Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Mitglieder Dr Maukner als Vorsitzenden, Mag Schwächter als Berichterin und Dr Osinger als Beisitzer über die Berufung des Herrn Gerhard S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 12.3.1996, Zl MBA 4/5 - S 1299/96, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z 25 GewO 1994 iVm näher angeführten Bescheidauflagen (Spruchpunkte A) I) und II) 1-6) und § 366 Abs 1 Z 3 2. Tatbestand GewO 1994 (Spruchpunkt B), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 4.12.1996 wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in Ansehung der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzten Verwaltungsvorschriften zu den Spruchpunkten A) I) und II) 1)-6) "§ 367 Z 25 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, iVm ad A I) der mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31.3.1988, Zl MBA 4/5 - Ba 36.886/1/87, vorgeschriebenen Auflage, ad A) II) 1) den Auflagenpunkten 7 und 9, ad A) II) 2) dem Auflagenpunkt 10, ad A
II) 3) dem Auflagenpunkt 21, ad A) II) 4) dem Auflagenpunkt 44 iZm dem Unterpunkt 3.6. der ÖNORM B 3850 (idF vom 1.5.1976), ad A) II)
5) dem Auflagenpunkt 46 iZm § 21 Abs 3 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 265/1951, und ad A) II) 6) dem Auflagenpunkt 49 des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - Ba 36.886/1/82", lauten. In Ansehung der Straffrage wird der Berufung insofern Folge gegeben, als zu Spruchpunkt A) I) eine Geldstrafe von S 30.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und die zu den Spruchpunkten A) II) 1)-6) verhängten Geldstrafen von je S 30.000,-- auf das im folgenden angeführte Ausmaß herabgesetzt werden:
ad A) II) 1) und 4) auf je S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit je 1 Tag 3 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, ad A) II) 2), 3) und 6) auf je S 5000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit je 2 Tage 7 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, und ad A) II) 5) auf S 7.500,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Die zu Spruchpunkt B) verhängte Geldstrafe von S 50.000,-- wird auf S 20.000,--, und die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen wird auf 5 Tage 12 Stunden, herabgesetzt. Die Strafsanktionsnorm zu Spruchpunkt B) lautet "§ 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994".
Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG von insgesamt S 32.000,-- auf 7.850,--.
Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht auferlegt.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastungen:
"Sie haben als gewerberechtlicher Filialgeschäftsführer der B-Aktiengesellschaft mit dem Sitz in N, für die Filiale in Wien, P-gasse zu verantworten,
A) daß in der Betriebsanlage in Wien, P-gasse, folgende Auflagen
von rechtskräftigen Bescheiden des Magistratischen Bezirksamtes für den 4./5. Bezirk nicht eingehalten waren:
I) Bescheid vom 31.3.1988, MBA 4/5 - BA 36.886/1/87, wonach im Hausflur und im Hof Lagerungen jeglicher Art, insbesonders jedoch von brennbarem Verpackungsmaterial (Altpapier, Leer- Kartonagen) verboten sind, da am 6.1.1996 um 0.46 Uhr Pappkartons und Plastikkisten, am 8.1.1996 um ca 11 Uhr zumindest neun Plastikkisten (Fa A), andere Plastikkisten und zumindest vier Rollkontainer mit Kartonagen sowie am 24.1.1996 um 8.30 Uhr 42 Plastikkisten sowie um 9 Uhr zusätzlich ein Rollkontainer mit Plastikkisten und Kartonagen und ein Einkaufswagen mit Kartonagen im Hausflur gelagert waren.
II) Bescheid vom 17.2.1983, MBA 4/5 - BA 36.886/1/82 (Tatzeit jeweils 24.1.1996, 9 Uhr):
1) Auflage Nr 7 3. Satz, wonach die Mindestbreite von Hauptverkehrswegen 1,80 m betragen muß, sowie Auflage Nr 9 1. Halbsatz, wonach Hauptverkehrswege nicht verstellt oder eingeengt werden dürfen, da der Hauptverkehrsweg beim Eingang nach dem Schwenkbalken durch Einkaufswagen auf eine Breite von nur 25 cm und im Verkaufsraum im Bereich des gartenseitigen Stiegenhauses neben dem Regal mit Reinigungsmitteln (Ajax, Clin, etc) durch WC-Papierpackungen (18 übereinander) auf eine Breite von nur 1,00 m eingeengt war.
2) Auflage Nr 10 2. Satz, wonach allfällige Notausgänge versperrt sein dürfen, die dazugehörigen Schlüssel jedoch in unmittelbarer Nähe der Türen leicht erreichbar und sichtbar angebracht werden müssen, da die zweiflügelige Notausgangstüre vom Lager in den Hof versperrt war, aber kein Schlüssel für diese Türe in unmittelbarer Nähe der Türe vorhanden war.
