Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Beschwerde des Herrn Godwin G, vertreten durch Herrn Dr. Wolfgang V, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer, verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie folgt entschieden:
Spruchteil A
Die Beschwerde wegen der durchgeführten Hausdurchsuchung am 13. Mai 1997 um ca. 5.30 Uhr in der Wohnung des Beschwerdeführers in G (Wohnung Nr. 7/1.Stock), wird als unzulässig zurückgewiesen.
Rechtsgrundlagen: §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Abs 1 und Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG), § 1 Gesetz vom 27. Oktober 1862 zum Schutze des Hausrechtes (im folgenden Hausrechtsgesetz).
Der Beschwerdeführer hat der Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, einen mit S 6.865,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Spruchteil B
Die Festnahme des Beschwerdeführers in G, durch Organe der Bundespolizeidirektion Graz und weitere Anhaltung am 13. Mai 1997 von ca. 5.30 Uhr bis 14.10 Uhr, war rechtmäßig und wird die Beschwerde daher als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlagen: §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Abs 1 und Abs 4 AVG, § 85 Abs 2 Fremdengesetz (im folgenden FrG), Artikel 1 Abs 1 und Abs 3, Artikel 4 Abs 6 Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im folgenden PerSchFrG).
Der Beschwerdeführer hat der Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995 eine mit S 6.300,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Spruchteil C
Das Anlegen von Handfesseln des am Boden liegenden Beschwerdeführers im Zuge der Festnahme am 13. Mai 1997 um ca. 5.30 Uhr in seiner Wohnung St-gasse 2a (Wohnung Nr. 7/1. Stock) war rechtswidrig und stellt eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar.
Soweit in der Beschwerde behauptet wird das am Bodenliegen des Beschwerdeführers hätte eine 3/4 Stunde gedauert und er sei fotografiert worden sowie die Tür des Zimmers des Beschwerdeführers wäre eingeschlagen geworden, wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Rechtsgrundlagen: §§ 67 a Abs 1 Z 2, 67 c Abs 1 und Abs 4 AVG, §§ 4, 5, 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz und Artikel 3 Europäische Menschenrechtskonvention (im folgenden MRK). Die Bundespolizeidirektion Graz hat als belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, die über den Zweck entsprechende Rechtsverfolgung notwendigen und mit S 18.800,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
I.1. In der Beschwerde vom 6. Juni 1997 wird nachfolgendes vorgebracht:
Sachverhalt:
Am 13.05.1997 wurde aufgrund eines Haftbefehls des Landesgericht für Strafsachen Graz vom 24.04.1997 eine Hausdurchsuchung in einem Strafverfahren gegen Peter O, alias John G, wegen des Verdachtes des Verbrechens nach § 12 (1) und(2) SGG in den Räumlichkeiten St-gasse Nr. 2/2 a samt den dazugehörigen 'Nebenräumlichkeiten' Kellerabteilung etc., durchgeführt.
Der BF wohnt ein Zimmer in G. Dieses Objekt ist der Stadt G eigentümlich und wird von diesem verwendet, um Wohnung bzw. Zimmer für Flüchtlinge zu vergeben. Der BF ist Nigerianer und ist am 7.11.1995 in das Bundesgebiet eingereist. Am gleichen Tag hat er einen Asylantrag gestellt. Das Verfahren des BF in seiner Asylangelegenheit ist bis heute noch nicht rechtskräftig beendet. Eine Aufenthaltsbewilligung nach § 7 AsylG wird dem BF nicht erteilt.
