TE UVS Wien 1997/02/07 02/26/85/96

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Mag Fridl über die Maßnahmenbeschwerde des Herrn Dr Reinald P, vertreten durch Rechtsanwälte, vom 30.5.1996 gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entschieden:

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als das gewaltsame Eindringen von Organen der Bundespolizeidirektion Wien in die Wohnung des Beschwerdeführers in Wien, P-Straße, am 18.4.1996, um

13.37 Uhr, die danach durchgeführte Hausdurchsuchung, die anschließende Festnahme des Beschwerdeführers, daß er gezwungen wurde, nach der Festnahme bloßfüßig über Glasscherben zu gehen, die nachfolgende Anhaltung im Polizeikommissariat P bis 17.10 Uhr und die anschließende Vorführung in das psychiatrische Krankenhaus B gemäß § 67c Abs 4 AVG für rechtswidrig erklärt werden. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von S 19.280,-- binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Text

Begründung:

1. Beschwerdevorbringen

Die gegenständliche Beschwerde hat folgenden Inhalt:

"Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die belangte Behörde am 18.4.1996 um ca 13:30 Uhr im Wohnhaus P-Straße, Wien, erhebt der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist wegen Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten und von einfachgesetzlichen Rechten Beschwerde an den UVS des Landes Wien.

I. Sachverhalt

1. Vorgeschichte

a) Der Beschwerdeführer ist Beamter im B. Um eine außergewöhnliche Streßsituation bewältigen zu können, nahm der Beschwerdeführer Aufputschmittel, die mitunter zu kurzfristig gesteigerter Nervosität führten. Die außergewöhnliche Streßsituation war dadurch hervorgerufen worden, daß der Beschwerdeführer glaubt, Beweismaterial zur Aufdeckung eines politischen Skandals in seiner beruflichen Tätigkeit gefunden zu haben.

Die Dienstaufsichtsbehörde des Beschwerdeführers forderte ihn am 21.3.1996 - ob wegen der (erklärlichen) Nervosität, wegen der aufgefundenen Beweise oder aus anderen Gründen, sei dahingestellt - auf, sich in der Universitätsklinik für Psychiatrie des AKH Wien zu einer ärztlichen Untersuchung einzufinden. Die entsprechende Ladung wurde für den 10.4.1996 ausgesprochen. Der Beschwerdeführer hat sich dieser verlangten Untersuchung freiwillig und ohne jeglichen äußeren oder inneren Widerstand unterzogen.

Beweis: Schreiben des B vom 21.3.1996;

Schreiben der Universitätsklinik für Psychiatrie vom 2.4.1996 Niederschrift der BPD Wien, II-4734/SB/96 vom 10.4.1996 mit Dr P;

PV;

b) Am 5.3.1996 wurde dem Beschwerdeführer von der BH F, in deren Amtssprengel er seinen ordentlichen Wohnsitz hat, der Waffenpaß mit der Nr 14 ausgestellt. Der Beschwerdeführer war und ist daher berechtigt, zwei Faustfeuerwaffen zu tragen.

Der Beschwerdeführer hatte seine Waffe am Tag der psychiatrischen Untersuchung bei sich; auf Ersuchen des ärztlichen Personals gab er sie freiwillig und völlig widerstandslos in eine versperrbare Schublade. Dies ist auch aktenkundig.

Aufgrund einer Weisung der Sicherheitsdirektion K, die vermutlich von der Bundespolizeidirektion Wien veranlaßt worden war, verfaßte der Bezirkshauptmann von F/K am 16.4.1996 einen Bescheid gem § 20 Abs 1 Waffengesetz, mit dem der Waffenpaß des Beschwerdeführers eingezogen und der Beschwerdeführer verpflichtet werden sollte, seinen Waffenpaß sowie die Faustfeuerwaffe abzugeben. Dieser Bescheid wurde allerdings dem Beschwerdeführer bis heute nicht zugestellt, sodaß er auch nicht am Tage der bekämpften faktischen Amtshandlungen gegenüber dem Beschwerdeführer rechtswirksam war.

Beweis: Entwurf des Bescheides vom 16.4.1996 der BH F Schreiben der BH F an die BPD Wien vom 19.4.1996;

2. Eindringen in die Wohnung

Am 18.4.1996 erschienen etwa 10 Sicherheitsorgane (wie sich später herausstellte: Polizeikräfte der Streifenwagen Sektor 2, 3, 6 und 9 sowie WEGA 25 und 400) im Stiegenhaus des Wohnhauses Wien, P-Straße. Sie gelangten bis zu einer Glastüre, die das Stiegenhaus von den Eingangstüren zu den Wohnungen 9 und 10 des Beschwerdeführers und dessen Gattin trennte.

Nachdem die Sicherheitsorgane diese Glastüre durch Herausbrechen des Schlosses gewaltsam geöffnet hatte, gelangten sie zur Wohnungstüre top 9. Sie brachen danach die Eingangstüre zur Wohnung gewaltsam auf, wobei der Türstock zum Teil aus der Verankerung gerissen wurde. Die Polizeiorgane drangen sodann ins Vorzimmer ein.

Die Sicherheitsorgane hatten weder einen Haft- noch einen Hausdurchsuchungsbefehl vorweisen. Durch das gewaltsame Vorgehen, für das es keinen Grund gab, war der Beschwerdeführer verständlicherweise verängstigt und öffnete die Wohnung nicht. Der Beschwerdeführer versteckte sich im Schlafzimmer der Wohnung, das durch eine Glastüre vom Vorraum abgetrennt ist. Diese Glastüre versperrte er ebenfalls.

Auf die Aufforderung der Polizei, seine Waffe abzugeben, gab der Beschwerdeführer mehrmals an, daß er die Waffe nicht bei sich hätte, sondern diese seiner Frau übereignet hätte. Dies hat der Beschwerdeführer bereits um 8:30 Uhr desselben Tages in einem Telefonat mit Hofrat Mag K des Bundespolizeidirektion Wien mitgeteilt.

Der Beschwerdeführer telefonierte dort gleichzeitig auf zwei Leitungen mit Bekannten, dem aktuellen Dienst des ORF, seiner Dienstaufsichtsbehörde sowie einer befreundeten Richterin. Er sprach dabei so laut, daß die Polizeiorgane jedenfalls verstehen konnten, was er sagte. In den Telefongesprächen wiederholte der Beschwerdeführer, daß er keine Waffe bei sich hätte. Als der Beschwerdeführer die Polizeiorgane auffordert, einen Hausdurchsuchungsbefehl vorzuzeigen, meinten diese wahrheitswidrig, daß dies nicht möglich sei, weil ein Kriminalbeamter den Hausdurchsuchungsbefehl habe; dieser dürfe die Wohnung aber erst betreten, nachdem die anderen Polizeiorgane dem Beschwerdeführer die Waffe abgenommen hätten.

Obwohl der Beschwerdeführer durch die Glastüre lediglich Schatten und Umrisse erkannte, konnte er einige Menschen mit Schutzschildern und Gewehren vor der Türe sehen. Die Polizeiorgane wiederum konnten vermutlich nicht sehen, wo sich der Beschwerdeführer im Zimmer befand. Da der mittlerweile völlig verängstigte und um sein Leben bangende Beschwerdeführer die Glastüre nicht öffnete, durchschossen die Polizeibeamten mit zwei Schüssen die Glastüre, wobei große Brandlöcher im Teppichboden des Schlafzimmers verursacht wurden. Durch diese Schüsse zersprang die Glastüre in viele kleine Scherben, die sich am Boden des Zimmers verteilten. Der Beschwerdeführer blieb lediglich deshalb unverletzt, weil er sich rechtzeitig hinter dem Bett verstecken konnte.

