Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Kurzmann über die Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG des Herrn Kemal B, vertreten durch die RAe, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung, am 3.10.1996 entschieden:
Der Beschwerdeführer wurde dadurch, daß er nach seiner Festnahme am 1.8.1994, 04.05 Uhr, um 8.00 Uhr desselben Tages aus dem Arrest des Bezirkspolizeikommissariates Ottakring, W-gasse, durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien in bloßer Unterwäsche und ohne Schuhe entlassen und aus dem Kommissariat gewiesen wurde, in seinem Recht unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person behandelt zu werden, verletzt. Diesbezüglich wird der Beschwerde gemäß § 67c Abs 4 AVG Folge gegeben. Soweit sich die Beschwerde darüberhinaus gegen die Anwendung von Körperkraft gegen den Beschwerdeführer bei der Festnahme sowie gegen die Dauer seiner an die Festnahme anschließenden Anhaltung richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 79a AVG hat der Bund (Rechtsträger der belangten Behörde) dem Beschwerdeführer Kosten in der Höhe von S 18.980,-- (Achtzehntausendneunhundertachtzig) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung:
In seiner Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer, der Unabhängige Verwaltungssenat Wien möge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung kostenpflichtig feststellen, "daß der Beschwerdeführer dadurch, daß er von Organen der Bundespolizeidirektion Wien am 1.8.1994, um etwa 4.00 Uhr, festgenommen und bis etwa 8.00 Uhr angehalten wurde, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit gemäß Art 5 MRK und Art 1 PersFrG, sowie dadurch, daß der Beschwerdeführer im Zuge der Festnahme durch brutale Behandlung, durch Schläge und durch Fußtritte mißhandelt wurde gemäß, Art 3 MRK in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt wurde".
In der Verhandlung zu einem parallel anhängigen Verfahren vom 28.3.1995 (Beschwerdesache Murat B zur Zl UVS-02/31/81/94) präzisierte der Vertreter des Beschwerdeführers den Beschwerdeumfang im Hinblick auf die Verletzung des Rechtes auf persönliche Freiheit insofern, als er ausführte, daß er sich ausdrücklich nicht durch die Festnahme an sich beschwert erachtet, bekämpft werde aber die Dauer der Anhaltung, ab dem Zeitpunkt der Gegenüberstellung des Tatverdächtigen mit dem Tatzeugen im Kommissariat Ottakring, bis zur Entlassung um 8.00 Uhr. Diese Präzisierung des Beschwerdepunktes wurde auch dem gegenständlichen gleichgelagerten Verfahren zugrundegelegt.
Im Beschwerdeschriftsatz führt der Beschwerdeführer begründend aus, der Vorfall habe sich am 1.8.1994, ab etwa 4.00 Uhr morgens, ereignet. Der Beschwerdeführer fühle sich durch das Vorgehen von Exekutivbeamten und durch die ihm widerfahrende Behandlung im Zuge eines Polizeieinsatzes auf der Tankstelle F-straße, Wien, beschwert. Der Beschwerdeführer sei mit seinem Bruder Murat zur Durchführung von Vorbereitungsarbeiten zur Eröffnung einer weiteren Tankstelle in der P-Straße, in den Büroräumlichkeiten der Tankstelle F-straße geblieben und habe dort genächtigt. Gegen 4.00 Uhr morgens sei diese Tankstelle von einem Einsatzkommando der Polizei umstellt worden. Es sei eine hintere Türe aufgebrochen und eine Glasscheibe eines Fensters eingedrückt worden. Der Beschwerdeführer sei aus den Räumlichkeiten der Tankstelle herausgezerrt, gröblichst behandelt und auch geschlagen worden. Aufgrund des massiven Polizeieinsatzes, welcher überwiegend von maskierten Beamten durchgeführt worden sei, sowie durch die allgemeine Lärmentwicklung und durch die Schreie des Beschwerdeführers und seines Bruders, seien zahlreiche Anrainer aus dem Schlaf geweckt worden und hätten die Vorfälle unmittelbar von ihren Fenstern und Balkonen aus beobachten können. Der Beschwerdeführer sei traktiert, zu Boden gestoßen, am Boden liegend geschlagen, teilweise durch Einsatz von Gummiknüppeln und mit Stiefeln getreten worden.
Aufgrund der Schläge habe der Beschwerdeführer geschrien und gefleht aufzuhören. Der Beschwerdeführer und sein Bruder seien in weiterer Folge mit Handschellen gefesselt und zum Kommissariat Wien 16 verbracht worden. Dem Beschwerdeführer sei zuvor nicht gestattet worden sich anzukleiden. Er sei schließlich lediglich in Unterwäsche gekleidet und ohne Schuhe sowie an verschiedenen Stellen blutend und geschwollen um 8.00 Uhr morgens auf die Straße entlassen worden. Bei einer ambulanten Behandlung im AUKH Meidling seien Prellungen im Schultergelenk, sowie Abschürfungen an Unterarm und Knien diagnostiziert worden. Wiewohl es den Exekutivorganen - so die Beschwerde weiter - zuzugestehen sei, daß sie bei Annahme des Verborgenhaltens eines mutmaßlich Verdächtigen in den Räumlichkeiten der Tankstelle entsprechende gerichtlich befohlene Durchsuchungsmaßnahmen treffen, so sei es dennoch durch nichts gerechtfertigt, in der stattgefundenen brutalen Form gegen den Beschwerdeführer vorzugehen. Es sei darauf hingewiesen, daß sich im Zuge der weiteren polizeilichen Ermittlungen erwiesen habe, daß weder der Beschwerdeführer noch sein Bruder Murat B mit dem eigentlichen Anlaßfall für die Amtshandlung des Einsatzkommandos auch nur das geringste zu tun gehabt hätten. Angesichts der Umstände hätte mit Sicherheit eine Anhaltung des Beschwerdeführers mit möglichster Schonung der Person und unter Achtung der Menschenwürde zur Bekräftigung oder Entkräftigung der Verdachtsmomente ausgereicht. Es hätte jedes Schlagen und auch jede Form grober Behandlung unterbleiben können und müssen und sei es durch nichts gerechtfertigt, den Beschwerdeführer vor der Überführung ins Kommissariat nicht ankleiden zu lassen, kein Geld mitnehmen zu lassen und keine Hilfestellung für einen menschenwürdigen Rückweg vom Kommissariat zu leisten. Es sei insbesondere auch nicht dieses Ausmaß der Gewaltanwendung erforderlich gewesen, um etwa eine allenfalls befürchtete "Flucht" zu verhindern. Allein die beträchtliche Zahl der anwesenden Exekutivbeamten - es dürften etwa an die 30 gewesen sein -, die zuvor vorgenommene Umstellung des Tankstellengeländes und die Überraschung des Beschwerdeführers im Schlaf, hätten jede allenfalls denkbare Fluchtsituation ausschließen lassen. Den eingeschrittenen Beamten sei es darum gegangen, den Beschwerdeführer zu mißhandeln und die Integrität und Unverletzlichkeit seiner Person und dessen Gesundheit zu mißachten und dessen Realitätswahrnehmung bewußt zu verzerren und ihn so zu einem allfälligen Geständnis zu bringen. Diese Vorgangsweise sei verpönt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig teilweise ab- bzw zurückzuweisen.
In der Beschwerdesache Murat B zu UVS-02/31/81/94, (Parallelverfahren) führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 28.3., 6.11. und 7.11.1995, jeweils im Beisein der Vertreter beider Parteien, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer einvernommen und die Zeugen Kemal B (im gegenständlichen Verfahren der Beschwerdeführer selbst), Ingrid D, Martina N, Johann R, Andrea S (alle Augenzeugen, Bewohner des gegenüberliegenden Wohnhauses), sowie die Polizeibeamten Insp Andreas Rö, Insp Michael Sa, RevI Richard Bi 2., RevI He, Insp Ka, RevI Kn, Insp Kö, RevI Ha, Insp Christian Fa, BezI Ga, RevI Ki, RevI Lu und BezI Hr einvernommen wurden. Weiters wurde am 29.3.1995 ein Ortsaugenschein bei der Tankstelle in der F-straße durchgeführt (Aktenseite 70 bis 73).
