Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schopf über die Berufung des Herrn Leopold V, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 4.7.1995, Zl MBA 12 - S 3079/95, wegen Übertretung zu den Punkten
1) bis 7) des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 iVm den Punkten 4, 5, 9, 13, 17, 21 und 29 des rechtskräftigen Bescheides vom 2.12.1983, MBA 12 - Ba 21096/2/83, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu den Punkten 1), 2), 4),
5) und 7) in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß in der verbalen Tatanlastung zu Punkt 1) der Satzteil "... , die Tür vom Personalbereich zum Lager bei einem Öffnungswinkel von ca 90 Grad auf dem Fliesenboden verharrte," entfällt.
Die Übertretungsnormen lauten:
"§ 367 Ziffer 25 GewO 1994 iVm 1) Punkt 4) des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 2.12.1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83, 2) Punkt 5) des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 2.12.1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83, 4) Punkt 13) des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 2.12.1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83, 5) Punkt 17) des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 2.12.1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83 und 7) Punkt 29) des rechtskräftigen Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 2.12.1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83, iVm 1) ÖNORM B 3850 Punkt 3.5, 2) ÖNORM B 3850 Punkt 3 und 5) ÖNORM B 3800 Teil 2 Punkt 3.2.2."
Hinsichtlich der Geldstrafe wird der Berufung zu den Punkten 4) und 7) keine Folge gegeben. Hinsichtlich der Punkte 1), 2) und 5) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafen auf
1) S 2.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden, 2) S 5.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden und 5) S 5.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden herabgesetzt werden. Dementsprechend verringern sich die erstinstanzlichen Strafkostenbeiträge auf 1) S 200,--, 2) S 500,-- und 5) S 500,--. Hinsichtlich der Punkte 3) und 6) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verfahren in diesen Punkten gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 3 (Punkt 3) und § 45 Abs 1 Ziffer 2 (Punkt 6) VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 180,-- zu Punkt 4) und S 500,-- zu Punkt 7), das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu bezahlen.
Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber zu den Punkten 1), 2), 3),
5) und 6) keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L-Gesellschaft mbH zu verantworten, daß in der Betriebsanlage in Wien, E-straße, am 10.3.1995 die mit rechtskräftigem Bescheid vom 2. Dezember 1983, Zl MBA 12 - Ba 21096/2/83, vorgeschriebenen Auflagen insoferne nicht eingehalten wurden, als folgende Mängel bestanden:
1) Punkt 4, wonach folgende einflügelige Türen brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen sind: Die Türen vom Verkaufsraum zum Stiegenhaus, vom Personalbereich zum Lager, die Türen des Papierlagers und des Müllraumes, wurde insoferne nicht eingehalten, als die Tür vom Verkaufsraum in das Hausstiegenhaus keine Selbstschließeinrichtung besaß, die Tür vom Personalbereich zum Lager bei einem Öffnungswinkel von ca 90 Grad auf dem Fliesenboden verharrte,
2) Punkt 5, wonach folgende zweiflügelige Türen brandhemmend (T 30) im Sinne der ÖNORM B 3850 auszuführen sind: Die Türe vom Verkaufsraum zum Lager und die Türe des Kühlmaschinenraumes, wurde insoferne nicht eingehalten, als die zweiflügelige Tür vom Verkaufsraum zum Lagerraum nicht brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 war, da der Gehflügel derart verzogen war, sodaß die Rauchdichtheit nicht mehr gewährleistet ist,