Beweis: Videoaufzeichnung vom 18.4.1996;

PV;

3. Anhaltung und Mißhandlung

Die Polizeiorgane bedrohten den Beschwerdeführer mit ihren Waffen und bedrängten ihn mit ihren Schutzschilden. Der Beschwerdeführer, der zu diesem Zeitpunkt lediglich einen Jogginganzug anhatte und keine Fußbekleidung trug, wurde äußerst grob hinter dem Bett hervorgezerrt. Die Polizeiorgane legten dem Beschwerdeführer Handfesseln auf dem Rücken an, die so fest eingestellt wurden, daß dem Beschwerdeführer die Blutzufuhr zu den Händen zum Teil abgesperrt wurde. Bei dieser Amtshandlung erlitt der Beschwerdeführer überdies eine Schürfwunde am Kopf. Auftragsgemäß führten die Polizeiorgane den Beschwerdeführer zum Polizeikommissariat, um ihn dort gem § 46 SPG einem Amtsarzt vorzuführen. Dem Ersuchen des Beschwerdeführers, Hausschuhe oder eine andere Fußbekleidung anziehen zu dürfen, wurde nicht entsprochen. Der Beschwerdeführer wurde vielmehr bloßfüßig über die unzähligen Glasscherben durch das Schlafzimmer geführt, sodaß er Schnittwunden an den Füßen erlitt. Das Anlegen von Handfesseln auf dem Rücken war aufgrund der völligen Wehrlosigkeit des Beschwerdeführers nicht notwendig.

Der Beschwerdeführer wurde von ca 14:00 Uhr bis ca 17:00 Uhr auf dem Polizeikommissariat P festgehalten, wobei ihm erst um 15:15 Uhr die Handfesseln abgenommen wurden. Während der ganzen Zeit wurde ihm der Grund für seine Festnahme und Anhaltung nicht bekanntgegeben. Um ca 16:10 Uhr wurde der Beschwerdeführer dem Amtsarzt vorgeführt. Dieser untersuchte den Beschwerdeführer aber nicht, sondern meinte nur: "Das haben Sie davon, daß Sie Michael Kohlhaas spielen wollten." Die offenen Wunden des Beschwerdeführers am Kopf und an den Fußsohlen wurden ebensowenig ärztlich versorgt.

Der Beschwerdeführer wurde daraufhin ins Psychiatrische Krankenhaus B überstellt, wo er vom dortigen Oberarzt untersucht wurde, der jedoch keine psychischen Auffälligkeiten feststellen konnte. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer an den Füßen und am Kopf ärztlich versorgt. Das psychiatrische Krankenhaus schenkte dem Beschwerdeführer ein Paar Hauspantoffel, damit dieser unter möglichst geringen Schmerzen nach Haus gelangen konnte. Der Beschwerdeführer wurde erst gegen 18.15 Uhr des 18.4.1996 nach Hause entlassen.

Beweis: Ärztliche Bescheinigung vom 18.4.1996 (BPD Wien);

Verletzungsanzeige des Psychiatrischen Krankenhauses B vom 18.4.1996;

PV;

Am 18.4.1996 diensthabender Oberarzt des psychiatrischen

Krankenhauses der Gemeinde Wien B

II. Beschwerdegründe

1. Die belangte Behörde stützt ihr Vorgehen auf § 46 SPG (in Verbindung mit § 50 Abs 4 SPG). Nur diese Voraussetzungen sind daher vorerst zu prüfen.

Eine Vorführung oder Anhaltung gem § 46 SPG ist nur dann zulässig, wenn die betroffene Person an einer psychischen Krankheit leidet. Der Beschwerdeführer leidet an keiner psychischen Krankeheit, was auch vom Psychiatrischen Krankenhaus B festgstellt wurde. Es gab auch zum Zeitpunkt der faktischen Amtshandlungen keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine derartige Erkrankung. Eine weitere, kumulative Voraussetzung für ein Einschreiten gem § 46 SPG ist, daß der psychisch Kranke im Zusammenhang mit der psychischen Krankheit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet. Der Beschwerdeführer hat weder sich noch irgendeine andere Person gefährdet. Von einer ernstlichen und erheblichen Gefährdung kann keinesfalls gesprochen werden. Der Beschwerdeführer war unbewaffnet und alleine in seiner Privatwohnung. Selbst wenn er dort (berechtigterweise) eine Waffe gehabt hätte, könnte daraus noch nicht eine ernstliche und erhebliche Gefährdung geschlossen werden. Die Polizeiorgane hatten keine Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer Selbstmord begehen wollte oder irgendeiner dritten Person Schaden an Leib oder Leben zufügen wollte. Die Voraussetzungen des § 46 SPG waren somit nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer wurde daher durch das Öffnen und Eindringen in die Wohnung des Beschwerdeführers in seinem in § 87 SPG gewährtem Recht, nicht ohne die Voraussetzungen des § 46 SPG angehalten und vorgeführt zu werden, verletzt.

Weiters wurde der Beschwerdeführer durch die gewaltsame Öffnung der Eingangstüre zu seiner Wohnung in Wien, P-Straße, und durch das Durchschießen der Glastüre in das Schlafzimmer dieser Wohnung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art 5 StGG) verletzt. Da für das Einschreiten der Polizeibeamten keine Rechtsgrundlage gegeben war, war der Eingriff nach ständiger Judikatur des VfGH verfassungswidrig.

2. Eine Hausdurchsuchung ist ausschließlich unter den Voraussetzungen der § 139 ff StPO zulässig. Das erste Erfordernis für eine Hausdurchsuchung ist ein begründeter Verdacht einer gerichtlichen strafbaren Handlung.

Es bestand überhaupt kein Verdacht, daß der Beschwerdeführer eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat oder begehen würde. Da der Bescheid des Bundeshauptmannes von F dem Beschwerdeführer noch nicht zugestellt wurde, war und ist der Waffenpaß des Beschwerdeführers aufrecht und rechtswirksam. Ein Verdacht des unbefugten Besitzes einer Faustfeuerwaffe (§ 36 Abs 1 Ziffer 1 WaffenG) war demnach denkunmöglich. Auch für den Verdacht einer sonstigen strafbaren handlung gab es keine Anhaltspunkte. Selbst bei Vorliegen eines derartigen Verdachts muß ein richterlicher Hausdurchsuchungsbefehl ergehen. Ein solcher wurde gegen den Beschwerdeführer nicht erteilt.

Nur bei Gefahr in Verzug ist kein Hausdurchsuchungsbefehl notwendig, sondern genügt die Anordnung einer Sicherheitsbehörde. Im vorliegenden Fall kann nicht von Gefahr in Verzug gesprochen werden: Der Beschwerdeführer befand sich dienstfreigestellt in seiner Wohnung. Die Polizeiorgane sind am späten Vormittag ohne Zeitnot zum Haus P-straße, Wien, gelangt und in der Folge in die Wohnung des Beschwerdeführers eingedrungen. Es wäre ausreichend Zeit geblieben, einen Hausdurchsuchungsbefehl - eventuell nur fernmündlich - zu erlangen. Eine derartige Anordnung der Sicherheitsbehörden wäre daher nicht zulässig gewesen und ist auch nicht erteilt worden.

Nur bei größter Gefahr in Verzug können die Sicherheitsorgane aus eigenem Entschluß eine Hausdurchsuchung durchführen. Da schon - wie gesagt - keine schlichte Gefahr in Verzug vorlag, kann keinesfalls von "größter Gefahr" gesprochen werden. Die Sicherheitsorgane hätten jedenfalls Zeit gehabt, einen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl, jedenfalls aber eine Anordnung der Sicherheitsbehörde zu erwirken.

Der Beschwerdeführer ist daher durch die durchgeführte Hausdurchsuchung in seinem Recht, nicht ohne die Voraussetzungen der § 139 ff StPO einer Hausdurchsuchung unterzogen zu werden, verletzt worden. Weiters wurde der Beschwerdeführer dadurch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes (Art 9 StGG) verletzt.

