TE UVS Steiermark 1997/02/10 30.2-104/96

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Veröffentlicht am 10.02.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Ruiner über die Berufung des Herrn B W, vertreten durch Dr. S L, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 3.5.1996, GZ.:

III/St-20.619/94, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, hinsichtlich der Punkt 1.), 3.), 4.) und

12.) des angefochtenen Bescheides von der Fortführung des Verfahrens abgesehen und gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG die Einstellung verfügt, hinsichtlich Punkt 2.) wird die Strafe mit S 1.000,-- (1 Tag und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen. Hiedurch vermindert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses auf S 100,--.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurden dem Berufungswerber Übertretungen des § 102 Abs 1 KFG in Verbindung mit Artikel 13 EG-Verordnung Nr. 3821/85, § 98 Abs 1 KFG in Verbindung mit § 58 Abs 1 Punkt 1 lit. a KDV, § 102 Abs 1 KFG in Verbindung mit

Artikel 15 Abs 3 Punkt a, b und c EG-Verordnung Nr. 3821/85, § 102 Abs 1 KFG in Verbindung mit § 4 Abs 1, 2 KFG, § 102 Abs 1 in Verbindung mit § 4 Abs 1, 2 KFG zur Last gelegt und hiefür Geldstrafen von S 800,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe), S 2.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), S 500,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe), S 1.200,-- (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und S 1.000,-- (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und hiefür eine Gesamtgeldstrafe von S 5.500,-- (5 Tage 108 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 VStG ein Betrag von S 550,-- vorgeschrieben.

Gegen Punkt 1.), 2.), 3.), 4.) und 12.) des Straferkenntnisses vom 3.5.1996 wurde die Berufung eingebracht, wobei hinsichtlich Punkt 2.) lediglich die Höhe der Geldstrafe bekämpft wurde. Hinsichtlich der übrigen Punkte wurde die Einstellung beantragt.

Bei der am 24.1.1997 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung brachte Herr Ing. F als Zeuge vernommen vor, daß er Zulassungsbesitzer des gegenständlichen LKW-Zuges sei. Er habe dem Berufungswerber die gegenständlichen Tachographenscheiben zur Verfügung gestellt, wobei es sich bei diesen um solche, welche in Österreich verwendet werden, handelte. Der gegenständliche LKW-Zug bzw. das Zugfahrzeug ist mit einem Mannesmann-Kienzle Fahrtenschreiber ausgerüstet und gleichen die zum Tatzeitpunkt verwendeten Tachographenscheiben im wesentlichen jenen die nach der Fahrtenschreibertype eingelegt werden sollten. Lediglich auf der Rückseite sei ein Unterschied in den dort angeführten Zahlen ersichtlich. In der Funktion der tatsächlich verwendeten Tachographenscheiben und den typenentsprechenden Tachographenscheiben sei jedoch überhaupt kein Unterschied. Der rechte vordere Kotflügel war zum Tatzeitpunkt im Bereich des Blinklichtes derart beschädigt, daß ein Riß vorhanden gewesen war,

wodurch jedoch keinerlei scharfen Teile hervorgetreten sind. Vielmehr waren die Plastikteile in vollkommen gleicher Ebene und handelte es sich hiebei um einen Kunststoffkotflügel. Es habe nichts vom Kotflügel gefehlt. Daß laut Befund die beanstandete Ladebordwandsicherung zum Überprüfungszeitpunkt

etwas eingerostet gewesen sein könnte, wurde vom genannten Zeugen nicht bestritten, jedoch habe die Ladebordwandsicherung auf der rechten Seite normal funktioniert. Die linke Ladebordwandsicherung, welche grundsätzlich nie bedient werde, könnte deshalb auch etwas eingerostet gewesen sein, wobei jedoch die Funktion dadurch nicht beeinträchtigt gewesen wäre. Im übrigen müsse vom Gesetz her auch nur eine dieser Sicherungen funktionstüchtig sein.

Festgestellt wird, daß der Berufungswerber das dem Kennzeichen nach bestimmte Kraftfahrzeug samt

Anhänger zum Tatzeitpunkt am Tatort lenkte, wobei eine Überprüfung des LKW-Zuges die in der Anzeige ersichtlichen Mängel ergab.

