TE UVS Wien 1997/05/15 02/11/117/96

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Veröffentlicht am 15.05.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Leitner über auf Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iZm § 67a Abs 1 Zif 2 AVG gestützte Beschwerde des Herrn Mag Axel B gegen das Militärkommando Wien, wegen behaupteter Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit im Zusammenhang mit der am 23.9.1996 erfolgten Vorführung zur Stellungskommission des Militärkommandos Wien, entschieden:

Gemäß § 67c Abs 3 AVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 79a AVG werden dem Militärkommando Wien die mit öS 3 365,-- zu bestimmenden Kosten - zahlbar binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger Exekution - zugesprochen.

Text

Begründung:

1.) Die auf § 67a AVG gestützte Beschwerde enthält folgendes Vorbringen:

Der Beschwerdeführer war mit Ladungsbescheid des Militärkommando Wien, Ergänzungsabteilung Stellungskommission vom 9.7.1996 für vier festgesetzte Ladungstermine vor die Stellungskommission Wien E-platz, Wien, vorgeladen worden. Es waren dies der 19.8.1996,

7.30 Uhr, der 27.8.1996, 7.30 Uhr, der 5.9.1996, 7.30 Uhr, sowie der 12.9.1996, 7.30 Uhr. Der Berufungswerber hatte sich für jeden dieser Termine entschuldigt, wobei die Entschuldigung für den 2. Termin, somit für den 27.8.1996, vom Militärkommando Wien als nicht ausreichend befunden worden war. Der Beschwerdeführer hatte nach seinen Ausführungen sich auch für diesen Termin fristgerecht und unter Anführung maßgeblicher Gründe entschuldigt; wegen einer am selben Tag anberaumten Verhandlung in einem Besitzstörungsverfahren vor dem Bezirksgericht Döbling hätte er seiner Pflicht vor der Stellungskommission zu erscheinen nicht nachkommen können. Eine Vertagungsbitte hätte nicht gestellt werden können. Er wäre daraufhin an dem von ihm selbst als Alternativtermin vorgeschlagenen 23.9.1996 zwangsweise vor die Stellungsbehörde vorgeführt worden und wäre diese Vorführung rechtswidrig. Der Beschwerdeführer erachtet diese Vorführung als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wogegen er innerhalb offener Frist wegen behaupteter Verletzung seines Rechts auf Schutz der persönlichen Freiheit Beschwerde vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien erhebe. Die zwangsweise Vorführung wäre rechtswidrig, da eine ordnungsgemäße Entschuldigung vorgelegen habe und weiters der Ladungsbescheid von der Behörde nicht ausreichend klar formuliert worden war. Er stellt den Antrag die bekämpfte Maßnahme für rechtswidrig zu erklären und auf Zuspruch der Kosten gemäß 97a (offenkundig 79a)

AVG.

2.) Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ersuchte das Militärkommando Wien, Ergänzungsabteilung Stellungskommission um Übermittlung der bezughabenden Verwaltungsakten sowie - gegebenfalls - um Erstattung einer Gegenschrift. Das Militärkommando Wien erstattete zur Zahl 33760/1111/91E/96 am 13.12.1996 folgende "Sachverhaltsdarstellung", in welcher zunächst auf die Bestimmung des Wehrgesetz verwiesen wird, wonach alle Personen männlichen Geschlechts, die das 17. Lebensjahr vollendet haben und noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben, wehrpflichtig sind; diese Wehrpflichtigen haben sich zur Feststellung ihrer geistigen und körperlichen Eignung für die Erfüllung der Wehrpflicht einer Stellungskommission zu stellen; wer dieser Stellungspflicht nicht nachkommt begeht eine Verwaltungsübertretung. Der Beschwerdeführer war vom Militärkommando Wien mit Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG vorgeladen worden und war unter Nennung der vier Stellungstermine in Einem angedroht worden, für den Fall der Nichtbefolgung einen in dieser Ladung angeführten Ladungstermin ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, die zwangsweise Vorführung. Der Ladungsbescheid war dem Beschwerdeführer am 11.10.1996 eigenhändig zugestellt worden. Zum verfahrensgegenständlichen (zweiten) Ladungstermin vor die Stellungskommission des 27.8.1996, langte am 26.8.1996 bei der belangten Behörde ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, worin er sich für den Folgetag unter Hinweis auf eine um 11.00 Uhr vor dem BG Döbling stattfindende Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung in einem Besitzstörungsverfahren entschuldigte. Er verwies darauf, daß er die Streitverhandlung nicht mehr selbst subsiduieren könne und ihm die Ladung erst am 21.8.1996 zugestellt worden sei. Aufgrund der außerordentlichen Komplexität der Rechtssache könne die Sache nicht an einen Kollegen subsiduiert werden. Er legte eine Kopie der Ladung zur Tagsatzung bei. Der Leiter der Stellungskommission hielt in einem Aktenvermerk vom 2.9.1996 fest, daß der Entschuldigungsgrund betreffend des zweiten Ladungstermines nicht anerkannt werde (es erfolgte die Anzeige wegen Verletzung der Stellungspflicht).

Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer am 9.9.1996 mitgeteilt, daß der Entschuldigungsgrund für den 27.8.1996 nicht anerkannt werde und von keinem wichtigen Verhinderungsgrund ausgegangen werden könne und war im Wege des Bezirkspolizeikommissariates Hietzing um Vollstreckung des Ladungsbescheides vom 9.6.1996 (offenkundig 9.7.1996) für den Vorführungstermin 23.9.1996 ersucht worden. Die belangte Behörde führt weiters aus, daß eine Rückfrage vom 26.11.1996 am Bezirksgericht Döbling, bei der für das zitierte Besitzstörungsverfahren zuständigen Richterin, Frau Dr Saskia S, ergeben habe, daß sie einer Vertagungsbitte jederzeit stattgegeben hätte, zumal der Beschwerdeführer Vertreter der klagenden Partei ist.

Aus rechtlicher Sicht führt die belangte Behörde aus, daß dem Beschwerdeführer im Ladungsbescheid vom 9.7.1996 die zwangsweise Vorführung für den Fall einer Verhinderung ohne wichtigen Grund angedroht worden war. Die belangte Behörde habe klar gemäß § 19 Abs 3 AVG zu erkennen gegeben, daß sie auf die zwangsweise Vorführung nicht verzichtet habe. Die Vorführung einer Person wäre eine Maßnahme, die als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art 144 Abs 1 B-VG beim VwGH bzw Art 131 B-VG beim VwGH mit Beschwerde bekämpft werden kann. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer relevierten Mängel an der Klarheit des Ladungsbescheides, hätte er somit Beschwerde an die Höchstgerichte erheben können; dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer nicht getan. Die belangte Behörde bekräftigt ihre Rechtsansicht, daß kein ausreichender Entschuldigungsgrund vorgelegen habe und verweist insbesondere darauf, daß eine zwingende berufliche Verhinderung die der öffentlich rechtlichen Verpflichtung im gegenwärtigen Stellungsverfahren nachzukommen vorgehe, vom Beschwerdeführer nicht dargetan worden wäre; vielmehr wäre aufgrund der verfahrensgegenständlichen Entschuldigung zum zweiten Ladungsbescheid als erwiesen anzunehmen, daß die gegenständliche Besitzstörungsverhandlung vertagt worden wäre; der Beschwerdeführer habe sich um eine solche Vertagung gar nicht bemüht. Darüberhinaus wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, auch außerhalb der Kanzlei für eine Vertretung zu sorgen, wie dies in der Rechtsanwaltsordnung vorgesehen wäre. Die Vollstreckung der angedrohten zwangsweisen Vorführung wäre somit rechtmäßig gewesen und könne dahin kein Verstoß gegen das Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gesehen werden, weshalb ersucht wird die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

2.1.) Dem Beschwerdeführer war mit behördl Schreiben v 6.3.1997 die Gegenschrift der belangten Behörde zugeleitet worden, versehen mit der Möglichkeit einer Gegenäußerung.

Der Beschwerdeführer hat in der Gegenäußerung v 14.4.1997 im wesentlichen sein Vorbringen des Beschwerdeschriftsatzes wiederholt, ergänzt durch den an die erkennende Behörde gerichteten Vorwurf, es habe eine Beilage gefehlt.

Mit Schreiben v 21.4.1997 wurde der Beschwerdeführer eingeladen, im Zuge einer Akteneinsicht - gegen Kostenbeitrag - die gewünschten Ablichtungen hieramts herstellen zu lassen. Die eingeräumte Frist von 2 Wochen blieb ungenützt.

3.) Die Beschwerde ist unzulässig.