In den frühen Morgenstunden befand sich der BF schlafender Weise in seinem Bett in der Zimmer in G. Plötzlich wurde er dadurch geweckt, daß er das Geräusch von krachendem Holz wahrnahm. Als der BF die Augen öffnete, nahm er wahr, daß seine Zimmertür augenscheinlich mit einem Vorschlaghammer aufgebrochen wurde. Durch die aufgebrochene Tür drangen Beamten des mobilen Einsatzkommandos ein, wobei die Beamten maskiert waren. Ein Beamter hielt ihm eine Pistole vor und schrie ihn an aus dem Bett herauszukommen und sich auf den Boden mit dem Bauch zum Boden hinzulegen. Andere Beamte des mobilen Einsatzkommandos standen unter dessen mit den Sturmgewehr 77 im Anschlag auf den Gang. Der BF wurde gezwungen die Hände auf den Rücken zu geben, wobei sie mit Handschellen ohne weitere Erklärungen auf seinen Rücken gefesselt wurden. Der BF wurde weder nach seinen Namen noch nach seine Identität gefragt. Danach mußte der BF ca. eine Dreiviertelstunde am Boden liegen bleiben. Es wurde ihm nicht gestattet sich zu erheben, zu stehen oder sich zu setzen. Die Hände blieben nach wie vor auf dem Rücken gefesselt. Dann wurde der BF in einem Polizeifahrzeug gebracht, wobei die Hände nach wie vor am Rücken gefesselt waren. Der BF war in weiterer Folge bis ca. 12.00 Uhr in Haft. Danach wurde mit dem BF um 12.35 Uhr bei der Fremdenpolizei Abteilung IV eine Niederschrift im fremdenpolizeilichen Verfahren gemäß § 16 FrG angefertigt. Im Anschuß daran wurde dem BF gesagt, er könne die Behörde verlassen.
Der BF wurde in diesem Zustand in seinem Zimmer auf fotographiert, ohne daß er hierzu seine Zustimmung erteilt hatte. Es bestand keinerlei Veranlassung, dem BF einerseits Handfesseln anzulegen bzw. ihn am Boden liegen zu lassen. Es bestand auch keinerlei Veranlassung, den BF zu fotografieren und die Tür des Zimmers des BF einzuschlagen. Ausgeführt wird, daß der Hausdurchsuchungsbefehl auf ein Objekt St-gasse 2/2 a beschränkte, wobei der BF im Hause St-gasse 2 a aufhältig war. Die persönlichen Fahrnisse des BF wurden während der vorgenommenen Durchsuchung auf den Boden zerstreut.
Beweis:
Einvernahme des BF
anzufordernde Lichtbilder
IV.
Zur rechtlichen Begründung:
Das behördliche Vorgehen der Beamten der belangten Behörde ist weder durch das Sicherheitspolizeigesetz noch durch eine sonstige Norm gedeckt und gerechtfertigt.
Hinsichtlich des Anlegens der Handfesseln ist nachstehendes festzuhalten:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellte fest, daß bei einer Person mit Handschellen eine Maßnahme der unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt dar (Fußnote: Vergleiche Verfassungsgerichtshof vom 24.11.1983 B281/82 Verfassungshandlung VfSlg. 7081/1973, 7377/1974, 8146/1977 Verfassungsgerichtshof vom 26.09.1989 V 121/86).
Das Anlegen von Handfesseln ist allenfalls dem Waffengebrauchsgesetz zu unterstellen. Gemäß § 2 Waffengebrauchsgesetz 1969 dürfen Organe der Bundespolizei, der Bundesgendarmerie und der Gemeindewachkörper in Ausübung des Diensten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von Dienstwaffen Gebrauch machen. Es darf gemäß § 6 (1) Waffengebrauchsgesetz die entsprechende Waffe nur dann gegen Menschen angewendet werden, wenn diese Angriff, Widerstand oder Flucht unfähig gemacht werden sollen. In den Fällen des § 2 Zi 2 bis 5 darf durch den Waffengebrauch zu erwartende Schäden nicht offensichtlich außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen. Eine Fesselung, welche nicht gerechtfertigt ist verstößt gegen Art. 3 MRK.
Der Beschwerdeführer stellte deshalb den Antrag, durch die Anhaltung und Festnahme in seinem verfassungsgesetzlichen gewährleisteten Recht auf Freiheit verletzt worden zu sein. Weiters wurde der Beschwerdeführer durch die Organe der belangten Behörde durch die bei der Festnahme am 13.5.1997 ausgeübte Zwangsgewalt in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf menschenwürdige Behandlung verletzt sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht des Hausrechtes (Artikel 8 MRK) verletzt und stellte den Antrag, die ihm gemäß § 79 a AVG entstandenen Kosten zu ersetzen.
