TE UVS Burgenland 1996/10/29 03/01/96042

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Veröffentlicht am 29.10.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Dr Traxler über die Berufung des Herrn           , geboren am

,

wohnhaft in                              , vom 16 09 1996, gegen das

Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 06 09 1996, Zl 300-2689-1996, wegen Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die Tatvorwürfe und Strafaussprüche hinsichtlich der Überschreitung der Tageslenkzeit und

der Nichteinhaltung der täglichen Ruhezeit zu lauten haben wie folgt:

 

Sie haben, wie anläßlich einer Kontrolle am 13 06 1996 um 04 15 Uhr

auf der B 65, Grenzkontrollstelle               , festgestellt

wurde,

den LKW-Zug mit dem polizeilichen Kennzeichen             und

gelenkt und

a) die Tageslenkzeit am 12 06 1996 vom maximal 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten um eine Stunde und 55 Minuten überschritten. Dadurch haben Sie Art 6 Abs 1 erster Satz der EG-Verordnung 3820/85 im Verein mit § 134 Abs 1 erster Satz KFG 1967 verletzt;

b) die tägliche Ruhezeit innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden vom 12 06 auf den 13 06 1996 nicht eingehalten, da diese nur zwei Stunden und fünf Minuten betrug. Dadurch haben Sie Art 8 Abs 1 der EG-Verordnung 3820/85 im Verein mit § 134 Abs 1 erster Satz KFG 1967 verletzt. Gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 wird zu lit a) und lit b) jeweils eine Geldstrafe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt.

 

Im übrigen wird der Berufung hinsichtlich des Vorwurfes, die Schaublätter der laufenden Kalenderwoche nicht mitgeführt zu haben, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis insoweit behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I Instanz verringert sich daher auf S 140,--.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe zum Zeitpunkt der Kontrolle am 13 06 1996, 04 15 Uhr, in                   , auf der B 65, als Lenker ein Kraftfahrzeug (LKW-Zug          und         ) gelenkt und die Tageslenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten von maximal 10 Stunden am 12 06 1996 um 1 Stunde 55 Minuten überschritten, die tägliche Ruheheit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden nicht eingehalten, da diese nur 2 Stunden 5 Minuten betrug und die Schaublätter der laufenden Kalenderwoche nicht mitgeführt und auf Verlangen vorgewiesen.

Dadurch habe er § 102 Abs 1 KFG 1967 verletzt.

 

Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 2000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

In der Berufung wird vorgebracht, daß der Berufungswerber um 21 40 Uhr auf die Zollspur am Grenzübergang                   , welche einspurig sei, aufgefahren sei und erst um 04 Uhr 15 abgefertigt wurde. Da er den LKW auf der Zollspur nicht für die nötige Ruhe abstellen konnte, sei die Zeitüberschreitung entstanden, zumal er ständig aufrücken habe müssen.

Was die Vorweisung der Schaublätter anbelange, so habe er den Beamten

ausdrücklich erklärt, daß sich der LKW aufgrund eines Verkehrsunfalles zwei Tage in Reparatur befunden habe, weshalb keine Schaublätter vorhanden gewesen seien. Außerdem habe er die Bestätigung der Gendarmerie           vorgelegt.

 

In seinem Schreiben vom 21 10 1996 gibt der Berufungswerber an, daß die Überschreitung der Lenkzeit bzw die Nichteinhaltung der Ruhezeit zwar der Wahrheit entspreche, aber deshalb entstanden sei, weil er wegen der schleppenden Abfertigung auf der Zollspur sein Fahrzeug nicht abstellen hätte können und dauernd eine kurze Weiterbewegung des LKW's notwendig gewesen sei.

Seitens des einschreitenden Beamten sei ihm zuerst ein Strafmandat von S 300,-- in Aussicht gestellt worden, in weiterer Folge des Gespräches sei jedoch dann die Strafe auf S 2000,-- erhöht worden. Im übrigen wäre es die Verpflichtung der Beamten gewesen, im Interesse der Verkehrssicherheit ein Abstellen des LKW's zu veranlassen, damit er die Ruhezeit nachholen hätte können. Dies sei jedoch nicht geschehen.

 

Hierüber hat der Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß Art 6 Abs 1 der EG-Verordnung 3820/85 darf die Tageslenkzeit genannte Gesamtanzahl zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

Gemäß Art 8 Abs 1 dieser Verordnung legt der Fahrer innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.

Gemäß § 134 Abs 1 erster Satz KFG 1967 ist derjenige, der diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieser Bundesgesetze erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Art 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABlNr L 370 vom 31 12 1985, Seite 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, zuwiderhandelt, mit einer Geldstrafe

bis zu S 30000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 102 Abs 1 dritter Satz KFG hat der Kraftfahrzeuglenker die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren ist, mitzuführen.

