Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Pipal über die am 6.3.1996 hier eingebrachte Schubhaftbeschwerde des Herrn Charles K, vertreten durch RA, wegen Anhaltung in Schubhaft vom 10.1.1996 bis zum 25.1.1996, gemäß § 52 Fremdengesetz in Verbindung mit den §§ 67 c Abs 3 und 79 a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und § 1 Z 3 und 5 Aufwandersatzverordnung UVS entschieden:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Inneres) die Kosten in Höhe von S 4.065,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen, das Mehrbegehren wird abgewiesen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung:
1. Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Aus den Akten der Bundespolizeidirektion Wien - Fremdenpolizeiliches Büro, Zl IV-841.502/FrB/96, und der BH O, Zl 11/06-4801/27-1996, ist ersichtlich, daß der Beschwerdeführer nach seinen Angaben in der Niederschrift vom 4.9.1995 im Juni 1994 von R über mehrere afrikansche Länder nach F und weiter nach I reiste, sich dort 14 Monate aufhielt, dann mit Hilfe eines Schleppers nach U fuhr und schließlich am 4.9.1995 im Bereich O illegal nach Österreich kam, wo er von Bundesheersoldaten aufgegriffen wurde. Am selben Tag erließ die BH O einen Ausweisungs- und einen Schubhaftbescheid und füllte einen Antrag auf Ausstellung von Reisepapieren aus, wobei jedoch der Beschwerdeführer die Unterschrift verweigerte.
Der Asylantrag vom 6.9.1995 wurde vom Bundesasylamt am gleichen Tag abgewiesen, wobei einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Am 11.9.1995 ersuchte die BH O das R Honorarkonsulat in Wien um Ausstellung eines Heimreisezertifikates.
Das Bundesministerium für Inneres wies die im Asylverfahren erhobene Berufung mit Bescheid vom 29.9.1995, erlassen am 5.10.1995, ab.
In einer Niederschrift vom 4.10.1995 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 48 Abs 5 FrG davon in Kenntnis gesetzt, daß die Schubhaft über die Dauer von 2 Monaten hinaus aufrechterhalten werde, weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitze.
Am 16.10.1995 urgierte die BH O beim R Honorarkonsulat den Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Bei einem Telefonat am 19.10.1995 mit dem R Honorarkonsulat wurde der BH O eine Urgenz an die Botschaft in B in Aussicht gestellt.
Am 27.10.1995 beantragte der Beschwerdeführer, gemäß § 36 FrG die Abschiebung für die Dauer von einem Jahr aufzuschieben und gemäß § 54 FrG festzustellen, daß er in R gemäß § 37 FrG bedroht sei. Am gleichen Tag wurde der Beschwerdeführer wegen Haftunfähigkeit nach einem Hungerstreik aus der Schubhaft entlassen.
Die R Botschaft in B teilte der BH O mit Schreiben vom 9.11.1995 mit, daß der Beschwerdeführer ihrer Meinung nach bis zum Vorliegen weiterer Beweise kein r-Staatsangehöriger sei.
Mit Bescheid der BH O vom 6.12.1995 wurde der Antrag nach § 54 FrG als verspätet zurückgewiesen.
Laut Meldezettel des Beschwerdeführers erfolgte am 12.12.1995 eine Änderung des Hauptwohnsitzes von Wien, N-gasse nach M, G-straße und am 2.1.1996 eine Abmeldung mit dem Vermerk "unbekannt verzogen".
