Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Kurzmann über die Beschwerde des Herrn Emmerich W, vertreten durch Rechtsanwalt, gestützt auf Art 129a Abs 2 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG (Beschlagnahme von Gegenständen und Unterlagen im Zuge einer Hausdurchsuchung am 23.3.1995, um 11.50 Uhr, an der Adresse des Beschwerdeführers durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien) entschieden:
Gemäß § 67c Abs 4 AVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Gemäß § 79a AVG hat der Beschwerdeführer der belangten Behörde (Bundesminister für Finanzen) Kostenersatz in der Höhe von S 2.800,-- (zweitausendachthundert) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung:
In seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlagnahme bestimmter Posten aus seiner Wohnung im Zuge einer Hausdurchsuchung am 23.3.1995, ab 11.50 Uhr. Die Hausdurchsuchung sollte sich auf einen mündlich erteilten richterlichen Befehl gestützt haben. Die Hausdurchsuchung sei wegen Erhebungen im Sinne des § 207a Strafgesetzbuch angeordnet worden. Gegenstände, die für diesen Tatbestand von Bedeutung sein sollten, seien jedoch nicht gefunden worden.
In einer Niederschrift sei angegeben, daß die Beschlagnahme aus eigener Macht gemäß § 93 Abs 4 Finanzstrafgesetz erfolgt sei. Es sei jedoch keine Angabe erfolgt, wieso die finanzbehördliche Ermächtigung nicht eingeholt wurde bzw nicht einholbar gewesen sei. Der Beschlagnahmezweck für verschiedene Posten zB I/16, I/19, I/25, I/32 für Zwecke der belangten Behörde (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) sei nicht nachvollziehbar. Da für das Vorgehen der Organe der Bundespolizeidirektion Wien, das jedoch aufgrund der angegebenen Verfahrensvorschrift der belangten Behörde (FLD für Wien, Niederöstereich und Burgenland) zuzurechnen sei, keinerlei Rechtsgrundlage, schon gar nicht die des § 93 Abs 4 Finanzstrafgesetz, gegeben gewesen sei, werde daher beantragt, die Beschlagnahme für rechtswidrig zu erklären und dem Bund zum Kostenersatz zu verhalten.
In der selben Sache wurde unter der Aktenzahl UVS-02/11/00018/95 vom Beschwerdeführer eine auf § 67a Abs 1 Z 2 AVG gestützte Beschwerde wegen der erfolgten Hausdurchsuchung eingebracht und die diesbezügliche Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Begründet wurde die Zurückweisung der Beschwerde damit, daß die Hausdurchsuchung aufgrund einer gerichtlichen Anweisung erfolgt und daher von einer Überprüfung durch die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern entzogen sei.
Die belangte Behörde des gegenständlichen Verfahrens (FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland) wendete zum Beschwerdevorbringen ein, daß die unabhängigen Verwaltungssenate in Finanzstrafsachen (hier § 93 Abs 4 Finanzstrafgesetz) gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG nicht zuständig seien. Zuständig für die von einem Organ, welches im § 89 Abs 2 Finanzstrafgesetz bezeichnet wird, gesetzte Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sei nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes, § 62 Abs 3 leg cit, der Vorsitzende des zuständigen Berufungssenates in Finanzstrafsachen gewesen. Es werde beantragt, die Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen und wird in einem weiteren Schriftsatz die Zuerkennung des Ersatzes für den Schriftsatzaufwand beantragt.
Aus der Beschwerdesache zur Zahl UVS-02/11/00018/95 wurde aus dem diesbezüglichen Akt eine Kopie der wesentlichen Aktenteile angefertigt und handelt es sich um einen Akt, den die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten, zur Zahl Kr 375/F/95, geführt hatte.
Daraus geht hervor, daß am 23.3.1995 in der Wohnung des Beschwerdeführers aufgrund eines richterlichen Hausdurchsuchungsbefehls eine Hausdurchsuchung vorgenommen wurde. Hierbei wären Gegenstände und sonstige Unterlagen sichergestellt worden und auch eine vorläufige Beschlagnahme gemäß § 89 Abs 2 des Finanzstrafgesetzes erfolgt. In einer Niederschrift, aufgenommen mit dem Beschwerdeführer, wurden in einem Anhang zu dieser die Gegenstände vermerkt, die im Zuge der Hausdurchsuchung wegen Verdachts eines Vergehens nach § 207a Strafgesetzbuch zur Beweisführung sichergestellt wurden, darunter sind auch die vom Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz unter I/16, I/19,I/25 und I/32 bezeichneten Gegenstände und Unterlagen. Aus einer weiteren Niederschrift, aufgenommen mit dem Beschwerdeführer, geht hervor, daß im Zuge dieser Hausdurchsuchung auch eine vorläufige Beschlagnahme nach dem Finanzstrafgesetz wegen Verdachts der Abgabenhinterziehung erfolgt sei, und zwar wurden 189 Computerdisketten und ein Laptop beschlagnahmt. Diese Gegenstände werden jedoch im Beschwerdeschriftsatz nicht genannt und bezieht sich die Beschwerde daher offensichtlich nicht auf die Beschlagnahme dieser 189 Comuterdisketten und des Laptops.