 

Was das Überschreiten der Lenkzeit und das Nichteinhalten der Ruhezeit anbelangt, so wird dies vom Berufungswerber nicht bestritten. Es wird aber vorgebracht, daß er infolge der schleppenden

Abfertigung auf der Zollspur sein Fahrzeug nicht abstellen hätte können, weshalb es zu den Verwaltungsübertretungen kam. Dieses Vorbringen kann den Berufungswerber allerdings nicht entschuldigen, weil es seine Sache gewesen wäre, durch rechtzeitiges Abstellen des Fahrzeuges für eine Einhaltung der Ruhezeiten zu sorgen, zumal er aufgrund der Verkehrssituation durchaus hätte erkennen müssen, daß auf der Zollspur ein Stau entstanden war. Er hat

daher zumindest fahrlässig gehandelt.

Bemerkt wird, daß das vom Berufungswerber vorgebrachte Argument hinsichtlich des Überschreitens der Tageslenkzeit am 12 06 1996 schon

deshalb nicht maßgeblich ist, weil bis zu seiner Auffahrt auf die Zollspur die zulässige Tageslenkzeit bereits überschritten war. Im übrigen wäre es am Berufungswerber gelegen gewesen, notfalls durch

Kontaktnahme mit den Beamten der Grenzkontrollstelle eine entsprechende Bereinigung der Situation herbeizuführen.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch festzustellen, daß eine Notstandssituation nicht vorlag, da sich der Berufungswerber in keiner schweren unmittelbaren Gefahr befunden hat.

 

Dem Vorbringen betreffend die Organstrafverfügung ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 24 02 1995, Zl 94/02/0520) das Straßenaufsichtsorgan ein Wahlrecht dahingehend hat, ob es eine Organstrafverfügung verhängt oder eine Anzeige erstattet. Dieses Wahlrecht erlischt erst mit der Aushändigung einer Ausfertigung der Organstrafverfügung.

Da eine solche im vorliegenden Fall erwiesenermaßen nicht ausgefertigt wurde, kann sich der Berufungswerber nicht darauf berufen.

 

Auch besteht kein Rechtsanspruch darauf, daß eine Verwaltungsübertretung im Wege einer Organstrafverfügung geahndet wird.

 

Was das Argument anbelangt, die Beamten hätten den Berufungswerber nicht weiterfahren lassen dürfen, so braucht darauf deshalb nicht eingegangen werden, weil dies die Strafbarkeit des vorhergehenden Verhaltens des Berufungswerbers nicht aufheben kann.

 

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß der Berufungswerber die Überschreitung der vorgeschriebenen Lenkzeit bzw die Nichteinhaltung der Ruhezeit zu verantworten hat.

 

Allerdings hat die Behörde dieses Verhalten gemeinsam mit dem Nichtmitführen der Schaublätter in einen Tatbestand zusammengefaßt und im übrigen auch lediglich dem § 102 Abs 1 KFG 1967 unterstellt. Letzteres trifft hinsichtlich der Überschreitung der Tageslenkzeit bzw der Nichteinhaltung der Ruhezeit nicht zu, weil die diesbezüglichen Vorschriften in Art 6 und Art 8 der EG-Verordnung Nr 3820/85 enthalten sind, deren Übertretung im § 134 Abs 1 erster Satz KFG 1967 für strafbar erklärt wurde. Der Tatvorwurf war daher durch die Berufungsbehörde entsprechend neu zu fassen, was möglich war, da die Frist für die Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten ist. Da das dritte dem Berufungs werber vorgeworfene Delikt, nämlich das Nichtmitführen der Schaublätter einzustellen war (siehe die Ausführungen unten) war auch die Strafbemessung neu vorzunehmen.

 

Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Vorwurfes, die Schaublätter der laufenden Kalenderwoche nicht mitgeführt zu haben, gründet sich auf folgende Umstände:

Bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung gab der Berufungswerber an, daß er am       in        einen Unfall mit seinem

LKW hatte und sich daher das Fahrzeug am Montag und Dienstag, dem 10 und 11 06 1996, in Reparatur befunden habe. Dieses Vorbringen hat der

Berufungswerber bereits anläßlich der Beanstandung am Tatort vorgebracht, was auch vom Meldungsleger in seiner Stellungnahme vom 03 07 1996 bestätigt wurde. Dazu kommt, daß der Berufungswerber im Rahmen des Berufungsverfahrens eine diesbezügliche Bestätigung des Dienstgebers vorgelegt hat. Der Berufungswerber konnte daher für Montag und Dienstag der laufenden Woche mangels beruflicher Fahrten keine Schaublätter vorlegen. Das diesbezügliche Strafverfahren war daher einzustellen.

Bemerkt wird, daß zwar auch das Schaublatt des letzten Lenktages der Vorwoche mitzuführen gewesen wäre. Eine diesbezügliche Tatanlastung ist jedoch nicht erfolgt.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegenden Handlungen schädigten in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.

Der objektive Unrechtsgehalt der Taten kann selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Daß die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen

und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung waren weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen.

 

Gleichzeitig  war auf  die  Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 17000,-- netto; Vermögen: keine Angaben; Sorgepflichten: für zwei Kinder).

 

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt

der Taten und das Verschulden des Berufungswerbers sind die verhängten Strafen als angemessen anzusehen.

 

Strafen müssen geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Taten ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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