3. Bei einem sicherheitspolitischen Einschreiten sind überdies die Vorschriften der §§ 28 bis 31 SPG über die Ausführung des Eingriffes zu beachten. Der Beschwerdeführer wurde bei der gegenständlichen Maßnahme in seinem Recht auf Schonung seiner Rechte und Interessen gem § 29 Abs 2 Z 4 SPG verletzt. Gem § 28 Abs 3 SPG genießen jene Mittel Vorrang, die nicht in die Rechtsgüter des Betroffenen eingreifen. Es hätte durchaus derartige Mittel gegeben, die die von der Polizei offenkundig verfolgten Ziele gefördert hätten:

Zum Beispiel hätten die Polizeiorgane die Wohnung des Beschwerdeführers bewachen können und diesen bei Verlassen der Wohnung (allerdings erst nach erfolgter Zustellung des Bescheides der BH F) auf den Besitz einer Waffe durchsuchen und ihm diese gegebenenfalls abnehmen können. Dadurch wäre das Eigentum des Beschwerdeführers und dessen Gattin unverletzt geblieben. Bei polizeilichem Einschreiten nach dem SPG sind gem §§ 28 ff SPG nur jene Mittel erlaubt, die zur Erreichung des Zieles notwendig sind. Bei den notwendigen Mitteln hat eine Tunlichkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erfolgen. Da der Beschuldigte bekanntermaßen bereits einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen wordnen war, war eine zwangsweise Vorführung zur amtsärztlichen Untersuchung und eine Anhaltung gem § 46 SPG nicht erforderlich. Überdies hätten die Polizeibeamten den Beschwerdeführer zum freiwilligen Mitkommen auffordern können und müssen. Nach dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers konnte nicht angenommen werden, daß sich dieser einer ärztlichen Untersuchung widersetzen würde.

Die Ausführung des Eingriffs war auch rechtswidrig, da die Polizeiorgane es unterlassen haben, den Beschwerdeführer über seine Rechte zu belehren, über den Anlaß des Eingriffs zu informieren und es ihm nicht gewährt haben, eine Vertrauensperson zu benachrichtigen.

4. Die brutale und schmerzhafte Vorgehensweise der Polizeibeamten bei der Anhaltung des Beschwerdeführers war jedenfalls unnotwendig und daher rechtswidrig. Die von den Polizeiorganen verfolgten Ziele hätten auch erreicht werden können, wenn dem Unbewaffneten (!) entweder keine Handfesseln oder lockere oder auch vor dem Körper angebrachte Handschellen angelegt worden wären. Auch wären die von den Polizeiorganen verfolgten Ziele durch das Anlegen von Fußbekleidung keineswegs beeinträchtigt worden, dadurch aber jedenfalls die Schnittwunden an den Fußsohlen verhindert worden. Dadurch wurde der Beschwerdeführer auch in seinem Recht gem Art 3 EMRK verletzt, keiner menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu werden.

5. Durch die Einweisung in das psychiatrische Krankenhaus B wurde der Beschwerdeführer auch in seinem Recht gem § 2 PersFrG verletzt, nicht ohne die gesetzlichen Voraussetzungen verhaftet oder angehalten zu werden.

Weiters wurde der Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht, nicht ohne die Voraussetzungen des § 46 SPG und § 9 UbG, angehalten und einer psychiatrischen Untersuchung zugeführt zu werden, verletzt. Es war zum Zeitpunkt der sicherheitspolizeilichen Maßnahme aktenkundig, daß der Beschwerdeführer bereits in der Universitätsklinik für Psychiatrie des AKH Wien untersucht worden war. Eine weitere Untersuchung war daher nicht dringend geboten. Da der Beschwerdeführer keine Waffe bei sich trug, wovon sich die Polizeiorgane spätestens nach dem rechtswidrigen Eindringen in die Wohnung vergewissern konnten, gab es auch keinen Anlaß, eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung zu besorgen. Die Anhaltung gem § 46 SPG und die Einweisung in das Psychiatrische Krankenhaus B stellten daher einen rechtswidrigen Freiheitsentzug dar.

III. Anträge

Aus den angeführten Gründen stellt der Beschwerdeführer an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Wien die Anträge

1.

auf Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung;

2.

auf Fällung folgenden ERKENNTNISSES:

Der Beschwerdeführer ist durch das gewaltsame Eindringen von Organen der Bundespolizeidirektion Wien am 18.4.1996 in die Wohnung des Beschwerdeführers in Wien, P-Straße top 9 und 10, und durch die Durchsuchung seiner Wohnung im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie im Recht verletzt worden, nicht ohne die Voraussetzungen des SPG einer sicherheitspolizeilichen Maßnahme unterworfen zu werden. Der Beschwerdeführer ist durch die Hausdurchsuchung am 18.4.1996 in seiner Wohnung in Wien, P-straße, in seinem Recht, keiner Hausdurchsuchung ohne die Voraussetzungen der §§ 139 ff StPO unterzogen zu werden, und in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes (Art 9 StGG) verletzt worden.

Der Beschwerdeführer wurde durch die Festnahme um 13:30 des 18.4.1996 durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien in Wien, P-straße und seine nachfolgende Anhaltung im Polizeikommissariat P bis 17 Uhr des gleichen Tages und die anschließende Einweisung in das psychiatrische Krankenhaus B im verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit und im Recht, nicht ohne die Voraussetzungen des § 46 SPG und des § 9 UbG angehalten zu werden, verletzt worden.

Der Beschwerdeführer wurde schließlich dadurch, daß er bei seiner Vernehmung in seiner Wohnung von Organen der Bundespolizeidirektion Wien so grob behandelt wurde, daß er eine Schürfwunde an der Stirn erlitt, weiters dadurch, daß er gefesselt wurde, und schließlich dadurch, daß er gezwungen wurde, bloßfüßig über Glasscherben zu gehen, im Recht verletzt worden, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Art 3 MRK).

Der Bund (Bundesminister für Inneres) als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, den Beschwerdeführer gem § 79 a SVG 1991 die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."

Beigelegt waren der Beschwerde ein Schreiben der Sicherheitsdirektion für das Bundesland K an die Bezirkshauptmannschaft F vom 15.4.1996 betreffend ein Ersuchen um sofortige Einleitung eines Verfahrens gem § 20 Abs 1 Waffengesetz 1986, eine Niederschrift der Bundespolizeidirektion Wien, Sicherheitsbüro, vom 10.4.1996, ein Schreiben des Allgemeinen Krankenhauses, Universitätsklinik für Psychiatrie vom 6. April 1997, ein Schreiben des B 21. März 1996, ein Bescheid gemäß § 20 Absatz 1 Waffengesetz 1986 der Bezirkshauptmannschaft F vom 16.4.1996, ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft F an die BPD Wien, Administrationsbüro, vom 19.4.1996, eine Ärztliche Bescheinigung (§ 8 Unterbringungsgesetz) vom 18.4.1996 und eine Verletzungsanzeige des Magistrats der Stadt Wien, Wiener Krankenanstaltenverbund, jeweils in Kopie.

 2. Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat

2.1. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat darauf mit einem Schriftsatz repliziert.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat führte 19.12.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer (im folgenden: Bf) im Beisein seiner Vertreterin (im folgenden: BfV) und des Vertretes der belangten Behörde (im folgenden: BhV) und der Zeuge Oberst Gerhard Sch vernommen wurden. Vorgelegt wurden eine Bestätigung der Staatsanwaltschaft Wien vom 14.5.1996 in Kopie, eine Verständigung der Staatsanwaltschaft vom 17.10.1996, zugestellt am 25.10.1996 betreffend Zurücklegung einer Anzeige gem § 90 StPO, ein Gutachten des Prof Dr Sp, vom 9.12.1996, Facharzt der Psychiatrie, ein Karteiausdruck des Hausarztes des Bf Dr J, ein Behandlungsbericht des AKH vom 22.5.1996 und ein Wohnungsplan jeweils in Kopie.