Mit Inkraftreten der Regelung des Art 129a Abs 1 Zif 2 B-VG und des § 67a Abs 1 Zif 2 AVG am 1.1.1991, ging die bisherige Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über Beschwerden von Personen, die behaupteten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes, auf die unabhängigen Verwaltungssenate der Länder über. Da sich die Zuständigkeit mit der der früher zuständigen Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts deckt, ist deren Rechtsprechung für die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate weiterhin von Bedeutung (VwGH vom 28.1.1994, Zl 93/11/022 sowie 93/11/023 sowie vom 21.5.1994, Zl 93/11/033).

Gemäß der zitierten Bestimmungen fallen darunter sogenannte faktische Amtshandlungen individuell normativen Inhalts, die durch Anordnung unmittelbar folgenden physischen Zwangs sanktioniert sind (VwSlg 10420, 11656).

Unverzichtbares Inhaltsmerkmal eines verfahrensfreien Verwaltungsaktes in der Erscheinungsform eines Aktes der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bildet also den Umstand, daß dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (VwSlG 9922).

Nach der Bestimmung des Art 1 des Bundesgesetzes vom 29.11.1988, BGBl Nr 684, über den Schutz der persönlichen Freiheit, auf welche sich der Beschwerdeführer beruft, ist die Freiheit der Person gewährleistet. Diese Verfassungsnorm schützt jedoch ebenso wie Art 5 MRK nicht vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit schlechthin, sondern nur vor willkürlicher rechtswidriger Inverwahrnahme, Internierung oder Konfinierung (vgl hiezu VwSlg 8815).

Eine - nach der konkreten Beschwerdekonstellation allein in Betracht zu ziehende - rechtsgrundlose und somit rechtswidrige (faktische) Vorführung, liegt hier aber in der Tat nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann nämlich ein Ladungsbescheid gemäß § 19 Abs 3 AVG selbst unmittelbar mit Beschwerde bei Verfassungs- und/oder beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden (vgl hiezu VwSlG 7868 sowie 8667). In der gegenständlichen Beschwerdesache hingegen wird ausschließlich die (zwangsweise) Vorführung aufgrund eines rechtskräftigen Ladungsbescheides bekämpft; der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt ausgesprochen, daß im Hinblick auf das Vorliegen eines rechtswirksam zugestellten Ladungsbescheides davon auszugehen ist, daß dieser in Rechtskraft erwachsene Bescheid die seinem normativen Inhalt entsprechenden Rechtswirkungen, wozu auch die angedrohte Vorführung für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens zu zählen ist, in bezug auf den Beschwerdeführer bereits entfaltet hat (VwGH vom 26.2.1990, Zl B 656/89 sowie in VwSlg 8667).

Zulässigerweise hat der Beschwerdeführer darauf verwiesen, daß die Mitteilung über die Vorführung zur Behörde der belangten Behörde weder als Bescheid noch als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten ist (Verweis auf die vom Beschwerdeführer selbst zitierte VfGH-Judikatur).

Aus eben diesen Gründen handelt es sich beim vorliegenden im zitieren Ladungsbescheid vom 9.7.1996 angedrohten zwangsweisen Vollzug nicht um eine gesondert anfechtbare Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung hiezu ausgesprochen, daß "die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" ein behördliches Handeln voraussetzt, das sich bereits als solches im Bereich des faktischen, somit unmittelbar auswirkt, ohne daß es hiezu weiterer Tathandlungen bedürfe. Diese Voraussetzungen erfüllt ein Sachverhalt aber nur dann, wenn es keines dazwischengeschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen (VwGH vom 19.3.1990, Zl 89/12/0036 unter Verweis auf Zl 2750 vom 24.11.1977; ebenso VwGH vom 26.4.1993, Zl 90/10/0209 sowie 91/10/0179). Insoferne der Beschwerdeführer releviert, der zugrundeliegende Ladungsbescheid wäre unklar, hat einerseits die belangte Behörde zu Recht auf das ihm diesfalls zustehende Anfechtungsrecht vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof verwiesen, sowie unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend ausgeführt, daß die Nennung verschieden vorgeschriebener Ladungstermine vor die Stellungskommission dem Beschwerdeführer keine Wahlmöglichkeit einräumt.

Die angefochtene Maßnahme erweist sich somit einer Anfechtung gemäß § 67a Abs 1 Zif 2 AVG in Verbindung mit Art 129a Abs 1 Zif 2 B-VG nicht zugängig, weshalb sie als unzulässig zurückzuweisen war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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