Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung der Frau Sieglinde M, wohnhaft in Wien, L-Straße, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13/14 Bezirk, vom 08.08.1996, Zahl MBA 13/14 - S 11073/95, wegen Übertretung des § 367 Ziffer 25 GewO 1994 in Verbindung mit Punkt 60) des rechtskräftigen Bescheides vom 01.02.1985, Zahl MBA 13/14 - Ba 11904/4/81 entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß in der Tatumschreibung vor den Worten: "rohbaumäßigen Fertigstellung der projektierten," die Worte: "Bis zur" einzufügen sind. Die Berufungswerberin hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von Schilling 400,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13/14 Bezirk, vom 08.08.1996, hat folgenden Spruch:
"Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der H D Baustoffhandel- und Transporte KG zu verantworten, daß bei Betrieb der gewerblichen Betriebsanlage in Wien, L-Straße am 09.05.1996 von 11.15 bis 11.25 Uhr die zum Schutze der Nachbarn unter Punkt
60) des rechtskräftigen Bescheides vom 01.02.1985, Zl MBA 13/14 - Ba 11904/4/81 vorgeschriebene Auflage des Inhaltes, rohbaumäßigen Fertigstellung der projektierten, die Betriebsanlage west- und nordseitig abschließenden Gebäude, nämlich der Fertigstellung der Gebäudewände - insbesondere zu den Nachbarn ohne Öffnung (ausgenommen genehmigte, verschlossene Fensteröffnungen im Wohnbereich und je Stiegenhaus eine Zugangstüre zum Grünstreifen) und endgültig verputzt-, des Daches und der Dachhaut sowie der Auffüllung des von der Verbauung freibleibenden Streifens zum Nachbargrundstück mit Erdreich, das mit einer aufgefüllten Humusschicht begrünt und mit Bäumen und Sträuchen bepflanzt ist, ist für den Hof 3 folgende Regelung einzuhalten:
Der Hof 3 darf von keinen Lastkraftwagen, keinen Sattelschleppern, keinen Laderaupen und keinen mit Diesel- oder Benzinmotoren betriebenen Hubstapler befahren und zur Abstellung benützt werden. Unter der Voraussetzung, daß der 3 m Grünstreifen laut Plan (zwischen Grundgrenzmauer und neuer Mauer in gleicher Höhe im Hof 3 einschließlich Verfüllung und Bepflanzung im Einvernehmen mit dem Nachbarn Dipl Ing Christian S) bis Juli 1985 fertiggestellt wird, können 5 Lkw mit Auspuffrichtung altes Haus und 1 Sattelschlepper im Hof 3 abgestellt werden. Ebenso dürfen dort keinerlei lärmende Schneidearbeiten verrichtet und keine lärm- oder staubentwickelnde Lagerungen vorgenommen werden, insoferne nicht eingehalten wurde, als durch Abladen von Drainageschotter und anschließender Manipulation mit Radlader im
3. Hof lärm- und stauberregende Lagerungen durchgeführt wurden ohne daß die in Punkt 60) angeführten projektierten Gebäude zur Liegenschaft L-Straße rohbaumäßig fertiggestellt waren.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 367 Ziffer 25 GewO 1994 in Verbindung mit Punkt 60) des rechtskräftigen Bescheides vom 1.2.1985, Zl MBA 13/14 - Ba 11904/4/81.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling 2.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen, gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
Schilling 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher Schilling 2.200,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten, in welcher diese - bezugnehmend auf ihr diesbezügliches Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren - ausführt, daß es richtig sei, daß an diesem Tag (und wie schon seit Bestehen des Betriebes) immer an gegenständlicher Stelle Rollschotter abgeladen werde. Darin sei jedoch keine verbotene Handlung zu erblicken, da dies in Hof II geschehen sei. Es sei sehr wohl aus der Betriebsbewilligung ersichtlich, wo der Hof II ende. An dieser Stelle sei heute noch ersichtlich, daß der Lagerschuppen seinerzeit bis über den derzeit befindlichen Lagerschuppen noch hinausragte und daß auch auf der linken Seite ein Lagerschuppen vorhanden gewesen sei. Diese seien im Zuge des Bauvorhabens, welches schon seit ca 5 Jahren laufe, entfernt und im Hof III ein provisorischer Schuppen errichtet worden. Das Bauvorhaben im Hof III und Hof II werde seit ca März verwirklicht und auf diesem Grundstück Rollschotter sowie Betonsand und Baumaterial gelagert.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 14.11.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher Herr Herbert D erschien und folgendes angab:
"Frau M hat ab 1. Jänner 1996 das Geschäft übernommen von mir. Vollmacht kann ich heute zwar keine beibringen, bin jedoch über die Geschehnisse bestens informiert.