Dem Berufungswerber wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen 1.) "die erforderliche Tagesdiagrammscheibe nicht eingelegt zu haben", 3.) es unterlassen zu haben "die richtige Einstellung des Zeitgruppenschalters bei einem Kontrollgerät, welches in einem LKW Verwendung findet, vorzunehmen," 4.) an

der rechten Seite des Führerhauses ein beschädigter Kotflügel vorhanden war, welcher bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzung verursachen würde, und 12.) "nicht funktionieren der Sicherungsmöglichkeit bei einer Ladebortwand, welche an einem LKW montiert ist".

Hiezu ist nachstehendes auszuführen:

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet dies, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu

umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung "aller Tatbestandsmerkmale" ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Der Umfang der notwendigen Konkretisierung ist vom einzelnen Tatbild abhängig.

Gemäß § 102 Abs 1 KFG darf der Kraftfahrzeug-Lenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3.500 kg oder von

Omnibussen haben dafür zu sorgen, daß der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten im Betrieb sind und daß im Fahrtenschreiber ein der Verordnung gemäß Absatz 13 entsprechendes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist; es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 AZG, BGBl. Nr. 461/1969 in der Fassung BGBl. Nr. 373/1992 nur ein Schaublatt im Fahrtenschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist; die Schaublätter der laufenden Woche sowie in jedem Fall das Schaublatt für den letzten Tat der vorangegangenen Woche an dem er gefahren ist, sind mitzuführen; die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtenschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr sowie die mitgeführten Schaublätter auszuhändigen. Für das Kontrollgerät gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 dürfen jedenfalls nur Schaublätter verwendet werden, die der Verordnung gemäß Absatz 13 entsprechen.

Gemäß Artikel 13 EG-Verordnung Nr. 3821/85 vom 20.12.1985 sorgen der Unternehmer und die Fahrer für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Verwendung des Gerätes.

Gemäß Artikel 15 Abs 3 EG-Verordnung achten die Fahrer darauf, daß die Zeitmarkierung auf dem Schaublatt mit der gesetzlichen Zeit des Landes übereinstimmt, in dem das Fahrzeug zugelassen ist;

betätigen die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes so, daß folgende Zeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden:

a.) unter dem Zeichen: die Lenkzeiten,

b.) unter dem Zeichen: alle sonstigen Arbeitszeiten, c.) unter dem Zeichen: die Bereitschaftszeit, also die Wartezeit, das heißt die Zeit, in der die Fahrer nur an ihrem Arbeitsplatz verbleiben müssen und der etwaigen Aufforderung nachzukommen, die Fahrtätigkeit aufzunehmen bzw. wieder aufzunehmen oder andere Arbeiten zu verrichten; die während der Fahrt neben dem Fahrer verbrachte Zeit; die während der Fahrt in einer Schlafkabine verbrachte Zeit;

d.) unter dem Zeichen: die Arbeitsunterbrechungen und

die Tagesruhezeiten.

Gemäß § 4 Abs 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger unter anderem so gebaut und ausgerüstet sein, daß Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen.

Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein. Gemäß § 4 Abs 1 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger verkehrs- und betriebssicher gebaut und ausgerüstet sein. Die Sicht vom Lenkerplatz aus muß für das sichere Lenken des Fahrzeuges ausreichen. Die Vorrichtungen zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges müssen so angeordnet sein, daß sie der Lenker auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung eines geeigneten Sicherheitsgurtes, ohne das Augenmerk von der Fahrbahn abzuwenden, leicht und ohne Gefahr einer Verwechselung betätigen und das Fahrzeug sicher lenken kann. Die Wirksamkeit und Brauchbarkeit der für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung dieser Fahrzeuge maßgebenden Teile muß bei sachgemäßer Wartung und Handhabung gegeben und zu erwarten sein; diese Teile müssen so ausgebildet und angeordnet sein, daß ihr ordnungsgemäßer Zustand leicht überwacht werden kann und ein entsprechender Austausch möglich ist.

Als wesentliche Tatbestandsmerkmale im Sinne des § 44 a Z 1 VStG ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 102 Abs 1 KFG jedenfalls die Zumutbarkeit der Überzeugungspflicht des Lenkers vor Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges. Wie aus der Tatgeschichte des angefochtenen Straferkenntnisses ersichtlich, mangelt es dem Spruch an der notwendigen Konkretisierung, der als erwiesen angenommenen Taten. Dem Berufungswerber

wurde nämlich lediglich vorgeworfen, er habe das dem Kennzeichen nach bestimmte Kraftfahrzeug am Tatort "gelenkt, obwohl es nicht den Vorschriften des KFG 1967 und den dazu erlassenen Verordnungen entsprochen hat, da zum oa. Zeitpunkt ...........".

