Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Schwächter über die Berufung des Herrn Franz L, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen die Spruchpunkte 1) und 3) des Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, vom 7.10.1996, Zl MBA 2 - S 9218/96, betreffend Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z 25 GewO 1994 iVm den Auflagenpunkten 4 und 27 des Betriebsanlagenbescheides vom 9.10.1989, Zl MBA 2 - Ba 1869/1/89, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung vom 6.12.1996 und 20.12.1996 (Bescheidverkündung) wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 1) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß die in diesem Spruchpunkt enthaltene Tatanlastung wie folgt lautet: "1) entgegen dem Auflagenpunkt 4 (1. Satz) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.10.1989, Zl MBA 2 - Ba 1869/1/89, wonach im Verkaufsraum die Hauptverkehrswege mindestens 1,80 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,20 m breit sein müssen, im Verkaufsraum der Nebenverkehrsweg im hinteren Bereich durch Warengitterkörbe von 1,20 m auf ca 1 m eingeengt war.". Die verletzten Rechtsvorschriften lauten "§ 367 Z 25 GewO 1994, BGBl Nr 194/1994 iVm Auflagenpunkt 4 (1. Satz) des Betriebsanlagenbescheides vom 9.10.1989, Zl MBA 2 - Ba 1869/1/89".
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt 3), die sich nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt S 1.600,--, zu leisten.
Begründung:
Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastungen:
"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der M-gesellschaft mbH mit Sitz in Wien, D-gasse zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 04.07.1996 im Standort Wien, M-platz beim Betrieb der gewerblichen Betriebsanlage insofern nicht für die Einhaltung der im Betriebsanlagenbescheid vom 9.10.1989, Zl MBA 2 - BA 1869/1/89 vorgeschriebenen Auflagen gesorgt hat, als
1) entgegen der Auflage Pkt 4 und 5, des beiliegenden Betriebsanlagenbescheides (siehe Bescheid) im Verkaufsraum der Nebenverkehrsweg im hinteren Bereich durch Warengitterkörbe von 1,20 m auf ca 1 m eingeengt war,
2) entgegen der Auflage Pkt 8 des beiliegenden Betriebsanlagenbescheides (siehe Bescheid) der Durchgang aus dem Stauraum vor den Kassen durch Palettenware (Pampers) von 1,80 m auf ca 1,40 m eingeengt war,
3) entgegen der Auflage Pkt 27 des beiliegenden Betriebsanlagenbescheides (siehe Bescheid) folgende brandhemmende Türen nicht den Anforderungen der ÖNORM B 3850 entsprachen:
.) Die Tür vom Verkaufsraum zum Aufenthaltsraum fiel nicht selbsttätig ins Schloß,
.) Die Tür vom Lager in den Fluchtgang (Lieferanteneingang), da die Schließfolgeeinrichtung defekt war, wodurch ein selbsttätiges Schließen in der richtigen Reihenfolge nicht möglich war."
Der Berufungswerber habe dadurch § 367 Z 25 GewO 1994 iVm § 370 Abs 2 GewO 1994 iZm dem beiliegenden Betriebsanlagenbescheid, der als Bestandteil dieses Straferkenntnisses gelte, verletzt, weswegen über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz leg cit drei Geldstrafen von ad 1) S 3.000,-- (1 Tag 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe), ad 2) S 2.000,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) und ad 3) S 5.000,-- (2 Tage 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt S 1.000,-- auferlegt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber einwendet, daß der ihm zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert sei und außerdem bestritten werde. Das Verschulden des Berufungswerbers wäre selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering. Er habe stets alles in seiner Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Daß es dennnoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspreche die über ihn verhängte Strafe - selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre - nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und sei daher rechtswidrig. Der Beschuldigte habe keine einschlägigen Vorstrafen und hätten die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen keine nachteilige Folgen nach sich gezogen. Angesichts seines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise rügt der Berufungswerber, daß die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen worden sei.