2.2.1. In dieser Verhandlung wurden zunächst vom Bf die Details der Amtshandlung in Gegenüberstellung zu den aktenkundigen behördlichen Berichten erörtert. Der Bf bestritt mit Nachdruck die in dem weiter unten wiedergegebenen Aktenvermerk vom 18.4.1996 enthaltene Drohung, er werde in Zukunft bei widerrechtlichem Betreten seiner Wohnung (ohne Hausdurchsuchungsbefehl) von seiner Schußwaffe Gebrauch machen, gemacht zu haben. Außerdem habe er am 18.4.1996 um 8.30 Uhr mit Mag K telefoniert und diesem mitgeteilt, daß er die Waffe nicht bei sich habe, sondern seiner Frau übergeben habe. Dies sei ihm von Mag K jedoch nicht geglaubt worden, sondern es sei der Bf aufgefordert worden, unverzüglich bei der BPD Wien, Abteilung 1, unter Mitnahme der Waffe und des Waffenpasses zu erscheinen.

2.2.2 Dann wurde der Zeuge Oberst Gerhard Sch, Koat P, Leiter der Kriminalabteilung, nach Wahrheitserinnerung einvernommen. Er gab folgendes an:

"Ich hatte mit dem Bf Monate vor der gegenständlichen Amtshandung persönlichen Kontakt. Er suchte mein Büro auf, stellte sich vor und wollte Anzeige erstatten, indem er ausführte, er hätte in Lybien mit Ghadaffi Giftgaslabors entdeckt und dabei seien hohe österreichische Politiker und Regierungsmitglieder involviert. Bei dieser Gelegenheit rief ich im Beisein des Bf den Leiter der Staatspolizei an und habe ich sinngemäß über das Anliegen des Bf Mitteilung gemacht. Dabei wurde mir mitgeteilt, daß diese Causa bereits in der Staatspolizei bekannt wäre. Für mich waren zu diesem Zeitpunkt, da der Bf noch kein Waffenträger war, keine akuten Maßnahme zu setzen. Ungeachtet dessen habe ich zum gleichen Zeitpunkt telefonisch Rücksprache mit seiner Dienststelle, dem B gehalten, dort wurde mir von einem Ministerialbeamten, dessen Namen ich nicht mehr weiß, mitgeteilt, daß der Bf in seiner Dienststelle Hausverbot hätte, er deswegen schon mehrere Anzeigen bzw gerichtlich Schritte unternommen hätte. Grund für das Hausverbot wäre ein vom B im Auftrag gegebenes Gutachten zur psychiatrischen Untersuchung des Bf. Über den Inhalt dieses Gutachtens wurde nichts gesprochen.

Dies alles wurde in dem Telefonat bei Anwesenheit des Bf besprochen. Ich kann nicht mehr sagen, ob das Telefonat mit dem B in seiner Anwesenheit geführt wurde, kann ich nicht mehr sagen. Am 18.4.1996 erreichte meine Dienststelle, Koat P, ein Fax, von der Abteilung I Staatspolizei mit dem klaren Auftrag gegen den Bf gemäß § 46 Abs 1 SPG einzuschreiten. Ausdrücklich sagt der Inhalt dieses Fax, daß es sich bei dem Bf um eine Gefähliche Psychose handelt, die auch bewaffnet ist. Es wird daher ersucht, den Bf bei Betreten seiner Person gemäß § 46 Abs 1 SPG dem Amtsarzt vorzuführen. Weiters wäre der Waffenpaß, die Faustfeuerwaffe und alle in seiner Wohnung befindlichen Waffen gemäß § 13 Abs 1 Waffengesetz abzunehmen. Zusätzlich wurde in diesem Fax erwähnt, daß der Bf am Vortage beim Leiter der Staatspolizei telefonisch angekündigt hatte, daß er bei Widerrechtlichen Betreten seiner Wohnung von der Schußwaffe Gebrach machen werde. In Anbetracht, daß mir der Bf persönlich bekannt war, und im Bewußtsein dessen, daß aufgrund dessen die kommende Amtshandlung reibungslos ablaufen würde, habe ich den Auftrag selbst übernommen und geleitet. Da mir aber die Drohung vom Vortage hinsichtlich des Gebrauches der Schußwaffen bekannt war, habe ich aus Gründen der Eigensicherung Beamten der WEGA bereitgestellt. Um unnötiges Aufsehen und auch zum Schutz der Person des Bf habe ich vorerst versucht mit drei Kriminalbeamten die Amtshandlung durchzuführen. Ich war bei dieser Amtshandlung persönlich anwesend. Mit Sicherheit wußten wir, daß sich der Bf zum Zeitpunkt des Einschreitens in der Wohnung befand. Kurz vorher telefonierten wir, ich glaube ich habe selbst telefoniert. Dieses Gespräch hat seine Anwesenheit bestätigt. Unmittelbar vor der Wohnungstür wurde nochmals versucht mit dem Bf in Kontakt zu treten. Wir riefen: "Polizei aufmachen". Die vom Stiegenhaus zu dem Gang der Wohnungstür führende Tür war versperrt. Über unsere Aufforderung aufzumachen, kam vom Inneren der Wohnung keine Reaktion. Wir versuchten vorerst im Wege des Hausbesorgers oder sonst wie zu einem Schlüssel zu gelangen. Es hat sich dann herausgestellt, daß der Vater des Bf unterhalb der Wohnung des Bf Räumlichkeiten bewohnt. Auch er wurde gefragt, ob er für die Wohnung des Bf einen Schlüssel besäße, dies wurde von ihm verneint. Ich kann nur vorsichtig ausgedrückt das Verhalten des Vater des Bf etwas merkwürdig betrachten, weil er im Anschluß daran (nachdem die Tür dann von uns gewaltsam geöffnet wurde) gesagt hatte, er hätte sowieso einen Schlüssel dazu gehabt. Jetzt befanden wir uns unmittelbar vor der Wohnungstür des Bf und zwar waren zwei Kriminalbeamte, ich und ungefähr einige WEGA-Beamte anwesend. Letztere hatten in Abständen zueinander Aufstellung genommen. Die erste Tür war von den Spezialeinheiten der WEGA geöffnet worden. Ich kann nicht mehr sagen, wie die Türe aufgebrochen wurde. Jedenfalls wurde physische Gewalt angewendet. Unmittelbar vor der Wohnungstür wurde der Befehl "Aufmachen Polizei" wiederholt. Da wiederum keine Reaktion gezeigt wurde, kam die Androhung: "Falls sie nicht aufmachen wird abermals physische Gewalt zum Betreten der Räumlichkeit angewendet". Es erfolgte wieder keine Reaktion. Mittlerweile gelang es mir aus der Wohnung seines Vaters telefonisch mit dem Bf Kontakt aufzunehmen. Nicht nur ich, sondern auch sein Vater haben ihm die Umstände erklärt und versuchten ihn zum Öffnen der Wohnung zu bewegen. Es wurde ihm auch mitgeteilt, daß wir die Waffe sicherstellen würden. Gleichfalls möge er mit uns zwecks amtsärztlicher Untersuchung das Kommissariat aufsuchen. Es gab keine Reaktion. Ich korrigiere, er sagte schon etwas. Es kam ein Wortschwall seinerseits, der nicht zielführend war, drohte mit Anzeigen gegen alle Beamten. Wer das Gespräch beendete kann ich nicht mehr sagen. Mit Sicherheit versuchte ich und sein Vater ihn telefonisch zur Aufgabe zu bewegen bzw seine Türe zu öffnene, damit kein weiterer Sachschaden entstehen soll. Es gab keine Reaktion seitens des Bf die für den Ausgang der Amtshandlung günstig gewesen wäre. Nochmals vor seiner Wohnungstüre angelangt wurde in die Wohnung hineingeschrien, sodaß er es hören mußten. "Nachdem wir nun physische Gewalt angekündigt hatten, werden wir die Türe aufbrechen". Jetzt erst meldete sich der Bf aus seiner Wohnung und schrie: "Falls ein weiteres Eindringen durchgeführt wird, werde er von seiner Schußwaffe Gebrauch machen". Das hörte ich persönlich und wurde mir auch von WEGA-Beamten mitgeteilt, dh es wurde darüber gesprochen, sodaß es auch WEGA-Beamte hörten.