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Am 1.8.1994, nach 1.00 Uhr, riefen unbeteiligte Augenzeugen im 15. Bezirk die Polizei um Intervention und schilderten den Beamten folgenden von ihnen beobachteten Vorfall:
"Am 1.8.1994, um 1.05 Uhr, fuhren wir mit unserem PKW in Wien, C-Gasse, Richtung G-gasse. Dabei sahen wir in Höhe ONr 20 ein Taxi auf der Fahrbahn stehen. Daneben war ein roter Golf mit dem KZ W-Ce angehalten, und der Taxilenker sprach bzw stritt mit dem Lenker des roten Golfs. Wir sahen wie der Lenker des Golf auf den Taxilenker einschlug. Bevor wir etwas machen konnten, fuhr der Golf plötzlich los und schleifte den Taxilenker mit. Dieser hing auf der Beifahrerseite fest. Der Golf fuhr anschließend in die H-gasse, Richtung T-straße und bog dann in die K-straße ein. In Wien, K-straße - P-gasse hatte der Golf Rotlicht und hielt an. Gleichzeitig sprang der Lenker aus dem Fahrzeug und lief um die Motorhaube herum zur Beifahrerseite. Der Lenker schlug anschließend mit einem Schlagstock auf den Taxilenker ein. Wir konnten dem Golflenker den Stock entreißen und dieser fuhr anschließend davon. Wir haben sie und die Rettung sofort verständigt. Sonst können wir keine Angaben machen."
Die Beamten fanden den schwerverletzten Taxilenker sowie einen 60 cm langen abgesägten Billiardstock, welcher als Schlagstock benutzt worden war, auf und veranlaßten unter anderem eine Sofortfahndung nach dem Lenker des roten Golfs an der Zulassungsadresse. Im Zuge der Erhebungen an der Zulassungsadresse erfuhren die Beamten des Bezirkskommissariates Floridsdorf, daß sich der Zulassungsbesitzer des roten Golfs, Cevat Bi, in Wien, F-straße, in der dort befindlichen Tankstelle der Firma "E" aufhalten solle, der diese immer in den Morgenstunden aufsperre. Weiters wurde dem Beamten mitgeteilt, daß der Betreffende über umfangreiche Kenntnisse in einer asiatischen Kampfsportart verfüge. Um etwa 2.30 Uhr begaben sich Beamte des Bezirkspolizeikommissariates Floridsdorf zur Tankstelle in der F-straße und fanden den gefahndeten roten VW-Golf vor, der auf der linken Seite massive Blutspuren, sowie am Dach Hand- und Fingerabdruckspuren aufwies. Weiters wurde festgestellt, daß die Motorhaube des Fahrzeuges noch warm war.
Durch die Auslagenscheibe der Tankstelle sahen die Beamten ein Hemd über einen Sessel gelegt und Schuhe vor diesem Sessel sowie einen am Schreibtisch befindlichen Schlüsselbund, welcher offensichtlich zur Tankstelle gehörte. Die Beamten gingen daher davon aus, daß sich die gefahndete Person im Inneren des Tankstellenhäuschens befand. Trotz deutlicher Klopfzeichen und Zurufens ("Polizei, bitte öffnen") öffnete vorerst niemand. Gegen 3.10 Uhr wurde ein gerichtlicher Haftbefehl gegen den Zulassungsbesitzer Bi Cevat sowie unter anderem ein gerichtlicher Befehl zur Durchsuchung der Tankstelle F-straße erteilt. Aus diesem Grund wurden Kräfte der Wiener Einsatzgruppe - Alarmabteilung, zur Öffnung des Objektes angefordert. Nach deren Eintreffen, um etwa 4.00 Uhr, öffneten diese Beamten auf der Hinterseite des Gebäudes gewaltsam eine Türe, woraufhin der Beschwerdeführer und sein Bruder Murat B - offenkundig gerade aus dem Schlaf gerissen - aus einem weiter hinten gelegenen Raum zur Vordertüre des Tankstellenhäuschen kamen und diese von sich aus öffneten. Die zwei Männer wurden rasch durch Stoßen ins Freie befördert, vor dem Häuschen neben den Zapfsäulen mit den Körpern zu Boden gedrückt und zwar mit dem Gesicht nach unten und es wurde ihnen mit den Händen auf dem Rücken Handfesseln angelegt. Etwa gleichzeitig versuchte der im Nebenraum befindliche Cevat Bi sich in einem Reifenlager zu verstecken. Auch dieser wurde vor die Tankstelle gebracht und dort festgehalten. Da die von den Augenzeugen des Vorfalles im 15./16. Bezirk abgegebene Personsbeschreibung des Täters auf jeden der drei Männer hätte zutreffen können, wurden alle drei - somit auch der Beschwerdeführer - festgenommen, um mittels angefordertem Arrestantenwagen in das Kommissariat Ottakring überstellt zu werden.
Vor dem Abtransport versuchten die Beamten noch durch Gespräche, unter anderem mit dem Beschwerdeführer, dessen Identität festzustellen, was einige Zeit (höchstens 25 Minuten) in Anspruch genommen hatte.
Bei der Festnahme entstanden Verletzungen am Körper des Beschwerdeführers.
Bei der Überstellung in das Kommissariat trug der Beschwerdeführer lediglich Unterwäsche und hatte keine Schuhe an. Zu dem Ersuchen, Schuhe und Bekleidung anziehen zu dürfen, äußersten die einschreitenden Beamten sinngemäß, daß dies deshalb nicht notwendig sei, weil die Betreffenden ohnedies unmittelbar nach der Gegenüberstellung mit dem Augenzeugen wieder zur Tankstelle zurückgebracht werden würden.
Um etwa 5.10 Uhr wurde Cevat Bi dem Augenzeugen im Kommissariat Ottakring gegenübergestellt und als Tatverdächtiger wiedererkannt. Die niederschriftliche Einvernahme des Augenzeugen begann um 5.50 Uhr und dauerte etwa eine Stunde. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Konzeptsbeamten sowie dem die Amtshandlung leitenden Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Floridsdorf, der zu diesem Zeitpunkt noch mit der Verfassung der Meldung beschäftigt war, wurde der Beschwerdeführer um 8.00 Uhr, des 1.8.1994, aus der Haft entlassen und zwar in jenem bekleidungsmäßigen Zustand, in dem er festgenommen worden war.
Die Feststellungen über die den Beamten zugekommenen Informationen über den Vorfall im 15./16. Bezirk, sowie die Gefährlichkeit des gefahndeten Täters, stützen sich auf den insofern unbedenklichen Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes (Anzeige, RevI Richard Fischer 3. - Bezirkspolizeikommissariat Ottakring, Blatt 4 bis 7; Festnahmemeldung, RevI Richard Bi 2. - Bezirkspolizeikommissariat Floridsdorf vom 1.8.1994, Blatt 9 bis 16; sowie die Meldung des die Wegakräfte leitenden Beamten, BezI Andreas Hr, vom 1.8.1994, Blatt 17 bis 19).
In gegenständlicher Beschwerdesache (Kemal B) wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 5.8.1996, fortgesetzt am 29.8.1996 und am 3.10.1996, durchgeführt und hiezu der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, der Beschwerdeführer selbst, der Vertreter der Behörde sowie Murat B, Amalia Ho, Gustav Ho, Ingrid D, Martina N, Johann R, Andrea S, AbI Georg Ki, RevI Walter Le und Insp Franz Og geladen, wobei zur ersten Verhandlung der Beschwerdeführer selbst nicht erschienen war, sowie die Zeuginnen D infolge einer Operation und Andrea S aufgrund eines Urlaubs an ihrem Erscheinen verhindert waren. Der Beschwerdeführer selbst wurde in der Verhandlung vom 3.10.1996 einvernommen und auf die Einvernahme der letztgenannten Zeuginnen konnte aufgrund des bisher vorliegenden Verhandlungsergebnisses verzichtet werden. Bereits vor der Verhandlung am 29.8.1996 gab der Vertreter des Beschwerdeführers auf Anfrage bekannt, daß er auch aufgrund der inzwischen ergangenen Entscheidung im Parallelverfahren zu UVS-02/31/81/94 die Beschwerde in vollem Umfang aufrecht erhalte, er verzichte jedoch auf neuerliche Durchführung des Beweisverfahrens und erklärte sich einverstanden mit der Verlesung der Verhandlungsprotokolle aus dem Parallelverfahren, in der Beschwerdesache Murat B. Diesbezüglich erklärte auch die belangte Behörde ihr Einverständnis.
