TE UVS Tirol 1997/02/04 1997/20/20-1

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Veröffentlicht am 04.02.1997
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Spruch

Gemäß §66 Abs4 AVG in Verbindung mit den §§24, 51 Abs1 und 51e Abs1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z2 VStG eingestellt.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, sie habe es als Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XY unterlassen, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz auf ihr schriftliches Verlangen vom 02.07.1996, zugestellt am 08.07.1996 binnen zwei Wochen ab Zustellung bekanntzugeben, wer am 06.04.1996 um 08.31 Uhr dieses Kraftfahrzeug in Ramsau, Zillertal Straße B-169 bei Straßenkilometer 24,40 gelenkt/verwendet bzw. vor diesem Zeitpunkt dort abgestellt hat. Dadurch habe die Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung nach §103 Abs2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß §134 KFG eine Geldstrafe von S 800,- unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

 

Dagegen hat die Beschuldigte innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Berufungswerberin mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.07.1996 aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen den Namen und die Anschrift jener Person bekanntzugeben, die das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen XY am 06.04.1996 um 08.31 Uhr gelenkt habe.

 

Entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde sei die Berufungswerberin der Aufforderung gemäß §103 Abs2 KFG nachgekommen, indem sie mit Schreiben vom 06.07.1996 wahrheitsgemäße Angaben zur Sache gemacht habe. Sie habe ausgeführt, daß sie den PKW zum fraglichen Zeitpunkt weder selbst gelenkt, noch die unmittelbare Verfügungsgewalt über das Fahrzeug innegehabt habe, zumal die Berufungswerberin nicht selbst, sondern ihr Sohn mit Freunden in Österreich mit dem genannten Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Daher habe sie zur Person des Fahrers naturgemäß keine detaillierten Angaben machen können.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Am 06.04.1996 um 08.31 Uhr wurde durch ein stationäres Radargerät das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XY (D) gemessen, wobei eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt wurde. Als Zulassungsbesitzerin wurde in der Folge die Berufungswerberin ermittelt. Da die Berufungswerberin gegen eine daraufhin erlassene Strafverfügung fristgerecht Einspruch erhob, wurde ihr ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.07.1996 zugestellt, dessen wesentlicher Inhalt wie folgt lautete:

 

"Sehr geehrte Frau H!

 

Es wird mitgeteilt, daß sie fristgerecht Einspruch gegen die hieramtliche Strafverfügung vom 20.05.1996 erhoben haben.

 

Sie werden gemäß §103 Abs2 KFG als (Verantwortlicher) Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen XY aufgefordert, uns binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich bekanntzugeben, wer Ihren PKW am 06.04.1996 um 08.31 Uhr in Ramsau, B-169 Zillertal Straße, km 24,400, in Richtung Mayrhofen gelenkt hat.

 

Hinweis: Sie machen sich strafbar, wenn Sie die verlangte Auskunft nicht, unrichtig oder nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens geben (§103 Abs2 KFG 1967;

Verfassungsbestimmung)."

 

Mit Schreiben vom 06.07.1996, eingelangt am 08.07.1996 teilte die Berufungswerberin der Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit, daß sie keine Adresse des Fahrers nennen könne. Ihr Sohn SH sei zur angegebenen Zeit in Österreich gewesen, habe zum fraglichen Zeitpunkt seinen Angaben zufolge das Kraftfahrzeug aber nicht gesteuert. Er habe aber Freunden erlaubt, das Auto zu fahren. Wer zum fraglichen Zeitpunkt gefahren sei, wisse ihr Sohn seinen eigenen Angaben zufolge aber auch nicht. Sie könne daher weder Namen noch Adresse des Fahrers zum fraglichen Zeitpunkt bekanntgeben und betrachte diese Angelegenheit somit als erledigt.

 

Daraufhin wurde gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft nach §103 Abs2 KFG erlassen, gegen die sie fristgerecht Einspruch erhoben hat und anschließend das der gegenständlichen Berufung zugrundeliegende Straferkenntnis.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf den erstinstanzlichen Akt sowie den Akt der Berufungsbehörde.

 

Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu würdigen:

 

Gemäß §103 Abs2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen. Kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

 

Der Fall, daß der Zulassungsbesitzer die Auskunft nicht erteilen kann, wird in der Regel dann vorliegen, wenn er die Gewahrsame am KFZ an eine andere Person weitergegeben hat. Unter Gewahrsame ist die körperliche Verfügungsmacht zu verstehen, die vornehmlich durch Übergabe von KFZ-Schlüsseln, unter Einhaltung der rechtlichen Vorschriften aber auch des Zulassungsscheines erfolgt (VwGH vom 11.05.1990, Zl. 89/18/0178). Liegt eine solche Übergabe an die vom Zulassungsbesitzer nach Name und Anschrift genannte Person vor, so treffen den Zulassungsbesitzer hinsichtlich des weiteren Verhaltens dieser Person gegenüber der Behörde keine weiteren Auskunftspflichten, mag diese Person nun eine richtige oder falsche Auskunft erteilen oder diese verweigern (VwGH vom 28.06.1991, Zl. 91/18/0071).

 

Aus dem in den obigen Festellungen im genauen Wortlaut angeführten Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.07.1996 ergibt sich, daß darin die Berufungswerberin auf die Möglichkeit, falls sie selbst die gewünschte Auskunft nicht erteilen kann, eine andere Person zu benennen, die die gewünschte Auskunft erteilen kann, nicht hingewiesen wurde. In ihrer Antwort führt die Berufungswerberin jedoch an, daß ihr Sohn SH zum

fraglichen Zeitpunkt mit dem PKW in Österreich unterwegs gewesen sei. Sie hatte daher keine Verfügungsgewalt über das Fahrzeug. Somit hat die Berufungswerberin jedoch zu Recht die gewünschte Auskunft nicht erteilt, aber eine Person benannt, die ihrer Meinung nach die verlangte Auskunft erteilen könne (vgl. VwGH vom 18.01.1989, Zl. 88/03/0067).

 

Angesichts der im gegenständlichen Fall erfolgten Lenkeranfrage der Erstbehörde ist es der Berufungswerberin nicht vorzuwerfen, daß sie keine Adresse ihres Sohnes bekanntgegeben hat. Die Berufungswerberin hat somit ihre bestehende Mitwirkungspflicht erfüllt und die Erstbehörde wäre daher von amtswegen verpflichtet gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen, insbesondere die Adresse des Sohnes der Berufungswerberin auszuforschen und diesen aufzufordern, die gewünschte Auskunft zu erteilen.

 

Dieser hätte, als zum fraglichen Zeitpunkt über das Fahrzeug Verfügungsberechtigter dadurch die Möglichkeit gehabt, weitere Nachforschungen nach dem Fahrer anzustellen, bzw. seine bisherigen Angaben seiner Mutter gegenüber, daß er den PKW selbst nicht gelenkt habe, zu korrigieren.

 

Da die Berufungswerberin somit an der unvollständigen Beantwortung der Lenkeranfrage kein Verschulden trifft, war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
mangelhafte Lenkeranfrage nach KFG
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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