Aufgrund dieser gefährlichen Drohung mußten wir davon ausgehen, daß der Bf tatsächlich im Besitz der Waffe war. Die bezeichnete Wohnungstür wurde unter Anwendung von physischer Gewalt aufgebrochen. Ich habe mich mit meinen Kriminalbeamten aus Gründen der Eigensicherung zumal wir keine schußsicheren Westen hatten, zurückgezogen. Den weiteren Vorgang, damit meine ich das Aufbrechen der in der Wohnung befindlichen weiteren Türen, habe ich nicht beobachtet. Erst im Zuge der Überwältigung des Bf, wobei dieser schrie und tobte, sich widersetze, habe ich den Raum betreten. Ich habe die Überwältigung erst im Abschlußstadium beobachtet und gleichzeitig mit der Durchsuchung der Wohnung gemäß § 141 Abs 2 StPO bei Betreten auf frischer Tat (Verdacht nach § 107 StGB lag vor) begonnen.

Ich sah, wie dem Bf die Handschellen angelegt wurden. Das Schreien und Toben hörte man bis auf den Gang hinaus, wohin wir uns zurückgezogen hatten.

Ich kann nicht mehr sagen in welcher Stellung sich der Bf befand, als ihm die Handschellen angelegt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, den wild herumschlagenden und sich wehrenden Bf zu gestatten, daß er sich ein Schuhwerk anzieht.

Ich war zum Zeitpunkt, nach dem die Handschellen bereits angelegt waren auf die Hausdurchsuchung mit meinen Leuten konzentriert. Der Bf wurde an uns vorbeigeführt und in den Haushof gebracht, wobei ich dann nachgekommen bin und weitere Verfügungen bekanntgab. Zu diesem Zeitpunkt ersuchte mich der Bf, ich möge ihm seine Brille, die etwas nach unten gerutscht war richten, das tat ich auch. Er hatte aber keinesfalls erwähnt oder ersucht, man möge ihm Schuhe bringen."

Dem Zeugen wurde der Wohnungsplan (Beilage ./6) vorgelegt:

"Ich kann nicht mehr sagen, in welchen Raum der Wohnung der Bf an uns vorbeigeführt wurde, da wir uns auf die Hausdurchsuchung, vielmehr auf die Suche nach der Waffe konzentriert hatten. Wir fanden weder Waffen noch Munition. Mir ist lediglich eine Schuhschachtel, die gefüllt war mit auswechselbaren Schloßzylindern aufgefallen. Jetzt wurde dann der Bf von der Funkstreife dem Koat P überstellt. Bei dieser Fahrt selbst war ich nicht dabei. Es erfolgte dann die amtsärztliche Untersuchung, bei der ich nicht anwesend war. Ein in der Wohnung liegendes Gutachten über den Gesundheitszustand des Bf wurde sichergestellt und dem Gerichtsakt mit der Anzeige nach § 107 StGB beigelegt. Über den weiteren Vorgang hinsichtlich Untersuchung und Einweisung in das psychiatrische Krankenhaus habe ich keine Beobachtungen gemacht. Ich habe aber noch versucht die Gattin des Bf in ihrer Dienststelle telefonisch zu erreichen. In erster Linie wollte ich sie über den Verbleib ihres Mannes in Kenntnis setzen und in zweiter Linie den tatsächlichen Verbleib der Waffe in Erfahrung bringen."

Befragt dazu, ob der Zeuge bei seinem ersten Kontakt mit dem Bf Anzeichen einer psychischen Erkrankung wahrnahm:

"Ich habe es gemerkt, als mir die Schilderung des Sachverhaltes merkwürdig vorkam. Ich hatte das Gefühl, daß der Bf sich irgendwie in die Enge getrieben fühlte und deshalb mit Anzeigen gegen Regierungsmitgleider einen Ausgleich schaffen wollte. Man kann auch sagen, ich habe auch leichte Anflüge von Paranoia bemerkt. Da die Causa bereits bei der Staatspolizei anhängig war, wurden von mir, da er kein Waffenträger war, keine weiteren Maßnahmen gesetzt.

Ich hatte den Eindruck, er lebte in Vorstellungen, die er für die Realität hielt. Alle Personen die dagegen sprechen, wären ihm nicht gut gesinnt und müßte er mit Anzeigen gegen diese Personen vorgehen.

Ein gesteigertes Aggressionspotential konnte ich zu diesem Zeitpunkt keinesfalls wahrnehmen. Er hatte ein sehr sicheres Auftreten. Seine Sachverhaltsdarstellung paßte nicht zu seiner Person. Er war genauso ruhig wie bei dieser Verhandlung. Er war absolut nicht aggressionsgeladen."

Über Befragen des BfV:

"Ich kann es wirklich nicht sagen, wann dieser erste Kontakt stattfand. Es war Monate vor der gegenständlichen Amtshandlung. Ich hatte den Eindruck, daß dieses Gespräch vertrauensbildend wirkte und die Amtshandlung daher reibungslos ablaufen würde."

Befragt dazu, ob das Gespräch Ende Februar 1996 stattfand: "Ich kann mich dazu nicht festlegen.

Bei mir persönlich war das der einige Kontakt mit dem Bf, abgesehen von der Amtshandlung. Der Bf nannte im Zusammenhang mit den Anzeigen keine Namen, es seien hohe Politiker involviert. Ich hatte keinen Aktenvermerk angelegt.

Das B teilte mir mit, daß ein medizinisches Gutachten angefordert werde oder würde. Dies sei der Grund für das Hausverbot des Bf. Befragt dazu, ob ich damals die Auskunft so verstand, daß es bereits ein psychiatrisches Gutachten gibt oder es erst verlangt wird: Das ist für mich nicht relevant. Diese Auskunft hat allerdings den Eindruck, den der Bf bei mir hinterlassen hat, bestätigt. Ich wollte die Details nicht wissen, da für mich die Sache abgeschlossen war."

Die BfV führte aus, daß es einen Akt des Bezirkskommissariat P zur AZ D 573/P/96 gibt und beantrage, daß der belangten Behörde aufgetragen wird, diesen Akt vollständig vorzulegen zum Beweis dafür, daß die Angaben des Zeugen unrichtig sind.

Dazu der Zeuge:

"Dazu weiß ich nichts. Mein Zusammentreffen mit dem Bf war das einzige und wurde meinerseits nicht aktenkundig gemacht. Es kann aber sein, daß der Bf vorher beim Journalkonzeptsbeamten war und sein Anliegen vorgebracht hat. Ich kann nicht sagen wer Konzeptsbeamter war.

Bezirksinspektor G und H war in meiner Abteilung. Sie sind nicht Konzeptsbeamte.

Ich kann mich nicht erinnern, daß im Zusammenhang mit der ersten beabsichtigten Anzeigeerstattung irgendwelche Anordnungen oder Verfügungen getroffen hätten: Nein."

