Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch seine Kammermitglieder Dr. Wigbert Hütter, Dr. Gerhard Wittmann und Dr. Erwin Ganglbauer über die Berufung des Herrn H. K., gegen Punkt 2.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 30.8.1996, GZ.: 15.1 1996/1091, wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2.) behoben.
Am 22.2.1996 richtete das Arbeitsinspektorat Graz eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld
wegen des Verdachtes von Übertretungen nach dem AuslBG. In dieser Anzeige wird H. K. (Berufungswerber) vorgeworfen, einerseits den jugoslawischen Staatsangehörigen M. R., in der Zeit vom 12.2. bis zum 13.2.1996 illegal beschäftigt zu haben und andererseits nicht die erforderlichen Auskünfte im Sinne des § 26 Abs 1 AuslBG erteilt zu haben. Wegen der illegalen Beschäftigung von M. R. wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- und wegen der nicht erteilten Auskünfte eine Geldstrafe von S 30.000,-- beantragt. Der Anzeige ist eine Niederschrift mit M. R. angeschlossen, die anläßlich einer Kontrolle des Arbeitsinspektorates am 13.2.1996 um 15.00 Uhr in S., aufgenommen wurde. Weiters ist der Anzeige ein Protokoll eines Mitarbeiters des Arbeitsinspektorates Graz angeschlossen, welches am 21.2.1996 verfaßt wurde. Darin wird geschildert, daß zumindest zwei ausländische Staatsangehörige im Holzschlag in S. mit der Holzbringung beschäftigt gewesen seien und dies daraus geschlossen werde, daß sich diese beiden Arbeitskräfte vermutlich in Serbisch unterhalten hätten. Beim Eintreffen der Kontrollorgane am Holzbringungsort sei nur mehr der serbische Staatsangehörige M. R. anwesend gewesen. Der weitere ausländische Staatsangehörige sowie der Berufungswerber seien von dessen Tochter, welche auf einem Pferd den Forstweg entlang geritten sei und so schneller am Ort der Holzbringung eingetroffen sei, gewarnt worden, weshalb die beiden nicht angetroffen werden konnten. Der serbische Staatsangehörige habe auf Befragen angegeben, daß ein weiterer Staatsbürger aus Jugoslawien ihm bei der Holzbringung geholfen
habe, er dessen Namen jedoch nicht nennen könne.
Kurze Zeit später sei der Berufungswerber eingetroffen und habe auf Befragen angegeben, daß der zweite Holzarbeiter kein Ausländer gewesen sei, sondern sein 67-jähriger Neffe. Weiters habe dieser angegeben, daß kein weiterer Ausländer am Ort der Holzbringung anwesend gewesen sei.
Am 13.3.1996 richtete die belangte Behörde einen Ladungsbescheid an den Berufungswerber, worin ihm
aber lediglich die illegale Beschäftigung des ausländischen Staatsbürgers M. R. vorgeworfen wurde. Bei der Einvernahme am 27.3.1996 wurde dem Berufungswerber zunächst der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und danach rechtfertigte er sich wegen der ihm angelasteten illegalen Beschäftigung des Milenko Rokic. Nach der zeugenschaftlichen Einvernahme des M. R. am 25.4.1996 teilte das Arbeitsinspektorat Graz in einer Stellungnahme mit, daß der Strafantrag aufrecht erhalten bleibe, jedoch die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliches Milderungsrecht) angeregt werde. Im Ladungsbescheid vom 18.6.1996 wurde dem Berufungswerber abermals lediglich die illegale Beschäftigung des M. R. vorgeworfen. In seiner Einvernahme am 10.7.1996 nahm der Berufungswerber
zu den ihm gemachten Vorwürfen insoweit Stellung, als er angab, daß es nicht richtig sei, daß er noch einen zweiten Ausländer zur besagten Zeit beschäftigt gehabt hätte. Er habe zwar derzeit einen Ausländer beschäftigt, dieser sei aber angemeldet und habe dieser auch eine Beschäftigungsbewilligung. Dieser, es handle sich um W. M., arbeite seit 15.6.1995 als Landarbeiter bei ihm. Andere Ausländer habe er nie beschäftigt. Der zweite Mann, der am 12.2. bzw. 13.2.1996 noch im Holzschlag gearbeitet habe, sei ein Cousin von ihm gewesen, der ihm ebenfalls bei den Arbeiten geholfen habe. Nachdem der Cousin des Berufungswerbers, Herr J. K., am 14.8.1996 zeugenschaftlich einvernommen wurde und im wesentlichen die Angaben des Berufungswerbers bestätigte, erließ die belangte Behörde am 30.8.1996 ein Straferkenntnis gegen den Berufungswerber. Darin wird dem Berufungswerber folgendes vorgeworfen:
1.) Sie haben am 13.02.1996 um 15.00 Uhr in S. im do. Holzschlag und am 12.2.1996 den ausländischen Staatsbürger R. M., beschäftigt gehabt, obwohl die nicht im Besitze einer Beschäftigungsbewilligung oder einer gültigen Arbeitserlaubnis war,
2.) und haben es weiters unterlassen als Arbeitgeber der Verpflichtung zur Meldung an die regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, sowie den Trägern der Krankenversicherungen nachzukommen."
