TE UVS Wien 1997/04/07 04/G/33/62/97

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Veröffentlicht am 07.04.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Maukner über die Berufung der Frau Gabriele S, vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 10. Bezirk, vom 5.12.1996, Zl MBA 10 - S 12632/96, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z 25 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20.3.1997 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Einleitungssatz des Spruches das Wort "zumindest" entfällt, daß bei der Tatanlastung zu Spruchpunkt 1) nach dem Wort "insoferne" die Wortfolge "im Verkaufsraum" eingefügt wird und bei der Tatanlastung zu Spruchpunkt 2) die Wortfolge "entgegen Punkt 35 der ÖNORM B 3750" durch "entgegen Punkt 3.5 der ÖNORM B 3850" ersetzt wird.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden angeführt:

Zu Punkt 1): "§ 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit der Auflage Punkt 18) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 31.1.1984, MBA 10 - BA 29643/1/83, im Zusammenhalt mit § 30 Z 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 19.7.1982 über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen, BGBl Nr 435/1982."

Zu Punkt 2): "§ 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit der Auflage Punkt 25) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 31.1.1984, MBA 10 - BA 29643/1/83, im Zusammenhalt mit der ÖNORM B 3850 Punkt 3.5."

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird der Berufungswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind jeweils S 240,-- (insgesamt S 480,--), auferlegt.

Text

Begründung:

1. Das obzitierte Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

"Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der B-Gesellschaft mbH zu verantworten, daß in der Betriebsanlage in Wien, D-gasse, zumindest am 20.8.1996 die folgenden Auflagen des nachstehend angeführten, rechtskräftigen Bescheides nicht eingehalten wurden:

Bescheid vom 31.1.1984, MBA 10-BA 29643/1/83:

1) Pkt 18, wonach alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum in Regalen und Fächern im Sinne § 29 und § 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen (BGBl Nr 435/82) zu lagern sind und somit Fächer, in denen DP 1 aufgestellt sind, so wärmedämmend ausgebildet sein müssen, daß sie den Durchgang der Brandhitze von unter her unterbinden und diese Fächer an der Seite ihrer Entnahmeöffnung mit Blenden ausgestattet sein müssen, die ein Übergreifen von Flammen vom unteren Fach und DP 1 im darüberliegenden Fach verhindern, wurde insoferne nicht eingehalten, als 350 Stück DGP DP 1 (Rasierschäume und Föhnschäume), insoferne nicht in solchen Regalen gelagert waren als die wärmedämmenden Seitenwände und Fachböden sowie die Blenden an den Entnahmeöffnungen fehlten.

2) Pkt 25, wonach die Türe in den Vorratsraum für Druckgaspackungen, die Türe ins Papierlager und die Türe ins Lager brandhemmend (T 30) gemäß ÖNORM B 3850 auszuführen ist, wurde isoferne nicht eingehalten, als diese Türen entgegen Pkt 35 der ÖNORM B 3750 in Offenstellung mittels Keil fixiert waren und somit ein selbsttätiges Schließen der Türen nicht gewährleistet war."

Die Berufungswerberin habe dadurch "§ 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 in Verbindung mit den Punkten 18 und 25 des oben angeführten, rechtskräftigen Bescheides" verletzt, weswegen über sie zwei Geldstrafen von je S 1.200,--, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag, verhängt und ihr ein Verfahrenskostenbeitrag in der Gesamthöhe von S 240,-- auferlegt wurde.

In der dagegen erhobenen Berufung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:

"Die Berufung wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben und wie folgt ausgeführt:

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit:

Die Behörde ist im Irrtum, wenn sie in der Begründung ausführt, daß der im Spruch näher ausgeführte und dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt allein aufgrund der Anzeige der Magistratsabteilung 36 als erwiesen anzusehen ist. Eine derartige Bestimmung, wonach aufgrund der Anzeige einer Behörde eine andere Behörde ohne weiteres den Sachverhalt als erwiesen anzusehen hat, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd.

Tatsächlich ist im vorliegenden Straferkenntnis der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert. Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt wird bestritten.

Das Verschulden des Beschuldigten wäre selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering. Der Beschuldigte hat stets alles in seiner Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Er hat insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Daß es dennoch bisweilen zu Unzulänglichkeiten kommen kann, liegt in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter.

Darüber hinaus entspricht die über den Beschuldigten verhängte Strafe - selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre - nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und ist daher rechtswidrig. Der Beschuldigte hat keine einschlägigen Vorstrafen und die ihm zur Last gelegten Verwaltungs-Übertretungen haben keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Angesichts seines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß § 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise wird gerügt, daß die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch bemessen wurde.

Aus all den angeführten Gründen erweist sich das angefochtene

Straferkenntnis als rechtswidrig.

Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Der Beschuldigte hat in seiner Rechtfertigung Beweisanträge gestellt, da sich nur durch die Aufnahme der beantragten Beweise die einzelnen dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalte konkretisieren lassen und der Beschuldigte sich von den Vorwürfen entlasten kann. Da die Behörde diesem begründeten Antrag des Beschuldigten nicht erfolgt ist, hat sie gegen die Bestimmungen des § 39 AVG verstoßen, die normieren, daß die Behörde den Sachverhalt amtswegig zu erforschen hat, zumal dann, wenn der Beschuldigte sachdienliche Angaben macht.

Im Gegensatz zu den Bestimmungen des AVG und VStG hat die Behörde vielmehr überhaupt kein Verfahren geführt, sondern sich damit begnügt, die Anzeige wörtlich zu übernehmen. Eine Bestimmung, wonach ein von einer Behörde angezeigter Sachverhalt ohne Verfahren als bewiesen zu gelten hat, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd.

Auch aus diesem Grund hat die Behörde das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.

Es wird daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die über den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen."

2. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gab der Vertreter der Berufungswerberin folgendes zu Protokoll:

"Im Auflagenpunkt 18) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 31.1.1984 wird normiert, daß alle DP im Verkaufsraum .... in Regalen und/oder Fächern im Sinne der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von DP in gewerblichen Betriebsanlagen zu lagern sind. Damit entspricht diese Auflage nicht der Rechtsordnung, da in den §§ 29 und 30 jeweils verschiedene Anforderungen an Regale und Regalfächer gestellt werden, die im Falle des Vorliegens verschiedener Voraussetzungen zu beachten sind. Der Beschuldigte hat der Auflage nur entnommen, daß die §§ 29 und 30 der Druckgaspackungsverordnung zu beachten sind, was an sich selbstverständlich ist. Inwieweit über die Vorschriften der §§ 29 und 30 der Druckgaspackungsverordnung hinausgehende Vorschriften über die Beschaffenheit von Regalen und Regalfächern gemacht werden und unter welchen Voraussetzungen diese gelten sollen, vermag der zitierte Auflagenpunkt nicht zu klären. Unabhängig davon, daß somit eine Bestrafung des Beschuldigten nur dann möglich wäre, wenn er gegen Bestimmungen der Druckgaspackungsverordnung, insbesondere über die §§ 29 und 30, unter den normierten Voraussetzungen verstoßen hat, übersieht die Behörde jedoch auch, daß selbst der zitierte Auflagenpunkt bei all seiner Unklarheit voraussetzt, daß die Lagerungen im Verkaufsraum stattfinden. In der Sachverhaltsanlastung wird diese Voraussetzung jedoch nicht einmal behauptet; vielmehr geht die Behörde offenbar davon aus, daß entsprechend ausgebildete Regale und Regalfächer bestanden, jedoch Lagerungen von DP auch außerhalb derartiger Regale stattfanden, wobei diese Lagerungen durchaus in anderen Räumen als dem Verkaufsraum stattgefunden haben könnten. Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt indiziert somit kein rechtswidriges Verhalten.

Zu Pkt 2 weise ich darauf hin, daß die Zitierung in der Anlastung mit "Pkt 35 der ÖNORM B 3750" offensichtlich nicht zutreffend ist. Das Vorliegen des objektiven Sachverhaltes, wie er angelastet worden ist, wird nicht bestritten; auf die zeugenschaftliche Befragung des Meldungslegers wird ausdrücklich verzichtet.

Allseitige Verhältnisse der Berufungswerberin:

monatl Nettoeinkommen ca S 23.000,--, Sorgepflichten für zwei

Kinder, Vermögen: keine Angaben."

Der Vertreter der Berufungswerberin hat auf die öffentliche Verkündung des Berufungsbescheides verzichtet.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß die Berufungswerberin - wie sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen des Vertreters der Berufungswerberin ergibt - das Vorliegen des angelasteten Sachverhaltes substantiell nicht (mehr) in Abrede stellt, weshalb der von der erstinstanzlichen Behörde dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt aufgrund der Anzeige der Magistratsabteilung 36 vom 20.8.1996, Zl MA 36/A/10/924/96, als erwiesen anzusehen ist.

