Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Mag Obrist über die Berufung des Herrn , geboren am
wohnhaft in , vom 14 06 1996, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 07 06 1996, Zl 300-1084-1996, wegen Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit
der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Verwaltungsvorschrift nicht § 64 Abs 5 sondern § 64 Abs 1 Kraftfahrgesetz (KFG) 1967 zu zitieren ist.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 100,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 03 03 1996 gegen 20 15 Uhr an einer näher bezeichneten Stelle der B 65 einen PKW mit dem ungarischen Kennzeichen aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung gelenkt, obwohl seit der Begründung seines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich (19 07 1993) mehr als ein Jahr verstrichen sei und er auch nicht im Besitze einer Bestätigung im Sinne des § 79 Abs 3 KFG gewesen sei.
Wegen Übertretung des § 64 Abs 5 KFG wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden) verhängt.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bestreitet der Beschuldigte nicht, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Er entschuldigt sein Verhalten damit, nicht gewußt
zu haben, daß er eine Doppelwohnsitzbestätigung benötige. Er sei schon mehrmals kontrolliert worden und habe ihm dies niemand gesagt. Hätte er diese Rechtsvorschrift gekannt, hätte er schon füher - und nicht erst am 15 05 1996 - diese Bestätigung ausstellen lassen. Er ersucht, von der Strafe abzusehen.
Hierüber wurde folgendes erwogen:
Gemäß § 64 Abs 1 KFG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen
mit öffentlichem Verkehr nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.
Gemäß § 64 Abs 5 KFG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs 3 KFG bleibt demnach unberührt.
Nach der letztgenannten Bestimmung können Personen, die im Bundesgebiet ihren Hauptwohnsitz und in einem anderen Staat einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben, von einem von diesem Staat ausgestellten Zulassungsschein oder Führerschein im Bundesgebiet Gebrauch machen, wenn sie eine Bestätigung der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Hauptwohnsitz liegt, vorweisen, in dem das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes festgehalten wird. Solche Bestätigungen sind auf Antrag jeweils nur auf die Dauer eines Jahres auszustellen.
Aufgrund der Erhebungen der Behörde erster Instanz und den eigenen Angaben des Berufungswerbers steht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht fest, daß der Berufungswerber seit 19 07 1993 in
aufrecht
polizeilich gemeldet ist und er auch in Ungarn über einen Wohnsitz verfügt. Daß es sich bei der genannten Anschrift in Österreich um einen Hauptwohnsitz handelt, hat der Berufungswerber nie bestritten. Vorgelegt wurde außerdem eine mit 15 05 1996 datierte und von der Bezirkshauptmannschaft ausgestellte Doppelwohnsitz-Bestätigung, woraus sich das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes in Österreich ebenfalls ergibt. Auch gibt der Berufungswerber selbst an,
er hätte die Bestätigung schon früher beantragt und sei dies nur aus Unkenntnis der Rechtsvorschriften nicht erfolgt, weshalb vom Vorliegen eines Hauptwohnsitzes - auch für den hier maßgeblichen Zeitpunkt (03 03 1996) - ausgegangen werden kann. Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, daß sich dieses Erkenntnis vom Erkenntnis des UVS vom 23 09 1996, Zahl E 03/05/96038, insofern unterscheidet, da im
Anlaßfall der Hauptwohnsitz in Österreich erwiesen ist, während dies im zitierten Verfahren nicht der Fall ist.
Das gegenständliche Verfahren bezieht sich sohin auf einen vor der Ausstellung dieser Bestätigung liegenden Zeitpunkt. Der Berufungswerber rechtfertigt sich allein damit, die entsprechenden Rechtsvorschriften nicht gekannt zu haben. Dem ist folgendes zu entgegenen:
Nach § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben
ist. Selbst guter Glaube stellt den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen.
Gerade von einem Kraftfahrzeuglenker muß verlangt werden, daß er über
die Rechtsvorschriften, die er beim Lenken eines Kraftfahrzeuges zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten. Die Unkenntnis oder der Irrtum über Vorschriften, die ein lenkerberechtigter Kraftfahrer kennen muß, gehen grundsätzlich zu seinen Lasten (VwGH vom 19 12 1990, Zl 90/02/0051).
Dies hat auch für den Berufungswerber zu gelten, selbst wenn dieser ungarischer Staatsbürger ist. Er hatte zum Zeitpunkt der Beanstandung schon seit mehreren Jahren einen Wohnsitz in Österreich und wäre er verpflichtet gewesen, sich über die einschlägigen österreichischen Vorschriften zu informieren. Daß er bei vorangegangenen Führerscheinkontrollen nicht beanstandet wurde, vermag hieran nichts zu ändern. Der Berufung ist sohin kein Erfolg beschieden.
Zur Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift ist die Berufungsbehörde berechtigt. Dem Berufungswerber wurde damit kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt. Die Richtigstellung hat aus folgenden Gründen zu erfolgen:
Auf Grund einer ausländischen Lenkerberechtigung darf eine Person in Österreich ein Kraftfahrzeug nur lenken, wenn sie keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, sowie im ersten Jahr nach der Begründung
eines solchen Hauptwohnsitzes (§ 64 Abs 5 KFG), oder wenn sie im Bundesgebiet den Hauptwohnsitz und im Ausland einen Mittelpunkt ihrer
Lebensinteressen hat und eine behördliche Bestätigung über das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes vorweist (§ 79 Abs 3 KFG).
Hat jemand neben einem Wohnsitz im Ausland auch einen Hauptwohnsitz in Österreich, dann ist § 64 Abs 5 KFG nicht heranzuziehen (VwGH vom 30 10 1981, ZVR 1983/120). Diesfalls verstößt der Lenker, der mit einem Fahrzeug aufgrund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung
fährt, gegen § 64 Abs 1 KFG (VwGH vom 26 06 1996, Zl.96/03/0034).
Die
Zulässigkeit des Gebrauches eines ausländischen Führerscheines durch eine Person mit Doppelwohnsitz ist nach obiger Rechtslage davon abhängig, daß die erwähnte Bestätigung nach § 79 Abs 3 KFG vorgewiesen wird.
Daraus ergibt sich für den gegenständlichen Fall, in dem das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes im Sinne des § 79 Abs 3 KFG unstrittig ist, die entsprechende Bestätigung aber erst mit dem 15 05 1996 vorliegt, daß der Berufungswerber zur Tatzeit (03 03 1996)
ohne im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung zu sein, gefahren ist und er somit gegen § 64 Abs 1 KFG verstoßen hat.
Bemerkt wird außerdem, daß § 79 Abs 3 KFG als verletzte Rechtsvorschrift nicht in Frage kommt, da diese Bestimmung nicht ein bestimmtes Verhalten pönalisiert, sondern unter bestimmten Voraussetzungen den Gebrauch eines ausländischen Führerscheines gestattet (VwGH vom 25 03 1992, Zahl 91/02/0155).
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die erforderliche Berechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz.
Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen
und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen (Einkommen: S 8 000,--; Vermögen: keines; Sorgepflichten: keine).
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe als angemessen anzusehen und kommt ein Absehen von der Strafe nicht in Betracht.