TE UVS Wien 1996/11/11 07/A/01/430/96

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Veröffentlicht am 11.11.1996
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Mitglieder Dr Wintersberger als Vorsitzende, Mag Engelhart als Berichterin und Dr Wilfert als Beisitzer über die Berufung des Herrn Marko A, vertreten durch Rechtsanwalt, vom 12.8.1996, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, Zl MBA 10 - S 898/96, vom 23.7.1996, wegen § 7 VStG iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu bezahlen.

Text

Begründung:

1. Das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 23.7.1996 ist gegen den Berufungswerber als Beschuldigten gerichtet und enthält folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der L-BaugesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in Wien im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung Baumeister mit Standort in Wien, C-gasse am 11.12.1995 um 10:30 Uhr auf der Baustelle in Wien, H-Straße durch das Bereitstellen folgender Ausländer als Leiharbeiter, obwohl für diese Ausländer vom zuständigen Landesarbeitsamt weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden war, einem anderen, nämlich der Firma S-BaugesmbH, vertreten durch Dipl Ing Wilhelm S, die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert:

W Wieslaw, poln Stbg

M Nuhi, mazedon Stbg

P Janusz, poln Stbg

D Tomasz, poln Stbg

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs 1 Ziffer 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 7 VStG 1991

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: 4 Geldstrafen zu je Schilling 40.000,--, zusammen Schilling 160.000,--, falls diese uneinbringlich sind, 4 Ersatzfreiheitsstrafen von je 10 Tagen, zusammen 40 Tagen, gemäß § 28 Abs 1 Ziffer 1 lit a erster Strafsatz dieses Gesetzes. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 16.000,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 176.000,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."

2. Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten vom 12.8.1996, worin beantragt wird, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die - zulässige - Berufung ist begründet.

Gemäß § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl Nr 218/1975 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl Nr 450/1994, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S.

Gemäß § 2 Abs 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl Nr 196/1988. Gemäß § 2 Abs 3 lit c AuslBG ist in den Fällen des Abs 2 lit e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes dem Arbeitgeber gleichzuhalten. Das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten, Belange der Ausländerbeschäftigung in Wien, hat mit Schreiben vom 5.1.1996 Anzeige gegen die L-GesmbH wegen Übertretung des § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG erstattet. Diese habe als Arbeitgeber vier namentlich genannte ausländische Personen ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt. Diese seien als Leiharbeiter für die S-BaugesmbH eingesetzt worden. In dem vom Magistrat der Stadt Wien daraufhin eingeleiteten und mit dem angefochtenen Straferkenntnis in erster Instanz abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L-BaugesmbH spruchgemäß die Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung durch die S-BaugesmbH, vertreten durch Dipl Ing Wilhelm S, nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG iVm § 7 VStG zur Last gelegt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne daß dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, das auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann (VwGH 6.2.1990, Zl 89/04/0184). Der unmittelbare Täter hat nicht (auch) Beihilfe zu verantworten (vgl VwGH 29.7.1992, Zl 90/12/0217).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits für das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung vor der Novelle BGBl Nr 450/1990 ausgesprochen hat, begehen beim Einsatz eines überlassenen ausländischen Arbeitnehmers im Betrieb eines Dritten ohne Erteilung einer erforderlichen Beschäftigungsbewilligung sowohl der Überlasser als auch der Beschäftiger eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG, da beiden die Arbeitgebereigenschaft zukommt (vgl VwGH 26.9.1991, Zl 90/09/0190). Im Ausländerbeschäftigungsgesetz nach der Novelle BGBl Nr 450/1990 hat der Gesetzgeber durch die Verwendung des "auch" in § 2 Abs 3 lit c AuslBG klar zum Ausdruck gebracht, daß neben dem selbstverständlich als Arbeitgeber der überlassenen Arbeitskräfte fungierenden Überlasser auch der Beschäftiger einem Arbeitgeber gleichzuhalten ist (vgl VwGH 24.2.1995, Zl 94/09/0261). Es kommt für die Strafbarkeit einer Person als Arbeitgeber nicht darauf an, ob die Ausländer von ihr selbst verwendet wurden oder ob sie die Ausländer einer anderen Person als Beschäftiger überlassen hat (vgl VwGH 18.11.1993, Zl 93/09/0364).

