Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied
Mag Obrist über die Berufung des Herrn , geboren am
,
wohnhaft in , vertreten durch Herren
Rechtsanwälte Dres , vom 18 02 1997, gegen das
Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 30 01 1997, Zl 300-3055-1995, wegen Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind S 400,--, zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur
Last
gelegt, er habe am 05 05 1995 gegen 21 00 Uhr einen dem Kennzeichen
nach bestimmten PKW bei einer näher bezeichneten Stelle in
Oberpullendorf gelenkt und
I) habe er dabei die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen
Umständen angepaßt, sondern sei er mit überhöhter Geschwindigkeit
(mehr als 50 km/h) in die Kurve vor dem Gasthaus gefahren,
II) habe er den Gehsteig insoferne vorschriftswidrig benützt, als er
infolge des Bremsmanövers wegen der erhöhten Fahrgeschwindigkeit mit
dem Fahrzeug auf den linken Gehsteig der Cafegasse ggü des
Gasthauses geraten sei.
Wegen Übertretung des § 20 Abs 1 StVO zu Punkt I) und des § 8 Abs 4 StVO zu Punkt II) wurde jeweils eine Geldstrafe von S 1 000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 60 Stunden) verhängt.
Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben. Er bringt
im wesentlichen folgendes vor:
Zu Punkt I) rechtfertigt er sich damit, daß ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, wenn er zur Vermeidung eines Risikos - bestehend im Befahren einer Kurve mit überhöhter Geschwindigkeit - eine starke Bremsung vorgenommen habe, wodurch es gelungen sei, dieses Risiko zu verhindern. Der Tatbestand setze, wenn schon nicht eine tatsächliche Schädigung, so doch eine konkrete Gefährdung voraus. Die Angaben des Zeugen (Anzeigers) seien widersprüchlich. Auch die Feststellungen des Sachverständigen hinsichtlich der angenommenen Geschwindigkeit seien falsch; diesbezüglich werde auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen. Zu Punkt II) bringt der Berufungswerber vor, der Zeuge habe anläßlich
seiner Einvernahme die diesbezüglichen Angaben in der Anzeige nicht aufrechterhalten. Wenn er selbst in einer früheren Stellungnahme eingeräumt habe, daß er in den Gehsteigbereich geraten sei, so handle
es sich hiebei lediglich um eine als möglich eingeräumte Annahme. Außerdem sei er um 21 00 Uhr nicht am Tatort gewesen. Der Tatzeitpunkt könne höchstens 20 30 Uhr gewesen sei. Schon im erstinstanzlichen Verfahren habe er dazu die Einvernahme der Zeugen , und beantragt.
Hierüber wurde folgendes erwogen:
Das gegenständliche Strafverfahren geht auf die Anzeige einer Privatperson zurück. Laut dieser Anzeige wurde der gegenständliche PKW, als dessen Lenker der nunmehrige Berufungswerber ausgeforscht wurde, dabei beobachtet, wie er mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit mehrmals auf näher bezeichneten Straßen durch das Zentrum von Oberpullendorf kreiste. Bei einer dieser Runden geriet er
an einer näher bezeichneten Stelle auf den Gehsteig und einmal konnte
er wegen der überhöhten Geschwindigkeit nicht rechtzeitig in die Cafegasse einbiegen, weshalb er eine Vollbremsung einleiten mußte. Die dabei entstandene Bremsspur wurde vermessen und betrug diese 15,4 m.
Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wurde der Anzeiger auch als Zeuge einvernommen. Er schilderte seine Beobachtungen hinsichtlich des vom Beschuldigten beim Einbiegen in die Cafegasse durchgeführten Bremsmanövers, gab jedoch weiters an, sich aufgrund der seither verstrichenen Zeit nicht mehr genau an Details erinnern zu können.
In einer zeitlich vor der Zeugeneinvernahme abgegebenen Stellungnahme
schilderte der Beschuldigte den Sachverhalt wie folgt:
Er sei am 05 05 1995 in Oberpullendorf gewesen. Um 20 30 Uhr habe er
eine Verabredung mit seinem Bruder und mit seinem
Bekannten gehabt. Er sei knapp nach diesem Zeitpunkt
dort angekommen. Da die beiden anderen aber nicht dort gewesen seien und es keine Parkmöglichkeit gegeben habe, habe er weiterfahren müssen. Er habe mit einer den Verkehrsverhältnissen angepaßten Geschwindigkeit zwei bis drei Runden drehen müssen. Daß er nur mit einer Vollbremsung einen Verkehrsunfall verhindern habe können, stimme nicht, es habe eine solche Situation nicht gegeben. Auf den Gehsteig sei er deshalb gekommen, weil ein vor ihm fahrendes ungarisches Fahrzeug Treibstoff oder Öl verloren habe und sein Fahrzeug beim Bremsen - trotz seiner geringen Geschwindigkeit - auf dieser Spur kurz außer Kontrolle und dadurch auf den Gehsteig geraten
sei. Nachdem die zwei Personen, mit denen er sich habe treffen wollen, um 20 40 Uhr noch immer nicht dort gewesen seien, sei er nach
Stoob gefahren. Um 21 00 Uhr habe er sich bereits dort aufgehalten.
