TE UVS Wien 1996/10/22 04/G/20/444/96

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Veröffentlicht am 22.10.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schopf über die Berufung des Herrn Hans E, vertreten durch RAe, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 19. Bezirk, vom 03.06.1996, Zl MBA 19 - S 1442/96, wegen Übertretung des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 iVm mit § 370 Abs 2 GewO 1994 und iZm der zitierten Bescheidauflage entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten wie folgt zur Last gelegt:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B-Gesellschaft mbH mit Sitz N zu verantworten, daß in der Betriebsanlage im Standort Wien, D-straße der Auflagenpunkt 22.) des Bescheides, Zl MBA 19-BA 17885/1/85, vom 24.9.1985 "Alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum sind in Regalen und/oder Fächern im Sinne der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) zu lagern.

Die wärmedämmende Eigenschaft der Regalwände und Regalfächer für Druckgaspackungen ist durch ein Attest einer österreichischen staatlich autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen, welches bestätigt, daß es sich um ein wärmedämmendes Material im Sinne § 4 Pkt 3) der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen handelt. Dieses Attest ist in der Betriebsanlage zur behördlichen Einsichtnahme bereitzuhalten. Unter der Voraussetzung, daß alle Regale vom Hersteller mit einer Plakette oder Marke versehen sind, aus der hervorgeht, daß sie aus einem Material gefertigt wurden, dessen wärmedämmende Eigenschaft den im erwähnten Attest enthaltenen Angaben entspricht, braucht dieses nur in der Zentrale bereitgehalten werden." insofern nicht erfüllt war, als am 7.11.1995

1.) insgesamt ca 350 Druckgaspackungen (Deosprays, Rasierschäume, Schaumfestiger, Föhnschaum, Raumsprays, Bad und WC Reinigungssprays, WC-Duftsprays, Möbelpflegesprays und Teppichreinigungsprays) größtenteils außerhalb der im Punkt 22 des obgenannten Bescheides geforderten wärmedämmenden Regale bzw Regalfläche, welche den Durchgang der Brandhitze von unten her unterbinden sollen, aufgestellt waren (Ausnahme Haarsprays).

2.) ca 120 Stück Druckgaspackungen (Föhnschaumprodukte) unmittelbar neben dem Notausgang (hinterer Verkaufsraumbereich) aufgestellt waren und daher entgegen § 27 der VO BGBl 666/1995 über die Lagerung DGP in gewerblichen Betriebsanlagen, in einem geringeren Abstand als 5 m zu Notausgängen zum Verkauf bereitgehalten werden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 367 Ziffer 25 der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 in Verbindung mit § 370 Abs 2 GewO 1994 und iZm der zitierten Bescheidauflage."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde eine Geldstrafe von S 9.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, 4 Tagen, verhängt und wurde ein erstinstanzlicher Strafkostenbeitrag in der Höhe von S 900,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis eine Berufung, in welcher er inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machte, beantragte das angefochtene Straferkenntnis zu beheben, das Strafverfahren einzustellen, in eventu die über den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MBA 19 vom 24.9.1995, Zl MBA 19 - Ba 17885/1/85, wurde für die Betriebsanlage im Standort Wien, D-straße unter Punkt 22.) folgendes vorgeschrieben:

"Alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum sind in Regalen und/oder Fächern im Sinne der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) zu lagern.

Die wärmedämmende Eigenschaft der Regalwände und Regalfächer für Druckgaspackungen ist durch ein Attest einer österreichischen autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen, welches bestätigt, daß es sich um ein wärmedämmendes Material im Sinne § 4 Pkt 3) der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen handelt. Dieses Attest ist in der Betriebsanlage zur behördlichen Einsichtnahme bereitzuhalten.

Unter der Voraussetzung, daß alle Regale vom Hersteller mit einer Plakette oder Marke versehen sind, aus der hervorgeht, daß sie aus einem Material gefertigt wurden, dessen wärmedämmende Eigenschaft den im erwähnten Attest enthaltenen Angaben entspricht, braucht dieses nur in der Zentrale bereitgehalten werden."

§§ 29 und 30 der Verordnung über Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen in der Fassung BGBl 435/1982, lauten:

§ 29. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung durch Kunden Druckgaspackungen in Mengen zum Verkauf bereitgehalten, die über den voraussichtlichen Tagesbedarf hinausgehen (§ 26 Abs 2), so müssen die Regale für die Druckgaspackungen wie folgt hergestellt und aufgestellt sein:

1. die Regale müssen aus unbrennbaren oder schwer brennbaren Baustoffen, zB Holzverbundplatten, hergestellt sein;

2. in Regalen dürfen jeweils außer Druckgaspackungen nur unverpackte unbrennbare Waren gelagert werden;

3. im Umkreis von 2 m dürfen keine leicht entzündlichen Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden; der Sicherheitsabstand von 2 m darf an drei Seiten des Regals (Hinterwand sowie die beiden Seitenwände) durch Wände aus wärmedämmenden Materialien ersetzt sein.