Zum Beweis dafür, daß die Sachverhaltsangaben des Zeugen unrichtig sind bringt die BfV vor, daß es bei der Bundespolizeidirektion Wien einen Akt mit der Zahl II-8.970/EKF/96 gibt, in dem ausdrücklich festgehalten ist, das Oberstlt Sch am 26.2.1996 um eine Tatortbefundaufnahme beim Bf ersucht hat.

Der Zeuge führte dazu aus:

"Soviel ich weiß, gab es eine Anzeige wegen eines Einbruchsversuchs in der Wohnung des Bf. Da mir der Name damals in Erinnerung war, habe ich versucht im Wege des EKF das Schloß untersuchen zu lassen."

Die BfV hält dem Zeugen den Aktenvermerk vom 18.4.1996, Blatt 1 und 2 des Polizeiaktes, Mag K, vor und fragt ihn, ob es sich dabei um das vom Zeugen erwähnte Fax gehandelt hat:

Zeuge: "Ja."

Die BfV hielt dem Zeugen vor, daß er nach diesem Fax angewiesen worden sei, den BF bei Betreten seiner Person vorzuführen und warum gewaltsam in seine Wohnung eingedrungen wurde:

Zeuge: "Wir versuchten alle gelinderen Mittel auszuschöpfen."

BfV: "Warum haben Sie ihn vor den Haus nicht abgepaßt?"

Zeuge: "Für mich handelt es sich um eine gefährliche Person und einen etwaigen Schußwechsel auf der Straße hinanzuhalten, haben wir vorerst gelindere Mittel, sprich wir haben uns vorgestellt als Polizei, wir haben ihm erklärt war vorliegt, wir haben mit dem Vater gesprochen und auf die möglichen Konsequenzen nach § 39 Abs 1 SPG ausgeschöpft. Wir sind nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet im konkreten Fall das Betreten der Räumlichkeiten zu erzwingen.

BfV: "Wieso?"

Zeuge: "Das ist Gesetz unter den gegebenen Voraussetzungen."

BfV: "Welche gegebenen Voraussetzungen meinen Sie?"

Zeuge: "Er wurde als allgemein gefährliche Person bezeichnet, welche an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang mit seiner noch im Besitz befindlichen Waffe sein eigenes Leben und das Leben anderer ernstlich und erheblich gefährdet. Ich kenne das bisherige Verhalten nur aus unserer bisherigen persönlichen Zusammenkunft. Ich habe des Fax des Mag K zur Gefährlichkeit nicht hinterfragt. Das erübrigt sich."

Der Zeuge wies auf die gefähliche Drohung, nämlich Gebrauch der Schußwaffe im letzten Absatz der ersten Seite hin.

"Wir, nämlich zwei oder Kriminalbeamte und ich, versuchten den gegebenen eindeutigen Auftrag durchzuführen. Die WEGA war von Anfang an dabei, nicht augenscheinlich aber aus Gründen der Eigensicherung, weil die Morddrohung gegenüber dem Leiter der Abteilung I stattgefunden hat."

Befragt zum ersten Telefonat: "Für uns war wichtig, daß er den Hörer abgehoben hat. Ich kann nicht mehr sagen, ob mit ihm gesprochen wurde. Er hat den Namen gesagt. Jedenfalls es war wer in der Wohnung."

Befragt dazu, woher der Zeuge wisse, daß nicht eine andere Person abgehoben hat: "Das ist richtig. Den Wortlaut, ob ich gefragt habe, wer spricht, oder ob mein Kollege gefragt hat, ist mir nicht mehr erinnerlich. Wichtig ist, daß eine Person in der Wohnung ist, die die Wohnungstür öffnet."

Befragt zum Verhalten des Vaters des Bf, ob er weggegangen ist, nachdem er zu einem Schlüssel der Wohnung befragt wurde: "Kann ich nicht sagen.

Bevor die erste Türe geöffnet wurde hatte ich keinen Sprechkontakt mit dem Bf. Vor der zweiten Tür hatten die WEGA-Leute mit dem Bf Sprechkontakt. Auch ich hatte dort Sprechkontakt. Ich hörte ihn durch die geschlossene Türe durchschreien.

Telefoniert wurde mit dem Bf bevor die zweite Türe geöffnet wurde und zwar aus der Wohnung des Vaters unterhalb der Wohnung des Bf. Der Vater des Bf war bei diesem Gespräch anwesend. Wir hatten den Hörer hin und her getauscht."

Worin bestand für den Zeugen der Verdacht der gefährlichen Drohung?:

Zeuge: "Ich war Leiter der Amtshandlung und habe die Hausdurchsuchung beauftragt. Wenn jemand durch die geschlossene Tür schreit "beim weiteren Vordringen mache ich von der Schußwaffe Gebrauch" (sinngemäß) mußten wir annehmen, daß der Bf tatsächlich im Besitz der Schußwaffe sich befindet. Das ist die Drohung. Mit der Hausdurchsuchung begann ich sofort im Zeitpunkt der Überwältigung."

Über Befragen, warum das medizinische Gutachten mitgenommen wurde:

Zeuge: "Die Mitnahme diente der Beweissicherung hinsichtlich der Psyche des Bedrohers.

Die Mitnahme des Schlüsselbundes erfolgte nicht auf meine Veranlassung. Ich wußte auch nichts davon.

Der Rettungsdienst wurde von mir nicht persönlich angefordert, wahrscheinlich von einem der WEGA-Leute um erste Hilfeleistung erbringen zu können.

Ich war nicht dabei, ich kann daher nicht sagen, ob der Bf von diesem Rettungsdienst verarztet wurde.

Im Hof war der Bf bei meinem Hinzukommen nicht verarztet. Ich veranlaßte nur, daß er dem Koat überstellt wurde. Ich war dann wieder in der Wohnung. Ich gab als Leiter der Amtshandlung niemand die Anweisung, die Wunden des Bf zu verarzten. Es ist bei uns obligatorisch. Bei Verletzungen braucht man keine Anweisungen eines leitenden Beamten, sondern ruft jeder Beamte von sich aus die Rettung.

Über den Zustellversuch vom 17.4.1996 wußte ich nichts näheres."

Über Befragen des Vertreters der belangten Behörde:

"Nach dem Anlegen der Handfesseln hatte der Bf keine Möglichkeit sich zu wehren."

2.2.3 Der Aktenvermerk vom 18. April 1996 hat folgenden wesentlichen Inhalt:

"Dr Reinald P ... ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch im Besitz

seines Waffenpasses ..., ausgestellt am 05.03.1996 von der BH-F

und im Besitz seiner Faustfeuerwaffe...

Dieser Waffenpaß wurde von der BH-F mit Bescheid vom 16.04.1996

gem § 57 AVG wegen Verdachtes des Vorliegens einer

Geisteskrankheit entzogen.

Die Realisierung des Entzuges wird vom AB ... durchgeführt; zum

gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch keine rechtsgültige Zustellung bekannt.

Nach einer versuchten Bescheidzustellung am 17.04.1996 durch das AB am 17.04.1996 gemeinsam mit Angehörigen der Alarmabteilung rief Dr P am 17.4.1996, um 15.20 Uhr, beim Büro des Leiters der Abteilung I an und erklärte, er werde in Zukunft bei widerrechtlichem Betreten seiner Wohnung (ohne Hausdurchsuchungsbefehl) von seiner Schußwaffe Gebrauch machen. Aufgrund dieser Äußerung und dem bisherigen Vorverhalten, welches zum Entzug des Waffenpasses geführt hat, ist davon auszugehen, daß Dr P an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang mit seiner noch im Besitz befindlichen Waffe sein eigenes Leben oder das Leben anderer ernstlich und erheblich gefährdet. Es wird daher ersucht, Dr P bei Betreten seiner Person gem § 46 SPG dem Amtsarzt vorzuführen.