Auch wenn der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber in der Folge von diesen Angaben teilweise wieder abgegangen ist, folgt der Verwaltungssenat in sachverhaltsmäßiger Hinsicht dieser Schilderung des Beschuldigten, soweit sie sich mit den Angaben des Zeugen deckt. Wie schon von der Behörde erster Instanz ausgeführt, stand der Zeuge bei seiner Einvernahme unter Wahrheitspflicht und hat er im Falle einer Falschaussage die strafrechtlichen Sanktionen des § 289 StGB zu
gewärtigen. Es ist nicht einsichtig, warum er eine ihm fremde Person wahrheitswidrig eines strafbaren Verhaltens bezichtigen sollte. Der Zeuge hat unmittelbar nach seinen Wahrnehmungen, nämlich bereits fünf
Minuten nach dem Vorfall, den Gendarmerieposten verständigt und spricht auch das dagegen, daß er die Anschuldigungen - soweit sie die
in Spruchpunkt I) enthaltene Tat betreffen - erfunden hat. Was nämlich die dem Beschuldigten in Punkt II) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung betrifft, hat dieser (wie bereits oben dargelegt) in seiner im erstinstanzlichen Verfahen abgegebenen Stellungnahme den angezeigten Sachverhalt selbst zugegeben. Aufgrund dieses Geständnisses kommt es auch nicht darauf an, daß der Zeuge anläßlich seiner darauffolgenden Einvernahme hinsichtlich der näheren
Umstände des Befahrens des Gehsteiges nicht mehr befragt wurde. Die Verwirklichung dieser Übertretung wird aufgrund der eigenen Angaben des Beschuldigten als erwiesen angesehen. Wenn auch der Beschuldigte in der Berufung seine Sachverhaltsdarstellung von damals nunmehr abzuschwächen versucht, so wird darin lediglich ein Versuch gesehen, die für ihn günstigste Verantwortung zu wählen - was ihm unbenommen ist. Glaubwürdig ist eine derart wechselnde Verantwortung aber jedenfalls nicht.
Hinsichtlich der dem Beschuldigten in Spruchpunkt I) vorgeworfenen Verwaltungsübertretung geht das Berufungsvorbringen insofern ins Leere, als ihm nicht der Umstand, daß er eine starke Bremsung durchgeführt hat, vorgeworfen wird, sondern daß er seine Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen angepaßt hat. Es ist demnach davon auszugehen, daß er mit überhöhter Geschwindigkeit
-
nämlich mit mehr als 50 km/h - in die Kurve gefahren ist. Die im Zusammenhang mit diesem Tatvorwurf vom Beschuldigten konstruierten Widersprüche in der Anzeige und in der Aussage des Zeugen liegen nicht vor. Wenn der Zeuge angibt, er sei durch das Bremsgeräusch auf das Fahrzeug des Beschuldigten aufmerksam geworden und deshalb aus dem Gastraum auf den Gehsteig getreten, und habe dann den angezeigten
Sachverhalt wahrgenommen, so erscheint dies durchaus schlüssig. Fest steht nämlich - auch aufgrund der eigenen Angaben des Beschuldigten
-
daß dieser in mehreren Runden durch Oberpullendorf gefahren und daher
im Zuge dieser Fahrt mehrmals am Tatort vorbeigekommen ist. Was weiters die ausführliche Schilderung des Berufungswerbers hinsichtlich jener Stelle, wo er mit seinem Fahrzeug zum Stillstand gekommen ist, betrifft, wird festgestellt, daß es darauf nicht ankommt. Aus dem Umstand, daß sich der Zeuge bei seiner Einvernahme an den damals fast schon eineinhalb Jahre zurückliegenden Vorfall nicht mehr in allen Details erinnern konnte, kann keinesfalls die Unglaubwürdigkeit dieses Zeugen abgeleitet werden.