Der Beschwerdeführer Murat B gab in seinem Beschwerdeverfahren zu UVS-02/31/81/94 über die Art seiner Behandlung im wesentlichen folgendes an:
"Es kamen dann Beamte hinein, ich stand hinter meinem Bruder und sie brachten uns durch Stoßen und Schlagen hinaus in den Hof. Ich wurde dann auf den Boden gelegt, die Beine gespreizt und die Handschellen am Rücken angelegt. Die Beamten drückten dann mit ihrem Fuß einerseits meine Beine hinunter, andererseits auf die Schulter. Ich habe zwar geschrien, aber bewegen konnte ich mich gar nicht.
Mit mir waren drei Beamte beschäftigt. Einer der Beamten fragte mich dann nach meinem Ausweis, und ich erklärte ihm, daß dieser in meiner Hose drinnen in der Tankstelle sei. Ich selbst hatte nur eine Unterhose und ein Leiberl an. Ich bot an mitzukommen, doch drückte mich der Beamte am Boden nieder und ging allein hinein. Der Beamte kam dann mit meinem Ausweis heraus und fragte nach, ob die Angaben stimmen. Es handelte sich um meinen Meldezettel und eine Versicherungskarte von der Krankenkasse. Einen Lichtbildausweis hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht, aber befand sich mein türkischer Reisepaß in der Jacke in der Tankstelle. Diese Jacke hing neben der Hose. Daß der Paß in meiner Jacke ist, habe ich dem Beamten schon bevor er hineingegangen ist mitgeteilt, er ließ mich aber nicht mitkommen und hat ihn offenbar nicht gefunden. Mein Bruder und ich wurden dann in einen Polizeibus gebracht und ich habe ersucht, mein Gewand holen zu dürfen. Man erklärte mir, daß ich dies nicht bräuchte.
...
Meine Brust war rot, mein Knie schmerzte. Das kam vom Niederdrücken auf die Betonfläche in der Tankstelle. Weiters taten meine Arme und Schulter weh, das kam vom festen Draufdrücken und vom Schließen der Handschellen.
Schläge in den Bauch habe ich auch bekommen und zwar unmittelbar nach dem Eindringen der Beamten in die Tankstelle. Draußen bekam ich keine Schläge mehr, aber ein Beamter drückte mir die Taschenlampe auf den Kopf, sodaß ich den Kopf nicht drehen konnte. Tritte habe ich nicht bekommen, aber ich wurde mit den Füßen zu Boden gedrückt.
Wenn ich gefragt werde, ob ich mit dem Gummiknüppel geschlagen wurde, so kann ich das nicht angeben. Ich hatte aber viel Angst. Bei unserer Entlassung habe ich im Kommissariat Ottakring nach meiner Kleidung gefragt, dort hat man aber erklärt, daß ich keine mitgebracht hätte und sie daher die Kleidung nichts anginge. Ich trug eine kurze Unterhose, es handelte sich um keine Boxershort, sie war deutlich als Unterhose erkennbar. Oben trug ich ein normales Unterleibchen.
Als wir am Boden lagen, ersuchten wir, uns nicht so fest niederzudrücken und die Handschellen zu lockern; wir wurden aber nur forsch aufgefordert ruhig zu sein und auch beschimpft. Die Handschellen wurden mir draußen unmittelbar nachdem ich am Boden lag angelegt; dies hinten am Rücken.
Mein ganzes Gewand war in der Tankstelle deutlich sichtbar auf einem Nagel aufgehängt, es handelte sich um Hose, Jacke und Sportschuhe."
In diesem Verfahren gab der nunmehrige Beschwerdeführer Kemal B als Zeuge vernommen hinsichtlich der Wahrnehmungen zur Amtshandlung gegen seinen Bruder an:
"Gesehen habe ich nichts, weil ich die Hände über dem Gesicht hatte, ich habe ihn aber schreien gehört und er hat mehrmals geschrien, es tue ihm weh. Nach der Festnahme hat mein Bruder gleich ausgeschaut wie ich, nämlich blutige Knie und ganz schwarz am Bauch, das war vom Tankstellenboden."
In der Verhandlung, die den Bruder Murat B betraf, hat der Beschwerdeführer Kemal B weiters ausgeführt:
"Um etwa 03.30 Uhr, den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht, hat mich der Beschwerdeführer geweckt und wir haben draußen laute Stimmen gehört, sinngemäß wurde geäußert, "Warum machen die Tschuschen nicht auf". Wir wußten nicht, was los ist. Von draußen sieht man nicht in den Raum, in dem wir schliefen. Wir gingen dann in den vorderen Raum zur Tür. In diesen Raum sieht man hinein und es ist dort immer eine Notbeleuchtung. Es waren dort davor zahlreiche Polizisten aufgestellt, und zwar hatten sie Maschinenpistolen im Anschlag. Einige davon hatten Masken und andere Uniformen, andere hatten nur normale grüne Uniformen.
Über deren Aufforderung öffnete ich sofort die Türe und gab meine Hände über den Kopf, es kamen mehrere Beamte auf mich zu, ich wurde hinausgebracht und auf den Boden gestoßen. Hinaus bin ich durch Schläge und Stoßen gelangt, in die Seite und in den Rücken; ich habe nur den Kopf schützen können. Draußen bin ich auf dem Boden mit dem Gesicht nach unten gelegt worden und die Arme nach hinten gezogen und hinten Handschellen angelegt worden. Immer wenn ich gefragt habe, was los sei, hat man mich beschimpft und mir keine Antwort gegeben. Immer wenn ich gefragt habe, habe ich eine bekommen, entweder mit dem Fuß oder der Hand und wurde geäußert, ich solle ruhig sein. Ich bin nicht nur niedergedrückt, sondern auch geohrfeigt worden. Auch auf meinen Einwand, es tue weh, hat man so reagiert und mir gegenüber sogar geäußert, "es tut Dir nicht weh, es macht Dir Spaß" und man hat mich beschimpft. Von hinten hat man dann Cevat Bi gebracht, wo genau er war weiß ich nicht. Dieser hat den Beamten gegenüber geäußert, daß mein Bruder und ich mit der Sache nichts zu tun hätten, daß er es alleine war. Einer der Beamten hat dann die Maske abgenommen und mich nach meinen Namen gefragt. Ich habe ihm meinen Namen gesagt und auch darauf hingewiesen, daß mein Reisepaß im Büro, in der zweiten Schublade des Schreibtisches liege. Ein Beamter ist auf mir gekniet und hat irgendetwas mit den Handschellen gemacht, jedenfalls hat es mir sehr weh getan. Ich habe daher auch geschrien, sodaß die Bewohner der umliegenden Häuser aufmerksam geworden sind und beim Balkon und Fenster heruntergeschaut haben. Inzwischen war auch Cevat auf den Boden gelegt worden und wurde sein Reisepaß kontrolliert. Dieser wurde dann in das Polizeifahrzeug gebracht und wir lagen noch immer am Boden. In der Zwischenzeit hat man auch meinen Paß geholt und mich nach den Daten gefragt, wann ich geboren bin und so. Diese Daten wurden von einem ursprünglich maskierten Beamten überprüft und der Paß dann wieder zurückgelegt. Er wurde nicht aufs Kommissariat mitgegeben.
Ein anderer Beamter kam dann mit der Geldtasche von der Tankstelle und fragte mich, wem die gehört und wieviel Geld drinnen ist. Ich wollte schon von der Tankstelle aus den Chef anrufen (mein Bruder), das ließ man aber nicht zu, mit der Begründung, daß wir ohnedies gleich wieder zurückkommen. Da ich mehrmals ersuchte, ließ man mich dann schließlich von der Tankstelle aus telefonieren, ich habe meinen Bruder aber nicht erreicht. Über meine Bitte Schuhe anziehen zu dürfen hat man mir gegenüber geäußert, ich käme sowieso in Kürze wieder zurück zur Tankstelle, "wir bringen euch sowieso mit dem Bus wieder her, es wird nicht lange dauern". Auch durften wir trotz Ersuchens unsere Kleidung nicht anziehen. Meine Kleidung wäre in unmittelbarer Nähe gewesen. Dazu äußerte man aber ebenfalls dasselbe.
