TE UVS Steiermark 1997/02/04 30.4-11/97

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Veröffentlicht am 04.02.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung der Frau G L, I-straße 81, B A, gegen den Bescheid der Politischen Expositur Bad Aussee der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 18.12.1996, GZ.: 15.1 1996/38, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 18.12.1996 war über Frau G L auf Rechtsgrundlage der §§ 81 Abs 1 und 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 12 Stunden, verhängt worden, da sie am 23.12.1995 von 22.30 Uhr bis 00.45 Uhr am Standort B A, I-straße 81, den Gastbetrieb "St-hof", eine genehmigte Betriebsanlage, ohne die erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben hätte, indem sie Live-Musik durch eine Musikband spielen lassen hätte, obwohl laut Bescheid der Politischen Expositur Bad Aussee vom 16.11.1992, GZ.:

4.1 L 33-1991 das Spielen von Musik nur über die hauseigene Musikanlage gestattet ist.

Dieser Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheid vom 16.11.1992, der im Zuge des Berufungsverfahrens der Berufungsbehörde vorgelegt worden ist, ist Grundlage der gewerberechtlichen Genehmigung für eine Kaffeehaus-Betriebsanlage am Standort B A, I-straße 81, welche über Antrag von G L auf Grundlage der §§ 74, 77 Abs 1 und 359 Abs 1 GewO 1973 am 16.11.1992 erteilt worden ist, gleichzeitig wurde mit diesem Bescheid gemäß § 78 Abs 2 leg. cit. die Betriebsbewilligung vorbehalten.

Aus der Betriebsbeschreibung dieses gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides ergibt sich unter anderem, daß zur Beschallung des Gastraumes eine Musikanlage, bestehend aus einem Verstärker, einem Kassettendeck, CD-Player, einem Frequenzlimiter sowie drei Dreiweg-Baßlautsprecher, aufgestellt waren. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt, es sei zur Verhinderung von Lärmemissionen erforderlich, den Limiter aus der Musikanlage zu entfernen und die Lautsprechboxen so umzumontieren, daß sie keinerlei Verbindung zur Theke, zu den Wänden oder zum Boden hätten. Außerdem wäre es, wie aus diesem Gutachten hervorgeht, erforderlich, sämtliche Fenster des Lokales bei Betrieb der Musikanlage geschlossen zu halten.

Diesbezügliche Auflagen, Gebote oder Verbote finden sich in den Auflagen dieses Bescheides jedoch nur insofern, als unter Auflagenpunkt 16.) vorgeschrieben wurde, den Limiter zu entfernen und die Verstärkerstufe direkt nach dem lautesten Gerät auf einen fixen Innenraumpegel von 85 dB(A) zu regulieren, weiters wurde mit Auflagenpunkt 17.) vorgeschrieben, die Lautsprecher flexibel an der Theke aufzuhängen oder so umzumontieren, daß sie zu den Wänden und dem Boden keinerlei massive Verbindung besitzen.

Die übrigen Auflagen und Betriebsvorschriften dieses Bescheides betreffen andere Betriebsanlagenteile ohne Zusammenhang mit der Musikanlage, ein Verbot der Verwendung dieser montierten bzw. fix eingebauten Musikanlage im Gastlokal für das Verwendung von Live-Musik geht aus diesem Bescheid nicht hervor.

Wie durch die Berufungsbehörde weiters erhoben wurde, wurde die Betriebsbewilligung mit Bescheid vom 16.11.1992, GZ.: 4.0 L 81-1990, erteilt, dieser Bescheid enthält keine Änderungen der Betriebsbeschreibung bezogen auf die Musikanlage und fünf zusätzliche Auflagen, diese betreffen jedoch ausschließlich die Ausstattung der Küche bzw. Sanitäranlage sowie eine Betriebsvorschrift hinsichtlich der Kennzeichnung der Betriebsstätte.

In dem dem Straferkenntnis vom 18.12.1996 vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz hat die Beschuldigte und Gewerbeinhaberin G L hinsichtlich jener Anzeige, die zur Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen sie geführt hat und aus welcher sich ergibt, daß die erhebenden Sicherheitswachebeamten im Bereich des Hauses jener Nachbarin, die die Anzeige erstattet hatte, keine Lärmerregung wahrnehmen hatten können, festgestellt, es sei zwar richtig, daß am 23.12.1995 eine Live-Band in ihrem Lokal gespielt hätte, diese hätte jedoch die vorhandene Musikanlage verwendet und keinerlei zusätzliche Verstärkungselemente verwendet. Daß dies zulässig wäre, sei ihr auch vom seinerzeitigen Gewerbereferenten erklärt worden.

Mit dieser sinngemäß gleichen Argumentation wird auch die fristgerecht eingebrachte Berufung gegen das Straferkenntnis vom 18.12.1996 begründet, in welchem die erste Instanz in ihrer Begründung davon ausgegangen ist, daß das "Spielen über die hauseigene Musikanlage" nur so verstanden werden könne, daß Musikkassetten, Schallplatten und CD's gespielt, nicht jedoch eine Live-Musik veranstaltet würde.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von

folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde,

sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen; im übrigen war die Durchführung einer Berufungsverhandlung im konkreten Fall aus folgenden Überlegungen nicht erforderlich:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, daß ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist.

Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

Gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Gemäß § 366 Abs 1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z 2) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 leg. cit. umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf gemäß § 81 GewO 1994 auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Im Fall der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung bzw. des Betreibens nach der Änderung kommt die eigene Strafbestimmung des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 zur Anwendung, der diesbezüglich vorgesehene Strafrahmen ist gleich wie im Fall des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerberechtliche Genehmigung. Im Zuge des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde der nunmehrigen Berufungs-werberin niemals innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen, die an der bestehenden, genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlage vorgenommenen

Änderungen seien solche, die geeignet wären, die in § 74 Abs 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen. Hinsichtlich dieses Tatvorwurfes wäre somit davon auszugehen, daß bereits Verfolgungsverjährung eingetreten wäre.

Aus der Formulierung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses könnte sich jedoch auch die Absicht der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergeben, (sinngemäß) eine Verwaltungsstrafe wegen Übertretung der Bestimmungen des § 367 Z 25 GewO 1994 zu verhängen, gemäß welcher Bestimmung eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, begeht, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82 a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359 b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Eine diesbezügliche Überprüfung des bereits dargestellten Betriebsanlagen-Genehmigungs-bescheides vom 16.11.1992, GZ.: 4.1 L 33-1991, in Verbindung mit dem bereits erwähnten Betriebsbewilligungsbescheid GZ.: 4.0 L 89-1990, ergibt, daß entgegen der Ansicht der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ein Verbot des Spielens von Live-Musik durch die hauseigene Musikanlage nicht ausgesprochen worden ist, welches im Sinne der Bestimmungen der §§ 367 Z 25 bzw. 368 Z 14 zur Rechtsgrundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens hätte werden können.

Aus all dem ergibt sich somit, daß die Berufungswerberin weder das fortgesetzte Delikt im Sinne des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 in einem Tatzeitraum von 2 1/4 Stunden noch jenes der Nichteinhaltung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträgen verwirklicht haben kann, sodaß im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu

entscheiden war.

Schlagworte
Auflage Betriebsanlage Musikanlage Lärm
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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