TE UVS Wien 1997/02/06 04/G/21/719/96

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Veröffentlicht am 06.02.1997
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Beschwerde vom VwGH mit Beschluß vom 22.4.1997, 97/04/0045 abgelehnt Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Hollinger über die Berufung des Herrn Helmut S, wohnhaft in Wien, S-gasse, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4/5 Bezirk, vom 1.8.1996, Zl MBA 4/5-S 3306/96, wegen Übertretung des § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt. In der Straffrage wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe von 9.000,-- auf 3.000,-- sowie die im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe von 9 auf 3 Tage herabgesetzt wird. Dementsprechend wird der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2 VStG von 900,-- auf 300,-- herabgesetzt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgenden Spruch: "Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Betriebsinhaberin, H-KG zu verantworten, daß diese Gesellschaft in der Betriebsanlage Wien, R-zeile, am 14.03.1996, die mit rechtskräftigem Bescheid vom 05.02.1979, MBA 4/5 - Ba 32 811/1/78 erteilten Auflagen insoferne nicht eingehalten hat, als sie entgegen Punkt 29) des obgenannten Bescheides, wonach Hauptverkehrswege im Verkehrsraum mindestens 1,80 m breit sein müssen und nicht verstellt und eingeengt werden dürfen, den Hauptverkehrsweg im Ausgangsbereich durch Zweitplazierungen (Obst, Gemüse) von 1,80 m auf ca 1,20 m verstellt bzw eingeengt hat. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 367 Ziffer 25 Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994 iVm Punkt 29 des Bescheides vom 05.02.1979, MBA 4/5 - Ba 32.811/1/78 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von S 9.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen, gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194/1994, iVm § 370 Abs 2 leg cit Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: S 900,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 9.900,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen." Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 28.01.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Berufungswerber zusammen mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter teilnahm und in welcher Werkmeister W zeugenschaftlich einvernommen wurde. Der Berufungswerber führte folgendes aus: "Ich bin gewerberechtlicher Geschäftsführer. Ich überwache und kontrolliere den Verkaufsleiter, Herrn Rudolf L. Ich überprüfe stichprobenweise ca alle 6 Wochen die Filialen und überprüfe in diesem Zusammenhang auch, ob die Bescheidauflagen eingehalten werden. Herr L ist Vorgesetzter des gesamten Verkaufsbereiches. Herr L besucht die Filialen ca einmal im Monat, um diese schwerpunktmäßig zu kontrollieren. Ihm unterstellt ist die Bezirksleiterin Frau Mag Martina Z, die für einen Verkaufsbezirk von vier Filialen verantwortlich ist und eine Vorgesetztenfunktion gegenüber der Filialleiterin hat. Die Filialleiterin im konkreten Fall ist Frau Monika P. Frau Z ist drei- bis fünfmal in der Woche in der Filiale und hält sich dabei üblicherweise einen halben Tag in der Filiale auf. Frau Z kontrolliert in dieser Zeit den ordnungsgemäßen Ablauf in der Filiale. Die Filialleiterin ist angewiesen auch die Bescheidauflagen einzuhalten. Vorgelegt werden können die jeweiligen Verträge der oben angesprochenen Personen. Bemerkt wird, daß Frau P zum Zeitpunkt der Beanstandung erst ca einen Monat Filialleiterin war, wodurch sich auf Grund ihrer noch nicht so vorhandenen Routine die Beanstandung ergeben konnte. Sie wurde aber gerade in der Anfangszeit besonders genau von Frau Z kontrolliert. Verwiesen wird noch auf den Berufungsbescheid des UVS Wien vom 14.07.1993, 07/18/00147/93, wo meiner Berufung Folge gegeben wurde. Ich habe damals das Kontrollsystem genau in derselben Art eingerichtet gehabt, wie heute. Insbesondere wird verwiesen auf die Ausführungen hinsichtlich des ausreichend dichten und zulänglich organisierten Kontrollsystems. Behebbare Mängel, die bei den Kontrolle zutage treten, werden sofort behoben. Sollte bei anderen Mängel Gefahr in Verzug sein, so gibt es kein Kostenlimit und kann auch die Filialleiterin die möglichst rasche Behebung des Mangels veranlassen bzw muß. Ist keine Gefahr in Verzug, dann hat sie Rücksprache zu halten mit der Bezirksleiterin und diese wiederum mit dem Verkaufsleiter."