Ich trug damals eine Unterhose und zwar glaube ich eine dunkelblaue Boxershort; oben trug ich ein Unterleiberl mit Träger und zwar glaube ich ein rotes. Es war meiner Ansicht nach als Unterwäsche erkennbar.
Mein Bruder trug eine ganz normale Unterhose und ein Unterleiberl, Schuhe trugen wir beide keine. In diesem Zustand hat man uns in den Bus und ins Kommissariat gebracht. Dort wurden wir in Einzelzellen gesperrt und uns vorher der Schmuck abgenommen. Ich habe ersucht, noch einmal telefonieren zu dürfen, was mir aber nicht gestattet wurde. Dort bin ich dann bis in der Früh in der Zelle geblieben und bis in der Früh nicht einvernommen worden. Es dürfte ca zwei bis drei Stunden später gewesen sein, als ich aus der Zelle kam. Ich sah schmutzig und verschmiert aus, die Knie bluteten. In der Früh war dann ein junger Polizist im Kommissariat, dieser hat mich dann über mein Ersuchen telefonieren lassen, allerdings habe ich wieder niemanden erreicht. Was in der Zwischenzeit mit meinem Bruder Murat passierte, weiß ich nicht.
Ich mußte dann nocheinmal in die Zelle. Als wir in der Früh entlassen wurden, sagte man uns, daß wir nun frei wären. Über Vorhalt, daß wir in der Unterwäsche nicht nach Hause gehen könnten und daß man uns in der Nacht gesagt hätte, wir würden wieder zurückgebracht werden, äußerte man sinngemäß "Das geht uns nichts an, Sie können jetzt gehen".
Wenn ich gefragt werde, ob ich Wahrnehmungen über die Festnahme des Beschwerdeführers habe: Gesehen habe ich nichts, weil ich die Hände über dem Gesicht hatte, ich habe ihn aber schreien gehört und er hat mehrmals geschrien, es tue ihm weh. Nach der Festnahme hat mein Bruder gleich ausgeschaut wie ich, nämlich blutige Knie und ganz schwarz am Bauch, das war vom Tankstellenboden. Wir wollten dann mit dem Taxi fahren, es blieb wegen unseres Aussehens erst das dritte überhaupt stehen und dieses führte uns dann zur Tankstelle, wir hatten ja kein Geld dabei. Diese war aber zugesperrt. Daraufhin sind wir über unseren Wunsch ins Kommissariat Floridsdorf gefahren, weil wir dachten, dort wären Schlüssel und Geldtasche. Nach Schilderung des Vorfalls verlangten wir den Amtsarzt, dieser hat unsere Verletzungen (ich hatte am Kopf Abschürfungen und am Rücken Schmerzen, weiters die Knie) angeschaut, darüber gibt es auch Aufzeichnungen. Weiters wurde uns mitgeteilt, daß Schlüssel und Geldtasche bereits von meinem Bruder Hamza abgeholt worden seien und dann hat man uns zur Tankstelle gefahren.
Wenn ich gefragt werde, ob die Polizisten auch im hinteren Raum wo wir geschlafen haben waren: Ja, sie waren dann überall. Mein Gewand war auf einem Haken außen auf dem Kasten aufgehängt. Im Kommissariat Ottakring fand keine Einvernahme statt. Wir mußten nur quittieren, daß wir unseren Schmuck zurückbekommen haben. Ich habe mich deshalb vor meiner Fahrt ins Kommissariat Floridsdorf nicht angezogen, weil die Tankstelle zugesperrt war, wir nahmen an, daß die Schlüsseln und die Brieftasche im Kommissariat Floridsdorf sein würden.
Daß mein Bruder Hamza aufs Kommissariat Ottakring gekommen sein soll, wurde uns dort nicht mitgeteilt.
Wie der dritte Mann, Cevat Bi, vorher in die Tankstelle hineingekommen ist, wußte ich damals nicht. Heute ist mir bekannt, daß er offenbar über die Werkstatt hineingekommen ist. An diesem Abend habe ich ihn erstmals gesehen, als ich am Boden lag und er von hinten gebracht wurde.
Damals wohnte ich im 3. Bezirk mit anderen Leuten zusammen. Wenn ich gefragt werde, warum ich von der Tankstelle aus nicht diese Freunde angerufen habe, wo ich doch meinen Bruder nicht erreicht hatte: Ich war noch mit Handschellen gefesselt und hatte gerade nur erreicht einmal probieren zu dürfen. Ich habe zwar gefragt, ob ich noch einmal meine Freunde zu erreichen probieren dürfe, man hat mir gegenüber aber geäußert: "Wofür, Du kommst eh gleich zurück".
Vom Kommissariat Ottakring aus habe ich sowohl meinen Bruder Hamza, als auch meine Freundin versucht zu erreichen, die waren aber beide wegen mir unterwegs und ich konnte sie nicht erreichen. Ich habe an verschiedenen Anschlüssen versucht. Sonst habe ich bei niemanden angerufen.
Der Cevat Bi war noch Angestellter des Vorpächters und wir haben mit ihm noch zusammengearbeitet. Zum Zeitpunkt des Vorfalls war er dort nicht mehr beschäftigt."
Demnach hat der Beschwerdeführer selbst ausgeführt nicht getreten worden zu sein. Derartige Angaben wurden auch von keinen der einvernommenen Beamten gemacht. Der Angabe des Beschwerdeführers, er wäre mit den Füßen zu Boden gedrückt worden, wird nicht gefolgt, da er aufgrund seiner Stellung (Gesicht zum Boden) überhaupt nicht sehen konnte (er konnte seinen Kopf seinen eigenen Angaben nach nicht drehen).
Demgegenüber wird der Zeugin Martina N, die ausführte, daß die Beamten mit etwa 40 cm langen Prügel auf die betreffenden eingeschlagen hätten, nicht gefolgt, hatte derlei nichteinmal der Beschwerdeführer bzw sein Bruder behauptet. Auch geht sowohl aus der Aussage des Beschwerdeführers wie auch jener seines Bruders hervor, daß es ein Gespräch zwischen den Beamten und den Festgenommenen hinsichtlich ihrer Identität gegeben hat, sodaß es völlig unwahrscheinlich ist, daß auf die Festgenommenen mit Schlagstöcken (oder mit Gummiknüppeln) eingeschlagen worden ist, zumal damit eine Kommunikation ausgeschlossen gewesen wäre. Auch die Zeugin D gab in dieser Verhandlung an, die - entgegen dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers - ausführte, auf die am Boden Liegenden sei mit den Füßen hineingetreten worden, relativierte diese Aussage insofern, als sie ausführte "wohin genau mit dem Fuß geschlagen wurde, kann ich aufgrund der Dunkelheit nicht angeben, ich weiß auch nicht, ob er mit dem Fuß getroffen hat. Es war ein "Kuddelmuddel" und es waren mindestens 15 Polizisten dort". Auch führte diese Zeugin aus, daß sie nicht gesehen hätte, daß die Festgenommenen geschlagen worden wären. In dieser Verhandlung gab der Zeuge Johann R an, "nicht direkt gesehen zu haben, was mit der liegenden Person geschehen ist, ich nehme aber an, daß man ihn geschlagen hat, sonst hätte er ja nicht geschrien. Ich hörte "Bitte nicht" schreien, das war ganz laut. Wenn ich gefragt werde, ob ich gesehen habe, daß man auf die Personen eingeschlagen oder eingetreten hat: Das kann man schwer sagen, weil es zu finster war, ausschließen kann ich es wegen der Schreie aber nicht".