Am 9.1.1996 wurde der Beschwerdeführer in Wien von der Fremdenpolizei aufgegriffen und gemäß § 85 Abs 2 FrG festgenommen. Laut Anzeige war er seit 31.10.1995 im C-Heim in Wien, N-gasse gemeldet und nach den Angaben des dortigen Nachtportiers seit Mitte Dezember 1995 an dieser Adresse nicht mehr wohnhaft. Am 10.1.1996 wurde der Beschwerdeführer im Bezirkspolizeikommissariat Neubau unter Beiziehung der Dolmetscherin Mag Monika H niederschriftlich einvernommen:
"Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat): siehe
Akteninhalt
Nach Vorhaltung des SV u Anlastung der fremdenpol Übertretungen gebe ich wie folgt an:
Ich werde wie folgt über meine Rechte aufmerksam gemacht:
Verständigung eines Rechtsanwaltes: ja
Verständigung meiner konsularischen Vertretung: nein
Verständigung einer Vertrauensperson: nein
Verständigung eines Arztes: nein
Ich benötige folgende Medikamente: nein
Beim Anwalt handelt es sich um Dr Josef U, Wien, B-gasse etabl. Mir wird nach der Einvernahme die Möglichkeit der Verständigung gegeben. Bezüglich meines Aufenthaltes gebe ich an, daß ich seit 1 Woche in Wien, K-gasse, näheres unb wohne. Unterkunftsgeber ist ein Mustafa, näheres unb. Auf Vorhaltung der Nichtmeldung an dessen Adresse gebe ich an, daß ich einen Meldezettel, den ich noch vom C-heim in Wien hatte, dem Mustafa gegeben habe und mich darauf verlassen habe, daß ich von ihm angemeldet werde. Auf Vorhaltung der Nichtabmeldung in Wien gebe ich an, daß ich Mitte Dezember von der C in ein Heim in M gebracht wurde und mich dort bis 2.1.1996 aufhielt. Den Meldezettel vom Heim habe ich dort abgegeben und erhielt ihn nach dem Umzug nach Wien wieder mit. Eine Arbeitsbewilligung habe ich nicht. Ich komme aber zu Geld durch Gelegenheitsarbeiten (Zeitungsschlichten) bei der Zeitung "T". Bisher war ich 2 Tage dort und habe pro Tag S 300,-- bekommen. Derzeit bin ich im Besitz von ca S 445,--. Bezüglich meiner Einreise gebe ich an, daß ich im September 1995 nach Österreich ohne Reisedokument eingereist bin, jedoch nicht über U, sondern von I beim Grenzübergang B, versteckt auf der Ladefläche eines Lkw. In I hielt ich mich 9 Monate auf, nachdem ich dort illegal von T eingereist bin. In I habe ich keinen Asylantrag gestellt. Wo ich vom LKW-Fahrer abgesetzt wurde, weiß ich nicht. Ich wurde dann von Grenzsoldaten angetroffen und habe hier dann einen Asylantrag gestellt. Ich habe einen neg Bescheid erhalten und habe ich berufen. Von der Negativentscheidung der 2. Instanz weiß ich nichts bzw wurde mir gesagt, daß neuerlich eine Berufung möglich ist und ich noch eine Chance habe. Deshalb bin ich hier geblieben. Seit ich von der C weg bin, wollte ich nichts mehr gegen die Bescheide unternehmen, da ich kein Geld mehr für einen Rechtsanwalt habe und habe meine Abreise nach I schon vorbereitet. Die Vorbereitung der Abreise bestand darin, daß ich für die Reise nicht genug Geld hatte und wollte ich mir Geld für die Reise beschaffen. Ich habe einen Freund in I kontaktiert, damit mir dieser Geld schickt. Kontaktiert habe ich ihn vor 1 Monat. Da hatte er selbst Probleme und sollte ich mich jetzt wieder mit ihm in Verbindung setzen. Geld habe ich bisher keines bekommen und bin ich daher nicht in der Lage auszureisen. Wenn ich Geld hätte, wäre ich schon nach I ausgereist."
Diese Niederschrift wurde vom Leiter der Amtshandlung, von der Dolmetscherin und vom Beschwerdeführer unterschrieben. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10.1.1996, Zl S 4738/N/96, wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt, und zwar zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, der Zurückschiebung und der Abschiebung. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet ohne Unterstand und ohne gültiges Reisedokument angetroffen worden, er sei am 9.1.1996 in Wien, N-gasse betreten worden, wobei festgestellt worden sei, daß er sich seit 16.10.1995 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, da er nach einem negativen Asylantrag ohne Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet verblieben sei, ohne die Bestimmungen des zweiten Teiles des Fremdengesetzes zu beachten eingereist sei und keine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes, keinen Sichtvermerk und keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz besitze; er sei ohne Nachweis ausreichender Mittel für den Unterhalt angetroffen worden; die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen sei notwendig gewesen, da er unter Rechtsverletzung in das Bundesgebiet eingereist sei und Mittel für einen gesicherten Unterhalt nicht vorlägen und die Verletzung der in Art 8 MRK geschützten Rechtsgüter zu befürchten sei; der Schutz dieser Rechtsgüter und der Allgemeinheit sei höher zu bewerten als die Nachteile der Schubhaft, sodaß die Maßnahme gerechtfertigt und mangels einer Zustelladresse auch notwendig erscheine. Nach der Rechtsmittelbelehrung, daß gegen diesen Bescheid gemäß § 70 Abs 3 FrG kein Rechtsmittel zulässig sei, folgt noch der Hinweis, daß der Beschwerdeführer gemäß § 51 FrG das Recht habe, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen und daß die Beschwerde auch bei der Bundespolizeidirektion Wien eingebracht werden könne. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10.1.1996 zugestellt, die Zustellbestätigung weist seine Unterschrift und die der Dolmetscherin für die französische Sprache, Frau Mag H, auf.