Es ergibt sich daher folgendes:
Im Zuge einer richterlich angeordneten Hausdurchsuchung wurden insgesamt 115 Posten sichergestellt und im Sinne des Finanzstrafgesetzes zusätzlich 189 Computerdisketten und ein Laptop durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien beschlagnahmt. Hinsichtlich der in Beschwerde gezogenen Hausdurchsuchung wird auf die Entscheidung zu UVS-02/11/00018/95 vom 21.8.1995 verwiesen. Soweit es sich um die gegenständliche Beschlagnahme im Sinne des Finanzstrafgesetzes handelt, wird festgehalten, daß die vom Bechwerdeführer beispielhaft angeführten Gegenstände und Unterlagen eindeutig aufgrund des gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehls sichergestellt worden sind. Die Beschlagnahme der Computerdisketten und des Laptops wurden nicht in Beschwerde gezogen, jedoch wird weiters ausgeführt, daß gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes, entscheiden.
Gemäß § 89 Abs 2 Finanzstrafgesetz sind neben den Organen der Finanzstrafbehörden auch die Organe der Abgabenbehörden der Zollwache und des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt, die in Absatz 1 bezeichneten Gegenstände auch dann in Beschlag zu nehmen, wenn eine Anordnung der Finanzstrafbehörde nicht vorliegt. In diesem Fall sind dem anwesenden Inhaber die Gründe für die Beschlagnahme und für die Annahme von Gefahr in Verzug mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift festzuhalten. Die beschlagnahmten Gegenstände sind, falls nicht nach § 90 Abs 1 zweiter Satz vorgegangen wird, der zuständigen Finanzstrafbehörde abzuführen.
Gemäß Abs 1 leg cit hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist.
Die Hausdurchsuchung und Pesonsdurchsuchung im Finanzstrafverfahren wird durch § 93 geregelt. Nach Abs 4 leg cit stehen die im Abs 2 und 3 leg cit geregelten Befugnisse den in § 89 Abs 2 genannten Organen auch ohne Befehl zu, wenn wegen Gefahr in Verzug weder die Einholung eines schriftlichen noch eines mündlichen Befehls gemäß § 93 Abs 1 möglich ist.
Die Hausdurchsuchung erfolgte jedoch aufgrund eines richterlichen Befehls, wobei während der Durchsuchung Gegenstände aufgefunden worden sind, die für ein Verfahren nach dem Finanzstrafgesetz von Bedeutung sein konnten und daher eine Beschlagnahme im Sinne des § 89 Abs 2 dieser Gegenstände erfolgt war.
Eine Begründung der Hausdurchsuchung im Sinne des § 93 Abs 4 Finanzstrafgesetz war daher, wegen Vorliegens eines richterlichen Befehles, nicht erforderlich.
Aus dem Bericht der einschreitenden Beamten der Bundespolizeidirektion Wien ergibt sich auch, daß mit dem Finanzamt für den 5. und 10. Bezirk, Hofrat Dr P, Rücksprache gehalten worden war und dieser keine Beamten entsenden konnte. Daher war für die einschreitenden Beamten nach § 89 Abs 2 Finanzstrafgesetz vorzugehen. Die weitere Amtshandlung wurde dann durch das Finanzamt weitergeführt.
Bezüglich der Beschlagnahme haben daher die einschreitenden Beamten funktionell für die Finanzstrafbehörde gehandelt und ist daher die Amtshandlung der belangten Behörde, wie vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ausgeführt, zuzurechnen. Da jedoch die Entscheidung über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Finanzstrafsachen des Bundes von der Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate ausgenommen sind, war spruchgemäß zu entscheiden und auf die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der von ihm benannten Gegenstände und Unterlagen, die im Zuge des gerichtlichen Verfahrens sichergestellt worden sind, nicht mehr einzugehen.
Dem Beschwerdeführer muß auch entgegengehalten werden, daß die Regelungen über die sogenannte Maßnahmenbeschwerde - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung betont (vgl zB VwGH vom 29.6.1992, 91/15/0147 und die dort zitierte Vorjudikatur) - nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem dienen, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes.
Was in einem Verwaltungsverfahren oder einem dafür eigens vorgesehenen Verfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein (vgl auch VwSlg 9461 A/1977).
In gegenständlichem Verfahren wäre die Beschlagnahme nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes zu bekämpfen gewesen. Ein Erfolg der Beschwerde wäre auch aus diesem Grund versagt geblieben.
Der Kostenzuspruch an den Rechtsträger der belangten Behörde gründet sich auf § 79a AVG und die hiezu ergangene Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS), BGBl Nr 855 vom 22.12.1995. Demnach war der belangten Behörde als obsiegenden Partei, entsprechend ihrem Kostenantrag, Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 2.800,-- zuzusprechen.