2. Die Bundespolizeidirektion Graz legte den vorhandenen Akt vor und gab eine Gegenäußerung wie folgt ab:
Die gesamte Amtshandlung stand in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Grundrechtsschutz und polizeilicher Effizienz. Aufgrund des für die Behörde anzunehmenden Sachverhaltes war ein gewaltsames Eindringen in die Wohnungen notwendig. Der Aufenthalt der offensichtlich übelberüchtigten Personen im Haus St-gasse 2 a war hinsichtlich der benützten Räumlichkeiten nicht bekannt und es herrschte Gefahr im Verzuge, somit waren die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO eindeutig erfüllt und ist die Amtshandlung auch im Lichte dieser gesetzlichen Bestimmung zu sehen.
Das Verhalten der beamtshandelten Personen bedingte bei den einschreitenden Sicherheitswachebeamten einen nachvollziehbaren, subjektiven Eindruck, der Gefahr im Verzuge annehmen ließ. Und zwar hinsichtlich des begründeten Verdachtes des Vorliegens eines bevorstehenden gefährlichen Angriffes gemäß § 16 Abs. 1 sowohl im Sinne der Ziffer 1 als auch der Ziffer 2 SPG. Es hatte eine Verpflichtung zum Einschreiten bestanden, weil Assistenz für die kriminalpolizeiliche Abteilung geleistet wurde.
Aus diesem Grunde waren die im Haus St-gasse 2 a einschreitenden Sicherheitswachebeamten gemäß § 21 Abs. 2 SPG verpflichtet und gemäß § 33 SPG ermächtigt, einem bevorstehenden gefährlichen Angriff im Sinne des § 16 Abs. 1 Ziffer 1 SPG (Verdacht d. bevorstehenden § 269 StGB u.w.) bzw. bereits vorliegenden gefährlichen Angriff im Sinne des § 16 Abs. 1 Ziffer 2 SPG (siehe den Grund des HB - Vorliegen des Verdachtes der bandenmäßigen oder organisierten Kriminalität sowie den im SPG angeführten Delikten des SGG) durch Anwendung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ein Ende zu setzen. Bereits § 16 Abs. 3 SPG berechtigt schon die Anwendung von Befehls- und Zwangsausübung.
Zudem sind gemäß § 35 Abs. 1 SPG, Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, die Identität eines Menschen festzustellen, wenn der dringende Verdacht besteht, daß sich an seinem Aufenthaltsort
a) mit beträchtlicher Strafe bedrohte Handlungen ereignen (niederschriftliche Aussagen belegen, daß in der St-gasse 2 a mit Suchtgift in größeren Mengen gehandelt und auch versteckt wurde
b) flüchtige Straftäter oder einer Straftat verdächtige verbergen. Die Bestimmungen des § 39 Abs. 1 und 3 waren ungeachtet der strafprozessualen Bestimmungen über die Hausdurchsuchung ebenfalls beachtlich, weil nicht unbedingt von einer vollständigen Beendigung eines gefährlichen Angriffes ausgegangen werden mußte. Die eingesetzten Organe waren ermächtigt, Räume und Grundstücke zu betreten und zu untersuchen, weil dies der Suche nach einem Menschen diente, von dem ein gefährlicher Angriff ausging und Sachen (Suchtgift) diente, die für einen gefährlichen Angriff bestimmt waren.
Die Sicherheitsorgane sind gemäß § 50 Abs. 1 SPG ermächtigt, die ihnen eingeräumten Befugnisse mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen.
Gemäß § 50 Abs. 2 SPG wurde den anwesenden Betroffenen die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt angekündigt und angedroht.
Für die Anwendung von Zwangsgewalt gelten gemäß § 50 Abs. 3 SPG die Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes
(WaffGG), wonach die einschreitenden Organe in Ausübung des Dienstes gemäß § 2 Ziffer 3 WaffGG zur Erzwingung der rechtmäßigen Festnahme von Dienstwaffen Gebrauch machen dürfen. Dies war nicht erforderlich, weil gemäß § 4 WaffGG mindergefährliche Maßnahmen und verfügbare gelindere Mittel zur Aufgabenerfüllung ausreichten.