Was den Einwand betrifft, wonach der Auflagenpunkt 18) des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 31.1.1984 nicht der Rechtsordnung entspreche, da in den §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen jeweils verschiedene Anforderungen an Regale und Regalfächer gestellt würden, so ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Mit der Auflage Punkt 18) des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 10. Bezirk vom 31.1.1984, Zl MBA 10 - Ba 29643/1/83, wurde der B-GmbH hinsichtlich der gegenständlichen Betriebsanlage vorgeschrieben, daß im Verkaufsraum alle Druckgaspackungen nur in Regalen und Fächern im Sinne der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) gelagert werden dürfen. Die wärmedämmende Eigenschaft der Regalwände und Regalfächer für Druckgaspackungen ist durch ein Attest einer österreichischen staatlich autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen, welches zu bestätigen hat, daß es sich um ein wärmedämmendes Material im Sinne des § 4 Pkt 3 der oben zitierten Verordnung handelt. Dieses Attest ist in der Betriebsanlage zur behördlichen Einsichtnahme bereitzuhalten.

Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Das Wesen von Auflagen im Sinne der §§ 74 bis 83 GewO 1994 besteht darin, daß die Verwaltungsbehörde in einem dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, mit denen der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird (vgl ua VwGH 26.2.1991, 90/04/0131). Eine unter Vorschreibung einer Auflage erteilte Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw deren Änderung ist in der Weise eingeschränkt, daß von ihr ohne Beachtung der Auflage kein Gebrauch gemacht werden darf. Betreibt somit der Betriebsinhaber die Betriebsanlage ohne - aus welchem Grund immer - die Auflage einzuhalten, so verwirklicht er den Tatbestand des § 367 Z 25 GewO 1994 (vgl ua VwGH 23.4.1991, 88/04/0029).

Aufgrund der oben zitierten Bescheidauflage ist die B-GmbH - solange sie die gegenständliche Betriebsanlage betreibt - verpflichtet, sämtliche Druckgaspackungen im Verkaufsraum in Regalen oder Regalfächern vorrätig zu halten, die gemäß den Bestimmungen der §§ 29 und 30 der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl Nr 435/1982) ausgebildet sein müssen.

Gemäß § 29 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 19.7.1982 über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen, BGBl Nr 435/1982, müssen die Regale für die Druckgaspackungen wie folgt hergestellt und aufgestellt sein:

1. die Regale müssen aus unbrennbaren oder schwer brennbaren Baustoffen, zB Holzverbundplatten, hergestellt sein;

2. in Regalen dürfen jeweils außer Druckgaspackungen nur unverpackte unbrennbare Waren gelagert werden;

3. im Umkreis von 2 m dürfen keine leicht entzündlichen Stoffe und Waren vorrätig gehalten werden; der Sicherheitsabstand von 2 m darf an drei Seiten des Regales (Hinterwand sowie die beiden Seitenwände) durch Wände aus wärmedämmenden Materialien ersetzt sein.

Gemäß § 30 der zuletzt zitierten Verordnung müssen ua die Fächer, in denen Druckgaspackungen aufgestellt sind, so wärmedämmend ausgebildet sein, daß sie den Durchgang der Brandhitze von unter her unterbinden (Z 1) und müssen an der Seite ihrer Entnahmeöffnung mit Blenden ausgestattet sein, die ein Übergreifen von Flammen vom unteren Fach auf Druckgaspackungen im darüberliegenden Fach verhindern (Z 2).

Nach dem klaren Wortlaut der gegenständlichen Bescheidauflage müssen "alle" Druckgaspackungen im Verkaufsraum der gegenständlichen Betriebsanlage in Regalen oder Regalfächern vorrätig gehalten werden, die gemäß den oben zitierten Bestimmungen der §§ 29 und 30 leg cit ausgebildet sind, und sind diese Bestimmungen der Verordnung über die Lagerung von Druckgaspackungen in gewerblichen Betriebsanlagen, BGBl Nr 435/1982, daher hinsichtlich der Ausgestaltung und Ausführung der im Verkaufsraum der gegenständlichen Betriebsanlage in Verwendung stehenden Regale und Regalfächer, in denen Druckgaspackungen vorrätig gehalten werden, sinngemäß anzuwenden. Der B-GmbH wurden somit mit der gegenständlichen Bescheidauflage Maßnahmen hinsichtlich des Vorrätighaltens von Druckgaspackungen im Verkaufsraum der gegenständlichen Betriebsanlage vorgeschrieben, die über die in den §§ 29 und 30 leg cit allgemein normierten Verpflichtungen (gemäß § 29 leg cit müssen Regale und Regalfächer den in dieser Bestimmung angeführten Erfordernissen nur dann entsprechen, wenn Druckgaspackungen in Mengen, die über den Tagesbedarf hinausgehen, bereitgehalten werden und zusätzlich den im § 30 leg cit angeführten Erfordernissen dann, wenn diese Druckgaspackungen zusammen mit Waren brennbarer Art in einem Regal gelagert werden) hinausgehen.