Ich kann auf den Plan der Betriebsanlage zeigen, wo schon seit immer das Schotterlager sich befindet. Schon im erstinstanzlichen Verfahren ist dieses auf einem kleinen Plan eingezeichnet. Diese Stelle gehört meiner Meinung nach nicht zu Hof 3, sondern zu Hof
2. Hof 3 war von Hof 2 immer durch eine Mauer abgetrennt, ca bis vor 10 Jahren. Dann wurde diese alte Mauer entfernt, sodaß man von Hof 2 in Hof 3 fahren kann. Meiner Auffassung nach wird daher die Bescheidauflage nicht verletzt, da es sich nicht um Hof 3, sondern um Hof 2 handelt. Seit Juni 1996 wird auf dem 3 m breiten Grünstreifen gebaut, die Grünpflanzen wurden entfernt, es wird an der Halle gebaut und der Streifen wird wenn die Bauarbeiten fertiggestellt sind, wieder begrünt. Die auf dem Plan eingezeichneten Holzlager und Kohlenlager sind umgebaut zu einer Halle, die Halle besteht auf Widerruf, und es wird beabsichtigt, dort ein Wohnhaus zu bauen. Der Platz wurde zur Lagerung von Rollschotter verwendet, im Jahr im Umfang von ca 300 Säcken. In Hof 3 stehen hauptsächlich Reservefahrzeuge, zB Schneeräumfahrzeuge, die den ganzen Sommer dort eingestellt sind."
Der Berufung ist aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden:
Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Mit Bescheid vom 01.02.1985, MBA 13/14 - Ba 11904/4/81, wurde die Betriebsanlage im Standort Wien, L-Straße nach Maßgabe der Pläne der Betriebsbeschreibung, auf die sich dieser Bescheid bezieht, gemäß § 74 GewO 1973 genehmigt.
Gemäß § 77 GewO 1973 und § 27 Abs 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes wurde bezüglich der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage unter anderem folgende Auflage vorgeschrieben:
"60) Bis zur rohbaumäßigen Fertigstellung der projektierten, die Betriebsanlage west- und nordseitig abschließenden Gebäude, nämlich der Fertigstellung der Gebäudewände - insbesondere zu den Nachbarn ohne Öffnungen (ausgenommen genehmigte, verschlossene Fensteröffnungen im Wohnbereich und je Stiegenhaus eine Zugangstüre zum Grünstreifen) und endgültig verputzt-, des Daches und der Dachhaut sowie der Auffüllung des von der Verbauung freibleibenden Streifens zum Nachbargrundstück mit Erdreich, das mit einer aufgefüllten Humusschicht begrünt und mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist, ist für den Hof 3 folgende Regelung einzuhalten:
Der Hof 3 darf von keinen Lastkraftwagen, keinen Sattelschleppern, keinen Laderaupen und keinen mit Diesel- oder Benzinmotoren betriebenen Hubstaplern befahren und zur Abstellung benützt werden. Unter der Voraussetzung, daß der 3 m Grünstreifen laut Plan (zwischen Grundgrenzmauer und neuer Mauer in gleicher Höhe im Hof 3 einschließlich Verfüllung Bepflanzung im Einvernehmen mit dem Nachbarn Dipl Ing Christian S) bis Juli 1985 fertiggestellt wird, können 5 Lkw mit Auspuffrichtung altes Haus und 1 Sattelschlepper im Hof 3 abgestellt werden. Ebenso dürfen dort keinerlei lärmende Schneidearbeiten verrichtet und keine lärm- oder staubentwickelnden Lagerungen vorgenommen werden."