Das Anlegen von Handfesseln ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 4 WaffGG bzw. des § 3 der Verordnung zum SPG. Innenwirkung erzeugt auch noch die Handfesseldienstanweisung, die der Interpretation dient.
Gemäß § 40 Abs. 1 und 2 SPG wurden die Angehaltenen durchsucht, um sicherzustellen, daß sie während der Anhaltung weder ihre, noch die körperliche Sicherheit anderer gefährden und nicht flüchten. Außerdem war aufgrund des Sachverhaltes anzunehmen, daß die Betroffenen mit einem gefährlichen Angriff in Zusammenhang stünden und einen Gegenstand bei sich hätten, von dem Gefahr ausging.
Die Festnahmen von D Ahmet, A Godwin, P Metin, M Hidir sowie B Haydar erfolgten gemäß den fremdenpolizeilichen Bestimmungen, weil der Verdacht bestand, daß sie sich als paßpflichtige Fremde, ohne im Besitze eines Reisedokumentes zu sein, bzw. ohne Aufenthaltsbewilligung oder Sichtvermerk unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
Gegen M Hidir besteht ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Er wurde sowie B Haydar und P Metin in Schubhaft genommen. Bei B Moammed und K Fatos mußten Identitätsabklärungen bei der Behörde vorgenommen werden.
Abschließend ist festzustellen, daß die Sicherheitsorgane Handfesseln oder gelindere Mittel im Sinne des WaffGG oder Maßnahmen zur Eigensicherung schon dann anwenden dürfen, wenn die Ex-ante-Beurteilung z.B. einen Fluchtversuch oder die Gefährdung anderer Personen besorgen läßt. Stellt sich nachträglich - ex post - heraus, daß die Gefahr in Wirklichkeit gar nicht oder nicht in dem angenommenen Umfang bestanden hat, so bleibt der bzw. die polizeilichen Eingriffe dennoch rechtmäßig, wenn das Fehlen ihrer Voraussetzungen für einen vernünftigen und sorgfältigen Organwalter (ex ante) nicht erkennbar gewesen ist. Dies gilt auch für die Annahme des Vorliegens eines gefährlichen Angriffes.
Wie der gesamte Sachverhalt ersichtlich macht liegt keine unmenschliche und herabwürdigende Behandlung vor.
Es wurde beantragt die Beschwerden als unbegründet abzuweisen und den Beschwerdeführern die Kosten des Verfahrens vorzuschreiben.
Vorgelegt wurde ein Bericht der kriminalpolizeilichen Abteilung vom 13. Mai 1997 betreffend Peter O ua., der Festnahmebericht der Bundespolizeidirektion Graz, Abteilung I/IV, vom 13. Mai 1997, betreffend Festnahmen nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes, ein Festnahmebericht vom 17. Mai 1997, nicht den Beschwerdeführer betreffend, ein Bericht des mobilen Einsatzkommandos der Bundespolizeidirektion Graz vom 13. Mai 1997 sowie ein Bericht der kriminalpolizeilichen Abteilung vom 18. Juli 1997, GZ.: II/402 (-7623-). Im Akt aufliegend auch der Haftbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 18 VR 971/97 am 10. April 1997, nicht den Beschwerdeführer betreffend, jedoch fünf Personen, wobei vier Personen in der Stgasse 2a, in G, gemeldet waren und der Hausdurchsuchungsbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Graz 18 VR 971/97 vom 24. April 1997, wonach der gerichtliche Auftrag ergeht in den Räumlichkeiten des Beschuldigten in G, Stgasse Nr. 2/2a und A-gasse Nr. 78 samt den dazugehörigen Nebenräumlichkeiten, Kellerabteilungen etc. eine gerichtliche Hausdurchsuchung durchzuführen, wobei insbesonders nach Suchtgift, Suchtgiftutensilien oder sonstigen korrespondierenden Unterlagen Ausschau gehalten werden möge. Mit der Durchführung dieser Hausdurchsuchung wird die Kripo Graz zu Zl.:
II-2956/2-97, beauftragt, gegebenenfalls möge ein Suchtgifthund der Hausdurchsuchung beigezogen werden.
