Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch die Vorsitzende Mag Engelhart und die Mitglieder Dr Wilfert als Berichter und Dr Wintersberger als Beisitzerin über die Berufung des Herrn Nenad D gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk, Zl: MBA 9 - S 1869/95, vom 4.7.1995, entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 3.000,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
Begründung:
1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der B-gesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in Wien, T-gasse, welcher als Tatort anzusehen ist, von 13.02.1995 bis 27.02.1995 in Br, Baustelle Wohnsiedlung R-gasse, den Ausländer Mirko B, Staatsangehörigkeit: Kroatien, als Fassader zur Durchführung von Vollwärmeschutzarbeiten beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden ist.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 28 Abs 1 Ziffer 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl Nr 218/1975 in der geltenden
Fassung
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von S 15.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen, gemäß § 28 Abs 1 Ziffer 1 Schlußsatz dieses Gesetzes.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
S 1.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 16.500,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen."
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 24.7.1995, in welcher im wesentlichen vorgebracht wird, der Berufungswerber habe mit seinen Arbeitern bzw mit jenen der B-gesellschaft mbH eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß diese nach Quadratmeter (der verputzten Fläche) bezahlt würden, also nicht nach Arbeitszeit. Der mit den Arbeiten beauftragte Arbeiter der B-gesellschaft mbH habe, ohne dies dem Berufungswerber oder sonst jemandem der Gesellschaft mitzuteilen, auf eigene Faust den verfahrensgegenständlichen Ausländer zur Hilfe herangezogen, um mit den Arbeiten schneller fertig zu werden. Da dieser Ausländer weder mit Billigung noch mit Wissen des Berufungswerbers tätig geworden sei, sei dem Berufungswerber ein schuldhaftes Verhalten nicht vorzuwerfen.
Mit Schriftsatz vom 18.10.1995 erstattete das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten eine Stellungnahme und führte aus, den Berufungsausführungen sei nicht zu entnehmen, durch welches Kontrollsystem der Berufungswerber derartige Verwaltungsübertretungen, die durch seine Erfüllungsgehilfen verursacht wurden, zu verhindern versuchte.
2. In der Angelegenheit fand am 30.4.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien statt.
Zu dieser Verhandlung ist der Berufungswerber trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Im Anschluß an die Verhandlung wurde der Berufungsbescheid verkündet.
2. Die Berufung ist nicht begründet.
Gemäß § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a Ausländerbeschäftigungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis S 240.000,--.
Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gründet sich auf eine Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 8. Aufsichtsbezirk vom 15.3.1995.
Laut der, der Anzeige angeschlossenen Niederschrift vom 27.2.1995 gab der verfahrensgegenständliche Ausländer an, daß er seit 13.2.1995 auf der Baustelle Neubau (Wohnsiedlung) R-gasse, Br, als Fassader auf Vollwärmeschutzfassaden beschäftigt sei. Die Arbeit habe er von seinem Bruder Anto B bekommen, der bei der Firma B-gesmbH als Fassader seit ca 1 Monat beschäftigt sei. Als Entlohnung sei pro Quadratmeter S 115,-- netto bar auf die Hand mit der Firma B-gesmbH (Herrn Ivan Ba) durch den Bruder des Ausländers vereinbart worden. Er hätte von seinem Bruder nach Abschluß der Arbeiten 1/3 der gesamten Summe erhalten sollen. Bis zum Zeitpunkt der Erhebung am 27.2.1995 habe er ca 250 Quadratmeter mit seinem Bruder Vollwärmeschutz geklebt und verspachtelt. Er sei von seinem Bruder angeblich ohne Wissen seines Chefs Herrn Ba Ivan beschäftigt worden, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung zu sein. Der Chef, Herr Ivan Ba, sei mehrmals auf der Baustelle gewesen und sei es ihm egal gewesen, ob er gültige Arbeitspapiere besitze oder nicht. Sein Bruder habe ihm gesagt, daß er arbeiten solle, alles andere sei egal. Die tägliche Arbeitszeit habe von Montag bis Freitag ca 7 Stunden und am Samstag ca 2 Stunden betragen.
Eine Ladung des verfahrensgegenständlichen Ausländers sowie Herrn Anto B sowie Herrn Ivan Ba zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien war nicht möglich und sind diese Personen laut Zentralmeldeamtauskunft auch nicht aufrecht gemeldet.
Der Berufungswerber bestreitet auch nicht, daß der verfahrensgegenständliche Ausländer gemeinsam mit einem Arbeitnehmer der B-gesmbH auf einer Baustelle dieser Gesellschaft Fassadenarbeiten durchgeführt hat. Der Berufungswerber bringt jedoch vor, daß er mit dem Arbeitnehmer der B-gesmbH, Herrn Anto B, eine Entlohnung nicht nach Arbeitszeit sondern nach geleisteten Quadratmetern vereinbart habe, und daß dieser ohne Wissen des Berufungswerbers seinen Bruder, den verfahrensgegenständlichen Herrn Mirko B, als Helfer herangezogen habe.