Zu dem Einwand, daß die Sachverhaltsanlastung im angefochtenen Straferkenntnis eine Lagerung der Druckgaspackungen im Verkaufsraum nicht einmal behaupte, ist zu erwidern, daß nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates schon der von der Erstinstanz gemachte Tatvorwurf durchaus den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht, zumal durch die Zitierung der diesbezüglichen Auflage "wonach alle Druckgaspackungen im Verkaufsraum in Regalen und Fächern ..." im Spruch in Verbindung mit der konkreten Tatanlastung "insoferne nicht in solchen Regalen gelagert waren ..." hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird, daß Tatort der Verkaufsraum der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher umschriebenen Betriebsanlage ist. Im übrigen wird auch in der obzitierten Anzeige der Magistratsabteilung 36 vom 20.8.1996, die einem Vertreter der Berufungswerberin anläßlich einer Akteneinsichtnahme innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht worden ist (siehe dazu auch das Schreiben des Rechtsvertreters der Berufungswerberin vom 29.11.1996) als Tatort ausdrücklich der Verkaufsraum angeführt.

Zu dem die Tatanlastung im Spruchpunkt 2) betreffenden Hinweis der unrichtigen Zitierung der ÖNORM wird angemerkt, daß es sich hier unzweifelhaft um Schreibfehler handelt, die bei der Spruchänderung berichtigt wurden.

Die Berufungswerberin war im Tatzeitraum gewerberechtliche Filialgeschäftsführerin der B-GmbH für die gegenständliche Filiale, weshalb die Erstinstanz zu Recht die Berufungswerberin als Verantwortliche für die Nichteinhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften nach der GewO 1994 herangezogen hat (§ 370 Abs 2 GewO 1994).

Bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen handelt es sich um sogenannte Ungehorsamsdelikte, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Das bedeutet, daß die Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für ihre Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Da die Berufungswerberin ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet hat, war Fahrlässigkeit als erwiesen anzusehen.

Insofern die Berufungswerberin jedoch mit ihrem Berufungsvorbringen allenfalls einen Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 VStG geltend macht, ist festzuhalten, daß nach § 5 Abs 2 VStG das Vorliegen eines Rechtsirrtums, bei welchem der Täter über die rechtliche Seite der Tat irrt und deshalb nicht das Unrecht seines Verhaltens erkennt, nur dann entschuldigt, wenn dieser erwiesenermaßen unverschuldet ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt selbst guter Glaube den angeführten Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl VwGH 16.12.1986, 86/04/0133). Wer ein Gewerbe betreibt, hat sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl VwGH 28.4.1992, 91/04/0323).

Dabei ist nicht nur die Unkenntnis eines Gesetzes, sondern auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, der den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß die irrige Gesetzesauslegung unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl ua VwGH 23.12.1991, 88/17/0010).

Bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte die Berufungswerberin aber aufgrund des klaren Wortlautes der gegenständlichen Bescheidauflage zumindest Zweifel über die Vertretbarkeit und Richtigkeit ihrer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegten Rechtsauffassung haben müssen und wäre sie daher gehalten gewesen, sich über die Vertretbarkeit ihrer Rechtsauffassung, etwa durch Einholung von Auskünften bei der Behörde, Gewißheit zu verschaffen.

Da eine irrige Gesetzesauslegung nur dann entschuldigt, wenn sie unverschuldet ist, die Berufungswerberin die Unrichtigkeit der von ihr vertretenen Rechtsauffassung bei Einhaltung der ihr obliegenden und auch zumutbaren Sorgfalts- und Erkundigungspflicht als gewerberechtliche Geschäftsführerin aufklären hätte können, ist davon auszugehen, daß die Berufungswerberin sich der Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens doch bei gehöriger Aufmerksamkeit bewußt sein hätte können und - sollte ein Rechtsirrtum tatsächlich vorgelegen sein - dieser jedenfalls nicht unverschuldet nicht im Sinne des § 5 Abs 2 VStG ist. Die Berufungswerberin hat daher die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen auch in Ansehung der subjektiven Tatseite zu verantworten.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 - 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Maße das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte Interesse an der Einhaltung von Bescheidauflagen für gewerbliche Betriebsanlagen, die ein gefahrloses Betreiben der Betriebsanlage gewährleisten sollen. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen.

Das Verschulden der Berufungswerberin kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung der Tatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Schon aus diesem Grund kam eine Anwendung des § 21 VStG nicht in Betracht.

Bei der Strafbemessung war - wie bereits von der Erstbehörde - die nach der Aktenlage anzunehmende verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin zur Tatzeit als mildernd zu werten; Erschwerungsgründe sind keine hervorgekommen. Die von der Berufungswerberin angegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse, die als durchaus durchschnittlich zu werten sind, und die angegebenen Sorgepflichten wurden berücksichtigt. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis

S 30.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmen erscheinen die verhängten Geldstrafen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

4. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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