Ebenfalls im Akt aufliegend die Auskunft des Meldeamtes der Bundespolizeidirektion Graz über Übermittlung der Meldezettel betreffend der mit Haftbefehl ausgeschriebenen Personen. Zudem befindet sich ein Aktenvermerk über einen Lokalaugenschein in der St-gasse 2a, in G, der am 15. Juli 1997 von zwei Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durchgeführt wurde.
II.1. Nach Durchführung öffentlicher, mündlicher Verhandlungen am 30. Oktober 1997 und 2. Dezember 1997, bei denen die Zeugen Insp. P, Bez. Insp. Joachim R, Dr. Helmut W und der Beschwerdeführer einvernommen wurden sowie unter
Heranziehung des Akteninhaltes, wird der Entscheidung nachfolgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Auf Grund des Haftbefehles vom 10. April 1997, GZ.: 18 VR 971/97, und Hausdurchsuchungsbefehle vom 24. April 1997, GZ.:
18 VR 971/97, des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wurde am 13. Mai 1997, um ca. 5.30 Uhr, ein Einsatz der Bundespolizeidirektion Graz unter Beiziehung der kriminalpolizeilichen Abteilung, des mobilen Einsatzkommandos und der fremdenpolizeilichen Abteilung durchgeführt. Hiebei wurden sämtliche Räumlichkeiten, das heißt auch die Räumlichkeiten des Beschwerdeführers in der St-gasse Nr. 2a (Wohnung Nr. 7, 1. Stock) nach Suchtgift durchsucht. Nachdem an der Wohnungstür des Beschwerdeführers geklopft wurde und laut gerufen wurde, daß die Polizei hier sei, wurde die Tür unmittelbar danach gewaltsam mit einem Vorschlaghammer geöffnet. Der Beschwerdeführer wurde in der Mitte des Raumes angetroffen und hatte eine Boxershort und ein T-Shirt an. Hierauf wurde der Beschwerdeführer aufgefordert sich auf den Boden hinzulegen und wurden ihm die Hände mittels Plastikbandes fixiert. Nach ca. zwei Minuten kamen die Beamten der Kriminalpolizei und wurden die Handfessel beim Beschwerdeführer abgenommen, sodaß er sich anziehen konnte. Danach wurden ihm wieder die Handfessel angelegt und er zum Dienstkraftfahrzeug gebracht. Danach wurde er zur fremdenpolizeilichen Behandlung in die Bundespolizeidirektion Graz, fremdenpolizeiliche Abteilung gebracht und um 14.10 Uhr aus der fremdenpolizeilichen Haft entlassen, wobei zuvor eine Einvernahme im Beisein mit einem Dolmetsch erfolgte.
2. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Exekutivbeamten, die in logischer und detaillierter Reihenfolge eine Sachverhaltsdarstellung abgaben. Soweit die Angaben des Beschwerdeführers von diesen abweichen, konnten dessen Angaben kein Glaube geschenkt werden. Auch ist die Zeitspanne für das Liegen auf dem Boden vom Beschwerdeführer mit der Angabe von 45 Minuten als zu lange anzusehen, zumal eine derartige Situation vom Betroffenen meist subjektiv als sehr lange empfunden wird. Soweit sich jedoch die Angaben auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt beziehen, stehen die Aussagen der einschreitenden Exekutivbeamten mit den Angaben des Beschwerdeführers - bis auf die Zeitangaben - in keinem wesentlichen Widerspruch.
III. Die Rechtsbeurteilung ergibt folgendes:
1. Gemäß § 67 a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate bei Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.
Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 9. Juni 1997 ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz vorgenommenen Handlungen im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates durchgeführt wurden.