3) Punkt 9, wonach als Erste Löschhilfe leicht erreichbar, gut sichtbar und stets gebrauchsfähig bereitzuhalten sind, wurde insoferne nicht eingehalten, als folgende Handfeuerlöscher, deren Aufstellungsorte beschrieben werden, durch diverse Lagerungen in ihrer Erreichbarkeit eingeengt waren: beim mittleren Notausgang auf die E-straße durch eine Kartonschütte, beim Hauptausgang auf die E-straße durch einen Sammelbehälter für recyclebare Kunststofftassen, bei den Backwaren durch Kartonkisten mit Gebäck, im Flaschenlagerraum durch diverse Lagerungen,
4) Punkt 13, wonach im Verkaufsraum und in den Lagerräumen das Rauchen und die Verwendung von offenen Flammen verboten ist. Dieses Verbot durch auffallende Anschläge in jedem der Räume ersichtlich zu machen ist, wurde insoferne nicht eingehalten, als im Verkaufsraum die Anschläge "Rauchen und die Verwendung von offenen Flammen verboten" fehlten,
5) Punkt 17, wonach Durchbrüche für Installationen in brandabschnittsbegrenzenden Wänden und Decken brandbeständig (F 90) gemäß ÖNORM B 3800 abzuschließen sind, wurde insoferne nicht eingehalten, als vom Verkaufsraum in den Gang zu den Personalräumlichkeiten eine alte Backofenentlüftungsleitung demontiert wurde, wobei diese Öffnung nicht brandbeständig (F 90) gemäß ÖNORM B 3800 abgeschlossen wurde,
6) Punkt 21, wonach alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum in Regalen und/oder Fächern im Sinne § 29 und § 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen (BGBl Nr 435/82) zu lagern sind. Die wärmedämmende Eigenschaft der Regalwände und Regalfächer für Druckgaspackungen durch ein Attest einer Österreichischen staatlich autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen ist, welches bestätigt, daß es sich um ein wärmedämmendes Material im Sinne § 4 Punkt 3) der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen handelt. Dieses Attest in der Betriebsanlage zur behördlichen Einsichtnahme bereitzuhalten ist, wurde insoferne nicht eingehalten, als im Verkaufsraum ca 160 Stück Druckgaspackungen in Regalen gelagert wurden, die nicht der geltenden Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen entsprechen. Weiters ca 25 Stück Druckgaspackungen in einem Schüttisch ca 5 m nahe dem mittleren Notausgang zur E-straße gelagert wurden,
7) Punkt 29, wonach das mit der Handhabung von Druckgaspackungen betraute Verkaufspersonal über die Gefahren von Druckgaspackungen und deren Abwendung nachweislich zu unterrichten ist, wurde insoferne nicht eingehalten, als kein Nachweis über eine entsprechende Einschulung der Bediensteten bezüglich der Handhabung von Druckgaspackungen vorgelegt werden konnte.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994, in Verbindung mit den Punkten 4, 5, 9, 13, 17, 21 und 29 des rechtskräftigen Bescheides vom 2. Dezember 1983, MBA 12 - Ba 21096/2/83.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe
verhängt:
Gemäß § 367 1. Satz GewO 1994
ad 1) eine Geldstrafe von Schilling 2.500,--,
ad 2) eine Geldstrafe von Schilling 9.000,--,
ad 3) eine Geldstrafe von Schilling 2.500,--,
ad 4) eine Geldstrafe von Schilling 900,--,
ad 5) eine Geldstrafe von Schilling 9.000,--,
ad 6) eine Geldstrafe von Schilling 2.500,--,
ad 7) eine Geldstrafe von Schilling 2.500,--,
zusammen Schilling 28.900,--,
falls diese uneinbringlich sind,
1)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag,
2)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen,
3)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag,
4)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden,
5)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen,
6)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag,
7)
eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag,
zusammen 8 Tage und 11 Stunden.
Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, in der geltenden Fassung, zu zahlen:
S 2.890,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 31.790,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis eine Berufung, in welcher er im wesentlichen auf seine Rechtfertigung vom 30.5.1995 verwies und ausführte, daß ihm an der Begehung der Verwaltungsübertretungen kein Verschulden träfe.