3) Auflage Nr 21, wonach nächst dem Ausgang ein Abstellplatz für Einkaufswagen anzulegen und abzugrenzen ist, sodaß abgestellte Einkaufswagen nicht selbst abrollen können, da der Abstellplatz für die Einkaufswagen beim Ausgang nicht abgegrenzt war, sodaß zumindest 16 Einkaufwagen in den Eingangsbereich hineingerollt waren.
4) Auflage Nr 44, wonach die Türe vom Lager in das Verkaufslokal brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen ist, da der Selbstschließmechanismus dieser Türe ausgehängt war und in das linke obere Eck des Türrahmens (vom Lager aus gesehen) Kabel mit einem Klebeband fixiert waren sowie der Türflügel in offenem Zustand mittels einer Palette gehalten wurde.
5) Auflage Nr 46 1. und 2. Satz, wonach als Notausgang im Sinne der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung die Ausgänge vom Lokal in den Garten, vom Lokal in den Durchgang zum Hof und vom Lager in den Hof einzurichten, zu bezeichnen und zu erhalten sind, sowie ein unverstellter, ausreichend beleuchteter Weg ins Freie gewährleistet sein muß, da
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der Notausgang vom Lokal in den Durchgang durch einen Rollkontainer mit Kartonagen und einen Warenkorb mit Flaschen,
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der Notausgang vom Lokal in den Garten durch Schachteln (Aufschrift "Kronen"), rote Plastikkisten (Fa A), einen Einkaufswagen mit Kartonagen und einen Warenkorb sowie
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der Notausgang vom Lager in den Hof durch einen Rollkontainer, einen Warenkorb mit LEO-Schokoladen und einen Einkaufswagen mit Plastikfolien
jeweils betriebsanlagenseitig verstellt waren.
6) Auflage Nr 49, wonach als erste Löschhilfe leicht erreichbar, gut sichtbar und stets gebrauchsfähig unter anderen fünf Handfeuerlöscher, geeignet für die Brandklasse A (10 l Naßfeuerlöscher), im Verkaufslokal und im Lagerbereich bereitzuhalten sind, da der Handfeuerlöscher rechts neben dem Notausgang vom Lager in den Hof durch Getränkekisten mit Weinflaschen so verstellt war, daß man nicht unmittelbar zu dem Aufstellungsort des Feuerlöschers gelangen konnte.
B) daß von 24.1.1996 bis 27.2.1996 in der Betriebsanlage in Wien,
P-gasse, im Kassenbereich vier Hauptkassen so aufgestellt wurden, daß die Durchgangsbreiten zwischen den Kassen bzw der Mauer an der linken Grundgrenze (in Blickrichtung von der Gasse in die Betriebsanlage) 60 cm, 57 cm, 57 cm und 55 cm betrugen. Sie haben dadurch die Betriebsanlage gegenüber dem Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes vom 23.8.1985, MBA 4/5 - Ba 36.886/2/85, in einem geänderten Zustand betrieben, da mit diesem Bescheid nur drei Hauptkassen und eine Notkassa genehmigt wurden, wobei zwischen der Kassa 1 und der Mauer an der linken Grundstücksgrenze ein Fluchtweg mit einer Breite von 1,20 m vorgesehen wurde, in den nunmehr die vierte Kassa gestellt wurde. Durch diese Änderung war die Betriebsanlage geeignet, die Kunden im Gefahrenfall zusätzlich in ihrem Leben und ihrer Gesundheit zu gefährden, da ein rasches und sicheres Verlassen der Betriebsanlage nicht mehr gewährleistet ist, wenn die Einkaufswagen die derzeitigen Durchgangsbreiten zwischen den Kassen von max 60 cm blockieren. "
Der Berufungswerber habe dadurch ad A) § 367 Z 25 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, idgF, iVm den angeführten Auflagen, und ad B) § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Tatbestand GewO 1994 verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe von ad A) I) je Tatzeit (Tag) S 30.000,--, ad II) 1)-6) je S 30.000,-- und ad B) S 50.000,-- (insgesamt S 320.000,--), im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von ad A) I) je Tatzeit 2 Wochen, ad A) II) 1)-6) je zwei Wochen und ad B) 2 Wochen (insgesamt 20 Wochen), verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt S 32.000,-- auferlegt wurde. Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Zu Spruchpunkt A) I) führt der Berufungswerber aus, daß der Hausflur und der Hof für jedermann zugänglich seien und aus der Tatsache, daß im Haus und im Hof Lagerungen stattgefunden hätten, keinesfalls folge, daß diese vom Beschuldigten oder von Dienstnehmern der B-AG oder auch nur von Lieferanten der gegenständlichen Filiale getätigt worden seien. Hier hätte es eines sorgfältig geführten Verfahrens bedurft, die Kausalität der Lagerungen zu erkunden.
Zu Spruchpunkt A) II) 1) wandte der Berufungswerber ein, daß der ihm zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert sei.