Bei der Vernehmung am 12.1.1996 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung beabsichtigt sei und daß vorerst der Akt der BH O angefordert werde.
Eine Anfrage beim Bundesministerium für Inneres ergab, daß eine Person mit den angeführten Daten in der Fremdeninformationsdatei nicht vorgemerkt sei, jedoch ein ähnlicher Personendatensatz gefunden worden sei, weshalb eine Identitätsprüfung unbedingt erforderlich sei. Am 16.1.1996 wurden vom Beschwerdeführer Fingerabdrücke und Fotos hergestellt. Laut AIS-Auskunft wurde die Identitätskarte des Beschwerdeführers als "bedenklich" klassifiziert.
Am 19.1.1996 teilte der r Botschafter in B bei einem Telefonat mit dem Beschwerdeführer mit, daß dieser nicht aus R stamme. Mit Schreiben vom 23.1.1996 ersuchte die Bundespolizeidirektion Wien das R Honorarkonsulat in Wien um Ausstellung eines Heimreisezertifikates.
Am 25.1.1996 wurde der Beschwerdeführer wegen Haftunfähigkeit nach einem Hungerstreik aus der Schubhaft entlassen.
Laut Anhaltemeldung vom 27.1.1996 wurde der Beschwerdeführer an diesem Tag in einem Massenquartier in Wien, K-gasse unangemeldet wohnhaft angetroffen. Es wurde abermals die Schubhaft verhängt. Bei der Einvernahme am 31.1.1996 gab der Beschwerdeführer ua an, daß er keinen r Dialekt spreche, am 8.2.1996 wurde er nach einem Hungerstreik als haftunfähig entlassen.
Am 16.2.1996 wurde der Beschwerdeführer anläßlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle neuerlich festgenommen, es wurde die Schubhaft verhängt und am 26.2.1996 nach einem Hungerstreik wieder aufgehoben.
Die Bundespolizeidirektion Wien gewährte dem Beschwerdeführer sodann mit Bescheid vom 27.2.1996 einen Abschiebungsaufschub bis 1.6.1996.
Am 29.2.1996 wurde Beschwerde gegen die Anhaltung vom 16. bis 26.2.1996 erhoben, welche mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6.3.1996, Zl UVS-01/16/30/96, abgewiesen wurde.
Der Beschwerde vom 14.3.1996 gegen die Anhaltung vom 27.1. bis 8.2.1996 wurde mit dem hiesigen Bescheid vom 29.8.1996, Zl UVS-01/10/47/96, Folge gegeben.
Mit Schreiben vom 22.3.1996 teilte das R Honorarkonsulat in Wien mit, daß der Beschwerdeführer kein R sei.
