Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung der Frau H. P., W. 40, gegen Punkt 1 a), GZ.: 15.1-1995/6122 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 15.9.1996 sowie Punkt 1 b), GZ.: 15.1-1995/6117 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 15.9.1996 wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Von der belangten Behörde wurde der Berufungswerberin folgender Sachverhalt laut dem angeführten Straferkenntnis vorgeworfen: Sie habe in ihrem Betrieb "M.", dessen Geschäftsführerin sie sei bzw. als Inhaberin der Konzession für das Gastgewerbe der Betriebsart "Bar" mit Sitz in W. 40 nicht deutlich sichtbar darauf hingewiesen und weiters im Rahmen ihrer Möglichkeit durch sonstige geeignete Maßnahmen (Verweigerung des Eintrittes) nicht dafür gesorgt, daß die örtlichen Bestimmungen und die auf Grund "dieses Gesetzes" erlassenen Anordnungen von Jugendlichen beachtet werden, zumal sich die nachstehenden Jugendlichen
nach 24 Uhr in der zum "M." gehörigen Diskothek aufgehalten hätten, obwohl Jugendlichen ab Vollendung des 16. Lebensjahres der Aufenthalt in Gaststätten mit Tanzbetrieb (Diskotheken) nur bis 24.00 Uhr erlaubt sei:
a) J. J. H. J., geb. 30.5.1978, in der Nacht vom 1.11.1995 auf 2.11.1995 bis 02.00 Uhr, b) derselbe in der Nacht vom 5.11.1995 auf 6.11.1995 bis 05.00 Uhr.
Unter c) und d) sind weitere Jugendliche angeführt, die die Berufungsverfahren GZ.: UVS 30.12-93/96 und UVS 30.12-94/96 betreffen.
Sie habe § 16 Abs 2 Jugendschutzgesetz 1968 iVm. § 4 Abs 4 bzw. § 4 Abs 3 leg. cit. verletzt.
Nach § 18 Abs 1 leg. cit. wurde pro angeführtem Jugendlichen eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzarrest je 1 Tag) verhängt.
Die Beschuldigte berief vor der belangten Behörde laut Niederschrift vom 7.10.1996 folgenden Inhalts: "Ich erhebe innerhalb offener Frist gegen das mir zuergangene Straferkenntnis Berufung. Ich habe die mir zur Last gelegte Übertretung nicht gesetzt bzw. bin ich mir keiner Schuld bewußt. Ich habe alle mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgenutzt und ausreichende Kontrollen durchgeführt. Weiters verweise ich bereits auf meine anderen Berufungen bezüglich Jugendschutzgesetz."
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt als Berufungsbehörde nach § 51 Abs 1 VStG zu folgenden Feststellungen:
Im vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des Steiermärkischen JugendschutzG relevant:
§ 2 Abs 1:
Minderjährige bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres werden in diesem Gesetz als Kinder, Minderjährige vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als Jugendliche bezeichnet. Verheiratete Jugendliche und Jugendliche, die Angehörige des Bundesheeres sind, werden Personen gleichgehalten,
die das 18. Lebensjahr vollendet haben.
§ 4 Abs 3:
Der Aufenthalt in Nachtlokalen, Bars und barähnlichen
Betrieben ist Kindern und Jugendlichen verboten.
§ 4 Abs 4:
Der Aufenthalt in Gaststätten mit Tanzbetrieb (z. B. Diskotheken) ist Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten; Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist ein Aufenthalt in derartigen Gaststätten bis 24.00 Uhr erlaubt.
§ 4 Abs 6:
Am Eingang der in den Abs 3 und 4 angeführten Betriebe
ist ein deutlicher Hinweis auf das Verbot des Betretens
durch Kinder und Jugendliche anzubringen.
§ 16 Abs 2:
Unternehmer und Veranstalter haben auf die Beschränkungen, die für den Betrieb oder die Veranstaltung nach diesem Bundesgesetz gelten, deutlich sichtbar hinzuweisen und weiters im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch sonstige geeignete Maßnahmen (z. B. durch mündliche Hinweise oder Verweigerung des Eintrittes) dafür zu sorgen, daß die gesetzlichen Bestimmungen und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnungen von Minderjährigen beachtet werden.
Die Berufungswerberin ist Inhaberin der Gaststätte M. mit einer Diskothek und damit Unternehmerin im Sinne des § 16 Abs 2 JugendschutzG.