Zu den Spruchpunkten A) II) 2), 5) und 6) brachte der Berufungswerber vor, daß er den ihm zur Last gelegten Sachverhalt ausdrücklich bestreite und zu Spruchpunkt A) II) 3), daß sich aus dem angeführten Auflagenpunkt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides die Rechtswidrigkeit des angeführten Sachverhaltes nicht ergebe.
Zu Spruchpunkt A) II) 4) führte der Berufungswerber aus, daß durch den angeführten Punkt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides die Ausführung einer genau bezeichneten Türe als "brandhemmend" (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 vorgeschrieben sei. Die Eigenschaft "brandhemmend" (T 30) sei eine in der ÖNORM B 3850 genau definierte Fähigkeit der jeweiligen Türe, einem Brand zu widerstehen. Durch eine derartige Vorschrift werde aber keinesfalls eine Ausführung der Türen auch im Hinblick auf andere Ausführungsmerkmale, wie sie allenfalls in der ÖNORM B 3850 enthalten seien, vorgeschrieben. Darüber hinaus hätte es einer wörtlichen Anführung des entsprechenden Punktes der ÖNORM (in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides geltenden Fassung) bedurft, um das Tatbild hinreichend zu konkretisieren. Weiters könne selbst dann, wenn durch den Auflagenpunkt die Ausführung der Tür im Hinblick auf sämtliche in der ÖNORM B 3850 enthaltenen Momente vorgeschrieben wäre, nur die Ausführung der Tür gemeint sein, nicht aber eine bestimmte Verwendung der Türe. Es liege daher jedenfalls keine Verwaltungsübertretung vor, wenn die Türe entsprechend ausgeführt sei.
Zu Spruchpunkt B) wandte der Berufungswerber ein, daß es nicht ersichtlich sei, wodurch sich eine "Notkassa" von einer "Hauptkassa" unterscheide und inwieweit überhaupt eine Ersetzung begrifflich angenommen werden könne. Das Verhalten des Beschuldigten sei daher keinesfalls tatbildlich.
Weiters wird eingewendet, daß das Verschulden des Berufungswerbers selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering wäre, da der Beschuldigte stets alles in seiner Macht stehende unternommen habe, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Er habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Daß es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspreche die über den Beschuldigten verhängte Strafe - selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre - nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und sei daher rechtswidrig. Der Berufungswerber habe keine einschlägigen Vorstrafen und hätten die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Der Berufungswerber sei für drei Personen sorgepflichtig, habe ein durchschnittliches monatliches Einkommen von S 23.000,--, kein Vermögen und S 6.000,-- monatlich an Rückzahlungen für die Schaffung eines Eigenheimes zu leisten. Angesichts eines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise werde gerügt, daß die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen worden sei.
Am 4.12.1996 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der die Zeugen Ing Walter D, Ing Manfred H, Rechtsanwalt Dr Michael B und DiplIng Raimund P als Zeugen einvernommen wurden.
Zu Spruchpunkt A) I):
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31.3.1988, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/87, wurde gemäß § 79 GewO 1973 sowie § 27 Abs 5 Arbeitnehmerschutzgesetz folgende zusätzliche Auflage und Bedingung vorgeschrieben: "Im Hausflur und im Hof sind Lagerungen jeglicher Art, insbesonders jedoch vom brennbaren Verpackungsmaterial (Altpapier, Leerkartonagen) verboten."
Der Zeuge DiplIng P gab an, daß er den Feuerwehreinsatz vom 6.1.1996 in Wien, P-gasse, geleitet habe und seien bereits beim Eintreffen der Feuerwehr Kartons und Getränkekisten aus Plastik in einem heftig entwickelten Brand gestanden. Soweit er sich erinnern könne, seien die Kartons teilweise in einem Einkaufswagen gelagert gewesen. Die Plastikkisten seien im Zeitpunkt des Eintreffens aufgrund der großen Hitze bereits geschmolzen gewesen, sodaß teilweise auch schon ein Fließbrand vorhanden gewesen sei. Er schätze, daß das Lagervolumen der Plastikkisten und der Kartons 2 m3 betragen habe. Das Stiegenhaus sei ebenfalls bei ihrem Eintreffen schon stark verraucht gewesen und sei unter Atemschutz durch Öffnen der Fenster sowie unter Einsatz eines elektrischen Ringlüfters gelüftet worden. Er habe in seinem Bericht angegeben, daß der Brand vermutlich durch Brandstiftung verursacht worden sei, da eine andere Zündquelle ausgeschlossen werden habe können und aufgrund des schon stark fortgeschrittenen Brandes eine punktuelle Feststellung der Brandentstehung nicht mehr möglich gewesen sei.