Am 6.3.1996 wurde die vorliegende Schubhaftbeschwerde erhoben und darin behauptet, dem Beschwerdeführer seien - entgegen Art 5 Abs 2 und 4 MRK sowie Art 4 Abs 6 und Art 6 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit - "die Gründe seiner Festnahme, die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen, die Abwägungen der Behörde hinsichtlich Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Haft sowie allfällige Beschwerdemöglichkeiten von der als Dolmetscher herangezogenen Person nicht zur Kenntnis gebracht" worden, "Frau H" sei "keine Dolmetscherin", sie sei - entgegen § 39a iVm § 52 Abs 2 und 4 sowie § 50 AVG - vor der Übersetzung des Schubhaftbescheides nicht "vereidigt und der Wahrheitswiedergabe erinnert sowie auf strafrechtliche Folgen einer falschen Erstattung einer Übersetzung hingewiesen worden". Die Bundespolizeidirektion Wien habe - "gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot des Art 1 Abs 3 PersFrG wie auch gegen Art 4 Abs 7 leg cit" - "in exzessiver Weise" mehrmals die Schubhaft verhängt, "ohne daß eine alsbaldige Abschiebung des Beschwerdeführers aus der Aktenlage heraus absehbar" gewesen wäre; die Ausstellung eines Reisedokumentes sei "von seiten der r Vertretungsbehörden in keinem Stadium der gegenständlichen Schubhaft zu erwarten gewesen", die B Vertretung habe "die r Staatszugehörigkeit des Beschwerdeführers verneint, dies möglicherweise aus ethnisch-politischen Motiven", die in Wien ansässige Vertretung habe "bereits durch ihr aktenkundiges Vorgehen gegenüber der Bezirkshauptmannschaft O bewiesen, daß sie selbst nicht dazu in der Lage ist, dem Beschwerdeführer Reisedokumente auszustellen." Es wurde beantragt, die Anhaltung vom 10. bis 25.1.1996 für rechtswidrig zu erklären und dem Beschwerdeführer den Ersatz der Kosten zuzusprechen. Die Bundespolizeidirektion Wien gab zu der Schubhaftbeschwerde eine Stellungnahme vom 20.3.1996 ab und beantragte ebenfalls den Kostenersatz.
2. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
2.1 Gemäß § 52 Abs 1 Fremdengesetz ist zur Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Der Beschwerdeführer wurde in Wien festgenommen, daher ist der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
2.2 Gemäß § 51 Abs 1 Fremdengesetz hat derjenige, der gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 52 Abs 4 Fremdengesetz jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.
Gemäß § 41 Abs 1 Fremdengesetz können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.
Gemäß Abs 2 der angeführten Bestimmung ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen.
Zur Erlassung des Schubhaftbescheides ist gemäß § 65 Abs 1 Fremdengesetz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gemäß § 67 Abs 2 Fremdengesetz nach dem Aufenthaltsort des Fremden.
Gemäß § 36 Abs 1 Fremdengesetz kann die Behörde Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, zur Ausreise verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint oder sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind. Die Bundespolizeidirektion Wien war zur Erlassung des Schubhaftbescheides sowohl sachlich als auch örtlich zuständig.
2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.3.1996 auf, zu dem Widerspruch Stellung zu nehmen, daß er einerseits in der Beschwerde behaupte, ihm seien die Gründe seiner Festnahme etc nicht zur Kenntnis gebracht worden, es sei ihm lediglich die beabsichtigte Abschiebung zu erkennen gegeben worden, daß aber andererseits die Niederschrift über die ausführliche Vernehmung vom 10.1.1996 von einer Dolmetscherin übersetzt und von ihm unterschrieben wurde.
In der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 11.4.1996 wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und noch ergänzt, aus der Niederschrift vom 10.1.1996 gehe auch nicht hervor, ob "diese Einvernahme überhaupt in einer dem Beschwerdeführer verständlichen Sprache geführt wurde".
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 29.8.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer trotz der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen nicht teilnahm. Sein Vertreter gab an:
"Auf die Frage, wie sich die gegenständliche Verhaftung, die Vernehmung vom 10.1.1996 sowie die Zustellung des Schubhaftbescheides zugetragen hat, gibt der Vertreter bekannt, daß er dazu nichts angeben kann, ebenso nach Vorhalt des Aktenblattes 17 sowie 10 bis 12 des Aktes der BPD Wien. Der Beschwerdeführer erlangte erst am 11.1.1996 durch seinen Rechtsvertreter Kenntnis von den Haftgründen und von der Beschwerdemöglichkeit."
Die Dolmetscherin, Frau Mag Monika H, sagte als Zeugin aus:
"Nach Kenntnisnahme von Aktenblatt 10 bis 12 und 17 des Aktes der BPD Wien: Ich kann mich an die Situation erinnern und die Unterschriften stammen auch von mir. Ich kann mich noch daran erinnern, daß Herr K bei seiner Wohnanschrift die Hausnummer nicht wußte und daher der Beamte festhalten wollte, daß er unterstandslos ist. Im übrigen gebe ich an, daß ich den Bescheid übersetzt habe, wenn sich meine Unterschrift darunter befindet. In solchen Fällen übersetze ich die Teile, die im Bescheid angekreuzt sind. Zu Aktenblatt 10 bis 12 gebe ich an, daß ich bei der Vernehmung wie in jedem solchen Fall die Fragen und Antworten übersetze und am Schluß den protokollierten Text übersetze und mich dabei vergewissere, ob die Übersetzung verstanden wurde. Die Übersetzungen erfolgten in Französisch. Mein Eindruck ist, daß mich Herr K zwar verstanden hat, daß aber die Situation insofern chaotisch war, als der Beamte sehr ungeduldig war und eine gespannte Stimmung war.
