegenden Fall gegeben wäre.
Der Berufungswerberin ist auch zuzustimmen, daß die Verwendung des Wortes "Blödsinn" keine Beschimpfung einer Person darstellt, sondern eine auf die Sache bezogene Äußerung.
Aus vorgenannten Gründen konnte der Berufung daher im Ergebnis stattgegeben werden und war spruchgemäß zu entscheiden.