Der Zeuge Rechtsanwalt Dr B, dessen Kanzlei sich in Wien, P-gasse befindet, gab an, daß er bei der Ortsverhandlung am 24.11.1996 4 Fotos vorgelegt habe, auf denen der Hauseingang und der Hausflur des gegenständlichen Hauses am 8.1.1996, ca 11.00 Uhr, abgebildet sei. Auf diesen Fotos sei ersichtlich, daß auch an diesem Tag - wie ständig - brennbares Material in einem größeren Ausmaß im Hausflur gelagert gewesen sei. Am 8.1.1996 seien gegen 11.00 Uhr leere Plastikgebinde, mehrere Rollkontainer mit Kartonagen im Hausflur gelagert gewesen, wobei diese Rollkontainer den etwa 10 m langen Hausflur entlang hintereinander aufgereiht gewesen seien. Am 8.1.1996 seien die Lagerungen im Vergleich zu sonstigen Tagen noch relativ gering gewesen, sei es doch auch schon vorgekommen, daß lediglich eine Durchgangsbreite von 25 cm übrig geblieben sei. Es sei ständig vorgekommen, daß nicht nur leere Plastikkisten und Kartons im Hausflur gelagert worden seien, sondern sei dieser Hausflur auch zur Lagerung von Warenlieferungen verwendet worden. Ob auch am 8.1.1996, gegen 11.00 Uhr, neben den Plastikkisten und Kartonagen solche Lagerungen im Hausflur abgestellt waren, könne er aber heute nicht sagen. Die Fotos vom 8.1.1996 habe er deshalb gemacht, da es zwei Tage zuvor im Hausflur gebrannt habe und er darüber sehr empört gewesen sei, daß zwei Tage später schon wieder Lagerungen erfolgt seien und auch deshalb, weil die bisherigen diesbezüglichen Interventionen erfolglos geblieben seien. Er habe am 8.1.1996 bei der Vornahme der Lagerungen niemanden beobachtet, es seien aber - wie immer - Ablagerungen der Firma B gewesen. Den vom Zeugen Dr B vorgelegten, am 8.1.1996 aufgenommenen Fotos ist zu entnehmen, daß neben Plastikkisten und Kartonagen jedenfalls vier hintereinander aufgereihte mit Kartonagen befüllte Rollkontainer abgestellt waren, wobei es sich bei diesen in den Firmenfarben (rot/gelb) lackierten Rollkontainern um solche handelt, die - wie sich aus den von Herrn Ing H am 24.1.1996 aufgenommenen Fotos ergibt - auch innerhalb der Betriebsanlage in Verwendung gestanden sind.
Der Zeuge Herr Ing H gab als Zeuge an, daß er anläßlich der Revision vom 24.1.1996 die in seinem Bericht vom 6.2.1996 angeführten Mängel festgestellt und die im erstinstanzlichen Akt einliegenden diesbezüglichen Fotos (Nr 1-18) angefertigt habe. Diesen von Herrn Ing H aufgenommenen Fotos ist ua zu entnehmen, daß am 24.1.1996 42 Plastikkisten (ua mit der Aufschrift A) und ein rot/gelb lackierter Rollkontainer mit Plastikkisten und Kartonagen sowie ein Einkaufswagen mit gelb/roter Griffstange (siehe auch die Fotos Nr 8 und 11, auf denen solche im Verkaufsraum befindliche Einkaufswagen abgebildet sind), in dem zusammengefaltete Kartonagen aufgestapelt waren, im Hausflur gelagert waren (siehe Fotos Nr 1, 2, 5-7).
Aufgrund der oben angeführten Zeugenaussagen und den im erstinstanzlichen Akt einliegenden Fotos wird der dem erstinstanzlichen Straferkenntnis im Spruchpunkt A) I) umschriebene Sachverhalt als erwiesen angenommen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien vertritt jedoch die Auffassung, daß - entgegen der Erstbehörde, die vom Vorliegen dreier selbständiger Taten ausgegangen ist und daher drei Strafen verhängt hat - im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes gegeben sind. Unter einem fortgesetzten Delikt ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl ua VwGH 19.11.1986, 86/09/0142). Fahrlässige Begehungen scheiden für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes aus. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefaßt hat (Gesamtvorsatz) ist es gerechtfertigt, ihn nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 866). Die im Spruchpunkt A) I) angelasteten Einzelhandlungen stehen zweifelsohne in einem engen zeitlichen Zusammenhang und sind auch aufgrund der äußeren Umstände als gleichartig zu qualifizieren. Was die Voraussetzung des Vorliegens eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Berufungswerbers betrifft, so ist insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen Dr B davon auszugehen, daß es sich bei den im Spruchpunkt A) I) angeführten Lagerungen nicht bloß um vereinzelte, kurzzeitig erfolgte Lagerungen gehandelt hat, sondern daß der Hausflur ständig für Lagerungen etwa von Plastikkisten, Rollkontainern mit Kartonagen aber auch Warenlieferungen beansprucht wurde, was dem Berufungswerber, der seinen Angaben nach in der Betriebsanlage laufend, zumeist täglich, Kontrollen durchgeführt hat, bekannt gewesen sein mußte. Im Hinblick darauf, daß die B-AG den Hausflur trotz des Brandes am 6.1.1996, bei dem die von der B-AG im Hausflur gelagerten Pappkartons und Plastikkisten in Brand geraten sind, weiterhin zu Lagerungen verwendet hat und der Berufungswerber nicht einmal nach diesem Brand konkrete Maßnahmen getroffen hat, um die Vornahme von Lagerungen im Hausflur abzustellen, ist im vorliegenden Fall jedenfalls davon auszugehen, daß der Berufungswerber die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, weshalb ihm zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen war.
