Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn J. G., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. D. A. und Dr. M. G., G. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12.06.1996, GZ.: 15.1 1996/818, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 20.11.1995, um 12.43 Uhr in R., Bushaltestelle beim Gasthaus E., J. K. Straße 1, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GU SIMI1 (PKW) im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels während der Betriebszeit gehalten.
Er habe hiedurch die Rechtsvorschriften des § 24 Abs 1 lit e StVO verletzt und wurde eine Geldstrafe von S 700,-- (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im wesentlichen vorgebracht wird, daß die gegenständliche Bushaltestelle nur frühmorgens durch ein öffentliches Verkehrsmittel angefahren werde, hingegen den gesamten Tag über nicht benützt werde. Eine Einschränkung des Zu- und Abfahrens eines Massenbeförderungsmittels habe daher durch das Beschuldigtenfahrzeug zum Vorfallszeitpunkt nicht stattgefunden und wurde der Schutzzweck der Norm nicht verletzt.
Das erkennende Senatsmitglied hat am 19.06.1996 die Örtlichkeit besichtigt und einen diesbezüglichen Aktenvermerk angelegt, aus welchem hervorgeht, daß sich in der J. K. Straße Nr. 1, vor dem Gasthaus E. eine Haltestellentafel der Firma W. befindet, an welcher ein Fahrplan befestigt ist. Für die Haltestelle E. ist um 06.18 Uhr, 06.50 Uhr, 07.22 Uhr, 14.30 Uhr, 17.42 Uhr und 18.57 Uhr sowie um 12.05 Uhr, 13.05 Uhr, 14.05 Uhr,
16.57 Uhr und 18.27 Uhr ein Bus eingetragen.
Dieser Aktenvermerk wurde der Vertreterin des Berufungswerbers zur Kenntnis gebracht und langte am 12.08.1996 eine diesbezügliche Stellungnahme ein, daß zum angegebenen Vorfallszeitpunkt die Haltestelle durch keinen Bus frequentiert werde.
Da bereits aufgrund der Aktenlage und der ergänzenden Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine öffentliche, mündliche Verhandlung gemäß § 51 e Abs 1 VStG unterbleiben.
Mit Anzeige des Gendarmeriepostens R. vom 20.11.1995 wurde dem Lenker des Fahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen GU SIMI 1 zur Last gelegt, am 20.11.1995, um 12.43 Uhr in der Bushaltestelle beim Gasthaus E., J. K. Straße Nr. 1, in Richtung Nordwesten stehend, das Halteverbot verletzt zu haben. Der Berufungswerber bestreitet auch nicht seinen PKW, Marke BMW zum genannten Zeitpunkt am genannten Ort abgestellt gehabt zu haben.
In rechtlicher Beurteilung des aktenmäßigen Sachverhaltes ergibt sich, daß gemäß § 24 Abs 1 lit e StVO das Halten und Parken im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels, das ist der Bereich innerhalb von 15 m vor und nach den Haltestellentafeln, während der Betriebszeiten des Massenbeförderungsmittels verboten ist. Es kommt hiebei auf die Betriebszeiten der betreffenden Linie eines Autobusses oder einer Straßenbahn an. Die Betriebszeiten sind aus den, bei den Haltestellen angeschlagenen Fahrplänen zu entnehmen. Werden nur einige wenige Kurse täglich geführt, dann gilt als Betriebszeit die sich aus dem Fahrplan ergebende Bedienungszeit unter Einbeziehung von kleineren Fahrplandifferenzen. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß etwa eine Viertelstunde vor und nach der fahrplanmäßigen Ankunft das Halteverbot gemäß § 24 Abs 1 lit e StVO gilt. Dies ergibt sich einerseits aus dem Bericht des Handelsausschusses über die Regierungsvorlage zur StVO-Novelle 1964, wonach das Halte- und Parkverbot eines Massenbeförderungsmittels auf die Betriebszeiten eingeschränkt wurde und andererseits aus der Änderung der 10. StVO-Novelle zu § 28 StVO, wonach auch ganz kurzzeitige Beeinträchtigungen des Verkehrs mit Schienenfahrzeugen verhindert werden sollten. Im Gegensatz dazu wurde § 24 Abs 1 lit e StVO keiner Änderung unterzogen, sodaß nach wie vor darauf abgestellt werden muß, ob aus dem Fahrplan zur betreffenden Zeit des Haltens eines Fahrzeuges im Bereich 15 m vor und nach der Haltestellentafel eine fahrplanmäßige Ankunft eines Autobusses erwartet wird.
Im vorliegenden Fall wurde das auf den Berufungswerber zugelassene Fahrzeug um 12.43 Uhr 2 m von der Haltestellentafel entfernt vor dem Gasthaus E., J. K. Straße Nr. 1, durch den Meldungsleger wahrgenommen. Ob das Fahrzeug längere Zeit in diesem Bereich verblieb, ist dem Akt nicht zu entnehmen und wurde dem Berufungswerber auch im gesamten Verfahren nicht zur Last gelegt. Die nächste fahrplanmäßige Ankunft ist an der Haltestellentafel um 13.05 Uhr ausgewiesen, also 22 Minuten nach dem Tatzeitpunkt, die vorhergehende Bedienungszeit der Haltestelle ist 12.05 Uhr, also 38 Minuten vor dem Betretungszeitpunkt. Daß täglich nur wenige Kurse auf dieser Strecke geführt werden, ergibt sich ebenfalls aus dem an der Haltestelle angeschlagenen Fahrplan. Der Berufungswerber hat
daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.
Festzuhalten wäre noch, daß zufolge des klaren Wortlautes des § 24 Abs 1 lit e StVO es für die Abgrenzung des Haltestellenbereiches, wie der VwGH bereits mehrmals ausgesprochen hat, nicht auf allfällige Bodenmarkierungen, sondern einzig und allein auf die Haltestellentafel ankommt. Es wäre daher zur Präzisierung des Tatvorwurfes gemäß § 44 a Z 1 VStG notwendig, in den Spruch des Straferkenntnisses die genaue Parkposition bezogen auf die Haltestellentafel aufzunehmen. Diesbezüglich wurde eine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Strafverfahren erster Instanz durch die Einvernahme des Zeugen Insp. N. gesetzt. Eine Verbesserung des Spruches erübrigte sich infolge der Behebung des Straferkenntnisses durch die erkennende Behörde.