TE UVS Steiermark 1997/05/21 30.4-54/97

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung des Herrn A A El N Mohammed, geb. am 31.12.1957, vertreten durch Dr. Wolfgang M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 24.1.1997, GZ.: III/S-11608/96, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit durch die Berufungsbehörde ergänzend durchgeführten Erhebungen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 24.1.1997 war über Herrn A A El N Mohammed auf Rechtsgrundlage des § 14 Abs 1 Z 6 Gelegenheitsverkehrsgesetz wegen Übertretung des § 4 der Stmk. Betriebsordnung für den nicht linienmäßigen Personenverkehr 1994 eine Geldstrafe von S 800,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden, verhängt worden, da er am 1.4.1996 um 01.30 Uhr, in Graz 7, Andersengasse nächst der dortigen Telefonzelle, als Lenker des Kraftfahrzeuges G-45 ZGC, sich als eine im Fahrdienst tätige Person während des Fahrdienstes nicht besonnen, rücksichtsvoll und höflich verhalten hätte.

Diesem Straferkenntnis vorangegangen war eine Anzeige vom 8.4.1996, aus welcher sich ergibt, der Beschuldigte hätte sich zum genannten Tatzeitpunkt einer Zeugin gegenüber durch eine Auseinandersetzung im Taxi-Fahrzeug bzw. durch eine behauptete sexuelle Belästigung nicht ordnungsgemäß verhalten, dies wurde ihm mit Strafverfügung vom 11.6.1996 vorgeworfen, gegen welche der Beschuldigte fristgerecht Einspruch erhoben hat. Im Zuge des weiteren Verwaltungsstrafverfahrens und nach Einvernahme der genannten Zeugin wurde dem Beschuldigten der gesamte Akteninhalt erstmals am 15.1.1997 zur Kenntnis gebracht.

Auch aus der Begründung des Straferkenntnisses vom 24.1.1997 ist nicht klar erkennbar, worin die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung gesehen wird.

Gegen dieses Straferkenntnis hat A A El N Mohammed fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und dieses im wesentlichen damit begründet, es sei ihm keinesfalls in der erforderlichen präzisen Art und Weise bisher mitgeteilt worden, durch welche Tathandlungen er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hätte. Im übrigen würde der Sachverhalt vehement bestritten, da er die Zeugin keinesfalls sexuelle belästigt hätte, sondern im Gegenteil die offensichtlich alkoholisierte Zeugin erst nach einem heftigen Wortwechsel dazu bewegen hätte können, das Taxifahrzeug zu verlassen. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Gemäß § 51e Abs 2 VStG kann eine Berufungsverhandlung unterbleiben, wenn in der Berufung nur eine unrichtige, rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid oder nur gegen die Höhe der Strafe richtet, oder wenn im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, es sei denn, daß eine Partei die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verlangt. Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen; im übrigen ist die Durchführung einer Berufungsverhandlung aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 leg cit vorgenommen worden ist; die Verjährungsfrist bei einer Verwaltungsübertretung wie der verfahrensgegenständlichen beträgt sechs Monate, diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Gemäß § 32 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten, von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache, Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung.

Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen, sohin den behördlichen Verfolgungswillen in Richtung einer bestimmten stafbaren Handlung zu verwirklichen (VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhalts erfolgen. Dies erfordert unter anderem, daß sie sich auf alle, die Taten betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Eine Verfolgungshandlung unterbricht somit nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (VwGH 19.9.1984, Slg 11525A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich.

Gemäß § 4 der Stmk. Betriebsordnung für den nicht linienmäßigen Personenverkehr haben sich die im Fahrdienst tätigen Personen während des Fahrdienstes besonnen, rücksichtsvoll und höflich zu verhalten, Übertretungen von Bestimmungen dieser Verordnung sind gemäß § 36 leg. cit. als Verwaltungsübertretungen nach § 14 Abs 1 Z 6 Gelegenheitsverkehrsgesetz (nunmehr § 15 Abs 1 Z 6) mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen.

Die rechtliche Beurteilung dieses Verwaltungsstrafverfahrens ergibt unter Berücksichtigung dieser Sach- und Rechtslage, daß der Berufungswerber bereits mit seinem grundsätzlichen Berufungsvorbringen im Recht ist.

Da der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat in einer so eindeutigen Umschreibung zu enthalten hat, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 5.12.1983, 82/10/0125), ist es erforderlich, den Tatvorwurf so weit zu konkretisieren, daß darauf bezogene Gegenbeweise angeboten werden können bzw. der Bestrafte rechtlich davor geschützt werden kann, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demzufolge ist es erforderlich, daß im Bescheidspruch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale angeführt sind, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat erforderlich sind; es reicht somit nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern es ist die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (vgl. VwGH 25.9.1986, 86/02/0058). Es muß somit aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen einer bestimmten Übertretung geschlossen werden können (VwGH 22.10.1992, 92/18/0040).

Im konkreten Fall war es innerhalb jener Verfolgungshandlungen, die innerhalb der Verfolgungsverjährung gesetzt worden sind, nicht möglich, im Sinne dieser Ausführungen klar zu erkennen, durch welches Verhalten (heftige Auseinandersetzung im Taxifahrzeug, eventuell sexuelle Belästigung) bzw. durch welche konkrete Tathandlungen der nunmehrige Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen haben soll. Die alleinige Anführung des Gesetzeswortlautes konnte somit nicht zur Rechtsgrundlage eines Verwaltungsstrafverfahrens in einer, die Verfolgungsverjährung unterbrechenden Weise führen (VwGH 25.2.1992, 91/04/0277), sodaß im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Taxilenker Fahrdienst Benehmen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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