In der Rechtfertigung vom 30.5.1995 brachte der Beschuldigte zu Punkt 1) vor, daß dieser Mangel bereits behoben sei, zu Punkt 2), daß die Tür vom Verkaufsraum zum Lagerraum brandhemmend ausgeführt war, doch durch Manipulation beschädigt wurde, zu 4), daß die Anschläge "Rauchen und Verwenden von offenen Flammen verboten" sofort angebracht wurden, zu Punkt 5), daß die Öffnung, welche durch die Demontage der Backofenentlüftungsleitung entstanden sei, bereits brandbeständig abgeschlossen wurde und letztlich zu den Punkten 3), 6) und 7), daß es einen § 9 Abs 2 VStG-Beauftragten, nämlich Herrn Gustav La, gebe, der diese Verwaltungsübertretung zu vertreten hätte.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien führte der Beschuldigte noch ergänzend aus, daß, nachdem die Beschädigungen durch Manipulationen vom Filialleiter festgestellt und die Kontrolle durch die Abteilung Bau und Einrichtungen veranlaßt wurde, dabei festgestellt wurde, daß eine Reparatur nicht möglich sei und der Austausch der Tür veranlaßt wurde. Wann genau die Beschädigung erfolgte, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Zu Punkt 4) wurde ergänzt, daß der Zeitpunkt der Demontage der alten Backofenentlüftungsleitung nicht bekanntgegeben werden könne.
Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser Vorschrift ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und andererseits die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweitgenannte Erfordernis anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat) muß erstens im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und zweitens der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl ua VwGH verst Senat 13.6.1984, VwSlg 11466/A, VwGH 15.4.1985, 83/10/0162 und VwGH 14.1.1987, 86/06/0017).
Zu Punkt 3):
Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua VwGH 25.2.1992, 91/04/0285, VwGH 29.3.1994, 93/04/0255) wird dadurch, daß § 367 Z 26 GewO 1973 (nunmehr § 367 Z 25 GewO 1994) auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z 26 GewO 1973 (nunmehr § 367 Z 25 GewO 1994) gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnormen gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden, als solche bescheidmäßig bezeichneten Auflagen, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen.
Ein Bescheid, der hinsichtlich der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, entspricht nicht dem Sprucherfordernis des § 44a Z 1 VStG. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ist nicht als ausreichend anzusehen (vgl VwGH 19.6.1990, 89/04/0249). Die in Rede stehende Auflage (Punkt 9) des Bescheides vom 2.12.1983, MBA 12 - Ba 21096/2/83, lautet:
"Als Erste Löschhilfe sind leicht erreichbar, gut sichtbar und stets gebrauchsfähig bereitzuhalten:
5 Handfeuerlöscher, geeignet für die Brandklasse A (10 l Naßlöscher) im Verkaufsbereich und je einer im Personalbereich und vor dem Papierlager und ein Handfeuerlöscher, geeignet für die Brandklasse A,B (10 l Schaumlöscher) im Bereich der Fleischverarbeitung."
Im Straferkenntnis und in der einzigen weiteren Verfolgungshandlung, der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.4.1995 wurde diese in Rede stehende Auflage entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vollständig angelastet, da es unterlassen wurde, anzugeben, welche Feuerlöscher als Erste Löschhilfe bereitzuhalten gewesen wären. Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den gesetzlich und in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Anforderungen somit nicht nachkam, da er eine vollständige wörtliche Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen nicht aufwies und auch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine geeignete Verfolgungshandlung gesetzt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Punkt 6):
Die in Rede stehende Auflage, Punkt 21) des vorzitierten Bescheides lautet wie folgt:
"Alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum sind in Regalen und/oder Fächern im Sinne § 29 und § 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen (BGBl Nr 435/82) zu lagern. Die wärmedämmende Eigenschaft der Regalwände und Regalfächer für Druckgaspackungen ist durch ein Attest einer österreichischen staatlich autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen, welches bestätigt, daß es sich um ein wärmedämmendes Material im Sinne § 4 Punkt 3 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen handelt. Dieses Attest ist in der Betriebsanlage zur behördlichen Einsichtnahme bereitzuhalten."
