Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn R. St., wohnhaft in St. M. b. G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 19.1.1996, GZ.: 15.1 1995/10419, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, als das die übertretene Rechtsvorschrift zu lauten hat: § 102 Abs 1 erster Satz KFG in Verbindung mit Artikel 3 Abs 1 EG-Verordnung 3821/85. Der Tatvorwurf wird dahin ergänzt, als dem Klammerausdruck (LKW) "höchstzulässiges Gesamtgewicht 5.600 kg" hinzugefügt wird. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 26.7.1995 um 12.00 Uhr in Graz, auf dem Verteilerkreis Webling, Richtung Ausfahrt A9, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen GU 2FBU (LKW) dieses gelenkt,
obwohl kein Kontrollgerät eingebaut war.
Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des Artikel 3 Abs 1 EG-Verordnung 3821/85 wurde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 1.000,--, bei deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt und als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der Betrag von S 100,-- vorgeschrieben.
Dagegen erhob der Berufungswerber rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, weil er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht zu verantworten habe. Die gegenständliche Rechtsvorschrift über das Kontrollgerät richte sich an den Zulassungsbesitzer. Als Fahrer habe er am Fahrzeug vor Inbetriebnahme eine technische Überprüfung vorzunehmen. Hinsichtlich des Kontrollgerätes sei er verpflichtet, gegebenenfalls ein Schaublatt einzulegen und den Fahrtenschreiber ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen. Die Beurteilung ob bzw. unter welchen Voraussetzungen das Kraftfahrzeug mit einem Fahrtschreiber auszurüsten sei, sei ihm als Fahrer nicht zumutbar. Bereits aus der Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz ginge hervor, daß die ihm nunmehr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung dem Zulassungsbesitzer vorzuhalten sei. Es wurde daher der Antrag gestellt, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und das Verfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Da der Berufungswerber lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht hat, für die Beurteilung der Rechtsfrage keine weitere Sachverhaltsaufnahmen erforderlich waren, konnte unter Verweis auf § 51 e Abs 2 VStG die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung entfallen.
Anhand der Aktenlage können folgende Feststellungen getroffen werden:
Der Berufungswerber lenkte am 26.7.1995, um 12.00 Uhr, in Graz 16, Verteilerkreis Webling, Abfahrt Plabutschtunnel - Südportal den LKW Fiat 50 NC, Baujahr 1976, höchstzulässiges Gesamtgewicht von
5.600 kg, der das Kennzeichen GU-2 FBU führte. Im LKW war kein Kontrollgerät im Sinne der einschlägigen EG-Verordnung 3821/85 eingebaut.
Die rechtliche Beurteilung ergibt folgendes:
Gemäß § 102 Abs 1 erster Satz KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. § 102 Abs 1 dritter Satz KFG in der Fassung nach der 15. KFG-Novelle haben Lenker von Lastkraftwagen und Sattelfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg dafür zu sorgen, daß der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und daß im Fahrtschreiber ein der EG-Verordnung 3821/85 entsprechendes,
ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist.
Artikel 3 Abs 1 der zitierten Verordnung sieht unter Verweis auf Artikel 4 und 14 Abs 1 der Verordnung Nr. 3820/85 unter anderem vor, daß bei Fahrzeugen über 3,5 Tonnen ein Kontrollgerät eingebaut und benutzt werden muß, die der Personen- oder Güterbeförderung dienen und in einem Mitgliedsstaat zugelassen sind. Bei der beanstandeten Fahrt lenkte der Berufungswerber ein Kraftfahrzeug, bei dem diese Voraussetzungen zutreffen. Zum Berufungsvorbringen selbst ist folgendes auszuführen: 1.) Die Verantwortung des Berufungswerbers, er sei hinsichtlich des Kontrollgerätes gegebenenfalls verpflichtet, ein Schaublatt einzulegen und den Fahrtenschreiber ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen, nicht aber sorgepflichtig dafür, daß sich ein Kontrollgerät im Fahrzeug befindet, so ändert dies nichts an der Strafbarkeit seines Lenkens. Es gibt zwar keine Bestimmung, die den Lenker eines fahrtenschreiberpflichtigen Kraftfahrzeuges verpflichtet, dafür zu sorgen, daß ein Kontrollgerät in den LKW eingebaut wird. Wohl aber ist gerade das Vorhandensein eines Fahrtenschreibers im LKW die Grundvoraussetzung dafür, daß der Lenker eines solchen Fahrzeuges seiner, ihm auferlegten Benützungspflicht des Fahrtenschreibers im Hinblick auf die Durchsetzung der bestehenden Sozialvorschriften im Straßenverkehr, insbesondere den gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten nachkommen kann. Daher ist auch der Lenker eines Fahrzeuges zu bestrafen, wenn er ein fahrtschreiberpflichtiges Fahrzeug in Betrieb nimmt, ohne daß ein entsprechendes Kontrollgerät eingebaut ist. Der verantwortliche Zulassungsbesitzer ist getrennt vom Lenker mit dem Hinweis auf die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 1 KFG zu bestrafen, die in Verbindung mit der Bestimmung des Artikel 3 Abs 1 der EG-Verordnung 3821/85 den Zulassungsbesitzer verpflichtet, für den Einbau des Fahrtschreibers zu sorgen.