2. Zu Spruchteil A:
Bei der vorliegenden Fallkonstruktion war vorerst zu prüfen, ob sich der Hausdurchsuchungsbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, GZ.: 18 VR 971/97, vom 24. April 1997 nur auf die Räumlichkeiten des Beschuldigten bezog oder auf sämtliche Räumlichkeiten des Hauses St-gasse 2a,in G. Es wurde im Rahmen des Verfahrens der zuständige Untersuchungsrichter Dr. Helmut W hiezu einvernommen und gab er an, daß unter dem Text des Hausdurchsuchungsbefehls sämtliche Räumlichkeiten zu verstehen sind und er dies auch Herrn Insp. Neumeister am gleichen Tag fernmündlich mitgeteilt habe und sei die mündliche Anordnung derart unmißverständlich, daß jedenfalls davon ausgegangen werden konnte, daß das gesamte Haus St-gasse 2a, gemeint war. Auf Grund der fernmündlichen Anweisung am 24. April 1997 hegt die erkennende Behörde keine Zweifel, daß der Hausdurchsuchungsbefehl sich auf sämtliche Räumlichkeiten des Hauses S-gasse 2a, in G, bezog.
Gemäß § 1 Gesetz vom 27. Oktober 1862 zum Schutze des Hausrechtes RGBl. 88/1862 i.d.g.F. (im folgenden Hausrechtsgesetz) darf eine Hausdurchsuchung, das ist die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten, in der Regel nur Kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls unternommen werden. Dieser Befehl ist den Beteiligten sogleich oder doch innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.
Die Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten des Beschwerdeführers erfolgte somit über gerichtliche Anordnung, wodurch sie - eine Überschreitung der mit dem Auftrag erteilten Ermächtigung bei der Durchführung durch die Exekutivorgane wurde nicht festgestellt - dem Gericht zuzurechnen und nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen ist. Solche Akte sind nur vor der Ratskammer anfechtbar (§ 113 StPO).
Die Beschwerde war somit wegen Unzuständigkeit
zurückzuweisen. Fehler im Bezug auf die Ausfertigung und Zustellung eines mündlich erteilten Durchsuchungsbefehls sind ausschließlich vom Strafgericht zu vertreten (VfSlg. 12.209/1981). Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1955, der belangten Behörde ein Betrag in der Höhe von S 6.865,-- zugesprochen. Der Bundespolizeidirektion Graz gebührt S 565,-- an Vorlageaufwand, S 2.800,-- an Schriftsatzaufwand und S 3.500,-- an Verhandlungsaufwand.
3. Zu Spruchteil B:
Gemäß Artikel 1 Abs 1 PersFrSchG hat jedermann das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).
Gemäß Abs 4 leg. cit. ist derjenige, der festgenommen oder angehalten wird unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.
Gemäß Artikel 4 Abs 6 PersFrSchG ist jeder festgenommene ehestens, womöglich bei seiner Festnahme, in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumte Rechte bleiben unberührt.
Gemäß § 85 Abs 2 FrG können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Fremden, den sie bei Begehung einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 82 oder 83 Z 2 lit. b betreten, zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerläßlichen Vorführung vor die Behörde festnehmen, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen.
Aus dem Festnahmebericht der Bundespolizeidirektion Graz, Abteilung I/IV, vom 13. Mai 1997, geht hervor, daß der Beschwerdeführer kein Reisedokument bei seinem Antreffen mit hatte und er daher in fremdenpolizeiliche Haft genommen wurde und aus dieser um 14.10 Uhr des selbigen Tages entlassen wurde. Hiebei wurde laut niederschriftlichen Aufzeichnungen eine Niederschrift im Beisein von einem Dolmetsch aufgenommen. Die Festnahme war daher im Sinne des § 85 Abs 2 FrG im Hinblick auf das fehlende Aufenthaltsdokument gerechtfertigt. Dies wird auch im Festnahmebericht der Bundespolizeidirektion, Abteilung I/IV, vom 13. Mai 1997 dokumentiert.
Es kann somit davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Festnahme und Anhaltung bei der Bundespolizeidirektion Graz am 13. Mai 1997 von ca. 5.30 Uhr bis 14.10 Uhr in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung, UVS, BGBl. Nr. 855/1995, der belangten Behörde ein Betrag von S 6.300,-- zugesprochen. Der Bundespolizeidirektion Graz gebührt S 2.800,-- an Schriftsatzaufwand und S 3.500,-- an Verhandlungsaufwand.
