TE UVS Burgenland 1997/03/12 03/01/97015

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Veröffentlicht am 12.03.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied

Dr Traxler über die Berufung des Herrn                      ,

geboren

am            , wohnhaft in D-                      , vertreten

durch

Rechtsanwalt                        , vom 07 02 1997, gegen das

Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 20 01

1997, Zl 300-5657-1996, wegen Bestrafung nach § 103 Abs 2 KFG 1967

zu

Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 300,--, zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für

schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges

mit dem deutschen polizeilichen Kennzeichen           der

Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf auf Ihr schriftliches Verlangen

vom 04 07 1996 nicht binnen zwei Wochen nach der am 12 07 1996

erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung in D-          ,

Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kraftfahrzeug am 23 05 1996 um

13 51 Uhr in            auf der B 65 bei Straßenkilometer 70,5

gelenkt habe.

Dadurch habe er § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt.

Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1 500,--

(Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verhängt.

 

In der Berufung wird vorgebracht:

1. § 103 Abs 2 KFG finde auf einen deutschen Bundesbürger, der seinen Wohnsitz in Deutschland habe und eine Verkehrsübertretung in Österreich nicht begangen habe, keine Anwendung. Kein deutscher Staatsbürger, der seinen Wohnsitz in Deutschland habe und keine Verkehrsübertretung in Österreich begangen habe, könne gezwungen werden, Auskunft darüber zu erteilen, wer sein Kraftfahrzeug gefahren

habe, zumal im Auskunftsbegehren vom 04 07 1996 der Sachverhalt, weshalb Auskunft begehrt werde, nicht erwähnt sei. Es sei lediglich im Auskunftsbegehren darauf hingewiesen worden, daß die geforderte Auskunft zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens benötigt werde.

2. Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention sei kein deutscher Bundesbürger verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen, wer Fahrer seines auf ihn zugelassenen Fahrzeuges sei, wenn nicht einmal der Deliktsvorwurf mitgeteilt werde. Jedem deutschen Bundesbürger stehe insoweit ein Auskunftsverweigerungsrecht zu, weil er sich nach den elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht selbst belasten müsse. Darüberhinaus habe der Berufungswerber ein Auskunftsverweigerungsrecht, wenn beispielsweise ein naher Angehöriger mit seinem PKW gefahren sei. Schon aus diesem Grund widerspreche § 103 Abs 2 KFG den Grundsätzen der MRK.

3. Auch sei § 103 Abs 2 KFG mit den Normen des europäischen Rechts nicht zu vereinen, weil dieses keine Vorschrift kenne, wonach Aufzeichnungen zu führen seien, wenn eine Auskunft über den Fahrer ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könne. Der Berufungswerber habe sein Fahrzeug nachweislich in Österreich nicht gesteuert, weshalb er nicht dem österreichischen Recht und der diesbezüglichen Verpflichtung unterliege.

4. Dem Berufungswerber treffe überhaupt kein Verschulden. Er habe, nachdem von ihm die Lenkerauskunft verlangt worden sei, mit Schreiben

vom 16 07 1996 gebeten, ihm überhaupt den Sachverhalt bzw Vorwurf mitzuteilen. Nachdem ihm der Sachverhalt mitgeteilt worden sei, habe er sich mit den vier Personen in Verbindung gesetzt, denen er sein Fahrzeug ausgeliehen habe. Diese Personen seien einer intensiven Befragung unterworfen worden. Keine dieser Personen hätte sich erinnern können, wer am 23 05 1996 um 13 51 Uhr im Ortsgebiet von eine Geschwindigkeitsübertretung begangen habe. Der Berufungswerber habe alles erforderliche getan, um den zum Tatzeitpunkt fraglichen Fahrer zu ermitteln.

5. Im übrigen werde bestritten, daß mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers zum damaligen Zeitpunkt eine Geschwindigkeitsübertretung begangen wurde.