2.) Bei der Frage der Zumutbarkeit der Überzeugungspflicht ist in erster Linie der Führerscheinlehrstoff heranzuziehen. Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber ein Kraftfahrzeug gelenkt, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3.500 kg überschritten hat. Das Lenken eines solchen Fahrzeuges setzt voraus, daß der Berufungswerber über eine Lenkerberechtigung verfügt, die die Fahrzeuggruppe C umfaßt. Vor diesem Hintergrund ist es dem Berufungswerber jedenfalls zumutbar, daß er diese elementaren Bestimmungen des Kraftfahrrechtes und der anzuwendenden EG-Verordnungen kennt, zumal dieses Wissen nicht nur in Zusammenhang mit dem Erwerb einer Lenkerberechtigung vermittelt wird, sondern auch Gegenstand verkehrspolitischer Diskussionen ist.
Weshalb es dem Berufungswerber als Inhaber eines "C-Führerscheines" nicht zuzumuten sei, daß er über die Fahrtschreiberpflicht Bescheid weiß und entsprechend dieses Wissens das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug auf die Ausrüstungsvorschrift hin überprüft, wird vom Berufungswerber überhaupt nicht thematisiert.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat.
Zur Strafbemessung ist auszuführen:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Ziel der vom Berufungswerber übertretenen Bestimmungen ist es unter anderem, wie schon erwähnt, die bestehenden Sozialvorschriften im Straßenverkehr, insbesondere die gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten zu überprüfen. Dies setzt voraus, daß Aufzeichnungen über den Einsatz eines jeden Fahrers in genauer und leicht ablesbarer Form vorliegen. Dadurch, daß der Berufungswerber einen fahrtschreiberpflichtigen LKW ohne einem eingebauten Kontrollgerät in Betrieb genommen hat, gibt es überhaupt keine Aufzeichnungen, die eine wirksame Überprüfung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen, deren Nichteinhaltung mit hohen Geldstrafen sanktioniert ist, ermöglichen würde.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Im Sinne dieser Gesetzesbestimmung wurden als erschwerend nichts, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Selbst unter Einbezug des Milderungsgrundes erscheint die verhängte Strafe im Hinblick auf den objektiven Unrechtsgehalt der Tat und ihren schon dargelegten nachteiligen Folgen gerechtfertigt und auch schuldangemessen. Jedem Kraftfahrer ist es zuzumuten, die Vorschriften, die seinen beruflichen Alltag bestimmen, zu kennen.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers (laut seinen Angaben ledig, Student, kein Vermögen, kein eigenes Einkommen) sind nicht geeignet, die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sie sich ohnehin schon im untersten Bereich des Strafrahmens (hier bis zu S 30.000,--) befindet und die Strafe grundsätzlich einen spürbaren Nachteil darstellen soll, um der neuerlichen Begehung derartiger Übertretungen wirksam vorzubeugen zu können.
Der Berufungswerber hat jedoch die Möglichkeit, wenn ihm aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, bei der belangten Behörde einen Antrag auf einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung gemäß § 54 b Abs 3 VStG zu stellen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.