Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Ruiner über die Berufung des Herrn Dr. Johann Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 23.7.1996, GZ.: 15.1-1996/1154 wegen Übertretung der StVO wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG die Einstellung verfügt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber eine Übertretung des § 20 Abs 2 StVO zur Last gelegt und hiefür gemäß § 99 Abs 3 a StVO eine Geldstrafe von S 500,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gemäß § 64 VStG wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Betrag von S 50,-- vorgeschrieben. In seiner rechtzeitigen Berufung brachte der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß ihm zwei Vergehen zur Last gelegt werden, welche er am 25.11.1995 in Scheifling, B 83, bei StrKm 0,4 und 0,6 begangen habe, wobei er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h bzw. um 16 km/h überschritten habe. Bis heute sei ihm nicht mitgeteilt worden, welche Messung zuerst durchgeführt worden sei, wovon es abhänge, ob er nach der ersten Messung beschleunigt oder abgebremst habe. Im letzteren Fall sei seine Behauptung, es handle sich um eine Doppelbestrafung, in jedem Fall schlüssig und sein Einspruch berechtigt. Er habe überdies nie behauptet, er hätte "auch eine Minute zuvor für eine Geschwindigkeitsüberschreitung einen Strafbetrag von S 700,-- bezahlen müssen". Seine Rechtfertigung habe sich vielmehr immer auf den Umstand gestützt, daß beide Messungen innerhalb der Zeitangabe 14.02 Uhr durchgeführt worden seien.
Gemäß § 51 e Abs 2 VStG war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.
Aus dem Akteninhalt wird nachstehendes festgestellt:
Aus der Anzeige vom 11.1.1996 geht hervor, daß der Lenker des dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges am 25.11.1995 um 14.02 Uhr auf der B 83 bei km 0,4 im Gemeindegebiet von Scheifling mit einer durch ein stationäres Radargerät festgestellten Geschwindigkeit von 66 km/h in Richtung Judenburg gefahren war. Die durch das Radargerät gemessene Geschwindigkeit betrug 71 km/h, wobei sich unter Abzug von 5 km/h die Geschwindigkeit von 66 km/h ergibt. Vom Berufungswerber wurde bereits in der Niederschrift vom 20.6.1996 darauf hingewiesen, daß es sich seiner Ansicht nach um eine Doppelbestrafung handle, da er bereits mit Anonymverfügung vom 9.1.1996 von der Bezirkshauptmannschaft Murau mit einer Geldstrafe von S 700,-- für eine Geschwindigkeitsüberschreitung vom 25.11.1995 um 14.02 Uhr in Scheifling B 83 bei StrKm 0,6 bedacht wurde und diese rechtzeitig zur Einzahlung gebracht habe.
Auf Grund der ha. Aufforderung vom 13. Februar 1997 wurde mit Schreiben vom 19.2.1997 anher mitgeteilt, daß es den Tatsachen entspricht, daß damals sowohl bei StrKm 0,4 mittels stationärem Radargerät als auch bei StrKm 0,6 der B 83 mittels Lasermessgerät eine Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt wurde. Den mittels Anonymverfügung GZ.: 15.2-1996/149 vorgeschriebenen Betrag von S 700,-- für die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit bei StrKm 0,6 (24 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung) hat der Berufungswerber fristgerecht eingezahlt. Weiters wurde mitgeteilt, daß damals bei StrKm 0,6 Messungen mittels Lasermessgerät
durchgeführt wurden, da nicht bekannt gewesen war, daß das 200 m weiter befindliche stationäre Radargerät in Betrieb ist. Daraus geht hervor, daß die Geschwindigkeitsmessung mittels Laserpistole, auf Grund welcher eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 24 km/h festgestellt wurde, zeitlich vor jener mittels stationärem Radargerät bei km 0,4 der B 83 erfolgte. Aus der Anzeige nach § 49 a VStG (Anonymverfügung) geht hervor, daß die mittels Lasermessgerät gemessene Geschwindigkeit am 25.11.1995 um 14.02 Uhr bei StrKm 0,6 der B 83, 77 km/h betragen hat, wobei sodann die Meßtoleranz von 3 km/h abgezogen wurde.
In rechtlicher Hinsicht ist hiezu nachstehendes auszuführen:
Gemäß § 22 Abs 1 VStG sind die Strafen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, nebeneinander zu verhängen. Hat der Täter demnach mehrere Verwaltungsübertretungen begangen, so gilt im Verwaltungsstrafverfahren das sogenannte Kumulationsprinizip. Das bedeutet, daß für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit nebeneinander mehrere Strafen zu verhängen sind. Hiebei macht es keinen Unterschied, ob der Täter durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder durch ein und dieselbe Tat, mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden.
Die Ausnahme von diesem Kumulationsprinzip besteht bei einem fortgesetzten Delikt, worunter eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen ist, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Der Zusammenhang muß sich äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen (vgl. VwGH vom 19.11.1996, 86/09/0142, vom 19.5.1980, Slg. 10.138 a verstärkter Senat u. a.). Aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt folgt, daß die Bestrafung für einen bestimmten Strafzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfasst (vgl. VwGH vom 17.1.1984, 83/04/0137 u. a.).
Wie aus der Anzeige nach § 49 a VStG hervorgeht, war bei der Messung mittels Lasergerät eine Anhaltung des Berufungswerbers deshalb nicht möglich, weil die Fahrgeschwindigkeit durch Nachmessung erfolgte, wobei 200 m weiter die Geschwindigkeit wie bereits ausgeführt, mittels stationärem Radargerät festgestellt wurde. Es ist daher im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß eine Gleichartigkeit der Begehungsform, der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines zeitlichen Zusammenhanges sowie ein diesbezügliches Gesamtkonzept des Berufungswerbers vorliegt, wobei sich der Zusammenhang äußerlich auch durch die zeitliche Verbundenheit objektivieren läßt, liegen doch zwischen den beiden Geschwindigkeitsmessungen nur wenige Sekunden, wobei die Handlungen überhaupt nicht unterbrochen wurden.
Es war daher im vorliegenden Fall von einem fortgesetzten Delikt auszugehen, da zwei an sich selbständige, nacheinander gesetzte Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand des selben Deliktes erfüllt, gegeben sind. Durch Überschreiten der im Ortsgebiet zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gemäß § 20 Abs 2 StVO im Zuge der gegenständlichen Fahrt sowohl bei km 0,6 als auch bei km 0,4 der B 83, dem Vorliegen des zeitlichen Zusammenhanges und der gleichen Begehungsform sowie der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände war das Kumulationsprinzip nicht anzuwenden und Deliktseinheit anzunehmen.
Auf Grund all dieser Erwägungen war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.