Die verfahrenswesentlichen Bestimmungen der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen, BGBl Nr 435/82, lauten:
§ 29. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung durch Kunden Druckgaspackungen in Mengen zum Verkauf bereitgehalten, die über den voraussichtlichen Tagesbedarf hinausgehen (§ 26 Abs 2), so müssen die Regale für die Druckgaspackungen wie folgt hergestellt und aufgestellt sein:
1. die Regale müssen aus unbrennbaren oder schwer brennbaren Baustoffen, zB Holzverbundplatten, hergestellt sein;
2. in Regalen dürfen jeweils außer Druckgaspackungen nur unverpackte unbrennbare Waren gelagert werden;
3. im Umkreis von 2 m dürfen keine leicht entzündlichen Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden; der Sicherheitsabstand von 2 m darf an drei Seiten des Regals (Hinterwand sowie der beiden Seitenwände) durch Wände aus wärmedämmenden Materialien ersetzt sein.
§ 30. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung in einem Regal Druckgaspackungen zusammen mit anderen Waren brennbarer Art gelagert, so müssen diese Reglae dem § 29 entsprechen und außerdem noch wie folgt gestaltet und verwendet sein:
1. Fächer, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, müssen so wärmedämmend ausgebildet sein, daß sie den Durchgang der Brandhitze von unten her unterbinden.
2. Fächer, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, müssen an der Seite ihrer Entnahmeöffnung mit Blenden ausgestattet sein, die ein Übergreifen von Flammen vom unteren Fach auf Druckgaspackungen im darüberliegenden Fach verhindern.
3. Eine gemeinsame Lagerung von Druckgaspackungen und anderen Waren in einem Regalfach ist unzulässig.
4. Brennbare Dekorationen dürfen weder innerhalb von Regalfächern in den Druckgaspackungen aufgestellt sind, noch an Regalen, in denen sich Druckgaspackungen befinden, angebracht sein."
§ 27 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen, BGBl Nr 435/82, idF BgBl Nr 629/1992 lautet:
"§ 27. Wenn der von den Kunden zurückzulegende Weg (Gehweglänge) zu Hauptausgängen von Verkaufsräumen mehr als 20 m beträgt, müssen Regale und Verkaufsstände für Druckgaspackungen mindestens 10 m (Gehweglänge) von Hauptausgängen und mindestens 5 m (Gehweglänge) von Notausgängen entfernt angeordnet sein.
Die von der Behörde erster Instanz vorgenommene Anlastung, der Auflage nicht entsprochen zu haben, da im Verkaufsraum ca 160 Stück Druckgaspackungen in Regalen gelagert worden seien, die nicht der geltenden Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen entsprechen, entspricht nun insoweit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG, als damit in nicht nachvollziehbarer Weise lediglich behauptet wurde, die Regale würden nicht den Vorschriften der Verordnung entsprechen, ohne näher auszuführen, inwieweit dies der Fall wäre. Eine derartige konkrete Anlastung ist auch der vorangegangenen Verfolgungshandlung nicht zu entnehmen.
Wenn die Behörde dem Beschuldigten weiters zur Last legt, ca 25 Stück Druckgaspackungen seien in einem Schüttisch ca 5 m nahe dem mittleren Notausgang zur E-straße gelagert worden, so widerspricht dies zum einen (zumindest soweit es sich der Tatanlastung und dem Akteninhalt entnehmen läßt) weder der in Rede stehenden Auflage noch den §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen (daß ein Schüttisch nicht den Bestimmungen der §§ 29 und 30 der in Rede stehenden Verordnung entspricht, wurde in keiner Phase des Verfahrens dargetan) und widerspricht auch nicht § 27 der in Rede stehenden Verordnung, wird doch darin normiert, daß Regale und Verkaufsstände für Druckgaspackungen in diesen Bestimmungen normierten Voraussetzungen mindestens 5 m (Gehweglänge) von Notausgängen entfernt angeordnet sein müssen. Nach der Tatanlastung wurden aber eben diese 5 m eingehalten. Der Berufung war somit auch zu diesem Punkt Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.