Ich bin in der Dolmetscherliste der BPD Wien, und zwar für Französisch. Ich werde ca drei- bis viermal im Jahr zu Übersetzungen herangezogen. Außerdem arbeite ich noch als Sprachlehrerin und Journalistin. Ich habe bei der BPD Wien eine Art eidesstattliche Erklärung abgeben müssen, den genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr. Bei den einzelnen Übersetzungstätigkeiten, zu denen ich von der BPD Wien herangezogen werde, findet jeweils keine Wahrheitserinnerung oder dergleichen statt.
Über Befragen durch den Vertreter des Beschwerdeführers:
Bei Schubhaftbescheiden, wie im Aktenblatt 17, übersetze ich die allgemeinen Teile und die Absätze, die angekreuzt sind. Ich habe sicher auch die Rechtsmittelbelehrung übersetzt. Eine Wahrheitserinnerung oder Beeidigung hat auch bei der Vernehmung am 10.1.1996 nicht stattgefunden.
Ich kann mich auch noch daran erinnern, daß ich nach der Einvernahme die C angerufen habe und mitgeteilt habe, daß sich Herr K in Schubhaft befindet. Einige Wochen später hat er mich angerufen und mir überschwenglich gedankt.
Der Beschwerdeführer hat die französische Sprache beherrscht."
Frau Mag H legte ihr Zeugnis der Universität Wien über die am 11.6.1991 bestandene zweite Diplomprüfung der Studienrichtung Übersetzer- und Dolmetscherausbildung (erste Fremdsprache Französisch, zweite Fremdsprache Spanisch) vor.
Der am 5.9.1996 fortgesetzten Verhandlung blieb der Beschwerdeführer ebenfalls unentschuldigt fern. Die Bundespolizeidirektion Wien gab die Stellungnahme ab, daß Frau Mag H als nichtamtliche Dolmetscherin tätig sei und legte eine mit dieser am 15.9.1994 aufgenommene Niederschrift vor, wonach ihr Name in die Liste der sprachkundigen Personen bei der Bundespolizeidirektion Wien aufgenommen wird und sie unter Eid erklärt, daß sie stets wahrheitsgetreu übersetzen werde.
2.4. Über die Notwendigkeit der Schubhaft zur Sicherung der fremdenpolizeilichen Maßnahmen ist im vorliegenden Fall folgendes zu sagen:
Der Beschwerdeführer reiste illegal mit Hilfe eines Schleppers nach Österreich ein - über den Ort und die Modalitäten machte er in den Vernehmungen widersprüchliche Angaben - und hielt sich hier auch nach der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages weiterhin über 3 Monate lang unrechtmäßig auf. Er war bei der Verhängung der Schubhaft in Wien, N-gasse gemeldet, wohnte jedoch woanders. Weiters besitzt er kein Reisedokument, sondern nur eine als "bedenklich" klassifizierte r Identitätskarte. Der Beschwerdeführer konnte weder Arbeit noch ausreichende Unterhaltsmittel nachweisen, er besaß lediglich einen Betrag von S 450,-- (vgl auch VwGH 13.1.1994, Zl 93/18/0183). Schließlich deutet auch die Abhaltung eines Hungerstreiks nicht darauf hin, daß er bereit ist, mit den österreichischen Behörden zusammenzuarbeiten und ein Verhalten an den Tag zu legen, wie es von ihm zu erwarten wäre.