Dadurch habe der Berufungswerber im Punkt 1.) eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 AuslBG
begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe von S 5.000,-- (im Uneinbringlich-keitsfall 36 Stunden Ersatzarrest) verhängt. Wegen einer Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG im Punkt 2.) wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 15.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzarrest) verhängt. In der Begründung wurde zunächst angeführt, daß der Beschuldigte laut Anzeige des Arbeitsinspektorates Graz den ausländischen Staatsangehörigen M. R. "ohne die erforderliche Beschäftigungsbewilligung für Ausländer bei sich im Holzschlag beschäftigt gehabt zu haben und dies nicht der Krankenversicherung und dem Arbeitsmarktservice gemeldet zu haben." Nach einer Darstellung des Ermittlungsverfahrens heißt es in der Begründung weiters, daß daher angenommen werden
müsse, daß der Berufungswerber" unter Umgehung einer Anmeldung zur Krankenkassse bzw. Arbeitsmarktservice, sowie die Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung umgehen wollte." Die erbrachte Arbeitsleistung des Herrn R. müsse aber als ein einem Dienstverhältnis gleichkommender Zustand angesehen werden, da dieser an die Weisungen seines "Chefs" gebunden gewesen sei. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und wandte zunächst ein, daß es sich bei M. R. um den Freund seiner Tochter gehandelt habe und es sich nur um eine geringfügige Tätigkeit, für die keinerlei Entgelt bezahlt worden sei, gehandelt habe. Der Berufungswerber beantragte die Einstellung des Strafverfahrens und begehrte gleichzeitig die Einvernahme seiner Gattin sowie die nochmalige Einvernahme des M. R.
Am 24.9.1996 übermittelte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark dem Arbeitsinspektorat Graz eine Kopie der Berufung. Weiters wurde angefragt, wann seitens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bzw. der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Verlangen an den Berufungswerber gerichtet worden sei die Anzahl und die Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Sollte es diesbezüglich einen Schriftverkehr geben, so werde um die Übermittlung der entsprechenden Kopien ersucht. Das Arbeitsinspektorat Graz antwortete mit Schreiben vom 30.9.1996 und teilte mit, daß es sich beim Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses um eine Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG handle. Nach einer Zitierung des § 26 Abs 1 AuslBG wurde weiters angeführt, daß sich aus dem Protokoll, welches dem Strafantrag beiliege, ergebe, daß es sich hier um die sogenannte "Nichtauskunft" bezüglich des zweiten ausländischen Staatsangehörigen handle und nicht um die Meldung bezüglich des Beginnes einer Beschäftigung.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Im Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde über den Berufungswerber eine S 10.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt, sodaß über die Berufung gegen Punkt 1.) das zuständige Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark zu entscheiden haben wird. Im Punkt 2.) wurde aber eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe über den Berufungswerber verhängt, sodaß über die Berufung gegen diesen Punkt eine aus drei Mitgliedern zusammengesetzte Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark zu entscheiden hat. Dies bedeutet, daß Gegenstand dieser Entscheidung ausschließlich die Berufung gegen Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist.
§ 26 Abs 1 AuslBG lautet:
"Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Arbeitsinspektoren auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Die Arbeitgeber und die Ausländer sind auf Verlangen verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und Trägern der Krankenversicherung und den Arbeitsinspektoren die zur Durchführung des Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren."