Am 6.12.1996 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Berufungswerber zu Spruchpunkt 1) nur mehr rechtliche Ausführungen vorbrachte, die gegen Spruchpunkt 2) erhobene Berufung zurückzog und seine Berufung zu Spruchpunkt 3) auf eine Berufung gegen das Strafausmaß einschränkte. In der auf den 20.12.1996 erstreckten Verhandlung wurde der Berufungsbescheid verkündet.
Zu Spruchpunkt 1):
Im Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß "entgegen der Auflage Pkt 4 und 5 des beiliegenden Betriebsanlagenbescheides (siehe Bescheid) im Verkaufsraum der Nebenverkehrsweg im hinteren Bereich durch Warengitterkörbe von 1,20 m auf ca 1 m eingeengt war". Die Auflagenpunkte 4 und 5 des Betriebsanlagenbescheides vom 9.10.1989, Zl MBA 2 - Ba 1869/1/89, lauten:
4) Im Verkaufsraum müssen die Hauptverkehrswege mindestens 1,80 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,20 m breit sein. Eine Teilung von Hauptverkehrswegen (zB durch Aufstellen von Verkaufsständern, Warenkörben, Paletten und dgl) ist verboten.
5) Hauptverkehrswege, Ausgänge und Fluchtwege dürfen nicht eingeengt oder verstellt werden. Als Begrenzung der Hauptverkehrswege und Fluchtwege dürfen nur standfeste und nicht leicht verrückbare Einrichtungsgegenstände verwendet werden. Der Berufungswerber vertritt dazu die Auffassung, daß die im angeführten Betriebsanlagenbescheid, dessen Auflagen übrigens rechtswidrigerweise nicht wörtlich zitiert, sondern bloß durch Verweis releviert worden seien, Auflage 4 eine Mindestbreite der Hauptverkehrswege sowie der Nebenverkehrswege vorschreibe. Darüber hinaus werde im Auflagenpunkt 4 eine Teilung von Hauptverkehrswegen verboten. Im Auflagenpunkt 5 finde sich die Vorschrift, daß Hauptverkehrswege nicht eingeengt oder verstellt werden dürfen. Obendrein finde sich im Auflagenpunkt 5 die Vorschrift, daß als Begrenzung der Hauptverkehrswege nur standfeste Einrichtungsgegenstände verwendet werden dürfen. Aus diesen beiden Auflagenpunkten folge nach dem Wortsinn klar, daß eine Teilung von Nebenverkehrswegen, weiters eine Einengung von Nebenverkehrswegen, sowie die Begrenzung von Nebenverkehrswegen durch Gitterkörbe nicht rechtswidrig sei, wobei allerdings die Bestimmungen der AAV zu beachten seien, wonach die Durchgangsbreite der Nebenverkehrswege zumindest 60 cm betragen müsse. Der angelastete Sachverhalt erweise sich sohin als nicht rechtswidrig.
Der vom Berufungswerber vertretenen Auffassung ist entgegenzuhalten, daß im Auflagenpunkt 4 klar zum Audruck kommt, daß Hauptverkehrswege mindestens 1,80 m und die Nebenverkehrswege mindestens 1,20 m breit sein müssen. Daß im 2. Satz dieses Auflagenpunktes zusätzlich die Teilung von Hauptverkehrswegen und im 1. Satz des Auflagenpunktes 5 die Einengung oder Verstellung von Hauptverkehrswegen, Ausgängen und Fluchtwegen ausdrücklich angeführt sind, vermag an dem im 1. Satz des Auflagenpunktes 4 normierten Gebotes nichts zu ändern. Diese im 2. Satz des Auflagenpunktes 4 und im 1. Satz des Auflagenpunktes 5 enthaltenen zusätzlichen "Vorschreibungen" sind vielmehr als Erläuterungen zu dem im Auflagenpunkt 4 enthaltenen Gebot, daß Hauptverkehrswege mindestens 1,80 m und Nebenverkehrswege mindestens 1,20 m breit sein müssen, welches im Sinne einer unverstellten Mindest-Durchgangsbreite dieser Verkehrswege zu verstehen ist, anzusehen und läßt sich dem diesbezüglichen Wortlaut nicht entnehmen, daß sich dieses Gebot lediglich auf die (bauliche) Einrichtung der jeweiligen Verkehrswege beschränke (arg"... breit sein").