4. Zu Spruchteil C:
Gemäß Artikel 3 MRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Gemäß § 4 Waffengebrauchsgesetz ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere der Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbarer geringere Mittel, wie insbesondere Handfesseln und technische Sperren, ungeeignet erscheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Gemäß § 6 Abs 1 Waffengebrauchsgesetz darf der Zweck des Waffengebrauches gegen Menschen nur sein, angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen. In den Fällen des § 2 Z 2 bis 5 darf der durch den Waffengebrauch zu erwartende Schaden nicht offensichtlich außer Verhältnis zu den beabsichtigten Erfolg stehen.
Beim Polizeieinsatz bestand die Vermutung, daß sich im Haus Stgasse 2a, in G, offensichtlich fünf Personen, die auf Grund eines Haftbefehles ausgeschrieben waren (siehe Haftbefehl des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, 18 VR 971/97 vom 10.4.1997), aufhielten. Da die einzelnen Räumlichkeiten in der Stgasse 2a, in G, nicht mit entsprechenden Türschildern der Bewohner versehen waren, ist es für die erkennende Behörde auch nachvollziehbar, daß die Art des Eindringens (Durchschlagung der Wohnungstür) als auch der daran anschließende Gebrauch der Dienstwaffe gegenüber den dort angetroffenen Personen zwecks Eigensicherung der einschreitenden Beamten notwendig und maßhaltend war. Soweit jedoch der Beschwerdeführer auf dem Bauch liegend mittels Handfesseln fixiert wurde, ohne daß der Beschwerdeführer zuvor die Möglichkeit hatte, seine Identität nachzuweisen, kann dies sicher nicht mehr unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit und des Maßhaltens im Sinne des Waffengebrauchsgesetzes gesehen werden. Es wäre den einschreitenden Polizeibeamten durchaus zumutbar gewesen, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einzuräumen bei gezogener Dienstwaffe, die Identität nachzuweisen bzw. sich hierüber zu verantworten und entsprechende Belege vorzulegen. Zweck der Fixierung mittels Handfessel war offensichtlich nur das Eintreffen der Kriminalbeamten abzuwarten, um sodann weitere Erhebungen bezüglich der Identität durchführen zu können. In Anbetracht eines Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wäre das Abwarten bis zum Eintreffen der Kriminalbeamten auch ohne Fixierung mittels Handfessel am Boden liegend möglich gewesen, umsomehr ein Beamter (Insp. P) zwecks Sicherung des Beschwerdeführers abgestellt war. Nachdem der Beschwerdeführer die Handfessel zum Ankleiden abgenommen bekam, wurden sie ihm wieder angelegt und wäre auch dies nicht notwendig gewesen, da der Beschwerdeführer keine Anstalten eines Fluchtversuches machte. Soweit der Beschwerdeführer behauptet 45 Minuten am Boden liegen zu müssen, wird diesen Angaben kein Glaube geschenkt und fand das am Bodenliegen laut Aussage des Zeugen Insp. P ca. zwei Minuten statt. Das Fotografieren des Beschwerdeführers stellt jedenfalls keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar und wurde in der Beschwerde kein Antrag nach § 88 Abs 2 Sicherheitspolizeigesetz gestellt, sodaß diesbezüglich die Beschwerde zurückzuweisen war.
In Anbetracht des Gebotes der Verhältnismäßigkeit und des Maßhaltens lag somit bei der Fixierung mittels Handfessel des auf dem Boden liegenden Beschwerdeführers als auch eine Fixierung mittels Handfessel beim danach stattfindenden Transport im Dienstkraftfahrzeug eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung des Beschwerdeführers statt. Hiebei verkennt die erkennende Behörde nicht, daß auf Grund der mittels Haftbefehl gesuchten in den Räumlichkeiten vermuteten Personen von einer Gefährlichkeit der Situation auszugehen war, jedoch wäre in concreto ein maßhaltendes Vorgehen notwendig und möglich gewesen.
Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. Nr. 855/1995, dem Beschwerdeführer im Spruchteil C ein Betrag in der Höhe von S 18.800,-- zugesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt S 8.400,-- an Schriftsatzaufwand, S 10.400,-- an Verhandlungsaufwand.