§ 20 Abs1 StVO erfordert, daß der Lenker seine Fahrgeschwindigkeit an
die gegebenen Umstände anpaßt. Im vorliegenden Fall ist der Beschuldigte auf eine Kreuzung zugefahren, an der er beabsichtigte links abzubiegen. Er wäre daher verpflichtet gewesen, seine Geschwindigkeit auf ein derartiges Maß herabzusetzen, die ihm ein gefahrloses Abbiegen ermöglicht hätte. Daß er eine solche Geschwindigkeit im vorliegenden Fall nicht gewählt hat, ergibt sich aus dem Bremsmanöver, das er durchführen mußte, um die Kurve nehmen zu können. Die dabei entstandene Bremsspur, welche von den aufgrund der Anzeige erhebenden Gendarmeriebeamten vermessen wurde, betrug 15,4 m. Hinsichtlich der von einem kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen daraus errechnete Geschwindigkeit - nämlich 54,8
km/h - verweist der Berufungswerber auf seine Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren. Darin bekämpft er die Richtigkeit diese Wertes im wesentlichen damit, daß nicht von der (vom Sachverständigen
zugrunde gelegten) mittleren Bremsverzögerung ausgegangen werden könne. Hiezu wird festgestellt, daß es beim gegenständlichen Delikt genügt, wenn die als unangepaßt angesehene Fahrgeschwindigkeit zumindest annähernd festgestellt ist. Dies ist jedenfalls - auch wenn
der errechneten Geschwindigkeit Durchschnittswerte zugrundegelegt wurden - erfolgt.
Auf die dem Beschuldigten unter Spruchpunkt II) vorgeworfene Verwaltungsübertretung wurde schon oben eingegangen und wird diese aufgrund der geschilderten eigenen Angaben des Beschuldigten, die mit
der Anzeige übereinstimmen, als erwiesen angesehen. Ergänzend wird bemerkt, daß es auf die Umstände, warum er den Gehsteig benützte, für
die Strafbarkeit nicht ankommt.
Auch ist der Eintritt einer konkreten Gefährdung oder einer konkreten
Schädigung weder für die eine noch für die andere Verwaltungsübertretung Tatbestandselement.
Was schließlich noch die Ausführungen des Berufungswerbers zur Tatzeit betreffen, wird festgestellt, daß die Umschreibung gegen 21 00 Uhr als ausreichend angesehen wird. Die Identität der Taten steht dadurch und im Zusammenhang mit der sonstigen konkreten Umschreibung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen unverwechselbar fest. Im übrigen hat der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren auch zugegeben um 20 40 Uhr noch in Oberpullendorf gewesen zu sein, wohingegen er nunmehr behauptet, es könnte höchstens 20 30 Uhr gewesen sein. Durch die vorgenommene Umschreibung der Taten wurde der Beschuldigte jedenfalls sowohl in die Lage versetzt, auf die konkreten Tatvorwürfe
bezogene Beweise anzubieten und ist er dadurch auch geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Schon aus diesem Grund wird die Einvernahme der beantragten Zeugen - zum Beweis dafür, daß er um 21 00 Uhr nicht am Tatort gewesen sei - nicht für erforderlich erachtet. Dazu kommt, daß der Beschuldigte im erstinstanzlichen Verfahren angegeben hat, und seien nicht am vereinbarten Treffpunkt, der ganz in der Nähe des Tatortes liegt, erschienen. Daß sie um 21 00 Uhr dort gewesen sein sollten, hat er auch nicht konkret behauptet. Zur Erkundung, ob dies der Fall war, ist die Behörde nicht verpflichtet. Nach der Aktenlage ist jedenfalls nicht ersichtlich, daß diese beantragten Zeugen zu den entscheidungswesentlichen Fragen irgendwelche Angaben machen könnten.
Dies trifft insbesonders auf den erstmals in der Berufung als Zeugen namhaft gemachten zu.
Zur Strafbemessung:
Die der Bestrafung zugrundeliegenden Handlungen schädigten in nicht unerheblichem Maße das an der Verkehrssicherheit bestehende Interesse, dem die jeweilige Strafdrohung dient. Daß die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung war der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Erschwerend war kein Umstand zu werten.
Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Da diese
trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben wurden, ist eine Schätzung vorzunehmen und wird von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von S 15 000,--, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt
der Taten und das Verschulden des Berufungswerbers sind die verhängten Strafen als angemessen anzusehen.
Eine Strafe muß geeignet sein, den Berufungswerber von einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.