Weiters ist der Waffenpaß, die Faustfeuerwaffe und alle in seiner Wohnung eventuell befindlichen Waffen gem § 13/1 Waffengesetz abzunehmen. ..."

2.3 Die belangte Behörde gab am 19.12.1996, 15.15 Uhr, telefonisch bekannt, daß sie keine weiteren Beweisanträge stelle und verzichtete auf die mündliche Verkündung des Becheides. Mit Schriftsatz vom 22.10.1996 (wohl richtig: 22.12.1996) wurde die Beschwerde von Seiten des Bf hinsichtlich der Mißhandlungsvorwürfe, daß der Beschwerdeführer eine Schürfwunde an der Stirn erlitten habe und daß er gefesselt worden sei, zurückgezogen und ebenfalls auf die mündliche Verkündung des Becheides verzichtet. An Kosten wurden S 19.370,-- verzeichnet.

3. Feststellungen

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Bf war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Besitz eines Waffenpasses. Der Bescheid der BH F vom 16.4.1996, mit dem der Waffenpaß eingezogen wurde sollte, war am 17. und am 18.4.1996 nicht zugestellt und gehörte daher noch nicht dem Rechtsbestand an. Am 17.4.1996 begaben sich Beamte der belangten Behörde zum Zwecke der Einziehung des Waffenpasses und einer Faustfeuerwaffe zur Wohnung des Bf, fanden dort aber nur dessen Vater und dessen Gattin vor. Der Bf telefonierte daraufhin noch an diesem Tag mit einem Beamten des Büros des Leiters der Abteilung I und teilte diesem etwas mit, daß dieser als Drohung auffaßte, der Bf werde sich bei widerrechtlichem Eindringen in seine Wohnung (ohne Hausdurchsuchungsbefehl) mit der Waffe zur Wehr setzen. Über Weisung (oben wiedergegebener Aktenvermerk vom 18. April 1996) begaben sich am 18.4.1996, um 11.50 Uhr, Beamte der belangten Behörde unter Leitung des Oberst Sch zwecks Vorführung des Bf zur amtsärztlichen Untersuchung zu dessen Wohnung in Wien, P-Straße. Nach Kontaktnahme Sch's mit dem Vater des Bf und einem Telefonat, das abwechselnd von Sch und dem Vater des Bf mit diesem geführt wurde, und nicht zur freiwilligen Öffnung der Wohnung durch den Bf führte, drangen Organe der belangten Behörde (Spezialeinheiten der WEGA) gegen 13.37 Uhr gewaltsam in die Wohnung des Bf ein, wobei es zu Sachschäden kam. Der Bf wurde - nachdem mehrere Türen gewaltsam geöffnet wurden - von Sicherheitswachebeamten überwältigt, gefesselt und festgenommen. Anschließend wurde der barfüßige Bf über am Boden verstreute Glasscherben abgeführt, wobei sich der Bf an den Füßen verletzte. Währenddessen wurde in der Wohnung des Bf von Oberst Sch und drei Kriminalbeamten ohne richterlichen Befehl eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Es wurden jedoch weder Waffen noch Munition noch die bezughabende waffenrechtliche Urkunde gefunden, statt dessen aber ein Gutachten des Dris St, das sichergestellt wurde. Der Bf wurde dann zunächst um 14.00 Uhr in das Polizeikommissariat P gebracht, wo ein Amtsarzt eine Bescheinigung nach § 8 UbG ausstellte und der Bf bis 17.10 Uhr angehalten wurde. Dann wurde der Bf in das psychiatrische Krankenhaus B vorgeführt, wo festgestellt wurde, daß der Bf nicht an einer psychischen Krankheit litt.

4. Beweiswürdigung

4.1. Obige Feststellungen gründen sich auf den Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes, das Vorbringen in der Beschwerde, die Aussage des Bf in der Verhandlung, die Aussage des Zeugen Sch, sowie den Inhalt der der Beschwerde beigelegten, bzw in der Verhandlung vorgelegten Urkunden.

4.2. Der Sachverhalt war abgesehen von Details, die nicht oder nicht mehr beschwerdegegenständlich sind oder die irrelevant sind, abgesehen von den unter Pkt 4.3. bis 4.5 dargestellten Fragen nicht strittig. Das Vorgehen der Sicherheitswachebeamten wurde von diesen (jedenfalls soweit es die Sachbeschädigungen betrifft) minutiös in der Meldung vom 18.4.1996 (gez: Manfred I) festgehalten.

4.3. Zur Frage einer psychischen Krankheit:

Daß der Bf am ggst Tag nicht an einer psychsichen Krankheit litt, ergab sich

4.3.1 aus dem glaubhaften Vorbringen in der Beschwerde, daß im psychiatrische Krankenhaus B keine psychischen Krankheit festgestellt wurde;

4.3.2. aus dem vorgelegten Gutachten des Psychiaters Dr Sp;

4.3.3. schließlich auch aus der Aussage des Zeugen Sch, der angab, daß er schon bei seinem ersten Kontakt beim Bf keinesfalls ein gesteigertes Aggressionspotential wahrnehmen konnte, daß der Bf vielmehr ein sehr sicheres Auftreten hatte, daß er genauso ruhig wie bei der Verhandlung vor dem UVS war und er absolut nicht aggressionsgeladen war;

Der Zeuge Sch sprach zwar von einem in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachten, es sei aber über dessen Inhalt nichts gesprochen worden.

Im Fax vom 18.4.1996 sei zwar ausdrücklich von einer "gefährlichen Psychose" gesprochen worden, woher diese apodiktische Feststellung kam, kam im Verfahren jedoch nicht hervor, denn auch im Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 16.4.1996 ist zwar von Verfolgungsängsten des Bf die Rede und es werde das Vorliegen einer Geisteskrankheit in Erwägung gezogen bzw geht dieser Bescheid lediglich von einer möglichen Beeinträchtigung des Geisteszustandes des Bf aus.

Dem Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr St, das die Annahme einer psychischen Abnormität bejaht, wird in Gegenüberstellung zum Gutachten des Psychiaters Dr Sp, in dem nach Durchführung von Tests das Nichtvorliegen einer Psychose, einer sonstigen Geisteskrankheit oder einer Geistesschwäche begründet ausgeschlossen wird, nicht gefolgt.

4.4. Zur telefonischen Drohung:

Die obigen Feststellungen dazu wurden deswegen getroffen, da zwar davon auszugehen ist, daß der exakte Wortlaut im Fax vom 18.4.1996 nicht wiedergegeben wurde, da der Bf am 17.4.1996 nicht persönlich mit Mag K sondern mit BzI Gr gesprochen hatte, Informationsdefizite also als durchaus wahrscheinlich erscheinen. Es erscheint jedoch als geradezu ausgeschlossen, daß dieser wesentliche Inhalt des Fax ausschließlich auf einer Erfindung eines Beamten beruhen solle. Schließlich rundet auch das eigene Vorbringen des Bf diese Feststellung ab, gab er doch an, am nächsten Tag mit Mag K telefoniert und ihm das Übergeben der Waffe an seine Frau mitgeteilt zu haben. Es liegt daher nahe, daß der Bf mit diesem zweiten Telefonat etwas zu korrigieren beabsichtigte. Anders ergäbe dieses zweite Telefonat keinen nachvollziehbaren Sinn. Dem Vorbringen des Bf, das darauf hinausläuft, er habe im Telefonat vom 17.4.1996 nichts von sich gegeben, das als Drohung im oben beschriebenen Sinn ausgelegt hätte werden können, wird daher nicht gefolgt.