Dieser Zeuge gab an, daß er davon ausging, daß die Schreie von dem ihm bekannten Beschwerdeführer ausgingen. Er hat auch nur eine Person auf dem Tankstellenboden liegen gesehen, was von dem von den Parteien bestrittenen Sachverhalt abweicht. Auch bei diesem Zeugen handle es sich somit um reine Spekulationen über den Grund der Schreie eines der festgenommenen Personen, nicht aber um tatsächliche Wahrnehmungen über die Behandlung dieser Personen. Völlig spekulativ wirkte auch die Aussage der einvernommenen Zeugin S, die ausführte, eine Person am Boden liegen gesehen zu haben. Zur Behandlung dieser Person führte sie aus: "Ich sah, daß diese Person geschlagen wurde, und zwar hat ein uniformierter Beamter mit einem Eisenstock oder ähnlichem ausgeholt und hinuntergeschlagen, davon kamen die Schmerzensschreie. Daß es aus Eisen war, habe ich gehört, weil es hinuntergefallen ist....". Auch derlei ist ganz unwahrscheinlich, weil doch bei Schlägen mit einer Eisenstange zu erwarten gewesen wäre, daß entsprechende Schlagverletzungen am Rücken oder im Kopfbereich beim Festgenommenen aufgetreten wären. Dies hat aber auch der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Diese als Zeugen einvernommenen Hausbewohner in der Verhandlung zu UVS-02/31/81/94 wirkten insgesamt nicht objektiv und dem Polizeieinsatz gegenüber voreingenommen. Dies ist deshalb verständlich, weil sie in Kenntnis der Unschuld der ihnen als integer bekannten Tankstellenwarte B waren und ihnen die Vorgangsweise der Polizei daher offenkundig als ungerecht vorgekommen ist. Daß die Festgenommenen "Aufhören, Hilfe, bitte nicht" und ähnliches geschrien haben, ist aufgrund der Vorfälle durchaus erklärbar: Der Beschwerdeführer und sein Bruder wurden sozusagen aus dem Schlaf gerissen und fanden sich nichtsahnend einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüber. Sie wurden - ohne an der Straftat beteiligt gewesen zu sein - beamtshandelt und zwar stoßend ins Freie gebracht, festgenommen und am Boden fixiert, was - rückblickend gesehen - auf sie völlig überraschend und sehr massiv gewirkt haben muß. Es ist daher verständlich, daß die beiden Festgenommenen Angst hatten und Schreie ausstießen. Dazu kommt, daß Schmerzen beim Zubodendrücken auf einem harten Straßenbelag sowie beim Schließen der Hände auf den Rücken zwangsläufig entstehen, insbesondere wenn - wie hier - Abschürfungen und Prellungen an den Knien und im Ellbogenbereich entstanden sind.
Die Feststellung über die Verletzungen des Beschwerdeführers stützen sich auf das Krankenblatt des AUKH Meidling, vom 2.8.1994 (Akt Seite 7), sowie das auf das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 1.8.1994. Daß diese Verletzungen vom betreffenden Vorfall stammten, wurde von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.
Daß der Beschwerdeführer vor Überstellung ins Kommissariat ersuchte, sich die Kleidung anziehen zu dürfen, hat einerseits er selbst glaubwürdig vorgebracht, andererseits hat diese Aussage auch der die Amtshandlung leitende RevI Richard Bi 2. in der Verhandlung bezüglich Beschwerdesache Murat B bestätigt. Er führte nämlich aus: "Die Beiden hatten nur Unterwäsche an, sie war als solche an sich erkennbar. Über Vorhalt der Aussage, wonach die beiden Kleidung hätten anlegen wollen und man ihnen gesagt hätte, sie seien ohnedies in einer halben Stunde zurück und würden mit dem Polizeifahrzeug wieder zur Tankstelle gebracht werden: Davon bin ich selbst ausgegangen, ich glaube, ich habe solches einer der beiden gegenüber geäußert."
Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beischaffung der Baupläne der ehemaligen Tankstelle und einer maßstabsgetreuen Skizze der bezughabenden Umgebung sowie gutachterliche Feststellung zur Frage, ob von den Zeugen (gemeint: Bewohner des gegenüberliegenden Hauses) angegebenen Beobachtungspunkten, die Einsicht auf den Vorfallsort damals gegebenen war, wurde schon deshalb nicht gefolgt, weil das Vorbringen dieser Zeugen bereits in sich zum Vorbringen des Beschwerdeführers im Widerspruch stand und sie selbst angegeben haben, aufgrund der Finsternis nichts genau gesehen zu haben (siehe hiezu im Detail oben).
Somit (aufgrund der Verlesung aus dem Parallelverfahren) wurde in den Verhandlungen vom 5.8.1996, 29.8.1996 und 3.10.1996 lediglich der Beschwerdepunkt bezüglich menschenunwürdiger und erniedrigender Behandlung des Kemal B, dadurch daß er in Unterwäsche festgenommen und auch so aus der Haft entlassen worden war, verhandelt.
Der Umstand, daß beide Beschwerdeführer in Unterwäsche in das Kommissariat Wien 16 überstellt und in Unterwäsche aus der Haft entlassen worden sind, bleibt unbestritten.
Der Vertreter der belangten Behörde gab in der Verhandlung an, daß es seines Erachtens im gegenständlichen Fall anders liege als im Parallelverfahren Murat B, da unbestrittenermaßen der Beschwerdeführer, dies habe er selbst angegeben, eine blaue Boxershort und ein rotes Leibchen getragen habe. Außerdem wäre es für den Beamten unzumutbar gewesen die Festzunehmenden oder Festgenommenen aus der Sicherung zu entlassen, die Handschellen abzunehmen und ihnen ein Ankleiden zu gestatten, zumal es bekannt gewesen sei, daß einer der Festzunehmenden in einer Kampfsportart ausgebildet gewesen sei. Dieser Umstand habe sich übrigens als richtig erwiesen. Man kann daher in einer derartigen Situation den einschreitenden Beamten keinesfalls unterstellen, daß sie den Beschwerdeführer erniedrigender oder menschenunwürdiger Behandlung aussetzen wollten.
Dagegen wendete sich der Vertreter des Beschwerdeführers und gab an, daß dann zumindest die Kleidung mitzunehmen gewesen wäre. Weiters sei der Beschwerdeführer, so wie er war, nach Aufhebung der Festnahme im Kommissariat Ottakring, von dortigen Beamten auf die Straße gesetzt worden. Es habe keine Bemühungen seitens der belangten Behörde dem Beschwerdeführer Kleidung zu verschaffen gegeben.
Hinsichtlich der Kleidung des Beschwerdeführers wurde die Zeugin Martina N ergänzend einvernommen, und hat sie eindeutig die getragene Kleidung des Beschwerdeführers als Unterwäsche identifiziert. Sie konnte jedoch nicht mehr angeben, ob der Oberkörper des Beschwerdeführers nackt oder mit einem Leibchen bedeckt war. Auch hinsichtlich der Farbe der Unterwäsche konnte sie keine Angaben mehr machen. Allerdings schränkte sie ein, daß man die Unterwäsche auch für Sportbekleidung halten hätte können. Darüberhinaus habe sie den Eindruck gehabt, daß die Amtshandlung aufgrund der vom Beschwerdeführer getragenen Wäsche erniedrigend wirkte. Einer der Beschwerdeführer habe aber mit Sicherheit am Oberkörper nichts getragen. Die Zeugin konnte auch nicht angeben, ob die Beschwerdeführer mit Schuhwerk bekleidet waren. Der Zeuge Johann R konnte, ergänzend befragt, hinsichtlich der Bekleidung des Beschwerdeführers keinerlei Angaben mehr machen. Der Zeugin Amalia Ho seien auf jeden Fall die Unterhosen der Beschwerdeführer aufgefallen. Eine Verwechslung mit Sporthosen sei für sie keinesfalls gegeben gewesen.