Die erstinstanzliche Behörde hat sohin übersehen, daß, worauf das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten bereits mit erstinstanzlicher Stellungnahme vom 5.6.1996 zutreffend hingewiesen hat, in einem Fall wie dem hier vorliegenden, in welchem laut Anzeige bewilligungslos ausländische Arbeitnehmer eines Arbeitgebers (L-BaugesmbH) als Leiharbeiter im Betrieb eines Dritten (S-BaugesmbH) eingesetzt werden, gemäß § 2 Abs 3 lit c AuslBG sowohl der Überlasser (L-BaugesmbH), als auch der Beschäftiger (S-BaugesmbH) als Arbeitgeber anzusehen und nach § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG unmittelbar strafbar wäre. Eine gleichzeitige Bestrafung des Überlassers (der L-BaugesmbH), welcher bereits als unmittelbarer Täter zu bestrafen wäre, zusätzlich auch als Beitragstäter, ist wegen der Subsidiarität der Beitragstäterschaft gegenüber der unmittelbaren Täterschaft unzulässig. Da es, was den Spruchteil nach § 44a Z 1 VStG betrifft, nicht gleichgültig ist, ob jemand den Tatbestand selbst verwirklicht hat oder durch Beihilfe beiträgt (VwGH 10.7.1986, Zl 86/02/0053), kommt eine Spruchmodifikation nicht in Betracht. Dies würde eine unzulässige Auswechslung der dem Berufungswerber von Anfang an als Beihilfe zur Last gelegten Tat und eine Überschreitung der Abänderungsbefugnis der nach § 66 Abs 4 AVG aber zu einer Entscheidung "in der Sache" verpflichteten Berufungsbehörde bedeuten.

Mit Schreiben vom 20.9.1996 wurde deshalb dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten als Partei des Verfahrens mitgeteilt, daß der Unabhängige Verwaltungssenat Wien vorläufig davon ausgeht, daß das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen des Tatvorwurfes der Beitragstäterschaft einzustellen ist. Das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten führte mit schriftlicher Stellungnahme vom 9.10.1996 dazu aus, es werde zwar im Bescheidspruch ausdrücklich vom Bereitstellen von Ausländern gesprochen, jedoch würden diese Handlungen in weiterer Folge ausdrücklich lediglich als Erleichterung der Begehung einer strafbaren Handlung durch den unmittelbaren Täter Dipl Ing S fehlinterpretiert und übersehen, daß auch der Überlasser unmittelbarer und nicht bloß Beitragstäter ist. Angesichts dieser insoweit unmißverständlichen Ausführungen werde eine gesetzeskonforme Auslegung des Spruches des Straferkenntnisses kaum greifen können.

Insgesamt war daher, ohne auf die Berufungsausführungen näher einzugehen, das Verwaltungsstrafverfahren wegen des dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatvorwurfes der Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz durch die S-BaugesmbH spruchgemäß einzustellen und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben. Lediglich hingewiesen wird daher darauf, daß ein wegen Beihilfe gemäß § 7 VStG verurteilendes Straferkenntnis in seinem § 44a Z 1 VStG betreffenden Spruchteil sowohl jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben hat, die eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zu der durch seine Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen, als auch jenes konkrete Verhalten des Beschuldigten darzustellen hat, durch das der Tatbestand der Beihilfe hiezu verwirklicht wurde; dazu gehört der konkrete Tatvorwurf, der die Annahme rechtfertigt, der Beschuldigte habe die Tat vorsätzlich begangen (VwGH 6.2.1990, Zl 89/04/0184).

Die von der erstinstanzlichen Behörde gewählte Umschreibung der zur Last gelegten Beitragstäterschaft entspricht daher auch nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG. So wurde die Tat des Haupttäters lediglich mit den Worten "Begehung einer Verwaltungsübertretung" umschrieben und es kommt weiters durch die Formulierung "durch das Bereitstellen ... als Leiharbeiter ... erleichtert" auch nicht hinreichend zum Ausdruck, daß sich die Beihilfe in der im § 7 VStG verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog. Hiezu hätte es etwa des Vorwurfes bedurft, daß sich der Berufungswerber im positiven Wissen um das Erfordernis einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung dennoch vom Vorhandensein einer solchen nicht überzeugt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.  Gemäß § 51e Abs 1 VStG wurde keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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