Zu den Punkten 1), 2), 4), 5) und 7):
Seitens des Berufungswerbers wird zu diesen Punkten das Vorliegen der verfahrensgegenständlichen Mängel nicht bestritten. Insoweit zu Punkt 2) vorgebracht wurde, die Tür vom Verkaufsraum zum Lagerraum sei brandhemmend ausgeführt, doch durch Manipulation beschädigt worden, konnte der Berufungswerber zur Frage, wann diese Manipulation geschehen sei, keine Angaben machen. Ebenso konnte der Zeitpunkt der Demontage der alten Backofenentlüftungsleitung nicht bekanntgegeben werden. Dementsprechend kann diesen Einwänden aber auch keine nähere Bedeutung zukommen, ist doch nicht nachvollziehbar, ob der Berufungswerber zeitgerecht die entsprechenden Schritte setzte, oder ob der inkriminierte Zustand über einen längeren Zeitraum Bestand hatte.
Zum Einwand der Verantwortlichkeit ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Zufolge § 9 Abs 1 GewO 1994 können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches und Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.
Gemäß § 370 Abs 2 leg cit sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.
Da somit die GewO 1994 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut des § 9 Abs 1 VStG, der die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber allfälligen entsprechenden Regelungen in den besonderen Verwaltungsgesetzen normiert, § 9 Abs 2 VStG nicht anwendbar, es sei denn, daß zur Zeit der angelasteten Tat ein Geschäftsführer nach den Bestimmungen der GewO 1994 nicht bestellt war (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.5.1988, Zl 87/04/0131, und die dort zitierte Vorjudikatur sowie das Erkenntnis vom 25.9.1990, Zl 90/04/68).
Es steht außer Streit, daß der Berufungswerber im Tatzeitraum gewerberechtlicher Geschäftsführer der L-Gesellschaft mbH gewesen ist, weshalb die Erstinstanz zu Recht den Berufungswerber als Verantwortlichen für die Nichteinhaltung der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 herangezogen hat.
Zur Frage des Verschuldens:
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zweifelt nicht an der Richtigkeit des vom Berufungswerber geschilderten Kontrollsystems. Dennoch entspricht dieses Kontrollsystem nicht den Anforderungen, die der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an ein effizientes, das Verschulden des gewerberechtlichen Geschäftsführers ausschließendes Kontrollsystem stellt. Ein solches System muß nämlich so beschaffen sein, daß von ihm mit gutem Grund erwartet werden kann, daß es die tatsächliche Einhaltung der Vorschriften sicherstellt (vgl VwGH 21.1.1988, Zl 87/08/0230 uva).
Allgemeine Behauptungen darüber, daß Überprüfungen laufend erfolgten, sind nicht geeignet, die für die Annahme einer Entlastungsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG erforderliche Beurteilung zu erlauben (siehe VwGH 6.11.1974, Zl 1779/73), da ihnen nicht zu entnehmen ist, worin die Überprüfung bestanden haben soll (VwGH 9.10.1979, Zl 2762/78).
Zu dem nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG von einem Unternehmer, einem Arbeitgeber oder ebenso von einem nach § 9 Abs 1 VStG für eine juristische Person strafrechtlich Verantwortlichen anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab - nichts anderes gilt im vorliegenden Fall für den gewerberechtlichen Geschäftsführer - hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es zwar nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer bzw Arbeitgeber bzw strafrechtlich Verantwortliche aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt, es ihm vielmehr zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf das Setzen von möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl die Erkenntnisse vom 30.3.1982, Zl 81/11/0087, teilweise in Slg 10692/A = ZfVB 1983/3/1409; vom 12.12.1984, Zl 82/11/0380) ZfVB 1985/4/1310; und vom 26.5.1986, Zl 86/08/0024, 0025 = ZfVB 1987/2/431, wonach diese Grundsätze auch dann anzuwenden sind, wenn in einer Strafsache nach dem Arbeitszeitgesetz der Arbeitgeber einen Bevollmächtigten im Sinne des § 28a AZG bestellt hat und dieser wegen des Umfanges der ihm übertragenen Agenden nicht in der Lage ist, diese Belange ohne Mithilfe ihm untergebener Beschäftigter wahrzunehmen). Bedient sich jemand zur Einhaltung der ihn betreffenden Verwaltungsvorschriften anderer Personen, so trifft ihn die Verpflichtung, einerseits geeignete Personen damit zu betrauen und andererseits für die Überwachung dieser Personen alles vorzukehren, wodurch bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit der gesetzwidrige Erfolg hätte verhindert werden können; zu der zuletzt genannten Verpflichtung gehört - wenn es der Betriebsumfang nicht zuläßt, persönlich sämtlichen Überwachungsaufgaben nachzukommen - nicht nur die Einrichtung eines ausreichend dichten und zugänglich organisierten Netzes von Aufsichtsorganen, sondern auch dessen Überwachung (VwGH 25.11.1987, Zl 86/09/0174).
Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber zwar Herrn Gustav La als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG und als Filialleiter der gegenständlichen Filiale genannt, hat im weiteren aber nur allgemein zu einem Kontrollsystem, basierend auf übergeordneten Bezirksverkaufsleitern und Verkaufsdirektoren ausgeführt. Wer konkret nun die Kontrolle des Filialdirektors bzw des (ungenannt gebliebenen Bezirksverkaufsleiters) durchführte, wurde vom Berufungswerber nicht angegeben und blieb somit nicht nachvollziehbar. Insbesondere war nicht überprüfbar, wer in dem geschilderten Kontrollsystem die Kontrollen über den Filialleiter ausübt. Entsprechende Ausführungen wurden vom Vertreter des Berufungswerbers auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht gemacht. Dementsprechend konnte aber auch nicht geprüft werden, ob die (allenfalls) mit der Kontrolle Beauftragten ihren Aufträgen nachkamen und ob sich ihre Handlungsweisen in concreto als effizient erwiesen.
Schon aus diesem Grund kam den Ausführungen zu einem entsprechenden und ausreichenden Kontrollsystem keine weitere Bedeutung zu, da nicht überprüft werden konnte, ob dieses Kontrollsystem die Einhaltung der Vorschriften gewährleistet. Der Berufung war somit zu diesen Punkten in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis mit einer Tateinschränkung hinsichtlich Punkt 1) und einer Abänderung der Übertretungsnormen, die der richtigen Zitierung der anzuwendenden Bestimmungen diente, zu bestätigen. Die Tateinschränkung zu Punkt
1) war erforderlich, da, wie der Berufungswerber zu Recht einwendet, der Auflagepunkt 4) hinsichtlich der Tür vom Personalbereich zum Lager im Sinne des Arbeitnehmerschutzes und somit in diesem Teilbereich nicht auf Grund der Gewerbeordnung erlassen wurde. Es kam somit in diesem Teil der angelasteten Verwaltungsübertretung eine Bestrafung nach der Gewerbeordnung nicht in Betracht.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Verwaltungsübertretungen schädigten in nicht unerheblichem Ausmaße das Interesse am Schutz des Lebens und der Gesundheit der Kunden, wobei die Nichteinhaltung der Bescheidauflagen in den Punkten 1), 2), 5) und 7) zu einer unmittelbaren Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden führte, die sich in den Punkten 2) und 5) angesichts des Umfanges als erheblich erwies. Das Verschulden des Berufungswerbers kann, wie auch vorigen Ausführungen zu entnehmen ist, nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, daß die Einhaltung der Auflagen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Der Erschwerungsgrund gleichartiger Verwaltungsvormerkungen wurde berücksichtigt. Milderungsgründe sind keine hervorgekommen. Da der Berufungswerber Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterließ, waren diese zu schätzen. Auf Grund des Alters und der beruflichen Stellung des Berufungswerbers war zumindest von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen auszugehen. Weiters wurde von dem Bestehen allfälliger gesetzlicher Sorgepflichten ausgegangen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den gesetzlichen Strafrahmen sind die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch. Ihre unterschiedliche Höhe gründet im wesentlichen in der unterschiedlichen Bewertung des Unrechtsgehaltes.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.