Da im gegenständlichen Fall die im 2. Satz des Auflagenpunktes 4 und im 1. Satz des Auflagenpunktes 5 enthaltenen Erläuterungen darüber hinaus nur auf Hauptverkehrswege bzw Ausgänge und Fluchtwege Bezug nehmen und diese daher schon aus diesem Grund auf Nebenverkehrswege keine Anwendung finden, wurde durch die vom Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung nun nicht mehr bestrittene Einengung des im Spruch näher umschriebenen Nebenverkehrsweges durch Warengitterkörbe von 1,20 m auf ca 1 m der objektive Tatbestand des § 367 Z 25 GewO 1994 iVm dem oben zitierten Auflagenpunkt 4 des angeführten Betriebsanlagenbescheides verwirklicht, sodaß das Zitat des Auflagenpunktes 5 dieses Betriebsanlagenbescheides im Spruchpunkt
1) entfallen konnte.
Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Wenn der Berufungswerber nun in diesem Zusammenhang vorbringt, er habe stets alles in seiner Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und habe insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert, wobei es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen könne, da dies in der auf vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter liege, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, daß solche allgemeinen Behauptungen darüber, daß Überprüfungen laufend erfolgten, nicht geeignet sind, mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen.
Zu Spruchpunkt 3):
Da sich die Berufung gegen Spruchpunkt 3) nunmehr ausschießlich gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet, ist das Straferkenntnis, soweit es unbekämpft geblieben ist, in Rechtskraft erwachsen und war daher lediglich die Strafbemessung zu überprüfen.
Zur Strafbemessung (Spruchpunkte 1 und 3):
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Bei der Strafzumessung wurde - wie bereits schon von der Erstbehörde - das unterschiedliche Ausmaß der Verletzung des Interesses an einer Hintanhaltung (unter anderem) einer Schädigung oder Gefährdung von Leben und Gesundheit der Kunden berücksichtigt.
Daß die Einhaltung der Auflagen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen, sodaß auch das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann, weshalb schon aus diesem Grund die gesetzlichen Voraussetzungen für das vom Berufungswerber begehrte Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs 1 VStG nicht vorliegen. Eine Anwendung des § 21 VStG kommt aber im vorliegenden Fall auch deshalb nicht in Betracht, da der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Taten - wie ohnedies bereits oben ausgeführt - nicht als gering gewertet werden und von einem unbedeutenden Ausmaß der Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 VStG (hier: der als Folge der festgestellten Übertretungen in Kauf genommenen Gefährdungen) somit keine Rede sein kann.
Bei der Strafbemessung waren die zahlreichen einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen (Zlen MBA 10 - S/10/07474/95, MBA 10 - S/10/12794/94, MBA 13/14 - S/14/03145/95, MBA 15 - S/15/06254/95, MBA 10 - S/10/07863/95, MBA 21 - S/21/09996/95, MBA 10 - S/10/14038/95, MBA 13/14 - S/14/00194/96, MBA 10 - S/10/14630/95, MBA 18 - S/18/00298/96, MBA 10 - S/10/03013/96) als erschwerend zu werten; Milderungsgründe sind keine hervorgekommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den jeweils bis S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen sowie unter Berücksichtigung durchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse des Berufungswerbers, deren Annahme durch die Erstbehörde seitens des Berufungswerbers unbestritten blieb, erscheinen die zu den Spruchpunkten 1) und 3) verhängten Geldstrafen angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.