Zu dem Spruchpunkt A) II) 1):
Gemäß Auflagenpunkt 7 dritter Satz des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/82, muß die Mindestbreite der Hauptverkehrswege 1,80 m betragen.
Gemäß Auflagenpunkt 9 des zitierten Bescheides dürfen Hauptverkehrswege nicht verstellt oder eingeengt werden, die Einhaltung ihrer Breite ist durch geeignete Maßnahmen (unverrückbare Einrichtungen, Podeste, Bodenmarkierungen der Wegränder uä) zu sichern.
Aufgrund der Aussage des Herrn Ing H, wonach im fraglichen Zeitpunkt der Hauptverkehrsweg beim Eingang nach dem Schwenkbalken durch Einkaufswagen auf eine Breite von 25 cm und der Hauptverkehrsweg im Verkaufsraum selbst neben dem Regal mit den Reinigungsmitteln durch eine Lagerung von WC-Papierpackungen auf eine Breite von 1 m eingeengt gewesen sei und diese Einengungen auf den Fotos Nr 8 und 9 ersichtlich seien, ist der in diesem Spruchpunkt umschriebene Sachverhalt als erwiesen anzusehen und von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes auszugehen.
Zu Spruchpunkt A) II) 2):
Gemäß Auflagenpunkt 10 des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/82, sind während der Anwesenheit von Kunden die Ausgänge unversperrt zu halten. Allfällige Notausgänge dürfen versperrt sein, doch müssen die dazugehörigen Schlüssel in unmittelbarer Nähe der Türen leicht erreichbar und sichtbar angebracht werden.
Der Zeuge Ing H gab dazu an, daß die Notausgangstüre vom Lager in den Hof, die auf den Fotos Nr 16 und 17 abgebildet sei, im Zeitpunkt der Erhebung versperrt und ein Schlüssel für diese Türe nicht in unmittelbarer Nähe vorhanden gewesen sei. Er habe bei der Erhebung probiert, die Türe zu öffnen und habe, da diese versperrt gewesen sei, nach einem Schlüssel gefragt. Es sei dann so gewesen, daß man nach einem Schlüssel suchen gegangen sei, ein solcher Schlüssel aber nicht gefunden werden habe können. Die Tür sei zwar mit einem Notausgangsriegel ausgestattet gewesen und habe mit einem großen Kraftaufwand nach mehreren Versuchen geöffnet werden können, wobei das aber aufgrund des Schlosses, und zwar wegen des in den Türflügel hineinragenden Schloßriegels, sehr schwer gewesen sei.
Aufgrund dieser Angaben des Zeugen Ing H ist als erwiesen anzusehen, daß am 24.1.1996 die zweiflügelige Notausgangstüre vom Lager in den Hof versperrt und kein Schlüssel für diese Türe in unmittelbarer Nähe der Türe vorhanden gewesen war und war daher der objektive Tatbestand der in diesem Spruchpunkt angelasteten Verwaltungsübertretung als verwirklicht anzusehen.
Zur Spruchpunkt A) II) 3):
Gemäß Auflagenpunkt 21 des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/82, ist nächst dem Ausgang ein Abstellplatz für Einkaufswagen anzulegen und abzugrenzen, daß abgestellte Einkaufswagen nicht selbst abrollen können. In der mündlichen Verhandlung gab der Zeuge Ing H an, daß zum Erhebungszeitpunkt beim Abstellplatz für die Einkaufswagen in der Nähe des Ausganges überhaupt keine Abgrenzung vorhanden gewesen sei, sodaß Einkaufswagen in den Eingangsbereich hineingerollt seien und sei dies auf dem Foto Nr 8 ersichtlich.
Aufgrund der Aussage des Zeugen Ing H steht fest, daß am 24.1.1996 der Abstellplatz für Einkaufswagen nicht abgegrenzt war und Einkaufswagen mangels einer solchen Abgrenzung ungehindert in den Einangsbereich hineingerollt sind, weshalb der im Spruchpunkt A) II) 3) umschriebene Sachverhalt als erwiesen anzusehen und von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der dem Berufungswerber in diesem Spruchpunkt zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen war.