4.5. Zu Drohungen des Bf während der Amtshandlung:

Diesbezüglich wird den glaubwürdigen Angaben des Zeugen Sch gefolgt, der klar aussagte, daß der Bf aus seiner Wohnung geschrien habe: "Falls ein weiteres Eindringen durchgeführt wird, werde er von seiner Schußwaffe Gebrauch machen". Diese Aussage erscheint schon deswegen schlüssig und glaubwürdig, da sie der Zeuge präzis lokalisieren konnte, sie wurde vom Bf nämlich vor dem Aufbrechen der Wohnungstüre und nicht erst, als die Beamten eingedrungen waren, geäußert und paßt auch zu den Vorgängen am Vortag (Telefonat vom 17.4.1996). Überhaupt gewann der UVS vom Zeugen Sch das Bild eines absolut korrekten Beamten, der in seiner Zeugenaussage nichts beschönigte. Es gibt daher schon aus diesem Grund keinen Anlaß, dem Zeugen nicht zu folgen.

5. Rechtliche Würdigung

§ 46 Abs 1 SPG bestimmt folgendes:

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Menschen, von denen sie aus besonderen Gründen annehmen, daß sie an einer psychischen Krankheit leiden und im Zusammenhang damit ihr Leben oder ihre Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährden, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen, sofern dies notwendig ist, um eine Untersuchung des Betroffenen durch diesen Arzt zu ermöglichen. Weiters sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, solche Menschen einer Krankenanstalt (Abteilung) für Psychiatrie vorzuführen, sofern der Arzt die Voraussetzungen für eine Unterbringung bescheinigt. Gemäß § 9 Abs 1 UBG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8) zu bringen und diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine Anstalt zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden. Der § 3 Z 1 UBG legt als Voraussetzung der Unterbringung fest, daß nur derjenige in einer Anstalt untergebracht werden darf, wer an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet.

Die Vorgangsweise der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hat sich sowohl am § 9 iVm § 3 Z 1 UBG, als auch dem § 46 Abs 1 SPG zu orientieren, wobei die herangezogenen Gesetzesstellen im wesentlichen den gleichen Regelungsgehalt aufweisen. Laut ständiger Rechtssprechung ist eine Vorführung zum Arzt als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifzieren (VfSlg 4924; VwSlg 12302A).

Als Prämisse einer Vorführung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sieht das Gesetz die Annahme "aus besonderen Gründen" vor. Es sind somit ganz konkrete Anhaltspunkte im Verhalten des Betroffenen gefordert, aus denen sich der Schluß auf das Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen im Sinne des § 3 UBG ergibt. Eine qualifizierte fachmedizinische Beurteilung der Unterbringungsvoraussetzungen, insbesondere des psychischen Zustandes einer Person, ist jedoch hiebei nicht verlangt. Diesem Zweck dient erst die an die Vorführung anschließende ärztliche Untersuchung.

Für die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Sicherheitsorgane kann es daher auch nicht darauf ankommen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen - ex post betrachtet - richtigerweise angenommen wurden, sondern darauf, ob das Organ ihr Vorliegen aus seiner Sicht (ex ante) vertretbar annehmen durfte (Christian Ko, Unterbringungrecht II, Seite 532). Es kommt also nicht darauf an, ob der Bf tatsächlich an einer psychischen Krankheit litt, sondern ob zum Beginn der Amtshandlung diese angenommen werden durfte. Bei der Prüfung, ob diese Annahme vertretbar war, ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen, wie sich aus der gesetzlichen Textierung "besondere Gründe", "ernstlich und erheblich" und die abermalige Einschränkung "... sofern dies notwendig ist...", ergibt. Schlichte Desorientiertheit, Verwirrtheit, abnormes Verhalten und sonstige Auffälligkeit würden daher für sich genommen eine Maßnahme nach § 46 SPG nicht rechtfertigen. Aber auch das Gefühl eines Organwalters, daß sich eine Person irgendwie in die Enge getrieben fühlt, daß leichte Anflüge von Paranoia vorlägen, schon gar nicht eine "merkwürdige" Sachverhaltsschilderung, wie der Zeuge Sch seine Eindrücke beschrieb, reichen dazu nicht aus (vgl dazu EGMR vom 24.10.1979, Fall Winterwerp = EuGRZ 1979, wonach Art 5 EMRK nicht in dem Sinn ausgelegt werden darf, daß Personen, deren Ansichten und Benehmen von den in einer Gesellschaftsgruppe überwiegend akzeptierten Normen abweichen, untergebracht werden dürften).

Abgesehen von dem im Aktenvermerk vom 18.4.1996 beschriebenen Telefonat setzte der Bf nach dem Inhalt der vorgelegten Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor der Amtshandlung keine Aktivitäten, die in Zusammenhang mit der bekämpften Amtshandlung gebracht werden könnten.

Die telefonische Ankündigung des Waffengebrauches ist selbstverständlich als bedrohend zu verstehen, es ist jedoch zu bedenken, daß die Tatbestandselemente des § 46 Abs 1 SPG nebeneinander bestehen müssen. Zwar hat die Schädigung direkt aus der Krankheit zu drohen (RV zu § 3 UbG, Hauer- Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, S 246), es ist jedoch nicht zulässig, allein aus einem gefährdenden Verhalten auf eine psychische Krankheit zu schließen.

Der Schluß von der Aussage einer waffenpaßbesitzenden Person, sie werde sich bei widerrechtlichem Eindringen in ihre Wohnung mit der Waffe zur Wehr setzen, auf eine psychische Krankheit ist überdies schon deswegen denkunmöglich, da primärer legaler Zweck einer Waffe ja gerade die Verteidigungsmöglichkeit gegen widerrechtliche Gewalt ist. Mit dieser Aussage, die nach dem Inhalt der vorgelegten Akten als einziger konkreter Anhaltspunkt für die Behörde vorlag, verließ der Bf für jedermann erkennbar nicht den Bereich des psychisch Normalen und konnte sie daher keinen - insbesondere keinen "besonderen" - Grund zur Annahme einer psychischen Krankheit darstellen. Daran ändert auch die unmittelbar vor dem Aufbrechen der Wohnungstüre wiederholte Drohung des Schußwaffengebrauches nichts, da auch daraus kein Schluß auf eine psychische Krankheit zulässig ist.

Auch wenn man das Gutachten des Dris St als besonderen Grund heranziehen würde, käme man zu keinem anderen Ergebnis, da dieses zum einen der Behörde erst nach Beginn der Amtshandlung (nämlich anläßlich der Hausdurchsuchung) bekannt wurde, zum anderen in diesem ein Zusammenhang zwischen einer psychischen Abnormität und Gefährlichkeit explizit verneint wird.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes fehlte es somit den einschreitenden Sicherheitsorganen an "besonderen Gründen" im Sinne des § 9 UBG bzw § 46 Abs 1 SPG, die eine sofortige Vorführung zum Arzt gerechtfertigt hätten.

Die auf § 46 SPG gestützte Amtshandlung war daher ab ovo und in ihrer Gesamtheit rechtswidrig. Daran ändert auch die (nachträgliche) Bescheinigung nach § 8 UbG nichts.

Es erübrigt sich daher die Prüfung, ob die einzelnen behördlichen Handlungen auch aus anderen Gründen als wegen Nichtvorliegens der Tatbestandselemente des § 46 Abs 1 SPG rechtswidrig waren. Die im Spruch dieses Bescheides umschriebenen einzelnen Maßnahmen dienen insofern lediglich der Konkretisierung.

6. Kosten

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die Verordnung des

Bundeskanzlers BGBl 855/1995. Da der Bf zur Gänze obsiegte war ihm

der pauschalierte Kostenersatz für Schriftsatzaufwand S 8.400,--,

Verhandlungsaufwand S 10.400,-- und der Ersatz der Stempelgebühren

(Eingabengebühr: 2 x S 120,-- = S 240,-, Beilagengebühren: 8 x

30,-- = 240,--) in der Summe S 480,-- zuzusprechen. Daraus

errechnet sich ein Kostenersatzanspruch in Höhe von S 19.280,--.

Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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