§ 30. Werden in Verkaufsräumen mit Selbstbedienung in einem Regal Druckgaspackungen zusammen mit anderen Waren brennbarer Art gelagert, so müssen diese Regale dem § 29 entsprechen und außerdem noch wie folgt gestaltet und verwendet sein:

1. Fächer, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, müssen so wärmedämmend ausgebildet sein, daß sie den Durchgang der Brandhitze von unten her unterbinden.

2. Fächer, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, müssen an der Seite ihrer Entnahmeöffnung mit Blenden ausgestattet sein, die ein Übergreifen von Flammen vom unteren Fach auf Druckgaspackungen im darüberliegenden Fach verhindern.

3. Eine gemeinsame Lagerung von Druckgaspackungen und anderen Waren in einem Regalfach ist unzulässig.

4. Brennbare Dekorationen dürfen weder innerhalb von Regalfächern, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, noch an Regalen, in denen sich Druckgaspackungen befinden, angebracht sein.

§ 27 dieser Verordnung in der Fassung BGBl Nr 666/1995 lautet:

"Wenn der von den Kunden zurückzulegende Weg (Gehweglänge) zu Hauptausgängen von Verkaufsräumen mehr als 20 m beträgt, müssen Regale und Verkaufsstände für DP 1 mindestens 10 m (Gehweglänge) von Hauptausgängen und mindestens 5 m (Gehweglänge) von Notausgängen entfernt angeordnet sein."

Gemäß § 44 a Ziffer 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser Vorschrift ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und andererseits die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Was das zweitgenannte Erfordernis anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat) muß erstens im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und zweitens der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl ua VwGH verst Senat 13.06.1984, VwSlg 11466/A, VwGH 15.04.1985, 83/10/0162, VwGH 14.01.1987, 86/06/0017 und VwGH 06.02.1990, 1990/02/06).

Diesem Erfordernis wurde im vorliegenden Fall bei dem zu Punkt 1) vorgenommenen Tatvorwurf insoweit nicht Rechnung getragen, als es sowohl im Straferkenntnis wie auch in den vorangegangenen Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.2.1996, zugestellt am 4.3.1996) unterlassen wurde, in die Tatumschreibung aufzunehmen, daß die insgesamt ca 350 Druckgaspackungen "im Verkaufsraum" aufgestellt waren. Wie sich den zitierten Bestimmungen der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen in der Fassung BGBl Nr 435/1982, entnehmen läßt, beziehen sich die darin enthaltenen Vorschriften nur auf Verkaufsräume und stellt dieses Sachverhaltselement somit ein wesentliches Tatbestandselement dar, welches innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten vorzuhalten wäre. Darüberhinaus entspricht die Tatumschreibung "größtenteils außerhalb der im Punkt 22.) des obgenannten Bescheides geforderten wärmedämmenden Regale bzw Regalfläche, welche den Durchgang der Brandhitze von unten her unterbinden sollen, aufgestellt" insoweit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Ziffer 1 VStG, als damit nur der Ort umschrieben wird, wo die 350 Druckgaspackungen nicht aufgestellt waren, nicht aber jener Ort, an dem sie konkret vorgefunden wurden.

Zu dem Tatvorwurf unter Punkt 2) des Straferkenntnisses ist der Rechtfertigung der Beschuldigten insoweit Folge zu leisten, als es sich bei den Worten "wenn der von den Kunden zurückzulegende Weg (Gehweglänge) zu den Hauptausgängen von Verkaufsräumen mehr als 20 m beträgt" in § 27 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betrieben in der Fassung BGBl Nr 666/1995 um ein positives Tatbestandselement handelt, welches dem Beschuldigten ebenfalls innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist vorzuhalten gewesen wäre. Dieser Umstand stellt nämlich eine unabdingbare Voraussetzung für die Geltung der Vorschrift, daß die Regale und Verkaufsstände für DP 1 mindestens 5 m (Gehweglänge) von Notausgängen entfernt angeordnet sein müssen.

Da die Behörde zu beiden Punkten es unterlassen hat, die entsprechenden Tatanlastungen vorzunehmen, war schon aus diesen Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

Darüberhinaus sei aber festgestellt, daß die Behörde erster Instanz eine Geldstrafe für zwei Verwaltungsübertretungen verhängt hat. Die Tatanlastung unter Punkt 2) läßt sich aber nicht unter eine Verletzung der Auflage Punkt 22.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 24.9.1985, MBA 19 - Ba 17885/1/85, subsumieren, sondern stellt eine gesonderte eigene Verwaltungsübertretung dar. Dementsprechend wären über den Beschuldigten, wären die gesetzlichen Voraussetzungen vorgelegen und das Verfahren ordnungsgemäß geführt worden, zwei Verwaltungsstrafen zu verhängen gewesen.

Eine Sanierung kam schon in Anbebracht der eingetretenen Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Tatanlastungen aber nicht mehr in Betracht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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