Zu Spruchpunkt A) II) 4):
Gemäß Auflagenpunkt 44 des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/82, sind folgende einflügelige Türen brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen: Die Türe vom Lager in das Verkaufslokal und die Türen von den beiden Papierlagerräumen zum Kältemaschinenraum und zum Heizraum. Der unter der Überschrift "Ausführung und Konstruktion" angeführte Punkt 3.6. der ÖNORM B 3850 (in der Fassung 1.5.1976), der wiederum mit "Selbstschließung" überschrieben ist, lautet:
"Brandabschlüsse müssen so eingerichtet sein, daß sie selbst ins Schloß fallen. Bei Selbstschließvorrichtungen dürfen keine auf Verdrehung beanspruchten Flachfedern verwendet werden."
Gemäß dem mit "Begriffsbestimmungen" überschriebenen Punkt 2 der ÖNORM B 3850 (in der Fassung 1.5.1976) sind Brandabschlüsse der Brandwiderstandsklassen T 30 bis T 90 nach dieser ÖNORM Türen und Einstiegluken in Wänden und Decken mindestens der gleichen Widerstandsklasse (siehe ÖNORM B 3800). Türblätter, Türstöcke usw sind als Einheit wie bei der Prüfung zu betrachten. Der Zeuge Ing H gab zu diesem Spruchpunkt an, daß bei der Brandschutztüre vom Lager in den Verkaufsraum der Selbstschließmechanismus ausgehängt gewesen (siehe Foto Nr 13), in der oberen Ecke ein mit Klebeband befestigter Kabelstrang ein vollständiges Zumachen unmöglich gemacht habe (siehe Foto Nr 13) und die Türe außerdem durch eine Palette in Offenstellung gehalten worden sei (siehe Foto Nr 12).
Aufgrund dieser Angaben war im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Brandschutztüre vom Lager in den Verkaufsraum aus den vom Zeugen genannten Gründen, die auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt sind, nicht so eingerichtet war, daß sie von selbst ins Schloß gefallen wäre.
Dem oben wiedergegebenen Einwand des Berufungswerbers, daß aus der Textierung der Bescheidauflage, wonach eine genau bezeichnete Türe "brandhemmend" (T 30) im Sinne der ÖNORM B 3850 auszusführen sei, bloß zu entnehmen sei, daß diese Türe einen ganz bestimmten in der ÖNORM definierten Brandwiderstand aufweisen müsse, nicht aber, daß diese Türe auch im Hinblick auf andere Ausführungsmerkmale, wie sie allenfalls in der ÖNORM B 3850 enthalten seien, vorgeschrieben werde, ist entgegenzuhalten, daß nach dem oben wiedergegebenen Wortlaut der diesbezüglichen Bestimmungen der ÖNORM B 3800 (in der Fassung vom 1.5.1976), die mit "Ausführung und Konstruktion" überschriebenen Türblätter, Türstöcke (Zargen), Türschlösser, Drücker, Türbänder, Selbstschließung, Verglasungen und Schauöffnungen "als Einheit" mit den eigentlichen Brandschutzabschlüssen (einflügelige Drehtüren und Einstiegluken) zu betrachten sind und daß es sich bei der im Auflagenpunkt 44 normierten Verpflichtung, die in dieser Auflage angeführten Türen brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen, nicht um eine bloße Verpflichtung zum Einbau einer solchen Brandschutztüre, sondern - entsprechend der eigentümlichen Bedeutung der zur Umschreibung der Verpflichtung verwendeten Worte in ihrem Zusammenhang und entsprechend dem Zweck der Auflage, den Durchtritt von Feuer und Rauch trotz begehbarer Öffnungen in Wänden durch die Bildung von Brandabschnitten zu verhindern - um die Verpflichtung zum dauernden Aufrechterhalten des selbsttätigen Schließvorganges handelt.
Da im vorliegenden Fall sowohl durch die außer Funktion gesetzte Selbstschließvorrichtung, durch die Kabelführung sowie die Fixierung der Türe mittels einer Palette in Offenstellung die gegenständliche Türe nicht so eingerichtet war, daß diese selbst ins Schloß gefallen wäre und diese somit nicht den an eine Brandschutztüre im Sinne der ÖNORM B 3850 gestellten selbstschließenden Anforderungen entsprochen hat, war vom Vorliegen des objektiven Tatbestandes auszugehen.
Zu Spruchpunkt A) II) 5):
Gemäß Auflagenpunkt 46 des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MA 4/5 - BA 36886/1/82, sind als Notausgang im Sinne der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung einzurichten, zu bezeichnen und zu erhalten: Vom Lokal in den Garten, vom Lokal in den Durchgang zum Hof und vom Lager in den Hof. Es muß ein unverstellter, ausreichend beleuchteter Weg ins Freie gewährleistet sein. Die Kennzeichnungen sind gemäß ÖNORM F 5000 auszuführen.
Gemäß § 21 Abs 3 der Allgemeinen Dienstnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 265/1951, sind Notausgänge und Notausgangsstiege sowie die Zugänge zu diesen als solche deutlich sichtbar zu bezeichnen; sie dürfen nicht verstellt werden.