Soweit der Berufungswerber damit bestreitet, daß der verfahrensgegenständliche Ausländer in einem Beschäftigungsverhältnis zur B-gesmbH gestanden sei, ist festzustellen, daß wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers bildet, die daraus resultiert, daß die Arbeitsleistung einem anderen, nämlich dem Dienstgeber zu Gute kommt. Ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses bildet die Entgeltlichkeit der Arbeitsleistung, weitere Elemente bilden die persönliche Arbeitspflicht, die Einordnung in den betrieblichen Ordnungsbereich, die Weisungsgebundenheit sowie die wirtschaftliche Abhängigkeit. Bei dem Begriff des Arbeitsverhältnisses handelt es sich um einen Typusbegriff, sodaß keineswegs sämtliche Merkmale vorhanden sein müssen, es kommt vielmehr auf das Überwiegen der wesentlichen Merkmale an. Wie der Berufungswerber vorbringt, hing die Entlohnung des Arbeitnehmers der B-gesmbH, Herrn Anto B vom Ausmaß der erbrachten Leistung ab. Ungeachtet des Umstandes, daß die Entlohnung dieses Arbeitnehmers somit am wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit orientiert war, handelt es sich dennoch um einen Dienstnehmer. Seine Tätigkeit begründete nicht die Stellung eines selbständigen Unternehmers, da er kein unternehmerisches Risiko trug und die mit der Tätigkeit verbundenen Kosten offenkundig unmittelbar vom Auftraggeber getragen wurden und diesem gegenüber auch ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bestand. Die Tätigkeit des als Helfer herangezogenen verfahrensgegenständlichen Ausländers unterschied sich nicht von der des Arbeitnehmers der B-gesmbH, seine Arbeitsleistung kam ebenfalls der B-gesmbH zu Gute und wurde mittelbar durch den leistungsabhängigen Lohn von der B-gesmbH entlohnt. Der verfahrensgegenständliche Ausländer stand somit zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur B-gesmbH und unterlag der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG. Der Berufungswerber war handelsrechtlicher Geschäftsführer der B-gesmbH und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Gesellschaft gemäß § 9 Abs 1 VStG für die bewilligungslose Beschäftigung verantwortlich.
Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, daß der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung von Beweismittel bzw die Stellung entsprechender Beweisanträge. Der Berufungswerber hat nicht glaubhaft gemacht, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung nicht übersehen werden, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Die rechtliche Konsequenz, die aus dieser Tatsache zu ziehen ist, besteht darin, daß dem Unternehmer zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbst verantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Im Sinne dieser Judikatur reicht also die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (VwGH 30.3.1982, 81/11/0087).
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ist bei der Beurteilung des Verschuldens des Berufungswerbers seinem Vorbringen gefolgt, daß die Beschäftigung des verfahrensgegenständlichen ausländischen Arbeiters ohne sein Wissen bzw ohne das Wissen der B-gesmbH erfolgt ist. Er muß sich jedoch den Vorwurf gefallen lassen, daß er bei Beachtung der notwendigen und im Hinblick auf seine Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Baugesellschaft auch zumutbaren Sorgfalt zumindest mit der Möglichkeit rechnen konnte, daß Herr Anto B die mit der B-gesmbH getroffene Vereinbarung einer leistungsabhängigen Entlohnung dazu nutzen werde, die Fassadenarbeiten nicht alleine fertigzustellen, sondern Helfer für die Erbringung der Arbeitsleistung heranzuziehen. Der Berufungswerber hat nicht dargetan, in welcher Weise er dieser Sorgfaltspflicht gerecht geworden wäre, insbesondere wie bei einer ordnungsgemäßen Überwachung der Baustelle die Beschäftigung des verfahrensgegenständlichen Ausländers über einen Zeitraum von fast zwei Wochen unentdeckt bleiben konnte. Der Entlastungsbeweis ist dem Berufungswerber somit nicht gelungen.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich schädigt jede Verletzung der zwingenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in erheblichem Ausmaß staatliche und privatwirtschaftliche Interessen, da sie eine Verzerrung des Wettbewerbes und des Arbeitsmarktes hinsichtlich des Arbeitskräfteangebotes bewirken, Lohndumping und die Hinterziehung von Steuern und Abgaben ermöglichen und den primären Zugang inländischer Arbeitskräfte und eine geregelte Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt verhindern. Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat kann daher nicht als gering gewertet werden, weil die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden führt (vgl Erkenntnis des VwGH vom 30.8.1991, Zl 91/09/0022 und Zl 91/09/0134).
Das Verschulden kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Die erstinstanzliche Behörde hat unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers die Strafe im unteren Bereich des bis zu S 60.000,-- reichenden gesetzlichen Strafrahmens verhängt. Eine Herabsetzung der Strafe kam daher schon im Hinblick auf den langen Beschäftigungszeitraum nicht in Betracht, da weitere Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind. Der Berufungswerber hat sich auch nicht einsichtig gezeigt und läßt somit keine günstige Prognose für sein weiters Wohlverhalten zu. Die Verhängung einer geringeren Strafe schiene daher nicht geeignet, dem Berufungswerber so wie andere im Baugewerbe Tätige in Hinkunft wirksam von der Begehung gleichartiger Verwaltungsstraftaten abzuhalten.
Da der Berufungswerber keine Angaben zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht hat, wurden die allseitigen Verhältnisse als durchschnittlich geschätzt, allfällig bestehende Sorgepflichten konnten mangels Angaben nicht berücksichtigt werden.