Aus der Strafanzeige des Arbeitsinspektorates Graz selbst ist nicht ersichtlich, worin die Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG gelegen sein soll. Aus dem der Anzeige beiliegendem Protokoll vom 21.2.1996 läßt sich bestenfalls erahnen, worin die Übertretung gelegen sein soll. In diesem Protokoll heißt es: "Auf Befragen gibt der Beschäftiger Herr K. H., S. an, daß der zweite Holzarbeiter kein Ausländer gewesen sei, sondern sein 67-jähriger Neffe." Daraus kann aber nicht eindeutig abgeleitet werden, daß es sich dabei um ein Verlangen der Arbeitsinspektoren an den Arbeitgeber gehandelt hat, die Anzahl und den Namen der im Betrieb beschäftigen Ausländer bekanntzugeben.
In den beiden Ladungsbescheiden an den Berufungswerber vom 13.3.1996 und 18.6.1996 ist von einer Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG überhaupt nicht die Rede. Dem Berufungswerber wurde zwar im Zuge
seiner Einvernahme vom 27.3.1996 der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht, auf Grund des Akteninhaltes ergibt sich aber kein eindeutiger und klarer Tatvorwurf im Sinne des § 26 Abs 1 AuslBG.
Das Straferkenntnis läßt im Punkt 2.) jegliche Klarheit hinsichtlich des Tatvorwurfes vermissen. Der Tatvorwurf erschöpft sich darin, daß dem Berufungswerber vorgeworfen wird, daß er es als Arbeitgeber unterlassen habe, der Verpflichtung zur Meldung an die regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung nachzukommen. In Verbindung mit der Begründung des nunmehr
angefochtenen Straferkenntnisses liegt der Schluß nahe, daß die belangte Behörde den angezeigten Tatvorwurf im Sinne des § 26 Abs 1 AuslBG überhaupt mißverstanden hat. Die belangte Behörde sieht offensichtlich die unterlassene Meldung an das Arbeitsmarktservice sowie an den Träger der Krankenversicherung ausschließlich im Zusammenhang mit der illegalen Beschäftigung des ausländischen Staatsbürgers M. R.
Aus dem Schreiben des Arbeitsinspektorates Graz vom 30.9.1996 ergibt sich aber eindeutig, daß es bei der Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG darum ging, daß der Berufungswerber den Arbeitsinspektionsorganen keine Auskünfte über den zweiten ausländischen Staatsangehörigen gab.
Die Berufungsbehörde hat, soferne die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, nur in der Sache selbst zu entscheiden. Sache ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet (vgl. VwGH 29.11.1971, Slg. 8123 A). Wechselt daher die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl. VwGH 27.6.1975, Slg. 8864 A, 15.2.1979, 2293/77, 27.6.1980, Slg. 10186 A).
Der Tatvorwurf der belangten Behörde geht dahin, daß
der Berufungswerber im Zusammen-hang mit der
illegalen Beschäftigung des M. R. keine Meldung an das Arbeitsmarktservice bzw. dem Träger der Sozialversicherung erstattet hat. Tatsächlich geht es aber - folgt man der anzeigenden Behörde - darum, daß der Berufungswerber den Arbeitsinspektoren keine Auskünfte hinsichtlich der zweiten ausländischen Arbeitskraft gab. Würde der Unabhängige Verwaltungssenat nunmehr den Sachverhalt prüfen und den Tatvorwurf in diesem Sinne verbessern, so läge eine Auswechslung der Tat vor, die zudem dem Berufungswerber im gesamten
erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgehalten wurde. Somit würde zu Lasten des Berufungswerbers auch der Instanzenzug unzulässigerweise verkürzt. Es war daher bereits aus diesem Grund der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2.) zu beheben.
Da gemäß § 28 Abs 2 AuslBG die Verfolgungsverjährungsfrist ein Jahr beträgt, besteht für die belangte Behörde die Möglichkeit eine taugliche Verfolgungshandlung hinsichtlich einer (allfälligen) Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG gegen den Berufungswerber bis zum 13.2.1997 zu erlassen. Dabei wird auch darauf Bedacht zu nehmen sein, ob der Berufungswerber anläßlich der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 13.2.1996 tatsächlich aufgefordert wurde ("auf Verlangen") Anzahl und Namen der bei ihm beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte den Arbeitsinspektoren bekanntzugeben. Da eine weitere Strafverfolgung wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 26 Abs 1 AuslBG somit noch möglich ist, wurde das Verwaltungsstrafverfahren seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark nicht eingestellt.