Das Vorbringen, dem Beschwerdeführer seien "die Gründe seiner Festnahme, die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen, die Abwägungen der Behörde hinsichtlich Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Haft sowie allfällige Beschwerdemöglichkeiten von der als Dolmetsch herangezogenen Person nicht zur Kenntnis gebracht" worden, stellte sich nach Durchführung des Beweisverfahrens als geradezu mutwillig heraus. Denn die Dolmetscherin, Frau Mag H, übersetzte dem Beschwerdeführer sowohl die Niederschrift vom 10.1.1996 als auch den Schubhaftbescheid ins Französische, wie sich aus ihrer glaubwürdigen Zeugenaussage und aus ihrer Unterschrift in diesen Urkunden ergibt. Daß sie diese Sprache ausreichend beherrscht, steht aufgrund der abgelegten zweiten Diplomprüfung fest, und auch der Beschwerdeführer seinerseits gab in der Niederschrift vor der BH O vom 4.9.1995 Sprachkenntnisse in Französisch an. Demgegenüber verabsäumte es der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Aufforderung, seine diesbezüglichen Beschwerdebehauptungen zu präzisieren und glaubhaft zu machen. Während er selbst beiden Verhandlungen unentschuldigt fernblieb, machte sein Vertreter keinerlei Angaben, wie sich die fragliche Vernehmung vom 10.1.1995 und die Zustellung des Schubhaftbescheides für den Beschwerdeführer darstellte. Frau Mag H wurde von der Bundespolizeidirektion Wien mit der Niederschrift vom 15.9.1994 allgemein beeidet und im vorliegenden Fall als nichtamtliche Dolmetscherin im Sinne des § 39a Abs 1 letzter Satz in Verbindung mit § 52 Abs 2 bis 4 AVG beigezogen. Die gemäß § 50 in Verbindung mit § 52 Abs 4 letzter Satz AVG vorgesehene Wahrheitserinnerung und Belehrung über die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Dolmetschtätigkeit erfolgte dabei nicht. Wie jedoch das Beweisverfahren ergab, wurde die fragliche Übersetzung wahrheitsgemäß durchgeführt und lag auch kein Fall des § 49 Abs 1 Z 1 AVG vor. Etwas Gegenteiliges wurde vom Beschwerdeführer nicht einmal konkret behauptet. Es ist auch nicht ersichtlich, daß bei Beachtung der Regelung des § 50 AVG die Vernehmung anders verlaufen wäre. Bei dieser Sachlage führte also der Verstoß gegen § 50 AVG nicht dazu, daß der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht verletzt worden wäre, sodaß diese Rechtswidrigkeit vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien nicht aufzugreifen war. Wenn in der Beschwerde weiters vorgebracht wird, dem Akt sei nicht zu entnehmen, daß die Dolmetscherin "auf strafrechtliche Folgen einer falschen Erstattung einer Übersetzung hingewiesen worden wäre", so kann damit keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt werden, weil solche strafrechtlichen Folgen einer falschen Übersetzung seit dem Inkrafttreten des StGB nicht mehr vorgesehen sind und daher dieser Teil des § 50 AVG für Dolmetscher gar nicht anwendbar ist.
Bei der geschilderten Sachlage verstieß die Verhängung der Schubhaft vom 10. bis 25.1.1996 nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien auch keineswegs "gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot", wie der Beschwerdeführer meint. Die Bundespolizeidirektion Wien war vielmehr während dieser 16 Tage bemüht, seine Identität und Staatsangehörigkeit zu klären und ein Heimreisezertifikat zu beschaffen. Daß dies letztlich nicht möglich war, konnte zum gegenständlichen Zeitpunkt noch nicht vorhergesehen werden. Dabei wurde auch nicht "die Einbuße der körperlichen Integrität des Beschwerdeführers durch seinen Hungerstreik in Kauf genommen", sondern der Beschwerdeführer wurde bei Eintritt der Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen. Es wäre auch an ihm gelegen, etwaige befürchtete Gesundheitsrisken durch Beendigung seines Hungerstreiks zu vermeiden. Im übrigen wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die Prüfung, ob die Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, nicht im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen hat. Nach § 36 Abs 2 erster Satz FrG ist nämlich die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie ua aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint (vgl VwGH 28.7.1995, Zl 95/02/0062 ua). Aus diesen Gründen war die Beschwerde abzuweisen.
3. Gemäß § 79a AVG sind der obsiegenden Partei die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten seitens der unterlegenen Partei zu ersetzen.
Daher waren dem Bund der Ersatz für den Vorlageaufwand von S 565,-- und den Verhandlungsaufwand von S 3.500,-- antragsgemäß zuzusprechen, während für die Stellungnahme vom 20.3.1996 der Schriftsatzaufwand nicht gebührte, weil diese nur auf ein anderes Schreiben verwies und somit die Voraussetzungen des § 79a AVG nicht erfüllte.