1.) Im Verwaltungsstrafverfahren gilt grundsätzlich das Kumulationsprinzip. Im vorliegenden Fall enthält § 16 Abs 2 Steiermärkisches JugendschutzG zwei Gebotsnormen, nämlich einerseits die Pflicht des Unternehmers, deutlich auf die Beschränkungen nach dem Gesetz hinzuweisen (eine Verletzung dieses Gebotes besteht unabhängig davon, ob Jugendliche sich unerlaubt in der Diskothek aufhalten oder nicht) und andererseits die Pflicht, im Rahmen der Möglichkeiten durch sonstige geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, daß die gesetzlichen Bestimmungen von Minderjährigen beachtet werden.
Anders als die belangte Behörde angenommen hat, sind somit im vorliegenden Fall zwei getrennt zu bestrafende Tatbestände gegeben.
Der Verstoß gegen das Gebot, auf die Beschränkungen nach dem Gesetz deutlich sichtbar hinzuweisen, ist ein Dauerdelikt, bei dem nicht nur die Herbeiführung, sondern auch die Erhaltung eines rechtswidrigen Zustandes pönalisiert ist (s. VwSlg 3186A/1953). Die Tat wird so lange begangen, als der verpönte Zustand dauert. Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erstreckt sich in einem solchen Fall jedoch bis zum Zeitpunkt von dessen Erlassung (vgl. VwGH 6.9.1993, Zl. 92/10/0422).
Die Berufungswerberin wurde wegen Unterlassung des deutlichen Hinweises bereits mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 22.1.1996, GZ.: 15.1-1994/5018 bestraft, das ihr am 31.1.1996 zugestellt worden war. Daraus folgt, daß die Verletzung der Hinweispflicht am 1., 2., 5. und 6.11.1995 vor diesem Zeitpunkt liegt und damit von der Bestrafungswirkung des genannten Straferkenntnisses erfaßt ist. Da die Berufungswerberin für diesen Verstoß somit bereits rechtskräftig bestraft wurde, war das nunmehrige Straferkenntnis bezüglich dieses Tatvorwurfes aufzuheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.
2.) J. J. H. J., geb. 30.5.1978 war am 1.11.1995 bereits 17 Jahre alt. Aus den Punkten 1 a) und b) des Straferkenntnisses geht hervor, daß er sich in der Nacht vom 1.11.1995 auf 2.11.1995 und in der Nacht vom 5.11.1995 und 6.11.1995 in der Diskothek aufgehalten hat, woraus folgt, daß er die Diskothek am 1.11.1995 und am 5.11.1995 bereits vor 24.00 Uhr betreten hat. Er durfte sich somit an diesen beiden Tagen jeweils bis 24.00 Uhr legal in der Diskothek aufhalten, sodaß für die Berufungswerberin keine Verpflichtung stand, ihm den Eintritt zu verweigern.
Die Berufungswerberin hat daher deswegen § 16 Abs 2 zweiter Fall Steiermärkisches JugendschutzG nicht verletzt.
Welche sonstigen geeigneten Maßnahmen die Berufungswerberin nach 24.00 Uhr hätte ergreifen müssen, damit die gesetzlichen Bestimmungen von den Minderjährigen beachtet werden, geht aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht hervor. Diese sonstigen Maßnahmen müßten, um den Anforderungen des § 44 a
Z 1 VStG an den Spruch zu genügen, genau zum Ausdruck bringen, daß sie geeignet sind und im Rahmen der Möglichkeiten des Unternehmers liegen. Eine derartige Konkretisierung ist aber nicht erfolgt, sodaß auch aus diesem Grund der Tatvorwurf an die Berufungswerberin nicht aufrechterhalten werden kann. Wohl geht aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervor, daß die belangte Behörde gemeint hat, die Berufungswerberin sei verpflichtet gewesen, nach 24.00 Uhr auf das Jugendschutzgesetz aufmerksam zu machen bzw. in der Diskothek Ausweiskontrollen hinsichtlich des Alters der Diskothekenbesucher durchzuführen. Aber auch die Anführung dieser Maßnahmen in der Begründung des
durch Hinterlegung am 26.9.1996 zugestellten Straferkenntnisses liegt außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 2 VStG.
3.) Was den der Berufungswerberin vorgeworfenen Verstoß gegen § 4 Abs 3 Steiermärkisches
JugendschutzG anbelangt, ist auf die Ausführungen im Bescheid der Berufungsbehörde GZ.: UVS 30.12-58 bis 68/96-49 vom 18.10.1996 zu verweisen, wonach es sich bei der Diskothek im Gaststättenbetrieb "M." um keine Bar handelt. Es kann daher auch der Aufenthalt des Josef J. H. J. am 1.11. und 5.11.1995 vor 24.00 Uhr der Berufungswerberin nicht als Verletzung des § 4 Abs 3 Steiermärkisches JugendschutzG vorgeworfen werden.
Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden (§ 51 e Abs 1 VStG).
Der Berufung war somit Folge zu geben.