Im gegenständlichen Verfahren wurde auch zur Bekleidung des Beschwerdeführers der Bruder Murat B zeugenschaftlich einvernommen und gab dieser an, daß sowohl er als auch sein Bruder Unterwäsche getragen hätten. Sie hätten Slips getragen und konnte der Zeugen keinerlei Angaben hinsichtlich der Farben mehr machen. Oben habe der Zeuge ein Unterleibchen getragen, sein Bruder sei auf jeden Fall am Oberkörper nackt gewesen. Ein rotes Leibchen habe niemand von den beiden getragen. Ein Ankleiden sei dem Beschwerdeführer insoferne verweigert worden, als gesagt worden sei, daß sie zurückgebracht werden würden. Der Zeuge sei so wie er war in eine Zelle gesperrt worden, und könne er nicht angeben, ob er nicht auch fotografiert worden sei. Ihm sei nur aufgefallen, daß regelmäßig jemand durch das Guckloch in die Zelle geschaut habe. Er habe im Kommissariat nur Polizisten in Uniform gesehen und sei niemanden vorgeführt worden. Was mit seinem Bruder, der in einer anderen Zelle war, geschehen sei, konnte der Zeuge nicht angeben. Er habe seinen Bruder erst bei der Entlassung wiedergesehen und hatte er zu diesem Zeitpunkt noch immer dieselbe Kleidung, Unterhose und oben nackt, angehabt. Ein Zurückbringen in den 21. Bezirk sei dem Zeugen und seinem Bruder verweigert worden und wurde auch trotz Verlangens kein Taxi herbeigeholt. Sie seien regelrecht in Unterwäsche auf die Straße gesetzt worden. Der Zeuge gab hinsichtlich der Bekleidung an, daß sowohl seine als auch jene des Beschwerdeführers (Bruder des Zeugen) in der Tankstelle aufbewahrt gewesen wäre. Weiters sei dem Zeugen aufgefallen, daß der Beschwerdeführer auf der Vorderseite am Bauch und der Brust überall Kratzer gehabt habe und nehme er deshalb an, daß der Oberkörper nackt gewesen sei, er halte es aber für möglich, daß er doch ein Leibchen getragen habe und dieses nur hochgerutscht gewesen war. Sowohl der Zeuge als auch der Beschwerdeführer hätten keine Schuhe angehabt.
Der Zeuge RevI Walter Le gab an, daß er unter anderem im Kommissariatswachzimmer W-gasse als Arrestantenposten beschäftigt sei. Am 1.8.1994 sei er als Wachhabender diensteingeteilt gewesen. Er habe in diesem Rahmen den Parteienverkehr zu erledigen gehabt und mit dem Arrest eigentlich nichts zu tun gehabt, trotzdem könne er sich an den beiden Bs erinnern, da sie nach Entlassung aus dem Arrest durch das Wachzimmer, in dem sich der Zeuge befunden habe, nach draußen gegangen seien. Einer der beiden Beschwerdeführer habe eine Boxershort angehabt, der andere auch eine kurze Hose und ein Leibchen. Derjenige, der die Boxershort angehabt habe, wäre oben nackt gewesen. Der Zeuge habe die beiden auch beim Verlassen des Wachzimmers auf die Kleidung angesprochen und ihnen die Möglichkeit geboten, sich Kleidung durch ein Telefonat zu besorgen. Der Zeuge sei nicht ersucht worden, ihnen die Möglichkeit dazu einzuräumen, sondern habe er von sich aus die beiden Beschwerdeführer auf ihre Kleidung angesprochen. Es sei jedoch zu keinem Telefonat der Beiden gekommen, da sie das Wachzimmer verließen. Hiebei sei noch Insp Og, der damalige Arrestantenposten, dabeigewesen, da er sie bis zum Ausgang begleitet habe. Die Kleidung der beiden Beschwerdeführer sei jedoch für den Zeugen nicht anstößig gewesen und habe er aus Höflichkeit dem Beschwerdeführer die Möglichkeit angeboten sich Kleidung zu besorgen. Ob die Beschwerdeführer Schuhe trugen, konnte der Zeuge nicht angeben. Es habe auch ein Bruder der beiden Festgenommenen vorgesprochen und habe der Zeuge diesen nicht auf den Umstand hingewiesen, daß die Inhaftierten Kleidung benötigten, da der Zeuge zu diesem Zeitpunkt gar nicht gewußt habe, daß die Kleidung der Beiden dürftig sei. Der Zeuge konnte auch nicht mehr angeben wie die Boxershort ausgesehen hatte, nämlich ob sie einen Eingriff gehabt habe, oder nicht. Der Zeuge habe den Eindruck gehabt, daß die Beschwerdeführer offensichtlich auf dem schnellsten Weg aus dem Wachzimmer wollten.
Insp Franz Og gab als Arrestantenposten zum Vorfall an, daß einer der beiden Beschwerdeführer mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose bekleidet gewesen sei und der andere nur eine kurze Hose angehabt habe. Hinsichtlich Schuhen konnte der Zeuge nichts angeben. Derjenige Beschwerdeführer, dessen Oberkörper nackt gewesen sei, habe eine Art Boxershort oder Sporthose angehabt, an die Farbe konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Eine nähere Ausführung hinsichtlich des Aussehens der Boxershort konnte der Zeuge nicht machen, insbesondere ob diese Hose einen Eingriff (Schlitz) hatte oder nicht. Der Zeuge habe den Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit der Besorgung von Kleidung gegeben, er habe daran nicht gedacht. Die Arrestanten seien von ihm halbstündlich durch einen Blick durch das Guckloch kontrolliert worden. Der Zeuge gab auch an, daß bei der Entlassung, zumindest im Arrestbereich, keiner der Beschwerdeführer nach Kleidung verlangt habe oder nach einem Taxi. Lediglich im Wachzimmer, beim Verlassen, sei von den Beschwerdeführern verlangt worden, hinsichtlich eines Taxis telefonieren zu dürfen. Der Zeuge konnte nicht angeben, was die Beschwerdeführer mit RevI Le gesprochen haben, da er das Wachzimmer gleich verlassen habe und zurück in den Arrestbereich gegangen sei. Er habe nur das hinsichtlich des Taxis mitbekommen.
Zu den Vorgängen im Kommissariat Ottakring wurde auch AbI Georg Ki, der Kommissariatswachkommandantstellvertreter, einvernommen. Hiebei gab der Zeuge an, daß er die Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der Verständigung eines Taxis hingewiesen habe. Hinsichtlich der Kleidung der Beschwerdeführer befragt gab der Zeuge an, daß er sich erinnern könne, daß einer der beiden eine Boxershort getragen habe und am Oberkörper nackt gewesen sei. Der zweite habe ein schenkellanges Leibchen getragen und konnte der Zeuge nicht angeben, was diese Person darunter getragen habe. Ob die Boxershort auf der Vorderseite einen Schlitz gehabt habe, wußte der Zeuge nicht mehr. Auch konnte der Zeuge keine Angaben hinsichtlich des Schuhwerks der Beschwerdeführer machen. Es sei bei dem Kontakt zwischen dem Zeugen und dem Beschwerdeführer einzig und allein um die Frage des Zurückbringens in den 21. Bezirk gegangen.
Die Verhandlung wurde auf den 29.8.1996 zur persönlichen Einvernahme des Beschwerdeführers erstreckt, jedoch war der Beschwerdeführer am Verhandlungstag nicht erschienen und wurde die Verhandlung daher neuerlich auf den 3.10.1996 erstreckt. Bei seiner Einvernahme gab der Beschwerdeführer an:
"Am 1.8.1994 bei meiner Festnahme trug ich eine dunkelblaue Unterhose, die anders geschnitten war, als eine herkömmliche Unterhose, aber auch nicht so geschnitten war wie eine Boxer-Short. Diese Hose habe ich in einem Geschäft gekauft, in dem diese auch als Unterhose angeboten wurde. Sie hatte keinen Schlitz oder Eingriff. Die Hose war an den Schenkeln lose, also nicht mit einem Gummizug versehen.
Wenn ich gefragt werde, ob diese Unterhose ein Innenfutter hatte, gebe ich an, daß dem nicht so war. Die Hose bestand aus einer Schicht Stoff.
Am Bund befand sich kein breiter, sondern ein schmaler Gummi. Am Oberkörper trug ich nichts, ich war nackt. Auch Schuhe trug ich keine.