Der Vorwurf zu Punkt 1.) ist nach Ansicht der entscheidenden Behörde ebenfalls nicht ordnungsgemäß konkretisiert, da daraus nicht hervorgeht, welche Tagesdiagrammscheibe im vorliegenden Fall "erforderlich" gewesen wäre. Tatsache ist jedenfalls, daß ein Schaublatt im Fahrtenschreiber eingelegt war, woraus unter anderem die Fahrgeschwindigkeit sowie die Stehzeiten ersichtlich sind. Im übrigen geht aus Artikel 13 der EG-Verordnung lediglich hervor, daß der Fahrer und der Unternehmer für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Verwendung des (Kontroll-) Gerätes zu sorgen haben.

Der Vorwurf zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses, der Berufungswerber habe es unterlassen, "die richtige Einstellung des Zeitgruppenschalters bei einem Kontrollgerät, welches in einem LKW Verwendung findet, vorzunehmen",

erscheint auch im Hinblick auf den Inhalt des Artikel 15 Abs 3 lit. b, c und d der EG-Verordnung nicht derart konkret umschrieben, daß die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Aus der Tatgeschichte zu Punkt 3.) geht nicht hervor, ob die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes überhaupt betätigt wurde oder ob nur bestimmte unter a, b, c oder d angeführte Zeiten nicht getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet worden wären.

Hinsichtlich Punkt 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen, daß die Bestimmung des § 4 Abs 2 KFG auf den konkreten Sachverhalt bezogen als Tatbestandselement einerseits den ausdrücklichen Hinweis auf vermeidbare, andererseits auf unvermeidbare Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen beim Fahrzeug enthält, die im ersteren Fall überhaupt nicht vorhanden sein dürfen, im letzteren Fall durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder gekennzeichnet sein müssen. Weder in der Anzeige noch bei den sonstigen Verfolgungshandlungen noch im angefochtenen Straferkenntnis selbst finden sich Hinweise oder Vorhalte, die sich auf die genannten Tatbestandselemente beziehen. Aus der Zeugenaussage des Herrn Ing. F geht vielmehr hervor, daß zwar im Bereich des vorderen Plastikkotflügels auf Höhe des rechten Blinkerglases der Kotflügel beschädigt war, und zwar derart, daß ein Sprung vorhanden war, die jeweiligen Teile des Kotflügels jedoch keinerlei scharfe Kanten aufwiesen. Eine im Sinne des § 44 a Z 1 VStG ausreichend präzise Tatbeschreibung der Übertretung des § 102 Abs 1 in Verbindung mit § 4 Abs 2 KFG liegt bei der bloßen Feststellung, daß an der rechten Seite des Führerhauses ein beschädigter Kotflügel vorhanden war, welcher bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen verursachen würde, nicht vor, weshalb eine Sanierung auch dieses Mangels durch die erkennende Behörde auf Grund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht möglich war.

Hinsichtlich Punkt 12.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen, daß aus dem Akteninhalt, insbesondere auch aus dem Überprüfungsprotokoll nicht zweifelsfrei hervorgeht, daß auf Grund des Umstandes, daß die linke Ladebortwandsicherung zum Überprüfungszeit-punkt eingerostet war, die Wirksamkeit und Brauchbarkeit der für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des gegenständlichen Fahrzeuges, bei sachgemäßer

Wartung und Handhabung nicht gegeben gewesen oder nicht zu erwarten gewesen wäre.

Hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen, daß aus der im Akt ersichtlichen Tachographenscheibe klar hervorgeht, daß der Berufungswerber die erlaubte Fahrgeschwindigkeit für Lastkraftwagen gemäß § 58 Abs 1 lit. a KDV (70 km/h bzw. 80 km/h auf Autobahnen) erheblich überschritt. Im Hinblick auf den Umstand, daß Erschwerungsgründe

nicht vorliegen und unter Berücksichtigung der derzeit ungünstigen finanziellen Situation des Berufungswerbers, - er beabsichtigt sich als Frächter selbständig zu machen und bezieht somit zur Zeit kein nennenswertes Einkommen, - besitzt kein Vermögen und ist für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig, konnte die verhängte Strafe entsprechend herabgesetzt werden, wobei auch davon auszugehen ist, daß auch die nunmehr verhängte Strafe geeignet ist, den Strafzweck zu erfüllen.

Auf Grund all dieser Erwägungen war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Schlagworte
Tagesdiagrammscheibe Schaublatt Kontrollgerät Tatbestandsmerkmal Zeitgruppenschalter
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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