 

Hierüber hat der Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen

bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann

er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen

nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige

Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Wie sich aus der Aktenlage ergibt und vom Berufungswerber auch nicht bestritten wird, hat er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der

Lenkeranfrage nicht mitgeteilt, wer das Fahrzeug am 23 05 1996 in gelenkt hat. Auch hat der Berufungswerber nicht angegeben, welche Person die diesbezügliche Auskunft erteilen könne. Er hat lediglich aufgrund der Lenkeranfrage um Auskunft darüber ersucht, weshalb ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wurde. Gleichzeitig hat er die näheren Unterlagen hinsichtlich dieses Grunddeliktes angefordert. Auch im Zuge des weiteren Verfahrens hat der Berufungswerber lediglich darauf hingewiesen, daß er selbst nicht in Österreich gefahren sei, sondern das Fahrzeug seinen beiden Schwiegersöhnen überlassen habe, die dann mit zwei weiteren Bekannten eine Fahrt nach

Ungarn unternommen hätten. Diese Mitteilung erfolgte erst am 27 12 1996.

Daraus ergibt sich, daß der Berufungswerber seiner Verpflichtung zur Beantwortung der Lenkerauskunft nicht fristgerecht nachgekommen ist.

 

Im übrigen ist zum Berufungsvorbringen im einzelnen folgendes zu sagen:

 

Zu Punkt 1.:

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31 01 1996, Zl 93/03/0156, sieht § 103 Abs 2 KFG 1967 keine bestimmte Form für die Erfüllung der Auskunftspflicht vor. Dem Zulassungsbesitzer stehen damit verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung:

Er kann die Auskunft mündlich, schriftlich durch Abgabe in der zuständigen Kanzleistelle, durch Einwurf in einen vorhandenen Einlaufkasten, per Post oder auch fernmündlich erteilen, wobei er sich allenfalls auch eines Bevollmächtigten oder eines Boten bedienen

kann. Allen diesen Handlungsalternativen ist gemeinsam, daß die Auskunftspflicht nur dann erfüllt ist, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich bei der Behörde einlangt. Erfüllungsort dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist daher der Ort, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen ist, somit der Sitz der anfragenden Behörde, der auch der Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft ist.

 

Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist daher als Tatort der Sitz der

Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf anzusehen. Damit aber hat der Berufungswerber die vorliegende Verwaltungsübertretung im Inland begangen. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Wohnsitz des Berufungswerbers im Ausland liegt. Da das Verlangen der Behörde um Auskunft gemäß § 103 Abs 2 KFG Gegenstand eines Administrativverfahrens ist, ist es für die Rechtmäßigkeit der Lenkeranfrage ohne Bedeutung, ob der Berufungswerber das Fahrzeug im Inland gelenkt und eine Verwaltungsübertretung begangen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 20 04 1988, Zl 88/02/0013) verlangt § 103 Abs 2 nicht, daß in der Aufforderung zur Auskunftserteilung mitgeteilt wird, ob bzw welche Verwaltungsübertretung begangen wurde. Dies deshalb, weil es sich lediglich um ein Administrativverfahren handelt, dessen Ergebnis dann

unter Umständen zu einem Verwaltungsstrafverfahren führen kann. Der Berufungswerber kann daher mit diesem seinem Vorbringen nicht durchdringen.

 

Zu Punkt 2:

Zu diesen Ausführungen ist hinsichtlich des innerstaatlichen Bereiches auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg 11897 hinzuweisen, wonach dieser Gerichtshof keine Bedenken gegen die dem Zulassungsbesitzer nach § 103 Abs 2 KFG auferlegte Erteilung einer Auskunftspflicht über den Lenker des Fahrzeuges hat. Dies deshalb, weil der letzte Satz des § 103 Abs 2 KFG in Verfassungsrang steht und

auch keine Bedenken gegen diese Verfassungsbestimmung bestehen (VfGH Slg 11829).

 

Was den Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention anbelangt, ist dem Berufungswerber zu entgegnen, daß sich die Europäische Kommission für Menschenrechte in ihrer Entscheidung vom 11 10 1989, Zl 15226/89, mit der dem § 103 Abs 2 KFG vergleichbaren Auskunftspflicht gemäß § 1a des Wiener Parkometergesetzes befaßt hat.

Die Kommission hat darin zu Argumenten, wie sie der Berufungswerber vorgebracht hat, ausgesprochen, daß die im Wiener Parkometergesetz normierte Pflicht des Kraftfahrzeugzulassungsbesitzers, der Behörde auf Verlangen den Namen und die Adresse derjenigen Person bekanntzugeben, der er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt habe, nicht gegen die Bestimmungen der MRK verstoße. Diese Ausführungen gelten auch für die im wesentlichen gleichlautende Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG 1967. Die vom Berufungswerber vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der MRK liegen sonach nicht vor.