Auf Vorhalt meiner Zeugenaussage vom 28.3.1995, in der ich angegeben habe, ein rotes Unterleibchen mit Träger getragen zu haben, gebe ich an, daß ich mich nunmehr erinnere, daß ich bei meiner Festnahme ein solches nicht getragen habe, sondern zog ich dieses erst nach meiner Rückkehr zur Tankstelle am Vormittag an. Ich habe das bei meiner damaligen Aussage angegeben, weil ich damals geglaubt habe, daß es so war. Nunmehr bin ich mir sicher, daß ich das Leibchen erst nach meiner Entlassung angezogen habe. Ich wollte mich nach erfolgter Festnahme anziehen und habe wiederholt nach der Möglichkeit gefragt. Das erste Mal, als ich mit geschlossenen Armen auf dem Boden lag, ein weiteres Mal, als ich in das Polizeifahrzeug verschafft worden bin. Ich wollte zumindest Schuhe anziehen und forderte dies auch. Mir wurde daraufhin gesagt, daß ich ja wieder zurückgebracht werde. Ich wurde so wie ich war in eine Arrestzelle gesperrt. Wenn ich gefragt werde was mein Bruder trug, so gebe ich an, daß dieser ebenfalls eine Unterhose trug und möglicherweise ein Leibchen. Genau kann ich mich aber nicht mehr daran erinnern. Mein Ausweis wurde von den Polizisten aus meiner Hose, welche in der Tankstelle hing und nachdem ich auf den Aufbewahrungsort dieser hingewiesen habe, geholt.
Während meines Aufenthaltes in der Zelle habe ich nicht nach Kleidung gefragt. Ich wurde auch aus der Zelle bis zu meiner Entlassung nicht hinausgeführt. Ich ging nur einmal auf das WC. Bei meiner Entlassung fragte ich einen jungen Polizisten, wie mein Bruder und ich jetzt in unserem Zustand nach Hause kommen sollen. Dieser verwies mich an einen anderen Polizisten, offenbar ein Vorgesetzter, welcher sich im Wachzimmer befand. Diesen befragte ich wieder hinsichtlich unserer Situation, ob denn nicht Abhilfe erfolgen kann, wie Geld und Kleidung. Dies interessierte ihn nicht und er wies uns aus dem Wachzimmer.
Ich begab mich so wie ich war mit meinem Bruder aus dem Wachzimmer.
Als ich noch im Arrest war und aufs WC ging, hatte ich auch ersucht zu telefonieren und wurde mir gestattet meinen Bruder anzurufen, den ich aber nicht erreicht habe. Dies erfolgte vom Arrestbereich aus.
Ich habe mich dann auf der Straße geniert und hatte ich das Gefühl, daß ich in meinem Zustand auch aufgefallen bin. Wir versuchten dann Taxis anzuhalten, es blieb aber keines stehen und erst als ich die Fahrbahn betreten habe und direkt auf ein Taxi zugegangen bin, hat sich der diesbezügliche Lenker bereit erklärt uns aufzunehmen. Wir hatten auch kein Geld und habe ich ihm als Sicherheit meinen Schmuck angeboten.
Ich verlangte im Wachzimmer, daß man uns ein Taxi besorge bzw daß uns die Möglichkeit eingeräumt werde, uns Kleidung zu besorgen. Das alles hat aber die Polizisten nicht interessiert. Wir wurden verabschiedet mit den Worten "Auf Wiedersehen, sie können gehen."
Die Unterhose reichte bis kurz nach der Schenkelbeuge bis unmittelbar zum Schenkelbeginn.
Der Stoff war glatt und glänzte etwas, aber nicht stark. Der Stoff war dünn und habe ich diese Hose immer als Unterhose getragen. Wenn ich gefragt werde, ob die Hose, wenn sie feucht ist durchsichtig wird, gebe ich an, daß sie sich dann an die Haut klebt.
Am Vorfallstag herrschte warmes Sommerwetter. Als die Polizei bei der Tankstelle war, habe ich gerade geschlafen und bin in weiterer Folge durch das Vorgehen der Polizei aufgewacht. Ich schlief auf einer Bank und lag ich auf einer Matratze. Ich schlief so, wie ich dann in weiterer Folge festgenommen worden bin.
Wir fuhren vom Koat Ottakring wegen unserer Schlüssel zum Koat Floridsdorf mit dem Taxi und vom Koat Floridsdorf zur Tankstelle wurden wir durch ein Polizeifahrzeug geführt.
Die Polizei in Floridsdorf hat sich deshalb angeboten uns zu führen, da sie uns in unserer Situation, was die Kleidung betroffen hat, nicht so gehen lassen wollte. Der Grund für das Zurückführen zur Tankstelle wurde auch vom Polizisten in Floridsdorf ausgesprochen, in dem Sinne "So können sie nicht gehen".
Die Jeans und das Leibchen habe ich in weiterer Folge dann im Beisein der Polizisten angezogen, als ich auf die Tankstelle zurückgebracht worden war. Es kam nämlich auch der Chef, Hamza B, mit dem Schlüssel.
Ein Spiegel war in der Zelle nicht. Es gab in der Zellentür ein Guckloch. Ob jemand von außen in die Zelle geschaut hat, kann ich nicht angeben, da man von innen nichts sieht. Ich habe auch keine nicht unifomierte Person gesehen, die durch die geöffnete Zellentür geschaut hat.
Auf der Tankstelle bin ich wegen des Klopfens an der Türe aufgewacht und habe ich die Türe geöffnet.
Es hat ungefähr 1 bis 2 Minuten gedauert, vom Aufwachen bis zum Öffnen der Türe. Unmittelbar vor Öffnen der Türe wußte ich, daß die Polizei draußen war, da die Polizei sagte "Polizei, aufmachen, öffnen sie die Türe".
Der Polizist, der uns aus der Zelle geholt hat, war jung und hatte kurze Haare. Der Polizist, der uns aus dem Wachzimmer gewiesen hat, war ein älterer Beamter. Wenn ich gefragt werde über 40, so bejahe ich dies. Er hatte ein Kappe auf und habe ich ihn vorerst nur von rückwärts gesehen und kam dieser im Wachzimmer von einem anderen Zimmer. Sonst habe ich mit keinem weiteren Polizisten gesprochen.
Ich wollte meinen Bruder fernmündlich erreichen. Ich habe ihn aber nicht erreicht und habe es auch fernmündlich bei seiner Freundin vergeblich versucht. Ob ich die Freundin auch versucht habe zu erreichen, weiß ich nicht genau. Ich habe einmal oder zweimal eine Nummer gewählt. Das war unmittelbar hintereinander."
Aufgrund dieser Verhandlung ergibt sich für den gegenständlichen Beschwerdefall folgender ergänzender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer wurde mit seinem Bruder unbestrittenermaßen in Unterwäsche, die auch als solche erkennbar gewesen ist, festgenommen und in das Kommissariat Ottakring überstellt sowie dort in den Arrest abgegeben. Um ca 8.00 Uhr wurden sie in diesem Zustand und in dieser Bekleidung entlassen und aus dem Kommissariat gewiesen, ohne vorher die Möglichkeit gehabt zu haben, sich Kleidung zu besorgen. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Angaben der Zeugen in Verbindung mit jenen des Beschwerdeführers, wobei den Angaben des RevI Le nicht gefolgt wurde.
Rechtlich ergibt sich daher folgendes:
1. Zur Anwendung von Körperkraft bei der Festnahme:
Nach Art 1 Abs 4 PersFrG 1988 ist, wer festgenommen oder angehalten wird, unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.
§ 4 Waffengebrauchsgesetz 1969, BGBl Nr 149, sieht insbesondere vor, daß der Waffengebrauch nur zulässig ist, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauchs, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Nach § 5 Waffengebrauchsgesetz 1969 darf, wenn verschiedene Waffen zur Verfügung stehen, nur von der am wenigsten gefährlichen, nach der jeweiligen Lage noch geeignet scheinenden Waffe Gebrauch gemacht werden. Zweck des Waffengebrauchs darf nach § 6 Abs 1 leg cit nur sein, angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen. Abs 2 dieses Paragraphen ordnet in seinem ersten Satz an, daß jede Waffe mit möglichster Schonung von Menschen und Sachen zu gebrauchen ist.