Der Zeuge Ing H gab an, daß der Notausgang vom Lokal in den Durchgang zum Hof durch einen Rollkontainer mit Kartonagen (siehe Foto Nr 10), der Notausgang vom Lokal in den Garten durch A-Plastikkisten und Kartonagen (siehe Foto Nr 11) und der Notausgang in den Hof durch einen Rollkontainer und einen Warenkorb mit Schokolade (siehe Fotos Nr 16 und 17) verstellt gewesen sei.
Aufgrund dieser Aussage des Zeugen Ing H wird der im Spruchpunkt
A) II) 5) umschriebene Sachverhalt als erwiesen angenommen,
weshalb vom Vorliegen des objektiven Tatbestandes von der vom Berufungswerber in diesem Spruchpunkt zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen war.
Zu Spruchpunkt A) II) 6):
Gemäß Auflagenpunkt 49 des Betriebsanlagenbescheides vom 17.2.1983, Zl MBA 4/5 - BA 36886/1/82, sind ua als erste Löschhilfe leicht erreichbar, gut sichtbar und stets gebrauchsfähig 5 Handfeuerlöscher, geeignet für die Brandklasse A (10 l Naßfeuerlöscher) im Verkaufslokal und im Lagerbereich bereitzuhalten.
Zu diesem Spruchpunkt gab der Zeuge Ing H an, daß der rechts neben dem Notausgang vom Lager in den Hof angebrachte Handfeuerlöscher nicht leicht erreichbar gewesen sei, da dieser durch Lagerungen von Getränkekisten verstellt gewesen sei (siehe Fotos Nr 14 und 15).
Aufgrund dieser Angaben des Zeugen Ing H und den diesbezüglichen Fotos ist als erwiesen anzusehen, daß der Handfeuerlöscher rechts neben dem Notausgang vom Lager in den Hof durch Getränkekisten, nämlich mit Weinflaschen, so verstellt gewesen ist, daß man nicht unmittelbar zu dem Aufstellungsort des Feuerlöschers gelangen konnte und war daher von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in diesem Spruchpunkt angelastete Verwaltungsübertretung auszugehen.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Der Zeuge Ing D gab dazu an:
"Ich war sowohl bei der Erhebung am 24.1.1996 sowie am 27.2.1996 in der gegenständl Betriebsanlage. Anläßlich dieser beiden Erhebungen konnte ich feststellen, daß im Kassenbereich zusätzlich zu den 3 genehmigten Kassen eine 4. Kassa aufgestellt war, und zwar so, daß die Durchgangsbreite zwischen den im Grundriß (Bl 20) eingezeichneten Kassen 1-3 verringert wurde und neben der Kassa 1 eine 4. Kassa entlang der linken Grundgrenze aufgestellt wurde. Die im Plan eingezeichnete Notkassa befand sich zum Zeitpunkt der Erhebungen nicht wie eingezeichnet im Kassenstauraum. In meiner Niederschrift habe ich auch festgehalten, auf welche Breite die Durchgangsbreiten zwischen den Kassen eingeengt wurden. Die gegenständl Änderung wäre mit Sicherheit nicht genehmigungsfähig, da die erforderliche Durchgangsbreite von 1,20 m nicht eingehalten wäre. Aufgrund der Größe dieses SB-Ladens ist eine solche Durchgangsbreite auf jeden Fall erforderlich und wurde diese deshalb auch im Betriebsanlagenplan, der einen Teil des Genehmigungsbescheides bildet, vorgesehen.
Über Befragen der BwV:
Die von mir in der Niederschrift angeführten Zentimeterangaben
habe ich mit einem Maßstab gemessen.
Anläßlich einer weiteren Erhebung im Herbst 1996 konnte ich feststellen, daß die Kassenaufstellung entsprechend dem Genehmigungsbescheid durchgeführt wurde."
§ 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 erfaßt mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage, durch die sich die im § 74 Abs 2 Z 1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen sonstigen Einwirkungen ergeben können (vgl VwGH 17.2.1987, 85/04/0191). Aufgrund der oben wiedergegebenen Aussage des Zeugen Ing D steht als erwiesen fest, daß die gegenständliche Betriebsanlage im angelasteten Zeitraum in einem geänderten Zustand, der darin gelegen war, daß die Durchgangsbreiten zwischen den Kassen bzw der Mauer an der linken Grundgrenze (in Blickrichtung von der Gasse in die Betriebsanlage) 60 cm, 57 cm, 57 cm und 55 cm betrugen, wobei der mit einer Breite von 1,20 m vorgesehene Fluchtweg zwischen der Kassa 1 und der Mauer an der linken Grundstücksgrenze durch die Aufstellung einer vierten Kasse nunmehr 60 cm betragen hat, betrieben wurde, wobei die vorgeschriebene Durchgangsbreite von 1,20 m zwischen der Kassa 1 und der Mauer an der linken Grundgrenze jedenfalls erforderlich gewesen wäre, um den Kunden ein rasches und sicheres Verlassen der Betriebsanlage im Brandfall zu ermöglichen. Der im Spruchpunkt B) umschriebene Sachverhalt war daher als erwiesen anzusehen und war von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in diesem Spruchpunkt angelasteten Verwaltungsübertretung auszugehen.