 

Zu Punkt 3.:

Wie bereits zu Punkt 2. ausgeführt wurde, verstößt eine Auskunftspflicht wie die vorliegende nicht gegen Bestimmungen der MRK.

Was den Hinweis auf die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß hierauf deshalb nicht eingegangen werden muß, weil der Berufungswerber in seinem Schreiben vom 27 12 1996 selbst angibt, das Fahrzeug seinen Schwiegersöhnen überlassen zu haben. Daraus ist ersichtlich, daß der Berufungswerber mehr als ein halbes Jahr nach der Geschwindigkeitsmessung in noch gewußt hat, wem er sein Fahrzeug überlassen hat. Die Frage der Führung von Aufzeichnungen ist daher für den vorliegenden Fall in keiner Weise relevant.

 

Zu Punkt 4.:

Entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers trifft ihn sehr wohl ein Verschulden an der nicht rechtzeitigen Beantwortung der Lenkeranfrage. Es wäre nämlich dem Berufungswerber, wie das weitere Vorbringen im Verfahren (siehe oben) zeigt, durchaus möglich gewesen,

die Lenkeranfrage vom 04 07 1996 zu beantworten. Demgegenüber hat er mit Schreiben vom 16 07 1996 lediglich angefragt, um welche Verwaltungsübertretung es sich im Gegenstand handle. Jedenfalls ist weder innerhalb der zweiwöchigen Frist noch sonst später eine konkrete Person genannt worden, der der Berufungswerber das Fahrzeug überlassen hat. Damit aber ist der Tatbestand der vorliegenden Verwaltungsübertretung erfüllt, zumal der Berufungswerber selbst angibt, daß er sich mit den vier Personen, die das Fahrzeug benützt haben, erst dann in Verbindung gesetzt hat, als ihm die zugrunde liegende Verwaltungsübertretung mitgeteilt wurde. Dies konnte aber nach der Aktenlage nur außerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Frist für die Beantwortung der Lenkeranfrage erfolgt sei. Damit hat der Berufungswerber jedenfalls nicht rechtzeitig auf die Lenkeranfrage reagiert, weshalb das gesamte Vorbringen hinsichtlich seiner späteren Bemühungen für die Begehung des Tatbestandes irrelevant ist.

 

In diesem Zusammenhang darf lediglich bemerkt werden, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 18 01 1989, Zl 88/03/0099) das Gesetz keine zeitliche Beschränkung der Auskunftspflicht vorsieht.

 

Bemerkt wird im übrigen, daß es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG handelt, zu dessen Begehung schon Fahrlässigkeit genügt, wobei bei solchen Delikten das Vorliegen von Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies aber hat er, wie bereits oben dargetan, durch seine verspäteten Bemühungen nicht darlegen können.

 

Zu Punkt 5.:

Da es sich im vorliegenden Fall um eine Übertretung des § 103 Abs 2 und nicht um eine Geschwindigkeitsübertretung handelt, braucht auf das diesbezügliche Vorbringen nicht eingegangen werden.

 

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß der Berufungswerber mit seinen Berufungsausführungen nicht durchdringen kann.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das an der jederzeit und ohne unnötige Verzögerung

möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben sowie das an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung bestehende Interesse, dem die Strafdrohung dient.

Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann selbst bei Fehlen sonstiger

nachteiliger Folgen nicht als gering angesehen werden.

 

Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen

und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Da der Berufungswerber trotz Anfrage der Behörde I Instanz seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht angegeben hat,

wird von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von S 15 000,--, Vermögenslosigkeit und mangelnden Sorgepflichten ausgegangen.

 

Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt

der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers ist die verhängte Strafe auch bei Annahme dieser persönlichen Verhältnisse als durchaus

angemessen anzusehen, zumal sie im untersten Bereich des

gesetzlichen

Strafrahmens liegt.

 

Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Selbstbeschuldigung, Beschuldigung naher Familienangehöriger, Unschuldsvermutung, kein Widerspruch zur EMRK, Tatort, Wohnsitz des Zulassungsbesitzers im Ausland
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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