Aus den zitierten Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes abzuleiten, daß auch die als weniger gefährliche Maßnahme eingestufte Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes und zur Erzwingung einer Festnahme vom Waffengebrauch selbst nur graduell unterscheidet, derselben grundsätzlichen Einschränkung wie der Waffengebrauch unterliegt, also zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen darf, wenn sie notwendig ist und maßhaltend vor sich geht. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien kann nicht finden, daß die Behandlung des Beschwerdeführers bei seiner Festnahme dem in diesen Bestimmungen normierten Schonungsgebot widersprochen hätte:
Die Beamten mußten aufgrund ihres damaligen Wissensstandes (vorangegangener brutaler tätlicher Angriff mit einem Schlagstock, Mitschleifen einer Person) davon ausgehen, daß die - ihnen persönlich nicht bekannte - mittels Haftbefehl gesuchte Person gewaltbereit und gefährlich ist sowie über besondere Kenntnisse in einer asiatischen Kampfsportart verfügt. Es war daher gerechtfertigt, eine potentiell als Täter in Frage kommende Person rasch - auch durch Stoßen - aus den engen Tankstellenräumen ins Freie zu bringen und auf die beschriebene Weise am Boden zu fixieren. Aufgrund der Umstände war - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt - ein rasches und entschlossenes Einschreiten auch unter Anwendung von Körpergewalt notwendig. Die Beamten konnten zu diesem Zeitpunkt weder wissen, wer die mittels Haftbefehl gesuchte Person war, noch welche Person vom Augenzeugen tatsächlich beobachtet worden war. Zudem war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht klar, ob die Angetroffenen bewaffnet sein würden oder nicht; weiters, wieviele Personen sich noch im zu durchsuchenden Bereich aufhalten würden und dementsprechend, ob genügend Beamte für die Festnahme und Sicherung der allenfalls noch vorhandenen Personen zugegen sein würden.
Wie der mit "Eigensicherung" übertitelte § 3 erster Satz RLV, BGBl Nr 266/1993, normiert, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf die Vermeidung von Gefahren für sich selbst zu achten, die zur Aufgabenerfüllung nicht erforderlich oder unverhältnismäßig sind. Es war auch unter diesem Gesichtspunkt einzuräumen, daß die Beamten eine in der vorgenommenen Art durchgeführte Sicherung Festgenommener vornehmen und sich nicht der Gefahr aussetzen, selbst Opfer eines tätlichen Angriffes zu werden. Es war daher nicht rechtswidrig, die Festgenommenen bis kurz vor das Verbringen in den Arrestantenwagen zu sichern, es ist auch nicht hervorgekommen, daß die Beamten dabei zögerlich und nicht mit der gebotenen Eile vorgegangen wären (der Abtransport der Festgenommenen erfolgte schließlich bereits spätestens 25 Minuten nach ihrer Festnahme.)
Daß der Beschwerdeführer im Zuge dieser Amtshandlung die festgestellten Verletzungen davontrug, vermag an der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der Beamten nichts zu ändern, weil solche Verletzungen auch bei - wie hier - notwendiger und maßvoller Gewaltanwendung entstehen können. Naturgemäß kann es bei einem Zu-Boden-Drücken auf einem harten Straßenbelag dann, wenn der Betreffende nur Unterkleidung anhat, zu Abschürfungen an Knien und Ellbogen kommen, beim Festhaltegriff bzw Schließen der Hände am Rücken zu Prellungen im Schulterbereich. Keinesfalls ist allein daraus eine unmaßhaltende Gewaltanwendung abzuleiten.
2. Zur Verbringung des Beschwerdeführers auf das Kommissariat in bloßer Unterwäsche und ohne Schuhwerk und die Arrestabgabe des Beschwerdeführers und die Entlassung aus der Haft in diesem Zustand:
Abweichend von der Entscheidung zu UVS-02/31/81/94, wird der belangten Behörde aufgrund der besonderen Situation zugestanden, daß die Festnahme des Beschwerdeführers in Unterwäsche und ohne Schuhwerk und die Verbringung in den Arrest des Kommissariates Ottakring und der Aufenthalt dortselbst in Unterwäsche - nicht als rechtswidrig anzusehen ist und somit auch nicht das Gebot der Schonung eines Festgenommenen und Achtung seiner Menschenwürde widersprach. Der belangten Behörde war in diesem Zusammenhang zuzugestehen, daß infolge dieser besonderen Situation (Suche nach Gewalttäter und ungeklärte Sachlage) bei der Festnahme des Beschwerdeführers und Sicherung dieses, unter Berücksichtigung der Tageszeit und Witterungsverhältnisse, eine Mißachtung der Menschenwürde nicht angelastet werden kann. Aufgrund der besonderen Obsorgeverpflichtung hinsichtlich eines Festgenommenen, wäre die Behörde jedoch dazu verhalten gewesen, zumindest bei der Entlassung des Beschwerdeführers, für menschenwürdiges Auftreten des Beschwerdeführers in der Öffentlichkeit zu sorgen, indem sie dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Beschaffung von Kleidung eingeräumt hätte. Dies ist, diesbezüglich wird den Angaben des Beschwerdeführers und seines Bruders gefolgt, nicht erfolgt und dadurch die Menschenwürde des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Tageszeit der Entlassung, empfindlich negativ berührt.
Aus diesem Grund war diese Vorgangsweise (Entlassung in Unterwäsche) als rechtswidrig anzusehen und diesbezüglich spruchgemäß der Beschwerde Folge zu geben.
3. Zur Dauer der Anhaltung:
Nach § 177 Abs 2 StPO ist jeder von einem Sicherheitsorgan aus eigener Macht in Verwahrung genommene Verdächtige durch die Sicherheitsbehörde unverzüglich zur Sache und zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft zu vernehmen und, wenn sich dabei ergibt, daß kein Grund zu einer weiteren Verwahrung besteht, sogleich freizulassen, sonst aber binnen 48 Stunden dem zuständigen Gericht einzuliefern.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Dauer einer Anhaltung ist sowohl für das Verwaltungsstrafverfahren als auch für die Festnahmen im Dienste der Strafrechtspflege zu fordern, daß die Einvernahme bzw Freilassung des (während der Nacht) Verhafteten in den Morgenstunden oder zumindest am frühen Vormittag zu erfolgen hat (vgl VfSlg 9208/1981, Seite 70 f, 9368/1982, Seite 327, 11146/1986, 11371/1987 ua).
Im Beschwerdefall kam es - wie aus der Sachverhaltsdarstellung hervorgeht - zu einer Gegenüberstellung zwischen dem Augenzeugen und einem der drei festgenommenen Männer, nämlich dem Zulassungsbesitzer des roten VW-Golfs. Dabei identifizierte der Augenzeuge den Festgenommenen als jenen Mann, welcher das betreffende Kraftfahrzeug gelenkt und den Taxifahrer niedergeschlagen hatte. Anschließend erfolgte unverzüglich eine umfangreiche Niederschrift mit diesem Zeugen. Da es - wie die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 8.11.1995 nachvollziehbar ausführte - immer wieder vorkommt, daß sich im Zuge einer derartigen Einvernahme noch Widersprüche ergeben, welche eine Gegenüberstellung in Zweifel ziehen und eine neuerliche Durchführung erforderlich machen, ist es der Behörde zuzugestehen, daß sie derartige Einvernahmen förmlich zu Ende führt. Nach der niederschriftlichen Einvernahme des Augenzeugen um
5.50 Uhr, die etwa eine Stunde betragen hat, nach Vorlage der entsprechenden Akten und Rücksprache mit dem die Amtshandlung leitenden Beamten des Bezirkspolizeikommissariates Floridsdorf wurde der Beschwerdeführer schließlich - ohne daß seine Einvernahme noch erforderlich gewesen wäre - aus der Haft entlassen. Bei dieser Vorgangsweise kann keine Rede davon sein, daß es zu einer unnötigen, durch die Umstände nicht gerechtfertigte Verzögerung der Entlassung des Festgenommenen aus seiner Haft gekommen ist. In dieser Hinsicht war der Beschwerde daher der Erfolg versagt.
Gemäß § 79a AVG und der hiezu ergangenen Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzsverordnung UVS), BGBl Nr 855/1995, vom 22.12.1995, war dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters als zumindest teilweisen obsiegenden Partei, entsprechend dem Kostenantrag, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand in der Höhe von S 18.980,-- zuzusprechen (inklusive dem Ersatz der Bundesstempel in der Höhe von S 180,--).
Das Kostenmehrbegehren betreffend den Ersatz von Stempelgebühren (siehe Beschwerde Seite 8) war abzuweisen, weil nur Stempelgebühren in Höhe von S 180,- (S 120,-- die Beschwerde und zwei Beilagen von je S 30,--) entstanden sind.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.