Zur subjektiven Tatseite:
Bei den in den Spruchpunkten A) II) 1)-6) und B) angelasteten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um sogenannte Ungehorsamsdelikte, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Die allgemein gehaltene Behauptung des Berufungswerbers, er habe stets alles in seiner Macht stehende unternommen, um Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert, reicht jedenfalls nicht aus, mangelndes Verschulden darzutun, sodaß die ihm in den Spruchpunkten A) II) 1) bis 6) und B) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auch in Ansehung der subjektiven Tatseite als verwirklicht anzusehen waren.
Die Abänderung im Spruch diente der richtigen Zitierung der
heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Zu den Spruchpunkten A) I) und II) 1)-6):
Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Bei der Strafzumessung wurde das unterschiedliche Ausmaß der Verletzung des Interesses an einer Hintanhaltung (unter anderem) einer Schädigung oder Gefährdung von Leben und Gesundheit der Kunden berücksichtigt.
Hinsichtlich der im Spruchpunkt A) I) angelasteten Verwaltungsübertretung fällt dem Berufungswerber - wie bereits oben ausgeführt - vorsätzliche Tatbegehung zur Last. Daß aber die Einhaltung der in den Spruchpunkten A) II) 1)-6) angeführten Auflagen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder daß die Verwirklichung dieser Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, sodaß auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann, weshalb schon aus diesem Grund die gesetzlichen Voraussetzungen für das vom Berufungswerber begehrte Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG nicht vorliegen. Eine Anwendung des § 21 VStG kommt aber im vorliegenden Fall auch deshalb nicht in Betracht, da der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Taten - wie ohnedies bereits oben ausgeführt - nicht als gering gewertet werden und von einem unbedeutenden Ausmaß der Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 VStG (hier: der als Folge der festgestellten Übertretungen in Kauf genommenen Gefährdungen) somit keine Rede sein kann.
Zu Spruchpunkt B):
Auch die dem Berufungswerber in diesem Spruchpunkt zur Last gelegte Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Bestehen des öffentlichen Interesses am Schutz des im § 74 GewO 1994 genannten Personenkreises, dem die Strafdrohung dient. Im Hinblick darauf, daß die erforderliche Fluchtwegbreite von 1,20 m zwischen der Kassa 1 und der Mauer an der linken Grundstücksgrenze durch die Aufstellung einer weiteren Kassa auf 60 cm eingeengt war und durch die geänderte Kassenaufstellung zwischen den weiteren Kassen lediglich Durchgangsbreiten von 57 cm bzw 55 cm vorhanden waren, sodaß ein rasches und sicheres Verlassen der Betriebsanlage im Brandfall nicht gewährleistet war, da auch die Einkaufswägen die derzeitigen Durchgangsbreiten zwischen den Kassen von maximal 60 cm blockiert hätten, war der objektive Unrechtsgehalt im gegenständlichen Fall, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, als sehr erheblich anzusehen.
Zu den Spruchpunkten A) I), II) 1)-6) und B):
Bei der Strafbemessung war - wie bereits von der Erstbehörde - kein Umstand als mildernd und vier einschlägige Vorstrafen (Zlen MBA 17 - S 299/92, MBA 21 - S 1123/91, MBA 21 - S 1129/91, MBA 23 - S 6580/94) als erschwerend zu werten.
Während bei Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafzumessungsgründe die Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe hinsichtlich der im Spruchpunkt A) I) angelasteten Verwaltungsübertretung im Hinblick auf den hohen objektiven Unrechtsgehalt sowie des Ausmaßes des Verschuldens (bedingter Vorsatz) durchaus gerechtfertigt erscheint, trifft dies bei den zu den Spruchpunkten A) II) 1) bis 6) und B) verhängten Geldstrafen nicht zu. Zwar waren die bisher über den Berufungswerber wegen Nichteinhaltung von Bescheidauflagen verhängten Verwaltungsstrafen (zuletzt in der Höhe von S 2.000,--) nicht geeignet, ihn von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten, und ist die erstinstanzliche Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, daß aus spezialpräventiven Gründen nunmehr die Verhängung höherer Strafen erforderlich ist. Dennoch erscheint ua auch bei Berücksichtigung der als durchschnittlich zu wertenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (die Erstbehörde hat ihrer Strafbemessung günstige wirtschaftliche Verhältnisse zugrunde gelegt) eine Geldstrafe in der Höhe des 15- bzw 25-fachen Betrages der bisher verhängten Geldstrafen bei weiterem überhöht und dürften die nunmehr festgesetzten Geldstrafen angesichts ihrer Höhe vom Berufungswerber doch deutlich spürbar und daher aus spezialpräventiver Sicht ausreichend sein.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.