Werkmeister W führte folgendes aus: "Ich kann mich jetzt an die Amtshandlung nicht mehr erinnern. Ich habe in der Zwischenzeit schon sehr viele H-Filialen gehabt. Meiner Erinnerung nach war ich damals das erste Mal in dieser Filiale und habe bei der Nachkontrolle feststellen können, daß der Mangel behoben war. Aus meinem Protokoll ist ersichtlich, daß der Hauptverkehrsweg durch Zweitplazierungen verstellt bzw eingeengt war. Dadurch, daß ich diese Zweitplazierungen bemängelt habe, ist davon auszugehen, daß es sich nicht um kurzfristige Lagerung gehandelt hat. Bei meinen Kontrollen nehme ich immer mit einem Mitarbeiter der jeweiligen Filiale Rückssprache und wenn mir erklärt wird, daß Verstellungen lediglich kurzfristig sind, das heißt zum Beispiel wenn Waren gerade in das Regal eingeräumt werden, so nehme ich von einer Anzeige Abstand. Aus meiner Erfahrung kann ich angeben, daß bei den H-Filialen generell wenig zu bemängeln ist und sind bei den Nachkontrollen die Mängel in der Regel behoben. Inwiefern der Filialleiter kontrolliert wird, kann ich nicht sagen." Zu den Schlußausführungen gab der Berufungswerber noch folgendes an: "Auf die Ausführungen in der Berufung wird verwiesen. Es kann nur nochmals betont werden, daß ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet wurde, so daß dem Berufungswerber kein Verschulden trifft. Das Kontrollsystem wurde nicht nur eingerichtet, sondern wurden auch ausreichende Kontrollen regelmäßig gesetzt. Dem Berufungswerber trifft daher nicht einmal fahrlässiges Verhalten."

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 (GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 oder 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Gemäß Auflagepunkt 29) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 4/5 Bezirk, vom 05.02.1979, MBA 4/5 - Ba 32 811/1/78, müssen Hauptverkehrswege im Verkaufsraum mindestens 1,80 m breit sein und dürfen nicht verstellt und eingeengt werden. Auf Grund der Zeugenaussage des Werkmeister W geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien davon aus, daß entgegen der Bescheidauflage der Hauptverkehrsweg im Ausgangsbereich durch Zweitplazierungen (Obst, Gemüse) verstellt war, so daß er von 1,80 m auf ca 1,20 m eingeengt war. Es handelte sich dabei um keine kurzfristigen Verstellungen, welche durch Anlieferungen und Einschlichtungen in das Verkaufsregal bedingt wären. Werkmeister W hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zeugenschaftlich einvernommen inhaltlich klar und widerspruchsfrei und zudem unter der Wahrheitsverpflichtung des § 289 StGB ausgesagt. Außerdem unterliegt der Zeuge auf Grund seines Diensteides und auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung nicht nur der Wahrheitspflicht, sondern treffen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht nicht nur straf- sondern auch dienstrechtliche Sanktionen. Auch konnte die Aktenlage keinerlei Hinweis darüber abgeben, daß der Zeuge den ihm offenbar unbekannten Berufungswerber durch eine unrichtige Aussage wahrheitswidrig einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung hätte aussetzen wollen. Der objektive Tatbestand ist daher als verwirklicht anzusehen. Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist folgendes auszuführen: Der Berufungswerber vertritt die Auffassung, daß er für die ihm angelastete Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich sei bzw daß ihn kein Verschulden treffe. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG (vgl VwGH 25.11.1986, 86/04/0116). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. In diesem Fall ist das mangelnde Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG dadurch nachzuweisen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua VwGH 20.10.1970, VwSlg 7 890/A, VwGH 18.9.1987, 86/17/0021). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften trifft einen Gewerbeinhaber (oder eine ihm hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichgestellte Person) somit dann, wenn er den Verstoß bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte hintanhalten können. Der Gewerbeinhaber hat dafür zu sorgen, daß der Gewerbebetrieb im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften geführt wird, seine Angestellten in dieser Hinsicht zu überprüfen bzw solche Vorkehrungen zu treffen, die eine entsprechende Überwachung sicherstellen (vgl VwGH 19.6.1990, 90/04/0027). Allgemeine Behauptungen darüber, daß Überprüfungen laufend erfolgten, sind nicht geeignet, die für die Annahme einer Entlastungsbescheinigung im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG erforderliche Beurteilung zu erlauben (vgl ua VwGH 6.11.1974, 1779/73), da ihnen nicht zu entnehmen ist, worin die Überprüfung bestanden haben soll (vgl VwGH 9.10.1979, 2762/78). Der Berufungswerber bringt hinsichtlich der subjektiven Tatseite lediglich vor, daß die Tätigkeit der Filialleiterin und der Zustand der Filiale und der dort vertriebenen Waren regelmäßig vom Bezirksleiter und vom Verkaufsleiter überwacht würden, er durch Anordnung der Überwachung der Tätigkeit des Filialleiters durch den Bezirksleiter bzw Verkaufsleiter seiner Verpflichtung entsprochen habe und das von ihm eingerichtete Kontrollsystem sowie die den unterstellten Angestellten übertragenen Verpflichtungen Gewähr dafür bieten würden, daß die durch Gesetz und Verordnung getroffenen oder von der Betriebsleitung erlassenen Anordnungen beachtet und eingehalten würden. Mit dieser, die Existenz eines Kontrollsystems in generell - abstrakter Form im Betrieb behauptenden Darstellung, ohne konkret darzulegen, wie dieses Kontrollsystem im einzelnen, insbesondere in der gegenständlichen Betriebsanlage, funktionieren soll, vermag der Berufungswerber jedoch mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 VStG nicht glaubhaft zu machen und ist die subjektive Tatseite daher als erfüllt anzusehen, da diese allgemein gehaltenen Ausführungen lediglich auf zwar regelmäßig, jedoch nur stichprobenweise durchgeführte Kontrollen schließen lassen, die allerdings kein die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließendes wirksames Kontrollsystem darstellen (vgl ua VwGH 18.10.1994, 93/04/0075), zumal diesen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, daß und inwiefern der Berufungswerber ein der Einhaltung der gegenständlichen Auflage dienendes wirksames Vorgehen und entsprechende wirksame Kontrollen durchgeführt hätte. Wenn der Beschuldigte auf den Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14.07.1993, GZ UVS-07/18/00147/93, verweist, so sind ihm zwei Berufungsbescheide aus jüngerer Zeit entgegenzuhalten, nämlich vom 09.10.1996, GZ UVS-04/G/35/00213/96 und vom 17.10.1996, GZ UVS-04/G/35/00662/95. In beiden Fällen wurde bei durchaus ähnlichem Berufungsvorbringen der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben. Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen: Die Strafe konnte spruchgemäß herabgesetzt werden, da die von der Erstbehörde bei ihrer Strafbemessung als erschwerend herangezogene Vorstrafe der Aktenlage nach erst am 29.03.1996, somit nach der Tatzeit am 14.03.1996 rechtskräftig wurde. Dem Berufungswerber kam daher zur Tatzeit der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute. Eine weitere Herabsetzung kam jedoch aus folgenden Gründen nicht in Betracht: Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die deren gefahrloses Betreiben gewährleisten soll. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Unter Bedachtnahme auf den objektiven Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Berufungswerbers, den vorgenannten Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und den bis zu S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen sowie unter Berücksichtigung mittlerer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, deren Annahme durch die Erstbehörde seitens des Berufungswerbers unbestritten blieb, erscheint die nunmehr auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabgesetzte Geldstrafe angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind. Eine Anwendung des § 21 VStG kommt im vorliegenden Fal nicht in Betracht, da einerseits - wie bereits oben ausgeführt - das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden kann und weiters von einem unbedeutenden Ausmaß der Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 VStG (hier: der als Folge der festgestellten Übertretung in Kauf genommenen Gefährdungen) keine Rede sein kann.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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