Die Berufungswerberin stellt das Abkippen und das Lagern des im Spruch des Straferkenntnisses genannten Schotters nicht in Abrede. Dem Vorbringen, der Lagerort sei in Hof II und nicht in Hof III gelegen, kann aber nicht beigepflichtet werden:
Die Einteilung der Höfe ergibt sich aus dem oben angeführten Genehmigungsbescheid vom 01.02.1985 bzw aus den Plänen, die einen Bestandteil dieses Bescheides bilden.
In der Beschreibung des "Sollzustandes" wird folgendes ausgeführt:
"An der linken Grundstücksgrenze zu L-Straße sollen einstöckige Gebäude mit Satteldach errichtet werden, wie auf den Plänen näher dargestellt. Diese enthalte zumindest ebenerdig Lager- und Abstellhallen. In diesen Räumen werden auch Bereiche für Kfz-Abstellung eingerichtet, in denen auch einfache Wartungsarbeiten durchgeführt werden sollen.
An der Grundgrenze zur R-gasse soll der Hof 3 durch ein ebenerdiges Gebäude, daß einen Maschinenabstellraum und einen Abschmierraum enthalten soll, abgeschlossen werden. Aus dem Plan ist weiter ersichtlich, daß der nördliche Teil des wesentlichen Traktes 3 m von der Grundgrenze L-Straße zurückgesetzt wird in teilweiser Übereinstimmung mit Forderungen der Nachbarn. In diesem Bereich werden Bepflanzungen vorgesehen. Im Obergeschoß des westseitigen Traktes sind drei Wohnungen projektiert."
Das bedeutet, daß sich der Hof III bis zur Nordgrenze des Grundstückes erstreckt, was wiederum bedeutet, daß der fragliche Schotterablagerungsort in jenem Hof III liegt, in dem das Befahren mit Lastkraftwagen, Sattelschleppern, Laderaupen und mit Diesel- oder Benzinmotoren betriebenen Hubstaplern nicht erlaubt ist. Die Zugehörigkeit des Schotterablagerungsortes zu Hof III ergibt sich im übrigen auch aus dem Entwurfsplan, Ansicht Westtrakt, wo die ganze Länge der Grundstücksgrenze zu dem Nachbargrundstück in der L-Straße abgebildet ist. Der Hof vor diesen Gebäuden ist nur mit "Hof III" bezeichnet, woraus sich ergibt, daß der Hof III sich über die ganze Länge des gegenständlichen Grundstückes erstreckt und nicht nur - wie von der Beschuldigten vorgebracht - über die Süd-Westecke des Grundstückes.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, daß durch den Abbruch der Mauer zwischen den ehemaligen Höfen II und III eine Vergrößerung des Hofes III in der oben angeführten Art und Weise stattfand, so daß die Schotterablagerungsstelle eindeutig in Hof III situiert ist. Da unbestrittenermaßen die projektierten, die Betriebsanlage west- und nordseitig abschließenden Gebäude noch nicht wie im Bescheidauflagepunkt 60) vorgeschrieben rohbaumäßig fertiggestellt waren, erweist sich die der Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als gegeben. Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen:
Bei der der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt" im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG. In solchen Fällen ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Ein diesbezügliches Vorbringen hat die Beschuldigte nicht erstattet und ist somit auch die subjektive Tatseite der Verwaltungsübertretung als gegeben anzusehen.
Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die deren gefahrloses Betreiben gewährleisten soll. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher im gegenständlichen Fall selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering anzusehen.
Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde schon von der Behörde erster Instanz zutreffend als mildernd gewertet.
Auf Grund des Alters der Berufungswerberin und deren berufliche Stellung als gewerberechtliche Geschäftsführerin geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen und von einer zu Gunsten der Beschuldigten angenommenen Vermögenslosigkeit aus. Sorgepflichten konnten mangels lediglichen Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine weiteren Milderungsgründe hervorgetreten sind. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam daher nicht in Betracht.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.